TU-Forscher Lienkamp über E-Autos: „2027 erwarten wir Kostenparität beim Verkaufspreis“

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Press-Inform / Daniel Kraus

Michael Neißendorfer
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  —  Lesedauer 3 min

Mit Batterien steht und fällt der Erfolg der Elektromobilität. Markus Lienkamp, Professor für Fahrzeugtechnik an der TU München, gilt als einer der erfahrensten Experten auf diesem Gebiet. Er sprach mit Electrive im Vorfeld der heute startenden Internationalen Batterietagung NRW (09. bis 11. April in Münster) über die immer beliebteren LFP-Akkus auf Basis von Lithium-Eisen-Phosphat, über weitere Alternativen wie die Natrium-Ionen-Technologie, wann Elektroautos auch beim Kaufpreis mit Verbrennern mithalten können und wie es um die Batterie-Forschung sowie -Produktion in Deutschland steht.

Lienkamp sagt, dass wir in den kommenden Jahren in der E-Mobilität drei Trends verstärkt wahrnehmen dürften: Zum einen eine „Erhöhung der Reichweite durch zahlreiche Maßnahmen am Fahrzeug“, wie etwa Verbesserungen bei Aerodynamik, Reifen und dem Wirkungsgrad des Elektroantriebs.

Zweitens werde es zu einer „Kostensenkung der Batterien durch Massenfertigung und Innovationen“ kommen. Und Drittens geht Lienkamp davon aus, dass die Natrium-Ionen-Technologie im Einstiegssegment bei günstigen Elektroautos die LFP-Technologie ablösen werde: „Der LFP-Trend wird nur kurzfristig sein“, so der Forscher. Natrium-Ionen-Batterien seien „bei gleichen oder besseren Eigenschaften billiger“. Der vollständige Umstieg soll „bis schätzungsweise 2030“ vollzogen sein.

In – wo sonst, wird mancher sagen – China sind Natrium-Ionen-Batterien bereits in manchen günstigen Elektroautos verbaut und auf dem Weg zur breiten Industrialisierung. In Europa könnte „Northvolt da mithalten“, sagt Lienkamp. Das schwedische Unternehmen baut derzeit in Schleswig-Holstein seine erste Batteriefertigung in Deutschland auf.

Ansonsten waren die Neuigkeiten für Batterie-Fertigung und -Forschung in Deutschland zuletzt nicht gerade rosig, die Forschungsförderung etwa wurde vor kurzem massiv zurückgefahren. „Das war ein Schock für uns alle“, sagt Lienkamp, der von Kollegen berichtet, die in große Versuchseinrichtungen investiert hätten und sich nun „Sorgen um Aufträge“ machen. „Bis die Industrie einen Teil von den wegfallenden Forschungsgeldern kompensieren kann, werden ein bis zwei Jahre vergehen“, so der Wissenschaftler.

Alles in allem seien „alle in der Forschung sehr unglücklich“ und es herrsche fast der Eindruck, „als ob die aktuelle Bundesregierung prinzipiell die Forschung für das Auto nicht mehr fördern will.“ Generell ist die Stimmung in der deutschen E-Mobilitätsbranche derzeit recht verhalten bis zögerlich, während im Rest der Welt die Zeichen deutlich klarer Richtung Elektroautos weisen.

„Wir sind im klassischen Tal der Tränen“

Wir sind im klassischen Tal der Tränen“, sagt Lienkamp, der weiterhin an den Erfolg von E-Autos glaubt: „Die Kosten werden erst richtig bei Höherskalierung und Innovationen sinken“. Auch weitere, laut Lienkamp „deutliche“ Verbesserungen bei den Reichweiten, werden E-Autos nochmals attraktiver machen.

In gut drei Jahren sei dann ein Punkt erreicht, an dem man kaum noch am E-Auto vorbeikomme: „Ich erwarte, dass 2027 der Kundennutzen mit 500 Kilometern Realreichweite und Kostenparität beim Verkaufspreis erreicht sein dürfte“, so der Forscher. Zwar hätten Elektroautos schon heute „Kostenparität bei den Vollkosten“ erreicht, also über ihre Nutzungsdauer hinweg und manche Modelle schon nach wenigen Jahren – was „der Kunde leider noch nicht so richtig honoriert“.

Für China und die EU geht der Wissenschaftler davon aus, dass Elektroautos bei den Neuzulassungen im Jahr 2030 einen Anteil von 50 Prozent erreicht haben werden. „Japan, Südamerika und die USA werden deutlich niedriger liegen“, ergänzt er. Die aktuelle kleine Delle bei den E-Auto-Verkaufszahlen im „natürlich schon eher zu Pessimismus“ neigenden Deutschland sieht Lienkamp schlussendlich sogar positiv: „Es müssten sich doch alle freuen, weil wieder mehr Verbrenner verkauft werden. Die deutschen Hersteller fahren Traumgewinne ein und investieren massiv in die Elektromobilität. Das wird sich spätestens ab 2030 auszahlen“.

Quelle: Electrive – Was macht die E-Auto-Batterie der Zukunft aus?

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Hans-Jürgen:

Träumerei
Für eine Ladesäule braucht man Platz, oft neue Elektroleitung und Strom. Das Laden dauert länger als das Tanken und damit viel mehr Ladestationen als Tankstellen.
Der Akku hat begrenzte Lebensdauer. Je schwerer der Akku im Vergleich zu einem Benzintank , desto mehr Energie wird verbraucht um den Wagen bewegen zu können.
Viel umweltfreundlicher als Millionen von neuen Elektroautos wäre der zugige Ausbau von zuverlässigen, komfortablen öffentlichen Verkehr.

Niko8888:

Einkommensbereinigt sind Autos viel günstiger geworden.

Das der Kunde keinen Dacia wählt sondern idR deutlich luxuriöser Autos liegt in serine persönlichen Freiheit

Kona64:

Meine Einschätzung ist, dass das dann viel schneller geht. Wenn der Kaufpreis gleich oder kleiner als beim Verbrenner ist und zusätzlich natürlich auch der TCO, wird vielen klar werden, dass ihr Fahrprofil doch super zum BEV passt.

Bertha Dicke:

Ja klar, die Preise bei den Neuwagen gehen schon seit Jahren runter. Finde den Fehler.

Natürlich wird es keine günstigen Fahrzeuge geben.

Das ist wie mit dem Strompreis, der ist ja auch seit Jahren gesunken ….

Spiritogre:

Liegt schlicht daran, was als besser oder schlechter angesehen wird. Auch 2027 werden Elektroautos beim zweit-, und drittwichtigstem Punkt, nämlich nach dem Preis die Reichweite und das Ladetempo, den Verbrennern immer noch weit unterlegen sein. Ich denke, das dauert noch mind. bis 2030 bis die EAutos einigermaßen so weit sind. Und danach müssen sie dann auch erst mal in Massen auf dem Gebrauchtmarkt erhältlich sein.

Sven:

Kostenparität 2027, aber 50% Marktanteil erst 2030? Dafür hätte ich jetzt aber gerne eine Begründung. Warum sollten Autokäufer mehr Geld für schlechtere Fahrzeuge ausgeben wollen?

Sledge:

Im Großen und Ganzen stimme ich dir zu. Nur es ist nicht die aktuelle Bundesregierung die die Forschung für Batteriezellen nicht mehr fördern möchte.
Es ist die FDP die das durchgesetzt hat, so ehrlich sollten wir schon sein.

Daniel W.:

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Alles in allem seien „alle in der Forschung sehr unglücklich“ und es herrsche fast der Eindruck, „als ob die aktuelle Bundesregierung prinzipiell die Forschung für das Auto nicht mehr fördern will.“ Generell ist die Stimmung in der deutschen E-Mobilitätsbranche derzeit recht verhalten bis zögerlich, während im Rest der Welt die Zeichen deutlich klarer Richtung Elektroautos weisen.
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Deutschland und die EU werden wohl das Schlusslicht bei der E-Mobilität, da politische Unterstützung von rechts wie von links fehlt.

Einen deutlichen Dämpfer könnte es aus den USA geben, wenn Trump Präsident werden würde und den E-Autos den Stecker zieht.

Deutschland wird vermutlich die Förderungen weiter kürzen, denn es ist absehbar, dass die Landesverteidigung Vorrang haben wird.

Ferdinand Dudenhöffer – von einigen hier als Autoexperte schon abgeschrieben – geht davon aus, dass die fehlende politische Unterstützung dazu führen wird, dass sich die EU erst sehr spät wieder für Klimaschutz interessieren wird und dass dann China schon zu weit vorne liegt bei den Produktionskosten, um den Abstand noch einzuholen, was dazu führen dürfte, dass die E-Autoproduktion in China stattfindet und in Europa nur noch der Verkauf von E-Autos aus China.

Die politischen Totengräber des E-Autos bekommen Zulauf, so wie auch die Totengräber der Demokratie, und das bei uns wie in den USA.

brainDotExe:

Alle seine Aussagen sind nachvollziehbar und realistisch.
Gute Analyse.

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