Tesla in Grünheide: Es ist nicht alles grün, was glänzt!

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
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Die Tesla Gigafactory in Deutschland, um genauer zu sein in Grünheide, lässt keine Ruhe in den Medien einkehren. Mitte Dezember haben wir darüber berichtet, dass 2021 das Model Y in der Tesla Gigafactory 4 in Brandenburg vom Band laufen soll. Bis dahin gilt es noch einige Unstimmigkeiten aus dem Weg zu schaffen. Zudem scheint nicht alles ganz so grün zu sein, wie zunächst vermutet.

Tesla Gigafactory Grünheide offiziell auf den Weg gebracht

Kurz zur Historie: Der Kaufvertrag des Grundstücks stehe kurz vorm Abschluss und dürfte wohl noch im Januar erfolgen. Baubeginn für die Fabrik soll im ersten Halbjahr 2020 sein. In dem europäischen Werk sollen Batterien, Antriebsstränge und Fahrzeuge gefertigt werden, beginnend mit dem bevorstehenden Model Y von Tesla. Ein Investment von bis zu vier Milliarden Euro sowie 3.000 neue Jobs stehen im Raum, später gar bis zu 8.000 Arbeitsplätze.

Mit der Bekanntmachung im Amtsblatt ist das Genehmigungsverfahren für das geplante Werk offiziell eröffnet. Demnach soll in der Gigafactory 4 im Kreis Oder-Spree ein Presswerk, eine Gießerei, Karosserierohbau, Lackiererei, Sitzefertigung, Kunststoff- und Batteriefertigung sowie die Fertigung von Antrieb und Endmontage untergebracht werden. Auch ein zentrales Versorgungsgebäude und eine Abwasserbehandlungsanlage seien geplant.

Ein gewisser Zeitdruck herrscht, wenn man die ambitionierten Pläne einhalten möchte. So die Aussage von Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), zumindest wenn man wie geplant mit dem Aufbau der Gigafactory starten wolle. Doch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gab bereits zu verstehen, dass man es darauf nicht beruhen lasse. Auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke zeigt sich zuversichtlich. Man kann nur hoffen, dass die Entscheidung nicht einfach übers Knie gebrochen wird. Denn nicht jeder scheint über Teslas Gigafactory  in Grünheide begeistert.

Tesla: Fluch und Segen für Grünheide

Aus Grünheide haben uns einige Informationen erreicht, welche man so bisher noch nicht oder eher spärlich in den Medien gesehen hat. Wir versuchen dies ein wenig aufzugreifen und wiederzugeben, da wir der Meinung sind, dass nur ein umfassend gezeichnetes Bild als Diskussionsgrundlage für eine deutsche Gigafactory dienen kann.

Naturschutzbund sieht Gefahr bei zu schnellem Vorgehen

Der Naturschutzbund (NABU) hatte anfänglich eine sehr moderate Stellungnahme abgegeben – nachfolgend. Jetzt habe es mittlerweile vermehrt Gespräche mit NABU-Leuten gegeben, die sehr große Befürchtungen haben, die das Naturschutzgebiet Löcknitztal betreffen, dass sich in ein paar hundert Metern Entfernung befindet. Die Befürchtungen gehen soweit, dass vermutet wird, dass das Naturschutzgebiet komplett verschwindet. Ob das mit der unvorstellbaren Abwassermenge von 250 m³ pro Stunde – die in den gerade erst ausgelegten Plänen genannt wird – zusammenhängt, wurde hierbei noch nicht kommuniziert.
Des Weiteren die Tatsache, dass bis Ende Februar bereits ein Drittel der Bäume gefällt sein sollen, bevor die Vögel ihre Nester bauen. Wenn man Informationen der Süddeutschen aus ihrem Artikel „Nevada, Shanghai, Grünheide“ Glauben schenken darf. Verwunderlich, sollte doch eigentlich erst nach der offiziellen Genehmigung damit begonnen werden. Bedingt durch den engen Zeitplan geht Tesla hier wohl ins eigene Risiko. Denn „Tesla dürfte schon vor der Genehmigung auf eigenes Risiko losbauen, wenn mit einer positiven Entscheidung gerechnet werden kann. Das erlaubt das Bundesimmissionsschutzgesetz bei Vorhaben im öffentlichen Interesse“,  so wird zumindest Brandenburgs Umweltminister von der Berliner Zeitung zitiert.
Grünheide zeigt sich davon nicht gänzlich überzeugt, wie wir aus dem Mailverkehr zwischen Bürgern, Kommunalpolitikern und einem Naturschutz-Experten zitieren können:
„Allerdings lässt sich das Fällen von Bäumen nicht rückgängig machen. Die wollen das Ding mit aller Macht durchziehen. Es relativiert auch die Aussage des Ministers, dass alles nach deutschem Recht und Gesetz gemacht werden soll. Bleibt ein bitterer Nachgeschmack…“

Grundwasserabsenkung kann Naturschutzgebiet austrocknen

Auch das Absenken des Grundwassers steht zur Diskussion, beziehungsweise könnte durch die Ansiedlung Teslas ein Thema werden. Hierzu lässt sich aus dem zuvor aufgeführten Mailverkehr folgendes zitieren:
„Bei einer Waldbegehung mit den Grünen (auch Landtag) war schon zu merken, dass der Waldboden sehr feucht ist (nicht nur wegen dem Regen) und ein vertiefendes Gespräch mit jemandem, der u.a. an dem Managementplan mitgewirkt hat und sich bzgl. Hydrogeologie recht gut auskennt, war nach kurzer Recherche klar, dass direkt unter dem B-Plangebiet eine Grundwasserscheide verläuft. Das heißt jede Grundwasserabsenkung hat direkte Auswirkungen auf die Löcknitz und evtl. andere Gewässer.“
Mit anderen Worten, die Absenkung des Grundwassers in diesem Bereich kann dazu führen, dass das Löcknitztal (Naturschutzgebiet), die Müggelspree sowie der Störitzsee von der Austrocknung bedroht sein können. Wie es nun weiter geht können wir nur von der Ferne beobachten. Gehen aber davon aus, dass der Naturschutzbund sich das ganze Thema genauer ansieht.

Naturschutzbund schaut künftig genauer hin

Im November 2019 gab man noch zu verstehen:

„Wir erwarten jetzt vollständige Transparenz bei den weiteren Schritten und die Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Anforderungen. Der zugrundeliegende Bebauungsplan ist fast 20 Jahre alt. Seitdem haben sich die Rahmenbedingungen verändert, so ist z.B. derzeit nicht bekannt, ob im Rahmen des damaligen Bebauungsplanverfahrens die natur- und artenschutzrechtlichen Belange ausreichend berücksichtigt wurden.“ – Friedhelm Schmitz-Jersch, Landesvorsitzender des NABU Brandenburg

„Zudem sollten neben den direkten Auswirkungen durch den Bau der Gigafactory auch die Folgen auf die Region betrachtet werden. Es ist mit erheblichen zusätzlichen Verkehrsströmen zu rechnen. Auch die mögliche Ausweisung neuer Wohnbauflächen darf nicht zum Verlust weiterer Waldflächen führen“, so der NABU weiter. Unseren Informationen nach wird man vonseiten des NABU künftig genauer hinsehen, wenn es um die Auswirkungen des möglichen Gigafactory-Baus in Grünheide geht. Auch anonym wird in Grünheide auf die Problematik mit der Gigafactory hingewiesen.

Anonyme Flugblätter regen zum Nachdenken über Gigafactory an

Am 29.12. sind in Grünheide anonyme Flugblätter verteilt worden – liegen der Redaktion vor -, deren Inhalte sehr kontrovers diskutiert werden. Es schein, als ob erst langsam den Einwohnern die Dimension der Ansiedlung klar wird, sowie die bevorstehenden Veränderungen. Grünheide hatte in den letzten 10 bis 20 Jahren einen ständigen, moderaten Zuzug. „Sehr viele Familien sind der Stadt (Berlin) entflohen, um hier ihren Kindern bessere Bedingungen in Schule, Freizeit und Natur zu bieten. Jetzt wird uns die Stadt überrollen. Es ist bei einigen Leuten eine nervöse Stimmung zu verspüren“, so ein Bürger aus Grünheide.

Wir werden das Voranschreiten der deutschen Gigafactory weiter im Blick behalten und würden uns wünschen, dass diese ihren Weg nach Deutschland beziehungsweise Europa findet. Aber nicht um jeden Preis. Daher dieser kurze Einblick auf die Gedankengänge vor Ort und die mit Teslas Gigafactory verbundenen Herausforderungen, welche im Medien-Trubel untergehen können.

Quelle: Per Mail

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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