Nach mehreren Wochen angespannter Lieferlage beginnen deutsche Autohersteller wieder mit dem Bezug von Halbleitern des chinesisch kontrollierten Herstellers Nexperia, wie Automotive News Europe berichtet. Damit deutet sich eine vorsichtige Entspannung einer Situation an, die zuletzt als weiterer Beleg für die Fragilität globaler Lieferketten galt.
Ausgelöst wurde die Engpassphase durch eine politische Entscheidung der niederländischen Regierung. Diese hatte Ende September die Kontrolle über das in Nijmegen ansässige Unternehmen Nexperia übernommen. Der Schritt stand im Zusammenhang mit dem wachsenden Druck aus den USA, technologische Abhängigkeiten von China zu verringern. Als Reaktion darauf stoppte Peking wenige Tage später vorübergehend den Export der in China gefertigten Nexperia-Produkte. Für die Autoindustrie bedeutete das einen plötzlichen Ausfall eines wichtigen Zulieferers.
Nexperia produziert einfache, aber unverzichtbare Halbleiter, die in nahezu jedem modernen Auto zu finden sind – von der Steuerung der Bordelektronik über Batteriemanagementsysteme bis hin zu Assistenzfunktionen. Der Ausfall dieser Komponenten kann schnell ganze Produktionsketten zum Stillstand bringen.
VW berichtet von wiederaufgenommener Fertigung
Volkswagen berichtete nun von ersten wieder aufgenommenen Lieferungen. „Es hat bereits erste Exporte gegeben“, sagte Ralf Brandstätter, Vorstand für das Chinageschäft des Konzerns, im Gespräch mit dem Handelsblatt. Er führte aus, dass das chinesische Handelsministerium nach einer Einigung mit den Vereinigten Staaten zügig reagiert und kurzfristige Sondergenehmigungen erteilt habe. Dadurch sei es möglich gewesen, die ersten Chargen von Chips aus China auszuführen.
Wie stabil diese Lösung bleibt, hängt laut Brandstätter maßgeblich von der weiteren Entwicklung der Beziehungen zwischen Washington und Peking ab. Innerhalb der chinesischen Werke von Volkswagen laufe die Produktion bislang normal, dennoch bleibe die Lage „mit Unsicherheiten behaftet“. Damit verweist er auf eine zentrale Herausforderung der Branche: Die politische Abhängigkeit von geopolitischen Spannungen wächst, während Alternativen zur bestehenden Lieferstruktur nur langsam entstehen.
Auch Zulieferer wie Aumovio, der seit Kurzem unter diesem Namen firmierende frühere Automobilbereich von Continental, meldeten wieder eingehende Chiplieferungen. Das Unternehmen, das unter anderem Volkswagen, Stellantis und BMW beliefert, bezieht die Nexperia-Halbleiter aus China und verteilt sie über sein Werk in Ungarn an weitere Standorte. Ein Sprecher bestätigte, dass die Versorgung aktuell gesichert sei. Ähnlich äußerten sich mit der Angelegenheit vertraute Personen aus dem Umfeld von Bosch. Auch der Stuttgarter Konzern erhält demnach wieder Lieferungen von Nexperia. Das zeigt, dass die gewährten Ausfuhrgenehmigungen offenbar mehreren europäischen Abnehmern zugutekommen.
Nexperia blickt positiv auf aktuelle Entwicklung
Nexperia selbst begrüßte die jüngste Einigung, die dem Unternehmen für ein Jahr von den US-Exportbeschränkungen ausnimmt. China erklärte ergänzend, Exportfreigaben künftig im Einzelfall prüfen und erteilen zu wollen. Damit bleibt die Perspektive für Nexperia und seine Kunden vorerst volatil, auch wenn die akute Krise abgewendet scheint.
Noch ist unklar, wie sich die befristete Ausnahmegenehmigung auf mittlere Sicht auswirkt. Sollte es zu erneuten Spannungen kommen, könnten die Lieferungen erneut ins Stocken geraten. Beobachter gehen davon aus, dass europäische Hersteller deshalb verstärkt an einer Diversifizierung ihrer Zulieferer arbeiten werden.
Quelle: Automotive News Europe – VW says automakers are getting supplies of Nexperia chips







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