Studie: Elektro-Lkw lohnen sich mit smarter Disposition

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Eine neue Untersuchung nimmt die Elektrifizierung im Güterverkehr genauer unter die Lupe. Statt einfach nur Diesel-Lkw durch batterieelektrische Modelle zu ersetzen, haben Forschende den Effekt intelligenter Tourenplanung analysiert. Dabei ging es nicht allein um Emissionen, sondern auch um die Wirtschaftlichkeit. Im Mittelpunkt standen über 38.000 Lieferungen des Lebensmittelhändlers Rewe – ausgewertet wurden unter anderem Streckenlänge, Nutzlast und die eingesetzten Lkw.

Die Daten stammten aus dem Jahr 2021. In diesem Zeitraum wurden mehr als 500 Supermärkte von zwei Logistikzentren beliefert. Über 200 Diesel-Lkw legten dafür Strecken bis zu 230 Kilometer zurück. Diese realen Daten nutzten das Fraunhofer ISI und das schwedische Technologieunternehmen Einride, um zwei Szenarien zu vergleichen: Entweder man ersetzt jedes Diesel-Modell durch ein Elektro-Pendant ohne weitere Anpassungen – oder man plant die gesamte Flotte neu, unter Einbezug digitaler Tools.

Beim reinen Austausch bleibt vieles beim Alten. Die Touren bleiben gleich, genauso wie die Abläufe. Das Problem: Elektro-Lkw haben andere Anforderungen. Sie laden langsamer, fahren nicht so weit und müssen anders disponiert werden. Deshalb reicht es oft nicht, einen Diesel-Lkw einfach gegen ein elektrisches Modell auszutauschen.

Einsatz von Elektro-Lkw erfordert andere Logistik-Planung

Die Untersuchung zeigt: Wer mehr verändert als nur das Antriebssystem, erzielt bessere Ergebnisse. Wird die Flotte als Ganzes neu gedacht, kann ein deutlich höherer Anteil an Lieferungen elektrisch erfolgen. Bis zu 85 Prozent der gesamten transportierten Warenmenge lassen sich dann mit Strom statt Diesel bewegen. Ohne digitale Planung schaffen Elektro-Lkw hingegen nur 57 Prozent dieser Last. Auch bei der zurückgelegten Strecke sieht es ähnlich aus: Mit intelligenter Planung werden 54 Prozent der Kilometer elektrisch gefahren, ohne Anpassung sind es lediglich 32 Prozent.

Doch nicht nur der Umweltaspekt zählt. Auch die Betriebskosten sinken – und zwar umso mehr, je besser die Touren auf den Einsatz von E-Lkw abgestimmt sind. Bei gleichbleibender Struktur liegt die Ersparnis gegenüber einer reinen Diesel-Flotte bei etwa drei Prozent. Wird zusätzlich optimiert, steigt der Wert auf rund acht Prozent. Damit zeigt sich, dass Digitalisierung ein wirtschaftlicher Hebel für den Umstieg ist.

Der Unterschied entsteht vor allem durch bessere Auslastung. Wenn die Reichweite der E-Lkw voll ausgeschöpft wird und weniger Standzeiten entstehen, braucht man weniger Batteriekapazität und kann die Autos gezielter einsetzen. Statt mehr Ladeinfrastruktur zu fordern oder größere Akkus einzubauen, schlägt die Studie eine andere Richtung ein: Es geht darum, Prozesse zu überdenken.

Prof. Dr. Patrick Plötz vom Fraunhofer ISI sieht darin einen entscheidenden Schritt für die Branche. Aus seiner Sicht bringt es wenig, einzelne Elektro-Lkw unkoordiniert in bestehende Abläufe zu integrieren. Viel wirksamer sei es, das gesamte System auf die neuen Rahmenbedingungen auszurichten. Das betreffe sowohl die Streckenplanung als auch das Ladeverhalten. Auch Rewe selbst ist überzeugt von der Studie. Dr. Fabian Nevries, bei Rewe zuständig für technische Innovationen im Transport, hebt die Bedeutung der Ergebnisse hervor. Aus seiner Sicht braucht es wirtschaftliche Lösungen, damit die klimafreundliche Logistik nicht nur auf dem Papier funktioniert.

Neben den ökologischen und ökonomischen Vorteilen zeigt sich ein weiterer Aspekt: Der Betrieb gemischter Flotten stellt neue Anforderungen an Unternehmen. Wer sowohl Elektro- als auch Dieselmodelle einsetzt, braucht andere Kennzahlen, neue Planungssoftware und geschultes Personal. Es reicht nicht mehr, nur Kilometer und Lieferzeit zu messen. Ladezeit, Reichweite und Energieverbrauch rücken stärker in den Fokus.

Quelle: Fraunhofer ISI – Optimierte Einsatzplanung kann die Potenziale von Elektro-Lkw deutlich erhöhen und Kosten senken

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Johannes:

Und jetzt stell dir das Ganze mal mit Wossaschdoff vor, wo Depotladen unmöglich ist, öffentlich Laden nicht auf dem Weg liegt und zudem 3x so teuer ist.
Worauf wolltest du hinaus?

Peter:

Der Teaser Text ist komplett sinnbefreit da der Elektrotrucker quer durch Europa disponiert wird wie seine Dieselkollegen und gut ist, nennt sich neudeutsch Alltagsgeschäft.

Jakob Sperling:

„Eine neue Studie zeigt: Elektro-Lkw bringen nur dann Vorteile, wenn auch Strecken und Abläufe konsequent auf den neuen Antrieb angepasst.“

Der Teaser-Text zeigt sehr gut, wo das Problem liegt.

Der Transport ist ein Support-Prozess. Er dient einem Hauptprozess, meist der Herstellung oder dem Vertrieb eines Produktes.
Ein Support-Prozess sollte sich aber möglichst dem Hauptprozess anpassen und nicht umgekehrt.

Wer die Strecken und Abläufe aus der Sicht des Transports, oder gar der Antriebsart denkt, arbeitet sicher nicht optimal.

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