Schlechte Umweltbilanz für E-Fuels: Mineralölbranche wehrt sich

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Iris Martinz
Iris Martinz
  —  Lesedauer 3 min

Nicht für jedes Mobilitätsprofil macht ein Elektroauto Sinn. Wer dennoch klimafreundlich unterwegs sein will, setzt auf die Entwicklung von sogenannten „E-Fuels“ für Verbrennungsmotoren. Dabei handelt es sich um synthetische Kraftstoffe, die mittels Strom aus Wasser und CO2 hergestellt werden. Erfolgt diese Herstellung mit erneuerbaren Energien und wird das CO2 aus Biomasse oder Industrieabgasen gewonnen, dann kann die Verbrennung dieser Kraftstoffe in einem Motor als „klimaneutral“ bezeichnet werden. Österreichs größter Motorenentwickler und -optimierer AVL List in Graz baut gerade eine solche Demoanlage, die bis zu 100.000 Liter E-Fuel pro Jahr produzieren soll. Kernstück ist eine neue Hochtemperatur-Elektrolyse. Die Mineralölbranche hofft, mit solchen E-Fuels ihr Image als fossile Klimasünder aufzupolieren und den einen oder anderen E-Fahrer wieder zurückzugewinnen.

Eine von der europäischen Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) in Auftrag gegebene Studie hat nun allerdings eine emotionale Diskussion entfacht. Die vom französischen Forschungsinstitut IFP Energies nouvelle (IFPEN) durchgeführte Studie attestierte den synthetischen Kraftstoffen eine schlechte Umweltbilanz. Im Vergleich zu fossilem Benzin und Diesel würden E-Fuels eine höhere Freisetzung von CO und Ammoniak verursachen. Lediglich bei den Emissionen von Feinstaubpartikeln, Kohlenwasserstoffen und Aldehyden wären die Daten besser als bei herkömmlichen Kraftstoffen. Eine wissenschaftliche Studie des europäischen Prüflabors Concawe wurde ebenfalls zitiert. Concawe stellte nach Veröffentlichung der Ergebnisse aber klar, dass T&E seine Testergebnisse falsch dargestellt hätte. Das Prüflabor hätte nicht den nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren hergestellten E-Diesel untersucht, sondern HVO-Diesel, also einen Biokraftstoff aus hydrierten Pflanzenölen. Der Verband mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti) argumentiert daher zu Recht, dass es von „mangelnder Seriosität des Berichts“ zeuge, wenn von dieser Datengrundlage auf E-Fuels geschlossen würde.

Auch die von IFPEN durchgeführten Testergebnisse zu E-Benzin werden angezweifelt. Die vom Institut zusammengemischten Testflüssigkeiten hätten in ihrem Siedeverlauf und Verdampfungsverhalten nicht der für E-Benzin geltenden Norm DIN EN 228 entsprochen. Uniti argumentiert außerdem, dass bei der Effizienzanalyse der T&E standortspezifische Faktoren der Erzeugung erneuerbarer Energien nicht ausreichend berücksichtigt worden wären. Höhere Effizienzgewinne verzeichnen E-Fuels nämlich, wenn sie an Standorten mit hohen Volllaststunden aus erneuerbaren Energien hergestellt und an den Verwendungsort exportiert werden. Porsche und Siemens haben ihre Anlage „Haru Oni“ zur Erzeugung von klimaneutralen E-Fuels mithilfe von Windkraft daher nahe Kap Hoorn in Chile errichtet. Die Windgeneratoren arbeiten dort besonders effizient. Bei der Stromerzeugung für E-Autos ist hingegen wegen der Übertragungsverluste eine regionale Produktion sinnvoller.

Weitere Kritik gab es an den Studienergebnissen zu Preis und Verfügbarkeit von E-Fuels. Uniti hält beides für konkurrenzfähig, obwohl die Produktion nicht üppig gefördert wird. Die Annahme von T&E, dass E-Fuels sofort als Reinkraftstoffe vermarktet werden würden, wäre irreführend. Vielmehr ist anfänglich eine Beimischung geplant. Durch die Drop-in-Fähigkeit der E-Fuels lässt sich der Beimischungsgrad allmählich erhöhen, wodurch sich die Herstellungskosten weiter reduzieren.

Quellen: edison.media – Streit über die Ökobilanz von E-Fuels//science.apa.at – AVL baut in Graz zukunftsweisende Anlage für die eFuel-Produktion

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Iris Martinz

Iris Martinz

Iris Martinz ist Unternehmens- und E-Mobilitätsberaterin in Österreich, mit langjähriger Erfahrung im Recycling und Second Life von E-Mobilitätsbatterien. Fährt sowohl rein elektrisch, als auch V8, und möchte die beiden Welten etwas näher zusammenbringen. Nachzulesen unter www.mustangsontour.com.

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Andreas:

Was ändert ein noch so CO2 neutral hergestellter Kraftstoff am schlechten Wirkungsgrad eines Verbrennermotors? Leute werdet wach. Die Glühbirne haben wir weltweit geächtet weil sie einen Wirkungsgrad von 20% hat. Die Verbrenner haben einen Wirkungsgrad von max. 35%. Wie lange wollen wir uns und Mutter Erde noch betrügen? Nur weil etwas eine bessere Lobby hat lassen wir es weiterlaufen? Mutter Erde wird sich furchtbar rächen. Nur wir begreifen es immer noch nicht.

Wolfbrecht Gösebert:

„BioCNG […] ist jetzt zwar kein Hippes E-Fuel aber funktioniert.“

… genauso mangelhaft wolltest Du schreiben? :P
Merke:
Was hinten aus einem BioCNG-Verbrenner an lokalen Emissionen rauskommt, ist i.e. (wie bei normalen Verbrenn-Stoffen) praktisch vergleichbar laut, dreckig, extrem gesundheitsschädlich und (neben der bilanziell verrechenbaren! CO2-Emission) mit weiteren klimaschädlichen Stoffen (u.a. Stickoxiden und Schwefelverbindungen!) belastet!

Wolfbrecht Gösebert:

„… bei BioCNG […] sind die Abgase relativ sauber.“

<lach>
Was hinten aus dem Verbrenner bei BioCNG an lokalen Emissionen rauskommt, ist i.e. (wie mit den normalen Verbrenn-Stoffen) praktisch genau so so laut, dreckig, extrem gesundheitsschädlich und (neben der bilanziell verrechenbaren! CO2-Emission) mit weiteren klimaschädlichen Stoffen (u.a. Stickoxiden und Schwefelverbindungen!) belastet!

Markus Wolter:

Ich hoffe sehr, dass sich die Regierung nicht auf einen windigen Deal wie bei den Hybrid-Autos einlässt. Dass z.B. Porsche Verbrenner-Autos als eFuel-ready verkauft, und die Verantwortung ablehnt, wenn die Käufer dann fossilen Billigsprit tanken.

Chris:

Eben, 8x mehr Ökostrom erzeugen müssen, nur um weiterhin lokal Lärm und Dreck zu erzeugen? Nur um eine neue Industrie aufzubauen?

Thema efuels und PKW ist ein für alle mal durch. Genauso wie Wasserstoff für PKW. Die Verluste bei der Produktion sind nicht viel kleiner. Zumal man erstmal Reinstwasser für die Elektrolyse herstellen muss.
Energie 5 mal umzuwandeln, anstatt sie direkt zu nutzen, erschließt sich mir in keinster Weise. Es sei denn, die Lobby will wieder Geld drucken.

Andi:

Nicht bei BioCNG! da sind die Abgase relativ sauber.

Andi:

Wind- und Solarstrom wird dem Stromnetz im Endeffekt auch „beigemischt“, da kann auf deiner Stromrechnung so oft 100% Grünstrom draufstehen wie will.

Im Übrigen kann BioCNG bereits heute für 1€/ kg hergestellt werden. Das ist jetzt zwar kein Hippes E-Fuel aber funktioniert.
BioCNG gibt es an über 50% der CNG-Tankstellen in D-Land
Ziel ist, dass Ende 2022 alle CNG-Tankstellen in Deutschland nurnoch 100% BioCNG anbieten.

#StrohImTank
Grüße aus der Südpfalz

Wolfbrecht Gösebert:

„Dann sind 90 % der Energie verschwendet.“

Schlimmer noch: Es sind 91 % … :) :) :)

My2Ct:

Ganz zu schweigen von der furchtbaren Energieverschwendung. 40 % Verlust bei der Elektrolyse, 25 % beim eFuel erzeugen. Dann kommt es in den Verbrenner mit 20 % Wirkungsgrad.

Dann sind 90 % der Energie verschwendet.

Wolfbrecht Gösebert:

Interessant für Alle, die wissen wollen, wer sich gegen die „Energiewende von unten“ stellt und die Macht [und damit auch die Gewinne!] der großen Energie-, Mineralöl- und Verbrennerbauer-Konzerne noch für viele Jahrzehnte sichern will.

+1 … [+Ergänzung]

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