Wie schlecht geht es den deutschen Autohändlern?

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Daniel Krenzer
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  —  Lesedauer 2 min

Während viele Autohersteller inzwischen wieder ordentliche Gewinne verbuchen, herrscht bei vielen Autohändlern Krisenstimmung, berichtet der Business Insider (BI). „Der Autohandel ist kaputt“, wird dabei unter anderem ein Händler zitiert. Der BI hatte sich mit einigen ausgewählten der mehr als 36.000 Autohäuser in Deutschland über die Stimmungslage unterhalten. Inwiefern dieser Querschnitt repräsentativ ist, ist dabei jedoch nicht klar. Offensichtlich ist aber: Egal, bei welcher Marke die Journalisten nachfragten, auf äußerst positive Stimmung trafen sie nicht.

Die Befragung der Händler, aus der nun offenbar eine ganze BI-Serie werden soll, verlief demnach anonym. So berichtet ein Ehepaar mit Renault– und Dacia-Vertragswerkstatt, dass das Gleichgewicht von Geben und Nehmen sich in den vergangenen Jahren immer mehr zum Nachteil der Händler entwickelt habe. Zudem hätten die qualitativen Ansprüche nachgelassen: „Mit meinem Verständnis von akkurater Arbeit hat die heutige Praxis immer weniger zu tun.“ Ein Mazda-Händler stellt im Gespräch mit dem BI fest, dass er am liebsten alles hinschmeißen würde.

„Fürstlich entlohnte Eierköpfe“

Ein weiterer Händler und offensichtlicher Freund kerniger Worte sagte: „Viel zu oft basteln fürstlich entlohnte Eierköpfe in den Elfenbeintürmen der Autohersteller an Lösungen für Probleme, die uns gar nicht sonderlich drücken – oder schreiben uns Richtlinien vor, die an der Realität völlig vorbeigehen.“ Viele Händler berichten demnach, dass ihnen – auch wegen des Wandels hin zur Elektromobilität – immer wieder hohe Kosten für Fortbildungen, technische Ausrüstung oder Werkstatterweiterungen als Bedingung für die weitere Zusammenarbeit von den Herstellern aufgedrückt werden, die dafür nötigen Summen aber inzwischen kaum noch zu erwirtschaften seien.

Als besagtes Ehepaar entschieden hätte, das Autohaus aufzugeben, sei es seit Bekanntwerden vom Hersteller regelrecht drangsaliert worden. Immer wieder sei es nötig gewesen, Regresspflichten seitens Renault akribisch belegen zu müssen, weil man sich dort mit Händen und Füßen dagegen gewehrt habe. Und auch der Kontakt zu Kunden werde zunehmend ungemütlicher, berichtete ein Ford-Händler. So sei es inzwischen häufig der Fall, dass diese bei Unstimmigkeiten auf ihre Rechtschutzversicherung verweisen würden und mit Klage drohten.

Schreckt die Serie die Hersteller auf?

Die ausführlichen Gespräche mit den Händlern will der Business Insider offenbar in den kommenden Wochen als einzelne Serienteile veröffentlichen. Dem Leser angekündigt werden Enthüllungen, wie es im Autohandel wirklich läuft. Schon die Eröffnung der Serie scheint die Hersteller aufzuschrecken, denn als Anmerkung ist ein Vermerk von Mazda angefügt, deren Presseabteilung den Darstellungen eines Händlers zu früheren Vertriebspraktiken widerspricht.

Quelle: Business Insider – „Der Autohandel ist kaputt: Autohaus-Besitzer packen aus und greifen fürstlich entlohnte Eierköpfe bei Herstellern wie VW, Mazda oder Renault an“

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.
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Dodo:

Ich muss leider feststellen, dass meine letzten 3 Autokäufe so abgelaufen sind, dass ich aufgrund der Vorabinfos (Internet) mehr Ahnung hatte als der Verkäufer. Der letzte Einkauf lief über ein bekanntes Portal. Bestellt, bei einem verabredeten Händler abgeholt, alles problemlos. Und an dem Verkauf hat der Händler sicherlich auch verdient, ohne Finger bei Verhandlungen krumm zu machen. Und aus Fleisch und Blut war er auch, nur allzuviel Ahnung (Bedienung, Software) hatte er auch nicht. Na dann…..

Nick8888:

Wofür genau braucht man einen Autohändler?
Mir reicht eine Werkstatt völlig aus, denn die braucht man auch in Zukunft, wenn auch weniger.

Martin:

Tesla begann mit der Idee Autos ausschließlich online zu verkaufen. Nun wollen und müssen sie Masse, daher eröffnen Sie nun Autohäuser. Google mal bei Maps Standorte Tesla. Genannt Tesla Center und Tesla Service Center. Autohäuser werden sich anpassen und ändern, aber verschwinden wird das Thema nicht gänzlich.

Klaus Kongs:

Ich meine, in USA gab’s vor Jahren mal ähnliches oder war geplant. HP wollte jedes Jahr den jeweils schlechtesten 10% der Mitarbeiter („low performer“) kündigen. Natürlich auch parallel neue, hoffentlich gute Mitarbeiter einstellen.
Ich weiß nicht, was daraus wurde, aber ich nehme an, der Plan wurde nachher doch nicht so umgesetzt bzw. fallengelassen.

Reiner:

Ich habe nach 30 Jahren Fabrikatshandel vor einigen Jahren meinen Betrieb geschlossen und branchenfremd vermietet. Mir wurde klar dass ich meine Rente im Ruhestand nicht bei laufendem Autohaus erwirtschaften konnte. Meine Vermietrendite ist höher als mit einem Autohaus. Mir wurde auch ein letzter Vertrag vorgelegt, wo der Hersteller 1 Mio frisches Kapital forderte….. weil man ja auch im letzten Jahr gut verdient hätte. Dieses Ausbluten wollte ich nicht länger mitmachen. Es geht mir gut u ohne Stress steigt die Lebenseerwartung.

Otto Thalem:

Die Vertragsbeziehungen bestehen aber natürlich direkt zwi. Händler und Hersteller(-Vertriebsorganisation).
Durchaus nicht branchenunüblich ist es etwa, dass ein Hersteller alle paar Jahre allen Händlern den Vertrag sozusagen „vorsorglich“ fristgerecht kündigt und dann entscheidet, wem er einen neuen Vertrag („natürlich“ zu geänderten, oft schlechteren Konditionen) anbietet. Man stelle sich das mal im Arbeitsleben vor: Firma kündigt „vorsorglich“ allen Mitarbeitern den Arbeitsvertrag fristgerecht und entscheidet selbstherrlich, welchen (z. B.) 80% man neuen Arbeitsvertrag anbietet. Da käme Freude auf;(

Kokopelli:

Die 3,5 % Marge ist vom Volkswagen Konzern, nicht der einzelnen Marke Volkswagen.

Peter:

Ich werde mit Sicherheit niemals ein Auto übers Internet bestellen. Mit ein paar Mausklicks mal eben 40 oder 50.000 Euro auszugeben? Immerhin ist ein Autokauf für vielleicht 70% der Menschen die größte Investition in ihrem Leben. Nur eine Immobilie ist noch teurer. Und da will ich mit einem Menschen aus Fleisch und Blut sprechen und mir alles erklären lassen. Und das Auto will ich dann auch im Autohaus abholen und nicht irgendwo in einem Hinterhof wie bei Tesla.

Udo Schonbor:

Ohne Händlernetz geht schon,
aber Servicenetz sollte sein.
Ich habe seit über 10 Jahren alle meine Neuwagen über Portale gekauft, wie etwa meinauto.de und Konsorten. Händlerkontakt direkt dabei kaum noch, nur zum Abholen an ggf. paar Hundert km entferntem Autohaus. Kein Problem. Aber Service habe ich natürlich vor Ort beauftragt dann bzw. auch bei Freien Werkstätten am Ort.

Rüger Upol:

Raues Geschäft.
Allerdings steht der einzelne Händler ja nicht chancenlos dem ach so großen und ruppigen Hersteller gegenüber. Sondern die Händler sind jeweils in Verbänden organisiert und die Konditionen und neuen Verträge werden jeweils zwischen Verband und Vertriebsorganisation des Herstellers ausgekaspert. Da ist also durchaus Expertise und Durchsetzungskraft auf beiden Seiten. Aber ja, es geht mit harten Bandagen zur Sache, auch mit Druck und Drohungen von Herstellerseite:(

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