Porsche Taycan Sport Turismo: Der Raum-Gleiter – Unsere Eindrücke

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Wolfgang Plank

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  —  Lesedauer 4 min

Porsche reißt mal wieder die Klappe auf. Verzichtet dieses Mal aber auf dicke Backen. Jüngstes Derivat des Taycan ist ein Elektro-Gleiter für die ganz schnelle Ladung. So flott, dass er Sport im Namen tragen darf. Und obendrein die Bezeichnung Turismo – weil in Zuffenhausen das Wort „Kombi“ nun mal nicht gut gelitten ist. Porsche-Kunden sollen schließlich nicht an profanen Transport denken, sondern an Top-Performance – gepaart mit dem Komfort einer Reiselimousine. Hinten gibt’s deshalb mehr Kopffreiheit, an den Beinen indes wird es trotz „Fußgarage“ nicht größer als im normalen Taycan. Aber das wäre Jammern auf hohem Niveau.

Den gesteigerten Alltagsnutzen erkauft man sich ganz ohne Minderleistung. Bis zur dreistelligen Tacho-Anzeige vergeht kein Zehntel mehr als im jeweiligen Coupé. Wer immer noch glaubt, ein E-Mobil könne nicht brachial sein, sollte schleunigst umdenken. Trotz gut über zwei Tonnen schießt der Strom-Schnelle vorwärts, als habe jemand einen Treibsatz gezündet. Ganz besonders natürlich in der Version Turbo S.

Die stromert mit 761 PS in 2,8 Sekunden auf 100, bis 200 dauert’s keine zehn – und Ende ist erst bei 260. Wer da nicht über das Gemüt eines Zen-Mönchs verfügt, lebt ständig mit dem Risiko des Tempo-Rauschs. Um runterzukommen, muss man eine ordentliche Scheibe haben. Bei den Top-Varianten klugerweise aus Keramik. Die vorderen messen knapp 17 Zoll, die hinteren kaum weniger.

Am unteren Ende wartet das Basismodell mit bis zu 300 kW (408 PS). Als einziger Sport Turismo im Quintett treibt er allein hinten und beschert Porsche-Liebhabern das gewohnt druckvolle Heck. Von Zeit zu Zeit schätzt so mancher Connaisseur achtern eben doch ein bisschen Winkel. Und weniger Gewicht obendrein. Vor allem beim Akku mit 79,2 kWh, die es auch für den 4S gibt – alle anderen sind ab Werk mit der Batterie „Performance Plus“ und 93,4 kWh unterwegs.

So oder so thront man. In passgenauen Sitzen, umgeben von feinem Interieur und inmitten von Displays und Touchscreens. Vor sich: ein horizontal betontes Cockpit mit Anklängen an den ersten 911er. Mittig indes der Tacho. Umringt im Wortsinn von einem „Powermeter“. Den über Jahrzehnte bei Porsche kulthaft zentrierten Drehzahlmesser braucht es ja nicht mehr.

Ein opulenter Kommandostand für die Reise ins Niemandsland der Fahrphysik. Dort nämlich glaubt man sich, wenn der Sport Turismo zeigen darf, was er kann. Weniger als einen Wimpernschlag braucht die Elektronik, um Antrieb, Dämpfung und Ansprechverhalten auf das Optimum zu bringen. Das Resultat: Bei jeder Art von Fahrmanöver kommt der Taycan Sport Turismo sehr viel später an Grenzen als die Allermeisten, die ihn bewegen. Selbst auf Eis und Schnee.

Bei derart viel Sportlichkeit könnte man fast vergessen, vor ordentlich Stauraum herzufahren. Maximal 446 Liter sind es bei voller Bestuhlung, umgeklappt finden bis zu 1,2 Kubikmeter Platz – immerhin das Dreifache dessen, was der normale Taycan fasst. Wem das nicht reicht: Die optionale Dachbox ist bis Tempo 200 zugelassen. Neu ist die Überkopfverglasung mit „Sunshine Control“. Verdunkelt wird über Kristalle, die auf Strom reagieren. Und wer mag, parkt den Sport Turismo lässig von außen ein – per App.

Ob man nun säuselt oder sprintet – irgendwann ist der vollste Akku leer. Doch auch hier steht der Sport Turismo für schnelle Ladung. An geeigneten Power-Säulen bringen fünf Minuten 100 Kilometer Radius, von fünf auf 80 Prozent Kapazität vergehen nur 22,5 Minuten. Damit das genau so klappt, versetzt der Taycan auf Wunsch die Zellen in eine Art „Wohlfühlbereich“ um die 30 Grad.

Die meiste Energie indes holt der Fünf-Meter-Sauser aus Rekuperation. Bis zu 265 Kilowatt kann er beim Verzögern einspeisen. Man lasse doch kein Watt liegen, heißt es. Wozu derartige Kompromisslosigkeit führt? Erstmals in der Geschichte von Porsche gibt es ein Wartungsintervall von sechs Jahren für die Bremse. Die Beläge könnten zwar noch dick genug sein – womöglich aber zu alt…

Sie wollten in Zuffenhausen halt auch kein E-Auto bauen, auf dem Porsche steht, sondern einen Porsche mit E-Antrieb. Die Seele der Marke in ein neues Zeitalter bringen, heißt es offiziell. Das verpflichtet: Zu einer Nordschleifen-Zeit von deutlich unter acht Minuten – und je nach Modell bis zu 498 Kilometern Reichweite. Getrennt voneinander, versteht sich.

Die schlechte Nachricht: Unter 187.288 Euro tut sich nix in Sachen „Turbo S“. Auch wenn da schon so ziemlich alles an Bord ist, was das Lager hergibt. Es geht aber auch für weniger als die Hälfte: Beim Einstiegsmodell kommt man mit 86.495 Euro davon. Das klingt dann beinahe schon wie ein Schnäppchen.

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Wolfgang Plank ist freier Journalist und hat ein Faible für Autos, Politik und Motorsport. Tauscht deshalb den Platz am Schreibtisch gerne mal mit dem Schalensitz im Rallyeauto.
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TITAN:

Die brauche ALLRAD in den Dünen!
Da wird der „normale“ wohl gar nicht Angeboten

Olli:

Massentauglich mit 86.495 Euro Einstiegspreis? Wohl nur in Dubai.

Peter Bigge von Berlin:

Schickes Teil mit genialer Performance, so geht, äh, fährt BEV.
Dagegen sieht ein EQS blass und langweilig aus.
Wenn jetzt noch 30 bis 50 cm Länge und etliches an Ballast wegkommen, die Reichweite nicht wieder nur Fake ist, dann ist das Teil sogar massentauglich :-)

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