Nio ET5 im Test: Wunderschön verpackte 489 PS

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Daniel Krenzer

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  —  Lesedauer 5 min

Alles andere als billige Chinaware bietet der Hersteller Nio seinen Kunden auch in Deutschland an. Der ET5 ist derzeit das Einstiegsmodell und konkurriert unter anderem mit dem Tesla Model 3. In Sachen Verarbeitung ist der ET5 diesem sogar etwas voraus, bei der Software macht dem US-Elektroautobauer aber auch Nio nichts vor. Die 4,79 Meter lange Limousine ist mit einem 360 kW starken Motor ausgestattet (489 PS), der ein maximales Drehmoment von bis zu 700 Newtonmeter ermöglicht. Das Kraftpaket mit dem 100 kWh fassenden Akku (75 kWh gibt es als Alternative) beschleunigt in nur vier Sekunden aus dem Stand bis 100 Stundenkilometer. Und was ist sonst beim Test aufgefallen? Ein Überblick:

Drei Pluspunkte des Nio ET5

Die Optik: Der Nio ET5 ist ein wunderschönes Auto – und das Airspace Blue des Testwagens steht ihm ganz besonders gut. Das ist zunächst mal eine subjektive Meinung, die sich aber während des Tests von alleine multiplizierte. Ob anzugtragende Führungskräfte, ältere Damen oder Teenager: Selten zuvor wurde ich so häufig auf ein Testfahrzeug angesprochen – und jedes Mal lautete das Urteil: Der sieht richtig gut aus! Das liegt sowohl an der Linienführung als auch am Lichtdesign – die Fahrzeuge von Nio gehören zweifellos zu den elegantesten Elektroautos, die es aktuell auf dem Markt gibt.

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Das Fahren: Zwar ist der ET5 mit knapp 500 PS ein echtes Kraftpaket und ermöglicht sehr sportliches und agiles Fahren, doch er lässt sich auch sehr gediegen und effizient bewegen. Verbrauchswerte von unter 20 kWh sind problemlos möglich, und auch wer es sportlich angehen lässt, kommt kaum über 30 kWh kombiniert. Damit schafft der große 100 kWh-Akku immer noch mehr als 300 Autobahnkilometer am Stück. Zudem liegt das Elektroauto dank des schweren Akkus großartig auf der Straße. Kleines Manko: Ein echtes „One Pedal Driving“ gibt es nicht.

Die Ausstattung: Bis hin zur kräftig zupackenden Massagefunktion in den Vordersitzen ist der ET5 in Vollausstattung mit Annehmlichkeiten vollgestopft. Die Sitze sind zudem sehr bequem, auch im Innenraum ist alles wertig und schick verarbeitet. Trotzdem ist die Optik im Fahrzeuginneren angenehm schlicht und edel – selbst die Lüftungsschlitze sind in der Armatur gut getarnt, leisten aber trotzdem ordentlich ihre Arbeit. Die Assistenten arbeiten ordentlich, auch wenn – typisch für asiatische Hersteller – häufig Warntöne erklingen. Die vermenschlichte Sprachsteuerung namens Nomi ist durchaus eine große Hilfe, wenn die Befehle richtig formuliert werden. Das wiederum erfordert ein wenig Eingewöhnungszeit. Allerdings sind die meisten Einstellungen ansonsten irgendwo tief in den Menüs des großen Mitteldisplays verborgen. Während viele andere Tester über die „nervige Nomi“ schimpfen, habe ich mich mit dem kleinen Kerl mit Kindchenstimme und Flausen im Kopf gut anfreunden können. Die Generation Siri dürfte hier keine großen Probleme haben.

Drei Minuspunkte des Nio ET5

Die Software: Knöpfe gibt es im Nio ET5 nur sehr wenige, viel lässt sich über die Sprachsteuerung bedienen, wenn man herausgefunden hat, was man sich dafür genau wünschen muss. Wer allerdings in den Menüs nach den gewünschten Einstellungen sucht, der muss mitunter ein wenig Geduld mitbringen. So entschied ich mich irgendwann, die Ladeklappe stets per Sprachbefehl zu öffnen, weil ich auf die Schnelle keinen anderen Weg gefunden habe. Doch auch Nomi hört manchmal eine Spur zu zögerlich auf Anweisungen – vielleicht weil sie manchmal eine Spur zu viel mit Musizieren beschäftigt ist. Da gibt es noch Luft nach oben, die aber dank Over-the-Air-Updates auch von ebendort zu gegebener Zeit behoben werden kann.

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Die Ladeperformance: Maximal 128 kW DC-Ladeleistung waren im Test in der Spitze drin, schnell pendelte sich der Wert dann zwischen 70 und 80 kW ein. Nicht mehr zeitgemäß, und bei solch einem großen Akku dauert das Nachladen dann auch überdurchschnittlich lange. Fein raus ist da derjenige, der Akkutausch-Stationen von Nio auf seinen regelmäßigen Wegen hat, deren Anzahl ja weiter steigen soll. Binnen fünf Minuten ist dann der fast leere durch einen aufgeladenen Akku ersetzt. Allerdings ist dafür dann zwingend das Batteriemietmodell nötig statt des Batteriekaufs – schließlich befindet sich ja ständig ein anderer Akku im Fahrzeug. Der Testwagen kostet zum Beispiel 50.800 Euro plus 289 Euro Miete für den großen Akku, den kleineren Stromspeicher mit 75 kWh gibt es für 169 Euro monatlich.

Der Stauraum: Für ein gut 4,80 Meter langes Auto ist der Kofferraum mit seinen 386 Litern Fassungsvermögen doch reichlich klein. Dafür sitzt es sich immerhin auch in Reihe zwei mehr als ordentlich. Wer mehr Platz braucht, für den könnte der neue ET5 Touring eine Option sein. Der ist zwar genauso lang, das Dach fällt aber erst weiter hinten ab, sodass in Kombiform mehr Stauraum entsteht – allerdings verliert das Fahrzeug dann auch ein klein wenig von seinen optischen Reizen.

Fazit

Der ET5 von Nio ist ein schönes, emotionales und ungewöhnliches Elektroauto und kann sich absolut mit einem Tesla Model 3 messen lassen, ist in manchen Belangen vielleicht sogar ein gutes Stückchen besser. Allerdings erfüllt der Nio nicht das Klischee, als Chinese besonders günstig zu sein. Im Gegenteil: Ein Tesla Model 3 als Allrad mit erhöhter Reichweite kostet etwa genauso viel – und da ist der Akku schon dabei.

Dafür ist der ET5 der ungewöhnlichere und aufsehenerregendere Anblick und bietet eine gewisse Individualität – und mit Nomi einen schrullig-sympathischen und nur manchmal nervigen Begleiter. Zudem könnten die Akkuwechselstationen ein Kaufargument sein, sofern sie nah an den alltäglichen Strecken liegen.

Disclaimer: Das Fahrzeug wurde von Nio zu Testzwecken für zehn Tage kostenlos zur Verfügung gestellt. Ein ausführlicher Testbericht ist zunächst in der Fuldaer Zeitung erschienen.

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.
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Spiritogre:

Ich habe heute meinen zweiten Nio in freier Wildbahn gesehen. Und hier im Ort fahren sehr, sehr viele BEVs rum, weil hier sehr viele Reiche leben. Der erste Nio vor über sechs Monaten war aber eindeutig ein Fahrzeug für YT etc. Rezensionen, also heute der erste echte Nio, war auch ein ET7. Ist schon eine riesige Kiste. Aber eben einfach viel zu teuer und viel zu schlecht bei der Ladeleistung. Nio wird hierzulande keinen Blumentopf gewinnen sondern klitzekleine Nische bleiben, wenn sie überhaupt bleiben.

Marc:

Dann schlau mich mal auf! Was hat sich denn indessen bei den Kaufpreisen, Mietraten und dem kruden Zwischending zwischen Auto kaufen und Akku mieten getan? Wo sind denn indessen die Akku Wechselstationen auf Raststätten in ganz Europa? Was ist denn mit dem Verbrauch, hat der Redakteur hier gelogen? Was ist denn mit der Ladegeschwindigkeit, hat der Redakteur hier gelogen? Stimmen die Verkaufszahlen vom KBA nicht, an denen man ablesen kann, die Fahrzeuge sind nicht gefragt.

Roman L.:

Die letzten Nio Artikel verpasst, und/oder den Vorschritt nicht verkraftet? Bei den letzten Berichten haben nämlich deine immer gleichen Absätze gefehlt.
Gekonntes Spiel zwischen absoluter Unwissenheit und absichtlichem Schlechtreden, das Überwiegende der beiden bleibt ein Rätsel.

Marc:

Man könnte zumindest überlegen, den Nio zu wählen, wenn es ein dichtes Netz von Wechselstation gäbe. Das gibt es aber nicht und es wird sie nicht geben. Es ist nicht einmal versprochen worden. Wenn man aber nur 5 Minuten hin und 5 Minuten zurückfahren muss, um zu wechseln, ist es schon nicht mehr schneller als Schnellladen. Selbst in Zusmarshausen, wo eine der drei oder vier Wechselstation in Deutschland ist, gibt es direkt in der Nähe Ionity-Schnelllader auf dem Rastplatz Augsburg Ost. Man dürfte also sogar unter idealsten Bedingungen, die quasi niemals eintreten können, kaum einen Vorteil ziehen.

Vor allem ist es völlig unbefriedigend, mindestens 47.500 € zu zahlen und dann dennoch nicht Eigentümer des Akkus zu sein. Was macht man denn wenn man das Auto verkaufen möchte? Wer kauft einen Gebrauchtwagen für 35.000 €, wo der Akku nicht dabei ist? Gut, man kann alles mieten. Nur zahlt man dann in drei Jahren so viel, als ob man den gesamten Wagen auf Kredit gekauft hätte. Am Ende ist es ein chinesisches Fahrzeug ohne Werkstatt und Servicenetz, ohne die Sicherheit, ob es diese Firma morgen noch geben wird. Aber mit der Sicherheit, dass man auf Ersatzteile garantiert länger warten muss. Da wäre der halbe Verkaufspreis von dann 30.000 € inklusive 75 kWh-Akku vielleicht ein Kaufargument. Ich würde aber glauben, dass selbst bei diesem Preis die Kunden Nio nicht die Türen einlaufen würden. Denn der Wagen ist alles andere als ein Verbrauchswunder, was umso schlimmer ist, weil er auch langsam lädt.

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