Mangelnde Akku-Reparierfähigkeit lässt Versicherungsprämien steigen

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Iris Martinz
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  —  Lesedauer 3 min

Es ist ein Widerspruch in sich: Wir fahren Elektroautos, um nachhaltig unterwegs zu sein – viele Autos müssen aber selbst nach harmlosen Unfällen verschrottet werden, weil auch nur leicht beschädigte Batterien nicht repariert werden können. Diese Wertvernichtung zwingt Versicherungen zu höheren Prämien und lässt Zweifel an der Nachhaltigkeit der Elektromobilität aufkommen. Die Autohersteller sind gefordert, die Reparier- und Recyclingfähigkeit der Batterien zu verbessern.

Die Batterien der Elektroautos kosten mehrere tausend bis mehr als zehntausend Euro und repräsentieren je nach Modell bis zu 50 Prozent des Gesamtwerts eines Fahrzeugs. Ein Batterietausch wäre damit völlig unwirtschaftlich und in vielen Fällen auch gar nicht möglich. Aber selbst der Tausch von Einzelkomponenten ist nur schwer durchführbar: Ford und General Motors haben die Reparaturfähigkeit zwar erhöht, der Batterie des Tesla Model Y haben Experten zuletzt aber „null Reparierbarkeit“ bescheinigt. Die neuen, größeren 4680er-Zellen im Model Y sind verklebt und der Trend zu karosserieintegrierten Batterien („Cell-to-Pack“) senkt zwar die Produktionskosten, verringert aber auch die Reparier- und Recyclingfähigkeit der Batterie. „Ein Tesla Struktur-Batteriepack geht daher direkt in den Shredder“, erklärt Sandy Munro, Chef des in Michigan beheimateten Unternehmens Munro & Associates, das Fahrzeuge abschleppt und Autohersteller berät. Immer mehr Fahrzeuge mit wenigen Kilometern werden daher selbst nach kleinen Unfällen abgeschrieben.

Tesla habe nach Aussagen von CEO Elon Musk bisher keine Probleme mit Versicherern von Tesla-Fahrzeugen bemerkt. Musk hat in einem Interview im Januar aber angemerkt, dass „Versicherungsprämien in manchen Fällen unverhältnismäßig hoch“ wären. Deshalb bietet Tesla in den USA auch eigene Versicherungsprodukte an. Die Prämien könnten aber sogar noch weiter steigen, wenn Tesla und andere Hersteller von Elektroautos ihre Batterien nicht leichter reparierbar machen und Dritten den Zugang zu den Batteriedaten weiterhin verwehren. Gerade die historischen Batteriedaten sind kritisch für die Diagnostik und die Analyse der Reparier- und Reuse-Fähigkeit. Versicherer, Leasinggesellschaften und Werkstätten kämpfen daher mit den Autoherstellern um den Zugang zu diesen Daten. Die neue europäische Batterieverordnung soll hier zumindest teilweise Abhilfe schaffen.

Nachhaltigkeitsvorteil ist dahin

Die Zahl der Fälle wird steigen, das Handling der Batterien ist also ein kritischer Punkt“, erklärt Christoph Lauterwasser, Managing Director des Allianz Center for Technology, einem Forschungsinstitut der Versicherungsgesellschaft Allianz. Er weist darauf hin, dass Elektroautos wegen der Batterieproduktion ohnehin schon mit einem CO2-Rucksack gegenüber den Verbrennern starten. „Wird ein solches Fahrzeug mit wenigen Kilometern verschrottet, gehen so ziemlich alle Vorteile hinsichtlich des CO2-Fußabdrucks verloren„. In vielen Fällen scheuen die Versicherer das Risiko aber sogar, wenn Batterien repariert und wieder in Fahrzeuge verbaut werden. Passiert danach etwas, könnte das langwierige Gerichtsverfahren nach sich ziehen.

Die Batterie- und Autohersteller sind also gefordert, ihre Batterien modularer und damit leichter reparierbar zu machen. Auch der Zugang zu den Diagnosedaten müsse für Dritte gewährleistet werden. Die Europäische Kommission fordert zusätzlich Standards, um die „Wartung, die Reparatur und die Wiederverwendung zu erleichtern“. Trends wie Cell-to-Pack oder ein Festhalten an verklebten Rundzellen stehen dem diametral entgegen.

Quelle: Automotive News Europe – Scratched EV battery? Your insurer may have to junk the whole car

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Iris Martinz

Iris Martinz

Iris Martinz ist Unternehmens- und E-Mobilitätsberaterin in Österreich, mit langjähriger Erfahrung im Recycling und Second Life von E-Mobilitätsbatterien. Fährt sowohl rein elektrisch, als auch V8, und möchte die beiden Welten etwas näher zusammenbringen. Nachzulesen unter www.mustangsontour.com.
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Andreas:

Ein relativ simpler Schlag auf den Unterboden führt unter Umständen zu einem Defekt, der als nicht mehr Sicher eingestuft werden kann.
Dazu gibt es sogar einen potenziellen Rating-Test. Den China Bottom Impact.

Stefan:

Richtig. Monroe ist ein ausgewiesener Experte, was Automobilbau anbetrifft. Er baut Neuteile auseinander und analysiert das Design und unter anderem auch die Reparierbarkeit.

rabo:

Mein geliebtes Smart BEV Cabrio ließ sich nach nur 16.000 Km nicht mehr laden. 3 der 96 Zellen der HV waren defekt. Mercedes wechselte die Batterie im Rahmen der 8-Jahresgarantie gegen eine neue aus. Sonst wäre es für mich bei Austauschkosten von 17.000€ praktisch der wirtschaftliche Totalschaden gewesen. Allerdings blieb der Wagen wegen Lieferschwierigkeiten aus China dafür 3 (!) Monate in der Werkstatt. Anschließend ließ sich die neue HV Batterie aber immer noch nicht laden. Diesmal wurde binnen eines weiteren Monats die OBL unit (On Board Lader) für 5.500€ ausgetauscht. Da der Wagen die Garantiezeit von 2 Jahren überschritten hatte lehnte Mercedes jegliche Kulanz-Beteiligung ab (worauf mir die Werkstatt immerhin einen Sonderrabatt von 1.000€ einräumte).
Mercedes: Good Bye!…aber ich habe bezahlt; denn das Produkt (Smart 4/2 Cabrio elektrisch) ist für meine Zwecke genial und macht offen viel Spass!
Leider wurde die Produktion jetzt nach China verlegt, wo unter Smart #1 sofort ein SUV entstand, den ich nun überhaupt nicht brauche.

Herwig:

Da muss ich jetzt einmal nachfragen: Welches Unfallgeschehen führt tatsächlich zu Schäden an der Batterie? Ich denke, dass das schon recht schwere Unfälle sein müssen!
Hier wird’s aber so dargestellt, als ob schon ein Parkschaden zum wirtschaftlichen Totalschaden würde!
Was hier in einem Kommentar (Antwort von S.Eckardt auf Marc) angesprochen wird („wegen Defekts einer Zelle“) ist wohl eher eine Frage der Gewährleistung/Garantie, nicht der (Haftpflicht- oder Kasko-)Versicherung!

Daniel W.:

Das spräche für ÖPNV, Schienenfernverkehr und Pedelecs mit Dach auf Radwegen, da ist der Akkuverbrauch pro Person am Geringsten, sowohl im Betrieb wie bei einem Unfall.

S. Eckardt:

bleibt immer noch die durch fehlende Reparaturmöglichkeit unnötig „versaute“ Klimabilanz. U.U. wegen Defekts einer Zelle …
Derartige Akku-Fahrzeug-Konstruktionslösungen sind offensichtlich eine Sackgasse und sind ein „NoGo“ für zukünftige Fahrzeuggenerationen.

Sven:

„Munro & Associates, das Fahrzeuge abschleppt…“ Aha, deswegen ist Sandy Munro so kompetent, weil er abschleppt. Aber ist es nicht eher so, dass er Fahrzeuge bis auf die letzte Schraube zerlegt und alles sauber analysiert und die Kosten der einzelnen Bauteile ermittelt, um den genauen Wert eines Fahrzeugs zu ermitteln? Und er durch das Auseinanderbauen feststellen kann, wie fortschrittlich ein Auto gebaut wurde? Zum Beispiel das im Text erwähnte Tesla Model Y…

Albert Kirl:

Interessanter Punkt. Gibt’s denn solch große Unterschiede in der prozentualen Häufigkeit von Schadensfällen zwischen verschiedenen Modellen?

Philipp:

Auch wenn die Reperaturfreundlichkeit sicher einen Einfluß auf die Schadenssumme hat, so sind nicht die Reparaturkosten die eigentlichen Kostentreiber, sondern immer noch das Fahrverhalten.

Ob eine Reparatur halb so teuer kommt wie bei anderen Modellen ist daher irrelevant, wenn der Schadensfall einfach 10 mal so häufig eintritt.

Marc:

Erst einmal bleibt es jeder Versicherung überlassen, welchen Tarif sie bei welchem Fahrzeug anwendet. Diese Einstufung in Schadensklassen hat in Deutschland ihre wegweisende Wirkung zu einem gewissen Teil verloren. Trotzdem ist es so nicht von der Hand zu weisen, dass Strukturbatterien bei Reparatur und Second Life grundsätzlich nicht so einfach wie Module zu handhaben sind. Wobei es verschiedene Möglichkeiten gibt, bei Cell-to-Chassis zu versiegeln.

Teslas aktueller Ansatz ist in der Tat nicht hilfreich und könnte zu deutlich höheren Prämien führen. Wobei Musk selber offen zugegeben hat, das sei noch nicht die beste Lösung, denn auch beim Gewicht hat man noch praktisch nichts gespart.

Aktuell stellt man fest, dass durchaus einige Hersteller einzelne Module tauschen. Bei so einigen Elektroautos ist das relativ problemlos möglich. Vom e-up bis zum Taycan im VW Konzern zum Beispiel. Das verringert ja auch die Garantiekosten. Beim Tesla mit 4680 wird man das ganze Auto abschreiben müssen, wenn eine Zelle defekt ist. Ich glaube also nicht, dass hier ein Trend eingeläutet ist.

P.S.: Und dann gerne diesen Teil löschen, @Moderatoren – Sandy ist ein Mann.

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