Studie: Wechsel aufs E-Auto ökologisch fast immer sinnvoll

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Daniel Krenzer
Daniel Krenzer
  —  Lesedauer 3 min

Forscher des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) haben berechnet, wann sich aus ökologischen Gesichtspunkten der Umstieg von einem Verbrenner auf ein Elektroauto lohnt. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass dies nahezu immer der Fall ist – außer bei Bestandsfahrzeugen mit Verbrennungsmotor, die jährlich weniger als 3000 Kilometer zurücklegen. Darüber berichtet die Zeit, der die Studie – hier als PDF zu finden – zunächst exklusiv vorlag.

Die Grundüberlegung dahinter klingt einleuchtend: Wäre es nicht sinnvoller, bereits existierende Produkte so lange wie möglich zu nutzen, ehe sie durch ein neues, wenn auch moderneres Produkt ersetzt werden? Was bei vielen Produkten zutrifft, ist laut Studie bei Autos jedoch lediglich die Ausnahme. „Diese widerlegt eindrücklich die verbreitete These von Altauto-Liebhabern, wonach es geradezu nachhaltig sei, bereits produzierte Verbrenner weiterzunutzen“, schreibt die Zeit. Die Betrachtung des gesamten Lebensweges kommt laut Ifeu aber zu einem anderen Ergebnis.

Herstellung fällt bei Gesamtbilanz kaum ins Gewicht

Bei bisherigen Studien wurden immer die Umwelt- und Klimabilanzen von Neuwagen ermittelt. Die neue Studie betrachtet hingegen die Weiternutzung gebrauchter Verbrennerfahrzeuge, und wie diese im Vergleich zum Umstieg auf neue Elektroautos in der Gesamtbilanz abschneiden. Zwar stimme es, dass die Bestandsfahrzeuge mit Benzin- oder Dieselmotor bereits produziert sind. Wenn sie weiterhin gefahren werden, sparen sie somit die vergleichsweise hohen Herstellungsemissionen eines Elektroautos zunächst ein. „Die Fahrzeugnutzung führt dann aber aufgrund der Antriebstechnik zu erheblich höheren Emissionen, in der Regel auch gegenüber einem neuen Verbrenner“, erklärt Hinrich Helms, der an der Studie beteiligt war.

Die Emissionen, die bei der Herstellung entstehen, entsprächen bei Autos mit Verbrennungsmotor lediglich 15 Prozent der Gesamtbilanz. Diese seien in einem „Verbrennerleben“ vergleichsweise schnell „abgeschrieben“, womit sie bei der Gesamtbetrachtung kaum noch ins Gewicht fallen. Die Zeit schreibt: „Bei einer üblichen Pkw-Jahresfahrleistung von durchschnittlich 13.750 Kilometern ist der Umstieg aufs E-Auto bereits nach 5,2 Jahren klimafreundlicher.“ Und das bei „gut gemeinten“ Annahmen bei der Berechnung der Emissionen durch Benziner und Diesel.

Nur Fahrzeuge, die sehr wenig bewegt werden, seien noch einige Jahre die klimafreundlichere Alternative. Wer also seinen alten Verbrenner nur maximal 3000 Kilometer im Jahr bewegt und ansonsten seine Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegt, brauche kein schlechtes Gewissen wegen seiner mobilitätsbedingten Klimawirkung haben.

Alle Verbrenner unverzüglich stilllegen?

Aus Klima- und Umweltschutzgründen ist es laut der Studie also sinnvoll, nahezu jeden Verbrenner unverzüglich stillzulegen. Die Zeit stellt ferner fest: „Auch wenn sich Vorbehalte gegenüber Elektromobilität hartnäckig halten: Deren ökologische sowie ökonomische Vorteile sind längst belegt.“ Und auch das Argument, dass ausrangierte Verbrenner in Deutschland ja anschließend ohnehin in anderen Ländern weiter eingesetzt werden würden, gelte nicht. Denn in der Regel würden diese Fahrzeuge dort noch ältere Autos ersetzen, deren Auswirkungen auf Umwelt und Klima noch größer seien.

Aus Klimaschutzgründen ist der Wechsel auf ein Elektroauto also für fast jeden sinnvoll. Ein großer Hemmschuh sind aber nach wie vor die Kosten. Auch wenn bei genauer Betrachtung der Total Cost of Ownership ein E-Auto trotz höherer Anschaffungskosten für sehr viele bereits heute die günstigere Alternative wäre, können und wollen sich viele einen teuren elektrischen Neuwagen nicht leisten – und die Anzahl der alltagstauglichen Gebrauchten ist bei E-Autos noch eher überschaubar. Doch daran dürfte sich in den kommenden Jahren einiges ändern, dass es bald keine guten Gründe mehr geben dürfte, sich gegen den Umstieg auf die Elektromobilität zu entscheiden.

Quelle: Zeit online- „Die Mär vom nachhaltigen Langzeitauto“

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.

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Spiritogre:

Der wichtigste Punkt im Artikel ist der: „Die Emissionen, die bei der Herstellung entstehen, entsprächen bei Autos mit Verbrennungsmotor lediglich 15 Prozent der Gesamtbilanz. Diese seien in einem “Verbrennerleben” vergleichsweise schnell “abgeschrieben”, womit sie bei der Gesamtbetrachtung kaum noch ins Gewicht fallen. Die Zeit schreibt: “Bei einer üblichen Pkw-Jahresfahrleistung von durchschnittlich 13.750 Kilometern ist der Umstieg aufs E-Auto bereits nach 5,2 Jahren klimafreundlicher.“

Das sind 71.500 Kilometer die das Elektroauto runter haben muss, um mit dem Benziner gleichzuziehen und entspricht etwa dem Wert, den der VDI (69.000km) vor einigen Wochen auch genannt hat und der hier auf der Seite als unglaubwürdig und Anti-EV Propaganda der Ölindustrie niedergemacht wurde. Voraussetzung dabei ist, dass der Elektrowagen rein mit Ökostrom, etwa durch PV Anlagen, geladen wird.

Ich finde es irgendwie lustig, dass zwei solche Studien zu praktisch gleichen Ergebnissen kommen aber da das in dieser Studie als Vorteil für Elektro verkauft wird und nicht einfach neutral als „Fakt“ genannt wird, diese Studio von Elektrofans bejubelt, die andere jedoch Niedergemacht wird.

Für mich als Kunden, der praktisch nie mit einem Auto über 70k fährt bedeutet dies quasi, das bei meiner Nutzung Verbrenner umweltfreundlicher sind und das erst alte, viel gefahrene Elektroautos hier im Vorzug sind… das wäre nämlich dann der Umkehrschluss.

alchemist:

Letztlich kommen alle „Studien“ (diese und die im „Birger-Thread“ verlinkten zu einem qualitativ gleichen Ergebnis: nach 30,000 oder 90,000 oder noch mehr Kilometern wird die akkumulierte CO2 Emission eines EV geringer ausfallen als die eines ICE betriebenen Vehikels. Dabei werden auch stets die Einflussfaktoren benannt, aber die Resultate nicht mit nachvollziehbaren quantitativen Rechnungen und Primärquellen belegt. Von daher stellt sich schon die Frage, wie belastbar die jeweils genannten Break-Even-Points sind und wer wohl hinter diesen Studien steckt. Ich habe selber oft das Wort „Studies“ in Publikationen genutzt, es handelte sich aber stets um wissenschaftliche Arbeiten mit experimentellen Details und einem Peer-Review-Prozess. Fazit: diese Studien sind das Papier nicht wert, auf denen sie gedruckt sind. Und auch die in diesem Artikel vorgestellte IFEU-Studie hätte man auf die Abbildung 1 reduzieren können, ohne an Aussagekraft verloren zu haben. Alles Weitere kann jeder, der rechnen kann mit Randbedingungen daraus ableiten.

Birger:

Die obere Studie von mir beweist doch, das selbst nicht mal das Netzwerk von Hal Harvey mit T&E, was sogar staatlich genutzt wird, nicht mal zu diesen Ergebnissen gekommen ist. Also darf auch die Frage gestellt werden, wie beim IFEU Studien entstehen? Wie war das mit den Studien? Traue keiner Studie, ……..! Das ist echt alles mit Vorsicht zu genießen. Hier ist auch ne Studie von Auto, Motor und Sport aus dem Dezember 2023.
https://www.auto-motor-und-sport.de/verkehr/vdi-studie-elektroauto-besser-fuers-klima-v3/

Michael Neißendorfer:

Ich sehe das als Bestätigung der IFEU-Studie. Auch bei Virta wird deutlich, dass der größte Teil der CO2-Emissionen beim Betrieb, also der Verbrennung von Kraftstoff entsteht. Mehrere andere Studien besagen, dass ein kompaktes E-Auto nach 30.000 Kilometern, mal mehr mal weniger, seinen produktionsbedingten Klima-Rückstand auf einen Verbrenner wieder aufgeholt hat. Auch das bestätigt die Ergebnisse aus dem IFEU. Und auch wenn die Ergebnisse ihrer Meinung „nicht so gut sind“. Rechnet man die Virta-Ergebnisse in Tonnen CO2 über die Lebensdauer hoch, kommt das E-Auto auf 21 Tonnen und Benziner und Diesel auf um die 50 Tonnen. Da gibts nichts mehr schönzureden.

Aber jetzt nochmal die Frage: Wie hat Hal Harvey beim IFEU seine Finger im Spiel?

Birger:

Dieser Bericht ist vom Dezember 2023, was auch nicht zu so guten Ergebnissen kommt und nebenbei ist die Quelle auch von Transport & Environment was eben schon zum Netzwerk von Hal Harvey gehört.
https://www.virta.global/de/blog/faktencheck-ist-die-umweltbilanz-bei-einem-elektroauto-wirklich-schlechter#:~:text=Wissenschaftler%3Ainnen%20der%20System%2D%20und,beim%20Laden%20mit%20deutschem%20Strommix.

Michael Neißendorfer:

Dann würde mich jetzt mal interessieren, wie Hal Harvey mit dem IFEU verflochten ist. Und so neu sind diese Erkenntnisse nicht, sie stützen sich auf diverse andere Forschungsarbeiten, wie in der Original-Publikation nachzulesen ist.

Birger:

Dies ist ein sehr erstaunlicher Bericht, der sicher genauer überprüft werden müsste. Zu solchen Erkenntnissen ist bis jetzt noch niemand gekommen. Leider kenne ich auch die weltweite Einflussnahme von Hal Harvey und dessen Netzwerk!

Dagobert:

Oberklasse und obere Mittelklasse machen gemeinsam gute 4% des deutschen Fahrzeugbestandes aus. Das wird bestimmt ein „riesen Geschäft“ und „total ökologisch“.

Wie gesagt: Das wird man für Liebhaberfahrzeuge machen. Das ist wie wenn Motoren Zimmer auf Youtube den Motor eines E63 AMG tauscht…

brainDotExe:

Kompaktklasse vielleicht nicht, aber Mittelklasse und aufwärts schon.
Vor allem eher die Topmodelle.

Dagobert:

10-15 Jahre alte Kompaktwagen sind in der Regel gerade mal 5.000-10.000€ Wert. Daher sind die dann auch ein kapitaler Totalschaden.
Mal ganz davon abgesehen, dass es in 10 Jahren keinen Akkutausch für 5000€ geben wird. Aktuell deutet nichts darauf hin, dass Akkupreise in dem Ausmaß weiter sinken werden. Die Preise sind sogar wieder kurzfristig gestiegen und stagnieren aktuell. Die Zeiten, dass sich alle 5 Jahre die Preise halbieren sind längst vorbei.
Vielleicht wird das irgendwann einmal sinnvoll möglich. Wer weiß schon wie es in 50 Jahren aussieht. Aber bei heute verkauften BEV wird man in 10 Jahren nicht wirtschaftlich den Akku in einem Gebrauchtwagen tauschen können.

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