Jaguar Type 00: Aufbruch in eine neue Ära

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Jaguar

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 7 min

Das Konzept Jaguar Type 00, ausgesprochen „Type Zero Zero“, markiert den Übergang der britischen Marke in eine neue Ära, die stark auf Elektromobilität und moderne Designansätze setzt. Die Bezeichnung „Type“ knüpft an Jaguars Tradition an, wie sie durch Modelle wie den E-Type geprägt wurde. Die beiden Nullen stehen symbolisch für den emissionsfreien Antrieb und den Beginn einer neuen Modellgeneration. Gerry McGovern, Chief Creative Officer bei JLR, beschreibt das Konzept als „eine unverwechselbare Präsenz, die durch mutiges, uneingeschränktes Denken entstanden ist.“

Mit dem Concept Car Jaguar Type 00, das erstmals bei der Miami Art Week 2024 der breiten Öffentlichkeit gezeigt wird, offenbart die britische Automarke einen Blick in die Zukunft. Das Konzeptauto zeigt, wohin die Reise gehen soll und zahlt voll auf die Neuausrichtung der Marke unter dem Leitmotiv „Copy nothing“ ein. Das steht dabei sicherlich wie kein anderes Konzept für die Gedanken des Firmengründers Sir William Lyons: “A Jaguar should be a copy of nothing.” Denn das ist der Type 00 sicherlich, keine billige Kopie. Wohl aber ein Concept Car, das für Aufsehen sorgen wird.

Während unseres Besuchs im Hauptquartier von Jaguar Land Rover (JLR) in Coventry, Vereinigtes Königreich, im vergangenen November wurde deutlich, wie radikal und umfassend die Neuausrichtung der Marke ist. Der Jaguar Type 00 lässt dies noch greifbarer werden, da er einen konkreten Ausblick auf das erste viertürige GT-Modell der neu erfundenen Marke gibt, das Ende 2025 vorgestellt werden soll, um dann gegen Ende 2026 auf die Straße zu rollen.

Jaguar Type 00: Wegweiser in die elektromobile Zukunft der Marke

Das Elektroauto wurde unter der internen Projektbezeichnung X900 entwickelt und orientiert sich mit seinem Design und seiner Ausstattung klar am oberen Luxussegment. Mit einer Länge von 5,20 Metern und einem Radstand von 3,20 Metern kombiniert das Modell großzügige Proportionen mit einer minimalistischen Formensprache, die Jaguar als „Exuberant Modernism“ bezeichnet.

Charakteristisch sind eine lange Motorhaube, eine fließende Dachlinie und ein geschlossenes Heck, die eine ausgewogene, dennoch dynamische Silhouette schaffen. Das Auto verzichtet weitgehend auf überflüssige Konturlinien und setzt stattdessen auf klare Flächen, die durch subtile Akzente wie die lasergravierten Messing-Inlays mit dem Jaguar-Leaper veredelt werden. Diese Inlays dienen nicht nur als Gestaltungselement, sondern auch als Abdeckung für die seitlichen Kameras, die nur bei Bedarf ausfahren. Die Frontpartie wird von vier markanten Lichtstrahlern an den Ecken definiert, die das Auto optisch breiter und stabiler wirken lassen.

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Besonders auffällig ist der Verzicht auf große Fensterflächen, was die Flächigkeit des Designs noch stärker betont. Das Heck wird breiter, anstatt sich zu verjüngen, was dem E-Auto eine standfeste und leistungsorientierte Präsenz verleiht. Dieses Spiel mit Proportionen und Oberflächen, gepaart mit kurzen Überhängen, soll die Eleganz und den performanten Charakter unterstreichen. Auch der Frunk, der durch die lange Frontpartie optisch besonders groß erscheint, lässt auf Gutes hoffen.

Materialien: Nachhaltigkeit trifft Handwerkskunst

Jaguar geht bei den Materialien im Interieur neue Wege. Neben Messing kommen Travertinstein und Textilien zum Einsatz, die in Kombination ein helles, weiträumiges Ambiente schaffen. Die durchgängige Mittelkonsole, die als zentrales Gestaltungselement fungiert, wird von schwebenden Sitzen flankiert, die auf einer Travertin-Basis ruhen. Mary Crisp, Chief Materiality Designer, erklärt, dass die Materialwahl nicht nur ästhetische, sondern auch nachhaltige Aspekte verfolgt. „Die Materialität des Type 00 repräsentiert mutige Kunstwerke und schafft eine einzigartige Atmosphäre.“ Während Messing und Travertin aufgrund von Gewicht und Kosten noch geprüft werden, scheint der Einsatz der Textilien in der Serienproduktion bereits fest eingeplant. Die verwendeten Wolltextilien, inspiriert von handgewebten Garnen, umhüllen die Sitze, den Boden und weitere Innenraumdetails und verstärken das handwerkliche Erscheinungsbild.

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Die Langlebigkeit der Materialien spielt ebenfalls eine zentrale Rolle im Konzept des E-Autos. Jaguar setzt auf ein nachhaltiges Design, das die Lebensdauer des Autos verlängert und den CO₂-Fußabdruck reduziert. Recyclingfähige Materialien und die Überlegung, das Auto über mehrere Jahrzehnte hinweg nutzbar zu machen, stehen im Vordergrund. Auch die Farbpalette reflektiert diesen Ansatz: Neben dem auffälligen Rhodon Rose, das an die Patina gealterten Messings erinnert, sind gedecktere Farben wie Schwarz, Weiß und Grau für spätere Serienstromer vorgesehen.

Technologisch bietet das Interieur einige Besonderheiten, die den Luxusanspruch unterstreichen sollen. Versenkbare Displays, ein Head-up-Display und versteckte Stauräume prägen das Konzept. Das sogenannte „Prism Case“, eine Art Koffer mit keilförmigen Totems aus Materialien wie Messing, Travertin und Alabaster, ermöglicht die Anpassung des Fahrzeugambientes. Werden diese Totems in die Mittelkonsole eingesetzt, ändern sich Beleuchtung, Klangkulisse und sogar Düfte entsprechend den Eigenschaften des gewählten Materials. Jaguar bezeichnet dies als eine Brücke zwischen der analogen und digitalen Welt. Die Prism-Box kann im Bereich der Fahrertür verstaut werden. Auch wenn dieses Konzept wohl kaum in Serie gehen wird, zeigt es den experimentellen Ansatz, den Jaguar verfolgt.

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Das futuristische Design und die ausgefallenen Materialkombinationen stehen in Kontrast zu den vertrauten Proportionen, was dem Stromer eine solide und dennoch moderne Präsenz verleiht. Jaguar beweist mit dem Type 00, dass Luxus und Nachhaltigkeit keine Gegensätze sein müssen, und setzt auf klare, langlebige Werte, die sich sowohl in der Gestaltung als auch in der Funktionalität widerspiegeln.

777 km Reichweite und vermutlich über 270 kW Peak-Ladeleistung

Die technologische Basis des Type 00 ist ebenfalls ein Kernbestandteil des Konzepts. Eine Reichweite von bis zu 777 Kilometern (WLTP Zyklus) und eine Schnellladefunktion, die in nur 15 Minuten bis zu 322 frische Kilometer ermöglicht, unterstreichen Jaguars Anspruch, im Bereich der Elektromobilität konkurrenzfähig zu sein. Der genaue Blick auf die Displays bei der statischen Präsentation des Elektroautos hat weitere Details offenbart.

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Auf dem Display war bei einem Akku-Stand von 40 Prozent (311 km) hin zu 80 Prozent (622 km) eine Ladedauer von 13 Minuten zu sehen. Passt ganz gut zu den von Jaguar selbst in den Raum geworfenen Werten von 322 km in 15 Minuten. Spannender war hierbei noch die Tatsache, dass die Peak-Ladeleistung bei 40 Prozent mit 270 kW angegeben wird. Bekanntermaßen laden vortemperierte Akkus im niedrigeren Prozentbereich noch besser, was darauf schließen lässt, dass eine Peak-Ladeleistung von über 270 kW für den Type 00 möglich erscheint. Dies erscheint allerdings auch notwendig, da die Plattform, auf der das E-Auto basiert, bis 2035 genutzt werden soll. Und damit eine langfristige Grundlage für die Entwicklung weiterer Modelle darstellt.

Ausblick: Das Serienmodell als viertüriger GT

Die Fertigung des Serienstromers auf Basis des Type 00 Konzepts wird in England erfolgen, wobei Jaguar auf Batterien aus einem Joint Venture mit Tata Motors setzt. Anfangs könnten noch Batterien von anderen Zulieferern zum Einsatz kommen. Das Serienfahrzeug soll Ende 2025 vorgestellt werden, während der Marktstart Ende 2026 geplant ist. In größeren Stückzahlen wird das Modell ab 2027 erwartet. Preislich bewegt sich der Type 00 im oberen Segment mit einer angestrebten Preisspanne zwischen 150.000 und 200.000 Euro, wobei nach oben keine klare Grenze gesetzt ist.

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Jaguar positioniert seinen Elektro-GT direkt gegen Wettbewerber wie Bentley und Aston Martin und sieht Deutschland als wichtigsten Markt in Europa. Der Type 00 steht exemplarisch für Jaguars Bemühungen, eine Balance zwischen Innovation, Tradition und Nachhaltigkeit zu schaffen. Mit seinem Fokus auf künstlerische Gestaltung, technologischer Raffinesse und nachhaltigen Materialien will Jaguar neue Maßstäbe im Luxussegment setzen und zugleich seine Wurzeln nicht aus den Augen verlieren.

Was daraus werden kann, wird man beim bereits erwähnten, viertürigen Serien-GT von Jaguar sehen. Designtechnisch wird er wohl Elemente des Type 00 übernehmen, darunter etwa die lange Motorhaube, die geschlossene, aerodynamisch optimierte Heckpartie und die betont flächigen, minimalistischen Oberflächen. Die von Jaguar als „Exuberant Modernism“ bezeichnete Designphilosophie wird auch im Serienmodell im Mittelpunkt stehen, allerdings mit einigen Anpassungen, um den Komfort und die Funktionalität im Alltag zu erhöhen.

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Das Serienmodell wird voraussichtlich auf eine reduzierte Materialpalette zurückgreifen, um Kosten, Gewicht und Fertigungskomplexität zu optimieren. Während Textilien aus Wolle und Recyclingmaterialien nahezu sicher in Serie gehen, ist der Einsatz von Travertinstein und Messing als primäre Materialien weniger wahrscheinlich. Stattdessen könnten optisch ähnliche Alternativen verwendet werden, um den luxuriösen Eindruck des Konzeptfahrzeugs zu bewahren. Der Fokus wird weiterhin auf einem offenen, weiten Raumgefühl mit modernen Technologien wie versenkbaren Displays und Head-up-Displays liegen.


Disclaimer: Jaguar hat zum Kennenlernen der neu ausgerichteten Marke nach Coventry eingeladen und hierfür die Reisekosten übernommen. Ebenso durften wir dort vorab einen Blick auf den Jaguar Type 00 werfen. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere hier geschriebene ehrliche Meinung.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Pedro G.:

Früher hat Frau gesagt
Eine lange Motorhaube ist die Verlängerung des männlichen Gliedes ;-)

Nostradamus:

Mit Pink wird Jaguar ein Barbie car. Das Holz in Interieur sieht wie von Bauhaus geholt.

Nostradamus:

Meine erste Reaktion war absolut negativ. Aber! Je länger ich dieses Auto schaue, desto mehr bekomme ich das Gefühl, dass es doch interessant ist. Dieses Design betrachte ich nur als eine erste Skizze eines Designers, die die künftige Form nur grob definiert. Nach dieser Skizze folgt eine seriöse Designentwicklung. In dem Sinne, meiner Meinung nach, soll dieses Design unbedingt weiterentwickelt werden, um etwas Nützliches aus ihm zu machen. In einem bin ich sicher – das ist kein Jaguar. Dazu noch, zeigt dieses Design eine auffällige Ähnlichkeit mit dem neuen Cadillac Celestiq. Der ist aber ein echtes luxuriöses Auto, der Jaguar sieht spartanisch arm aus.

Smartino:

Ist es nur das Auto, das dich vom Biedermann unterscheidet?
Oder ist da sonst noch was?
Z.B. Ironie?

Hauke Hinrichsen:

So reich muss man da nicht sein, hatte einen XJ 6 als Student..(5000,00DM) heute liegen die Jaguare im Verhältnis zu den deutschen Marken immer etwas günstiger.
Es ist natürlich schwierig so eine Marke mit der riesigen Tradition zu transformieren, aber in den Elektroplattformen stecken aber auch viele positive Aspekte die es erlauben das die Kosten nicht explodieren müssen! Und in der Formel E sind sie ja sehr erfolgreich..

DoDo:

Die Form ist ansprechend, aber ich frage mich nur was unter der langen Haube ist? Verschenkter Platz vermutlich.

Niko8888:

Wäre ich Reich käme Jaguar auf meine Shortlist :-)

So geht Avantgarde! Top!

Biedermann kann ja Golf und Tesla Model 3 fahren :-)

Eddie:

Sieht von der Front aus wie ein Audi

ID.alist:

Ich finde die ganze Cancel-Jaguar Bewegung ziemlich lächerlich. Es besteht aus 50% „Früher war alles Besser“ und 50% männliche Toxizität, und am Ende 99% der Menschen die das neue Jaguar nicht mögen sind solche die solche ein Auto sich nie werden leisten können.
Ich finde den Type 00 sehr interessant als das was es ist, eine Designstudie die uns Zeigen soll in welche Richtung Jaguar gehen will. Und ja, es gibt Fotos von getarnten Jaguars mit ähnliche Proportionen, von daher bin ich gespannt auf das Endprodukt.
Und zu den Farben, endlich mal traut sich jemand lebendige Farben zu nutzen, dieses ganze Moderne Grau in Grau mit ein bisschen Weiß oder Schwarz kann man nicht mehr ertragen.

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