Das ist mal eine Ansage. „Der neue Hyundai Nexo ist das reichweitenstärkste Brennstoffzellenauto auf dem Markt“, verkünden die Koreaner mit stolzgeschwellter Brust. 826 Kilometer sind es gemäß WLTP-Norm. Das Ganze bei Tankvorgängen, die weniger als fünf Minuten dauern, und mit geringerer Empfindlichkeit gegenüber tiefen Temperaturen – allerdings bei recht dünnem Tankstellennetz, dazu später mehr. Der einzige aktuell verfügbare Wasserstoff-Wettbewerber in Deutschland, der Toyota Mirai, bringt es auf 650 Kilometer. Auch die erste Generation des Nexo ist damit in den Schatten gestellt: Er schaffte ebenfalls rund 650 Kilometer.
Auch bei der Leistung legt der neue Nexo zu. Er bietet dem Fahrer jetzt immerhin 150 kW / 204 PS, ein Plus um gut 40 PS im Vergleich zum Vorgänger. Das beruht auf einem effizienteren Brennstoffzellenelement und einer leistungsfähigeren Elektronik. Tatsächlich kommt von der Leistung und den 350 Newtonmetern Drehmoment auch viel auf der Straße an, obwohl der vorderradgetriebene Nexo rund zwei Tonnen wiegt.
Elektroähnliches Fahrgefühl mit Zusatz-Boost
Er fährt sich beim Losfahren zwar nicht so giftig wie manches batterieelektrische Fahrzeug, bietet aber trotzdem einen gewissen Extra-Boost für schnelle Spurts. Wer will, kann im Nexo in 7,9 Sekunden auf Tempo 100 km/h beschleunigen und die Tachometeranzeige auf 179 km/h hochtreiben. Denn neben der Kraft aus der Brennstoffzelle ruft der Nexo auch Leistung aus einer Batterie ab. Das sind immerhin 80 kW / 109 PS und genug, um Leistungsspitzen abzufedern und als Pufferung für die Brennstoffzelle zu dienen. Über diese wird die Batterie auch geladen. Für diese Art der Anwendung reicht die überschaubare Kapazität von 2,64 Kilowattstunden völlig aus.

Es sind jedoch nicht nur diese Performance-Werte, mit denen sich die Weiterentwicklung der Brennstoffzelle bemerkbar macht. Auch bei der Sicherheit rund um den Wasserstoffantrieb wurde aufgerüstet: noch feiner arbeitende Tankventile, neue Leckdetektoren für den Tank und ein erweiterter Feuerschutz. Die Entwicklungen waren weniger reale Notwendigkeit als vielmehr vertrauensbildende Maßnahmen, um die Skepsis vieler Menschen bei der Wasserstofftechnologie abzubauen.

Und noch ein Aspekt stand bei den Entwicklern von Hyundai ganz oben auf der To-do-Liste: die Effizienzverbesserung der Brennstoffzelle. Der technische Wirkungsgrad liegt zwar wie bisher bei 60 Prozent, trotzdem wuchs die Reichweite, obwohl der Wasserstofftank nur geringfügig beim Volumen zulegte – und trotzdem passt jetzt mehr rein, weil sich der unter Druck stehende Wasserstoff gleichmäßiger verteilt. Das bedeutet allein schon rund 50 Kilometer mehr Reichweite.
Komfort wie man es von einem E-SUV erwartet
Davon, was alles rund um den Antrieb passiert, merkt der Fahrer allerdings nichts. Der neue Nexo fährt sich im Alltag ziemlich genau so, wie man es von einem batterieelektrischen SUV dieser Klasse kennt: unaufgeregt, unauffällig und vor allem leise. Das liegt nicht nur an seinem E-Antrieb, sondern auch der serienmäßigen Doppelverglasung und der aktiven Geräuschunterdrückung – ein bisschen vergleichbar mit den Systemen aus Kopfhörern. Die zusätzlichen schallabsorbierenden Reifen des koranischen Herstellers Kumho werden ihren Weg aber nicht nach Europa finden. Im Kontrast zu der Wohlfühlstille steht indes das Fahrwerk, das die Passagiere überraschend deutlich über den Fahrbahnzustand informiert.

Trotzdem ist dem Wagen anzumerken, dass er auch im Portfolio von Hyundai eine Sonderstellung annimmt und Kompromisse auf einen Minimum zurückgefahren wurden. Bei 4,75 Metern Länge bietet er nicht nur viel Platz im Kofferraum (510 bis 1630 Liter), sondern ist auch für die Passagiere geräumig. Selbst im Fond können sie sich über viel Beinfreiheit, Sitzheizung und -belüftung, neigungsverstellbare Sitzlehnen und x-fache Hochleistungsstecker freuen sowie über weit öffnende Türen.

Der Fahrer blickt auf ein vom Ioniq 6 inspiriertes Curved-Display, ein serienmäßiges Head-up-Display oder in die Displays der digitalen Außenspiegel. Die Serienausstattung wird, wenn der Wagen im Frühjahr 2026 auf den deutschen Markt rollt, üppig ausfallen. Dazu passen die äußert angenehmen Oberflächen im Innenraum: Überall dort, wo man etwas anfassen kann, wirken Haptik und Optik nicht billig – was auch fürs Außendesign gilt: Gerade vorn wirkt das neue „Art of Steel“-Stylingkonzept mit den pixelartigen LED-Scheinwerfern cool, hinten zumindest ungewöhnlich. Auto-Fans entdecken hier Anleihen vom Pontiac Aztek.
Schwierige Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Start des Hyundai Nexo
Eine Überraschung ist auf jeden Fall der Preis. Er wird bei rund 68.000 Euro liegen. Für ein SUV dieser Größe ist das zwar viel Geld, doch der bisherige Nexo – kleiner und schwächer – kostete zuletzt 77.000 Euro. Ob das eine Trendwende bei den Brennstoffzellenautos bringt, die weltweit immer unattraktiver werden und pro Jahr kaum mehr über 10.000 Einheiten kommen? Schwer vorstellbar, denn das Kilogramm Wasserstoff kostet hierzulande bis zu 15 Euro. Einmal volltanken macht also rund 100 Euro.

Noch problematischer ist das Tankstellennetz. Von den einstmals rund 100 Zapfstellen gibt es gegenwärtig in Deutschland nur noch etwa 80, ein weiterer Ausbau des Netzes ist reine Zukunftsmusik. Das zeigt auch ein Blick ins benachbarte Ausland: In Österreich wurden in diesem Frühjahr alle vier existierenden Wasserstofftankstellen vom Netz genommen. Warum also Brennstoffzellen? „Weil Hyundai an diese Technologie glaubt und die Kompetenz auf diesem Gebiet besitzt“, stellt Entwicklungschef Manfred Harrer klar. Und weil von Seiten des Hyundai Nexo die Voraussetzungen passen.







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