First-Life, Second-Life, Recycling: Volkswagen erklärt seine Batteriestrategie

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Michael Neißendorfer
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Die Batterie gilt als Herzstück von Elektroautos. Frank Blome leitet bei Volkswagen Group Components das Geschäftsfeld Batteriezelle. In einem auf der Unternehmenswebsite veröffentlichten Interview erklärt er, wie der Modulare E-Antriebs-Baukasten (MEB) funktioniert, warum das Batteriesystem ein Schlüssel für die Wettbewerbsfähigkeit von Autoherstellern ist und welche Fortschritte in der Batterietechnik zu erwarten sind. ​

Ich bin überzeugt, dass wir bei neuen Modellen wie dem ID.3 sehr von unserer Elektro-Plattform, dem MEB, profitieren“, sagt Blome über die Marktposition von Volkswagen. Bei seinem neuesten Elektroauto hatte der Hersteller „die Chance, das Fahrzeug praktisch um die Batterie herum zu entwickeln, so dass sehr viel Platz für den Energiespeicher zur Verfügung steht.“ Das Ergebnis, durch den MEB erst ermöglicht, seien „Reichweiten zwischen 330 und 550 Kilometern zu bezahlbaren Preisen“.

Den ID.3 mit drei verschiedenen Reichweiten anzubieten, ermögliche den Kunden die Wahlfreiheit. Sie können bei VW „zwischen verschiedenen Varianten wählen und somit auch den Preis des Fahrzeugs beeinflussen“, auch das ein Vorteil der dezidierten Elektroauto-Plattform: „Bei einer einheitlichen Architektur haben wir die Möglichkeit, im Unterboden der Fahrzeuge eine unterschiedliche Anzahl von Speichermodulen unterzubringen“. Durch diese Standardisierung könne der Hersteller „die Batteriesysteme sehr effizient und flexibel produzieren“.

Zur Leistungsfähigkeit der Akkus sagt Blome, dass die Batterien „selbstverständlich ein ganzes Autoleben halten“ sollen, was deutlich länger sei als die Nutzungsdauer der meisten Handys. Um Vertrauen bei den Kunden in die neue Technologie zu schaffen, garantiert VW „für acht Jahre oder 160.000 Kilometer eine Mindestkapazität der Batterie von 70 Prozent.“ Ähnlich, wie es bei Smartphones der Fall ist, können die Kunden durch ihr Ladeverhalten „die Haltbarkeit der Batterie aber auch mit beeinflussen“. Als Faustregel gilt, dass normales Laden schonender ist als Schnellladen. Außerdem erhöhe es die Lebensdauer der Batterie, wenn man nur auf 80 Prozent statt auf 100 Prozent lädt. Was für die üblichen Alltagsfahrten mehr als ausreichend ist — schließlich legt ein Durchschnitts-Pkw am Tag nur gut 30 Kilometer zurück.

„Eine Batterie ist kein Sondermüll, sondern wertvolle Rohstoffquelle“

Da der Stromspeicher je nach Fahrzeug einen Anteil von bis zu 40 Prozent der Wertschöpfung des kompletten Elektroautos ausmacht, übernimmt Volkswagen „Verantwortung für den gesamten Wertstoffkreislauf der Batterie“. Alle diesbezüglichen Aktivitäten — von der Zellproduktion bis hin zum Recycling — bündelt der Hersteller bei seiner Sparte Volkswagen Group Components. Am Ende ihrer Lebensdauer sei die Batterie „kein Sondermüll, sondern wertvolle Rohstoffquelle“. Volkswagens Ziel sei „ein möglichst hohes wertstoffliches Recycling und die Wiederverwertung wertvoller Rohstoffe wie Nickel, Mangan, Kobalt sowie Kupfer, Stahl und Aluminium“. Das mache die Elektromobilität „ökologisch und wirtschaftlich nachhaltig“. Stand jetzt ist eine Recyclingquote von 97 Prozent im Bereich des Machbaren.

Bevor eine Batterie dem Recycling zugeführt wird, kann sie allerdings meist noch viele Jahre lang genutzt werden, in einer sogenannten Second-Life-Anwendung: „Die Batterie wird am Ende ihres Fahrzeug-Lebenszyklus soweit möglich repariert, für eine Zweitnutzung in neuen Produkten wie zum Beispiel der flexiblen Schnellladesäule verwendet und im Anschluss recycelt“, erklärt Blome. Der Hersteller arbeite „an einem Recycling-Konzept, um Rohstoffe in die Herstellungs-Prozesskette zurückzuführen“, zum Beispiel am Standort Salzgitter, wo momentan eine Pilot-Recyclinganlage entsteht, um bereits erforschte Recycling-Prozesse zu validieren und skalieren. Die Anlage sei ausgelegt auf zunächst bis zu 1200 Tonnen Batterien pro Jahr, was etwa 3000 Batteriesystemen von Elektroautos entspricht. Größere Mengen an Batterie-Rückläufern fürs Recycling erwartet Volkswagen „aber erst ab 2030“, da Experten von einer Gesamtlebensdauer in First und Second Life von mehr als 20 Jahren ausgehen.

„Wir arbeiten kontinuierlich an weiteren Verbesserungen“

Bei der in Elektroautos eingesetzten Batterietechnik arbeite der Hersteller „kontinuierlich an weiteren Verbesserungen – vor allem bei Kosten, Reichweite und Ladezeiten.“ Blome rechne damit, „dass wir etwa ab 2024 durch den Einsatz von Silizium-Anoden die Ladezeiten spürbar verkürzen und den Energiegehalt erhöhen können“. Der nächste große Sprung sei „wahrscheinlich“ die Feststoffbatterie, an der Volkswagen mit seinem Partner QuantumScape forsche.

Seine eigene Batteriezell-Produktion in Salzgitter, die für eine Kapazität von bis zu 24 Gigawattstunden Akkus pro Jahr ausgelegt ist, soll 2024 die Produktion aufnehmen. Das dortige Center of Excellence sei bereits in Betrieb: „Dort entwickeln rund 300 Experten unter anderem innovative Fertigungsverfahren zum Beispiel für Lithium-Ionen-Akkus.“

Quelle: Volkswagen — Pressemitteilung vom 17.03.2020

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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