Feuerwehr und E-Mobilität: Fakten statt Fiktion

Cover Image for Feuerwehr und E-Mobilität: Fakten statt Fiktion
Copyright ©

Cineberg / Shutterstock.com | Symbolbild

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

Im heutigen Podcast habe ich mich mit Dr. Rolf Erbe unterhalten, dem Leiter für die Aus- und Fortbildung von Einsatzleitern an der Berliner Feuerwehr- und Rettungsdienst-Akademie, über die Herausforderungen und Missverständnisse im Umgang mit Elektrofahrzeugen. Dr. Erbe hat aus erster Hand wertvolle Einblicke gegeben, wie sich die Feuerwehr auf die steigende Anzahl von Elektroautos vorbereitet und welche Mythen dabei in der Öffentlichkeit bestehen.

Zu Beginn des Gesprächs haben wir uns direkt mit einem der am weitesten verbreiteten Missverständnisse beschäftigt: E-Autos sollen schwer löschbar sein und sogar tagelang brennen können. Dr. Erbe stellte klar, dass diese Vorstellung weit übertrieben ist. „Bis heute hat es noch kein Auto gegeben, das von Deutschland bis nach Australien durchgebrannt ist“, erklärte er mit einem Augenzwinkern und fügte hinzu, dass „jedes Feuer irgendwann aufhört.“ Die Einsatzkräfte der Feuerwehr behandeln zunächst jedes brennende Fahrzeug gleich, unabhängig vom Antrieb. Erst nach dem Löschen werde genauer untersucht, ob spezielle Maßnahmen notwendig sind – etwa bei austretenden Flüssigkeiten, Gasen oder beschädigten Batterien. Die Methode zur Brandbekämpfung sei grundsätzlich dieselbe, was auch für die Sicherheit und Effizienz der Einsätze spricht.

Ein weiteres wichtiges Thema im Gespräch war die Angst vor den elektrischen Gefahren, die von Elektrofahrzeugen ausgehen könnten. Auch hier konnte Dr. Erbe beruhigen: „Das Problem ist nicht die Spannung, sondern die Stromstärke. Und die Technik in modernen Elektrofahrzeugen ist so gut abgesichert, dass eine Gefährdung durch Stromschläge nahezu ausgeschlossen ist.“ Das System eines Elektroautos ist isoliert und nicht geerdet, was bedeutet, dass selbst im Falle eines Unfalls oder einer Beschädigung die Wahrscheinlichkeit eines elektrischen Schlags extrem gering ist. „Natürlich kann es in seltenen Fällen zu einem Problem kommen, aber wir müssen schon sehr viele Fehler konstruieren, damit eine reale Gefahr entsteht.“

Feuerwehren deutschlandweit gut auf Herausforderungen der Elektromobilität eingestellt

Positiv hob Dr. Erbe die Fortschritte bei der Schulung der Einsatzkräfte hervor. Er betonte, dass die Feuerwehren in Deutschland mittlerweile gut auf die Herausforderungen der Elektromobilität vorbereitet seien. „Es gibt eine Reihe an Aus- und Fortbildungen“, so Erbe, „und die Feuerwehrschulen in Deutschland haben gemeinsame Lehrunterlagen entwickelt, damit alle auf demselben Stand sind.“ Dadurch wird nicht nur die Qualität der Ausbildung verbessert, sondern auch das Vertrauen der Einsatzkräfte in den Umgang mit neuen Technologien gestärkt. Er betonte auch die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Schulung, um mit der rasanten technischen Entwicklung Schritt zu halten und Missverständnisse auszuräumen.

Ein besonders interessanter Aspekt des Gesprächs war die Diskussion über die Brandgefahr von E-Autos im Vergleich zu Fahrzeugen mit herkömmlichem Verbrennungsmotor. Dr. Erbe erklärte, dass die Feuerwehren in der Regel weniger Probleme mit brennenden Batterien von Elektrofahrzeugen haben, als es oft in den Medien dargestellt wird. „Die Batterie kann Stunden bis Tage später noch entzünden, aber das ist nur ein kleines Problem“, erklärte er. „Man muss lediglich sicherstellen, dass das brennende Fahrzeug in einer sicheren Umgebung steht, damit nichts anderes in Brand gerät.“ Solche Autos werden auf spezielle Quarantäne-Plätze gebracht, wo sie keine weiteren Gefahren darstellen können.

Auch bei der Brandbekämpfung von Nutzfahrzeugen, wie beispielsweise E-Lkw, stehen die Feuerwehren vor neuen Herausforderungen. Dr. Erbe betonte, dass die bisherigen Erfahrungen hier noch begrenzt sind, aber die Grundprinzipien der Brandbekämpfung gleich bleiben. „Die Technik und die Löschtaktik sind dieselben wie bei Pkw“, erläuterte er. „Es ist einfach nur eine größere Dimension.“ Für spezielle Herausforderungen wie die Kühlung von Batterien auf Dächern (bei E-Bussen) oder die Handhabung großer Batterieblöcke sind die Feuerwehren jedoch bereits in Schulungen und der Entwicklung von Löschtaktiken aktiv.

Medien spielen gerne mit falschen Tatsachen

Eine besonders interessante Einsicht gab Dr. Erbe auch zu den Mythen und Falschinformationen, die oft in den sozialen Medien kursieren. „Leider werden Bilder von brennenden Fahrzeugen immer wieder genutzt, um Stimmung zu machen“, erklärte er. Oft handelt es sich bei diesen Bildern nicht einmal um E-Autos, sondern um gasbetriebene Fahrzeuge, die explodiert sind. Die Verbreitung solcher Fake News schüre unnötige Ängste und behindere den sachlichen Umgang mit der Elektromobilität. Dr. Erbe plädierte dafür, mehr über die tatsächlichen Risiken und den sicheren Umgang mit Elektrofahrzeugen aufzuklären und diese Mythen zu entlarven.

Er ging auch auf die besonderen Herausforderungen ein, die kleinere Elektrofahrzeuge wie E-Bikes oder Elektroroller darstellen. „Leider erkennen wir eine Zunahme von Wohnungsbränden hierdurch“, erklärte er und betonte die Wichtigkeit, Batterien niemals unbeaufsichtigt zu laden und sicherzustellen, dass sie nicht in Fluchtwegen abgestellt werden. Diese Einsichten sind wichtig, um das Bewusstsein für die Gefahren zu schärfen, die nicht nur von großen Elektrofahrzeugen ausgehen, sondern auch von kleineren, die oft in Wohnbereichen geladen werden.

Jetzt aber genug der Vorrede – lasst uns direkt in das Gespräch einsteigen und noch tiefer in die Themen eintauchen, die Dr. Erbe für uns mitgebracht hat.

Gerne kannst du mir Fragen zur E-Mobilität, die dich im Alltag beschäftigen, per Mail zukommen lassen. Die Antwort darauf könnte für andere Hörer des Podcasts ebenfalls von Interesse sein. Wie immer gilt: Über Kritik, Kommentare und Co. freue ich mich natürlich. Also gerne melden, auch für etwaige Themenvorschläge. Und über eine positive Bewertung beim Podcast-Anbieter deiner Wahl freue ich mich natürlich auch sehr! Danke.

worthy pixel img
Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
Sidebar ads

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Tom:

Meine Cousine ist in einem VW-Käfer, bei einem Unfall in einer Baustelle, bei Tempo 80 verbrannt: Welche Antriebsart trug hier die Schuld? sorry aber das ist Käse.
Wie viele Verbrenner-FZG sind schon an Tankstellen abgebrannt, weil ein Kurzschluss, oder bei Anderen, statische Entladungen das Benzin entzündet haben? Wie viele Handyakkus, haben Benzin entzündeten (woher noch immer die Verbotsschilder stammen, obwohl längst unkritisch)?

Solange sich Menschen in Maschinen setzen, die sich schneller bewegen können, als sie es selbst aushalten können, dabei abrupt auf Tempo Null abgebremst zu werden und dies nicht zu überleben können, so lange werden unsägliche Unfälle passieren. Egal welcher Antrieb, egal wie sauber, oder dreckig.

Tom:

Es klingt sicher nach reiner Werbung, aber es sollte wirklich bekannter werden: Das Löschmittel >> F500 EA << wird oft nur aus Kostengründen bei Feuerwehren abgelehnt, oder ist immer noch zu wenig bekannt, dabei kann es physikalisch einige Sachen besser, als "übliche" Aditive. Es braucht z.B. weniger Wasser und kühlt trotzdem schneller von hohen Temperaturen unter Entzündungstemp. (z.B. von 1200°C auf unter 80°C) in viel kürzerer Zeit, weil es die Wasseroberfläche viel mehr vergrößert, es bildet keine Schaumberge – welche Gefahrenquellen verdecken könnten, es bindet große Mengen giftiger Gase, ist umweltverträglich-abbaubar und je nach Variante und Gemisch bis -20°C verwendbar(auch in Handlöschern) und es ist sowohl bei Metal-, Lithium-, oder auch bei Reifen-Bränden verwendbar und schneller wirksam.

Stefan:

Naja…
Zum Glück ist es deutlich unwahrscheinlicher in einem E-Auto zu verbrennen, als in einem Benziner oder Diesel…
Ob ich dann im Endstadium pulverisiert bin oder nur skelletiert, das ist mir dann auch egal…

Jens O.:

Nur das halt das Risiko eines Beandes bei Verbrennern signifikant höher ist und auch in Relation zur vorhandenen Anzahl Fahrzeuge je Kategorie deutlich mehr Menschen pro Jahr in Verbrennerfahrzeugen verbrennen…

bergfex:

Welches Auto hat keine mechanischen Türgriffe? Meines Wissens sind mechanische Türgriffe Vorschrift. Bei Tesla gibt es sie jedenfalls. War es ein E-Auto, von dem Sie berichten?

Rolf Erbe:

So ein Ereignis ist sehr tragisch aber auch vor der Elektromobilität schon passiert. Es ist nämlich unabhängig vom Antrieb. Eingeschlossene oder eingeklemmte Insassen in einem brennenden Fahrzeug sind leider fast immer nicht zu retten.

Markus Sampl:

Wenn du als Fahrzeuginsasse nicht innerhalb der ersten Minuten aus einem brennenden Auto rauskommst/rausgezogen wirst, ist es vorbei.
Es spielt dabei absolut keine Rolle, ob da ein Benziner in Flammen aufgeht oder ein E-Auto. Die ersten Minuten sind entscheidend. Ob´s dann hintenraus länger zum Löschen dauert oder nicht hat auf deine Überlebenschancen 0,0 Einfluss.
Wie oft hab ich schon im Rahmen meiner Lokalberichterstattung von Menschen lesen müssen, die in brennenden Autos gestorben sind, weil sie gegen einen Baum gekracht sind. Und da war (zumindest in unserer Region) nie ein E-Auto dabei, immer nur Verbrenner. Reicht aber halt nur zum Einspalter in der lokalen Presse.
Wenn´s ein E-Auto ist, macht die Bild-Zeitung aber sofort eine Seite-1-Schlagzeile daraus.
Obwohl de facto E-Autos deutlich seltener in Flammen aufgehen als Verbrenner.

Jeff:

Das Auto ist den Bildern nach zu Urteilen mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit gegen einen Baum geprallt. So wie das Blech da verzogen ist habe ich meine Zweifel, dass die „bei lebendigem Leibe“ verbrannt sind, wie Du schreibst. Da hast Du auch im Verbrenner keine Chance, weil Du durch den Aufprall schon tot bist… https://www.promipool.de/lifestyle/elektroauto-in-niedersachsen-ausgebrannt-passagiere-grausam-gestorben

Markus T.:

Bis nach Australien ist das Auto in Bad Nenndorf nach seinem Unfall vor ca. 1-2 Qochen nicht durchgebrannt, aber das Auto und seine Insassen gingen beim Feuer eine untrennbare Einheit ein, es hat etwa eine Woche gedauert, daraus noch DNA zu extrahieren, um sicher zu sein, wer darin mit dem Auto zusammengeschmolzen ist. Wenn die Batterie durchgeht und man keine mechanischen Türgriffe hat, drin klemmt oder einfach nicht schnell genug rauskommt, verbrennt man ggf. bei lebendigem Leibe. Ist noch keiner bis nach Australien durchgebrannt, aber an der Erdoberfläche in Niedersachsen verbrannt. Werden wir wohl mit dem Hochlauf der Emobilität noch öfter lesen.

Pheaton:

Bei Bränden in Tiefgaragen, dass stellt sicher noch eine größere Herausforderung da. Es gibt auch eine spezielle Loeschlanze wodurch man versucht direkt in den Speicher einzudringen um zu kühlen. Leider sind nur wenige Feuerwehr Fahrzeuge damit ausgerüstet.

https://amp.focus.de/auto/news/vorfall-in-suedkorea-21-menschen-verletzt-elektro-mercedes-explodiert-in-parkhaus_id_260195056.html

Ähnliche Artikel

Cover Image for Deutschland fällt bei E-Mobilität zurück, China baut Vorsprung weiter aus

Deutschland fällt bei E-Mobilität zurück, China baut Vorsprung weiter aus

Michael Neißendorfer  —  

Weltweit steigt der Anteil von E-Autos an Neuwagenverkäufen von 20 auf 25 Prozent, trotz Wachstumsschwäche in wichtigen Märkten.

Cover Image for Kia EV5: Alle Daten und Fakten zum neuen Elektro-SUV

Kia EV5: Alle Daten und Fakten zum neuen Elektro-SUV

Michael Neißendorfer  —  

Mit dem EV5 bringt Kia ein weiteres E-Auto in das beliebte Kompakt-SUV-Segment, die größte und am schnellsten wachsende Fahrzeugklasse in Europa.

Cover Image for Mazda6e: Groß, elektrisch – und kein SUV

Mazda6e: Groß, elektrisch – und kein SUV

Wolfgang Plank  —  

Erfreulich gegen den Trend ist der Mazda 6e in Sachen Karosserie unterwegs. Leider muss man sagen aber auch bei der Ladeleistung.

Cover Image for Verkehrswende-Radar: weniger Verkehr, mehr E-Autos

Verkehrswende-Radar: weniger Verkehr, mehr E-Autos

Michael Neißendorfer  —  

Mehr E-Autos, mehr Schnelllader, während der Verkehr schrumpft. Ein neuer Agora-Radar zeigt, wo Deutschland bei der Mobilitätswende wirklich steht.

Cover Image for Spedition Nanno Janssen will nur noch E-Lkw beschaffen

Spedition Nanno Janssen will nur noch E-Lkw beschaffen

Michael Neißendorfer  —  

Ganz oder gar nicht ist das Motto bei der Spedition Nanno Janssen, die sich komplett der Elektromobilität verschrieben hat – bis auf eine Ausnahme.

Cover Image for Bentley stellt mit EXP 15 seine vollelektrische Luxus-Studie der Zukunft vor

Bentley stellt mit EXP 15 seine vollelektrische Luxus-Studie der Zukunft vor

Michael Neißendorfer  —  

Spannend ist, dass der EXP 15 eine sehr ähnliche Designrichtung einschlägt wie Jaguars kürzlich präsentierte E-Limousinen-Studie Type 00.