Elektromobilität: Elektro-Kleinwagen einfach nicht mehr leistbar?

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Volkswagen

Wolfgang Gomoll
Wolfgang Gomoll
  —  Lesedauer 4 min

Die Automobilhersteller befinden sich in einer Zwickmühle: Sie wollen Geld verdienen, aber die Elektromobilität und die neue Abgasnorm EU 7 kosten Geld. Die Konsequenz trifft die Autofahrer hart: Bezahlbare Autos sterben aus.

Früher gab es bei alten Gebrauchtwagen eine eherne Regel: pro Jahr TÜV tausend D-Mark. Simpel und eindeutig. Aber eben schon etliche Jahre her. Heute ist so eine Rechnung undenkbar. Man stelle sich das Gesicht des Verkäufers eines in die Jahre gekommenen Elektroautos vor, wenn ihm dieser Preisvorschlag unterbreitet wird. Dem verdutzten Gesichtsausdruck folgt Schnappatmung und dann mit höchster Wahrscheinlichkeit ein Lachanfall.

Elektroautos zu günstigen Preisen. Fehlanzeige!

Kein Wunder, bei E-Einstiegautos herrscht bei günstigen Preisregionen Ebbe. Hier mal ein paar Beispiele: Der Dacia Spring kostet mindestens 22.550 Euro (ohne Anrechnung irgendwelcher Zuschüsse). Und sonst? Schaut es ziemlich öde aus. Echte E-Kleinwagen wie der Skoda Citigo iV oder der Seat Mii electric sind schon längst von den Angebotslisten gestrichen. Aber auch bei Ihnen waren seinerzeit rund 20.950 Euro beziehungsweise rund 20.200 Euro fällig. VW hat noch einmal eine Edition des e-Up aufgelegt. Der Preis: ab 29.995 Euro. Das dürfte deutlich realistischer sein und zeigen, wie es um die Rentabilität der Elektrofahrzeuge bestellt ist. Das heißt: Sobald die Förderprogramme auslaufen, kommt die harte Kostenwahrheit auf den Tisch.

Günstig im Sinne von echten Einsteigermodellen waren die kleinen Stromer nie. Selbst der Ur-Stadtfloh Smart Fortwo EQ war nicht unter 21.940 Euro zu bekommen. Ob Mercedes damit Geld verdient hat, darf bezweifelt werden. Der nominelle Nachfolger Smart #1, ein gemeinsam mit Geely in China gefertigtes SUV, das in etwa so lang ist wie ein Golf 8, kostet mindestens 41.490 Euro. Da fühlen sich die 28.000 Euro für den Renault Twingo E-Tech fast schon wie ein Sonderangebot an.

Günstige Verbrenner auch bald schon nicht mehr zu haben…

Zum Vergleich: Der Dacia Sandero ist jetzt nicht zwingend die Krönung der französisch-rumänischen- Ingenieurskunst, aber ein grundsolides Auto mit Verbrennungsmotor, das bereits für 10.750 Euro zu haben ist. Doch auch dieser Fahrzeuggattung droht ein gewaltsames Ende. Ein guter Preis und die Abgasnorm Euro 7 schließen sich fast schon aus. Während die EU-Kommission die Mehrkosten für das Erreichen der Abgasnorm auf 90 bis 150 Euro beziffert, gehen BMW-Experten vom Zehnfachen aus. Im Kleinwagensegment kommt das einem finanziellen Tiefschlag gleich.

Schon jetzt ziehen sich Hersteller aus diesem Segment zurück. Der Ford Ka oder das Opel-Duo Karl und Adam sind schon Geschichte, der Ford Fiesta folgt nächstes Jahr. Tatsache ist: Geld ist mit dieser Fahrzeuggattung wenig zu verdienen. Die Hersteller treten die Flucht in die Marge an, die Klein- und Kleinstwagen bleiben auf der Strecke. Egal ob elektrisch oder mit Verbrennungsmotor, schaut man auf die Produktplanungen der Autobauer, spielen in den nächsten Jahren weiterhin SUVs die Hauptrolle. Je größer, umso besser, denn nur mit großen und am besten noch umfangreich ausgestatteten Fahrzeugen lässt sich noch richtig Geld verdienen.

Hoffnung auf günstige Einstiegsstromer der „Großen“ wird gebremst

Die Elektromobilisten wenden ein, dass Renault mit R5 und VW mit dem ID2 voraussichtlich 2024/25 kleine BEVs herausbringen werden, die weniger als 25.000 Euro kosten werden. Das wird groß gefeiert, aber wenn man genauer hinschaut, verdeutlicht das nur die Malaise, in der sich die Autobauer bei der Elektromobilität befinden. Gemeinhin geht man davon aus, dass die Batteriezellen bis zur Mitte der Dekade leistungsfähiger und eventuell auch günstiger werden. Nur so sind solche Preise realisierbar. Auch die Produktionskosten müssen passen.

Das Hochlohnland Deutschland fällt aus, also werden der VW ID.2 in Spanien und der noch kompaktere ID.1 bei Skoda vom Band laufen. Wenn das aber schon die Kampfansage an die Konkurrenz sein soll, dann dürfte das folgende Szenario bei allen Elektroauto-Schnäppchen-Jägern die Alarmglocken schrillen lassen. Die Zahl der elektrifizierten Fahrzeuge steigt in den nächsten Jahren deutlich an. Schon heute bringen sich die Autobauer in Position, um sich die dringend benötigten Akkus für die Erhöhung der Stückzahlen zu sichern.

Eine der ältesten Gesetzmäßigkeit der Wirtschaft ist das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Wenn also mehr Batterien nachgefragt werden als auf dem Markt sind, steigt der Preis. Auch bei Kleinwagen. Und bei diesem Segment fühlt man fast jeden Cent bei den Absatzzahlen. Erste Tendenzen sind bereits sichtbar: In diesem Jahr sind Lithium-Ionen-Batterien zum ersten Mal seit 2010 wieder teurer geworden. Die globalen Krisen und schwelenden Konflikte tragen sich nicht dazu bei, die Lieferketten und damit den Preis stabil zu halten oder sogar sinken zu lassen. Wie man es dreht und wendet, die anbrechenden harten Zeiten gehen zu Lasten der Käufer von Klein- und Kleinstwagen. Ungeachtet der Antriebsart. Bei der Elektromobilität hat dieser Trend besonders fatale Auswirkungen. Denn die Mobilitätswende kann nur mit bezahlbaren Stromern gelingen.

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Wolfgang Gomoll

Wolfgang Gomoll

Wolfgang Gomoll beschäftigt sich mit dem Thema Elektromobilität und Elektroautos und verfasst für press:inform spannende Einblicke aus der E-Szene. Auf Elektroauto-News.net teilt er diese mit uns. Teils exklusiv!
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Ben:

Tja immer das gleiche Mantra wenn es neue Technik gibt, was haben den die Flachbildfernsehr am Anfage gekostet, 7500€ für 80cm Diagonale, und jetzt bekommt man die in jedem LIDL usw. oder auch die Teslas vom umgebauten Elise über 100k Fahrzeuge zum Model3/Y die zeitweise das meist verkaufte Auto in DE waren(ModelY im Nov.?)
Aber wie gesagt, ist mit jeder neuen Technik am Anfang das selbe.

Ulrich:

Tesla hat nicht bei Null angefangen, ebenso haben die sich auf ein Segment konzentriert und damit eine zahlungskräftige und spielfreudige Kundschaft angesprochen.
Finde den Unterschied zu SONO.

Ulrich:

Das Platin eines Katalysators reicht locker für eine Brennstoffzelle

Die Menge an Platin pro Kat beträgt rund 5 Gramm, für Brennstoffzellen habe ich Werte von 30 Gramm gefunden. Ein „reicht locker“ kann ich da nicht erkennen, wir reden über die sechsfache Menge an Platin pro Brennstoffzelle im Vergleich zum Kat.
Vielleicht hast du ja bessere Zahlen als ich.
Die Brennstoffzellen haben auch eine Lebensdauer. Sie müssen mit möglichst reiner Luft betrieben werden, verschleißen aber dennoch. Da habe ich Werte von 400000 km gefunden.
Verschleißt gibt es also bei beiden Fahrzeugtypen.

Silverbeard:

Das bedeutet aber, das der ÖPNV deutlich weiter und schneller ausgebaut werden muß.
Da brächte es dann auch mal einen Wumms bis Doppelwumms und viele ausländische Arbeitskräfte.

Solange Lindner glaubt, es reicht Geld für seine Spielzeuge (Bundeswehr, Aktienrente, Einkommenssteuersenkung…) zur Verfügung zu stellen, wird das nichts.

Silverbeard:

VW hat viele Mitarbeiter und der Produktionsdurchlauf eines Fahrzeugs dauert 3x solange wie bei Tesla. Das kostet Geld.

Es mag zwar alles schonmal aufprobiert worden sein, aber dafür gibt es 10 Entscheidungsebenen mehr als bei Startups, von denen ca. 9 keine Ahnung haben, worüber sie abstimmen und wegen Bugets und Bonisystem keine Experimente wagen.

Das Chassis für den zukünftigen id.2 und Geschwister gibt es übrigens noch nicht, das wird gerade entwickelt. Eventuell ist die Entwicklung gerade fertig.

Wenn übrigens alles fertig ist oder eingekaufte Komponenten sind, warum ist ein VW dann so teuer und hat so eine geringe Marge (ausser Porsche)?

heinr:

die Hersteller haben einfach gelernt sich die Taschen so richtig voll zu machen und an den großen SUV verdient man halt ein vielfaches eines Kleinwagens. Bin mal gespannt ob das bei den Einfamilienhäusern auch noch kommt, 300qm kaufen obwohl man nur 100 braucht.

panib:

… und damit sind unsere Verkehrsprobleme auf höchst patente Weise gelöst …

Jakob Sperling:

Das Angebot wird nicht einfach so wachsen. Das muss alles jemand produzieren. Dazu braucht es Ideen, Planung, Geld, Boden, Maschinen, Organisation, …
Bist du an solchen Firmen beteiligt, oder hoffst du einfach auf die andern?

Olli:

Bedeutet aber im Umkehrschluss: wenn aus diesem Grunde immer weniger Menschen Auto fahren werden, muss und wird zwangsläufig der Stellenwert des Autos in der Gesellschaft bzgl. Flächenverbrauch und Investitionen in die (automobile) Infrastruktur überdacht werden. Was für die paar, „die es sich leisten können“ auch eher negative Folgen haben wird – siehe Straßennetz oder Ladesäulen.

Daniel W.:

In der Marktwirtschaft gilt nicht die Formel „Herstellungkosten + normale Marge = Verkaufspreis“, sondern das Motto „Wieviel ist der Kunde bereit zu zahlen“ und mit Werbung wird der Preis noch hochgetrieben.

Die Autoindustrie könnte ihre kleinen Verbrennermodelle nehmen, die ihre Entwicklungs- und Presswerkzeug-Kosten längst hereingefahren haben, und einfach den Verbrennermotor-Getriebe-Block gegen einen E-Motor-Akkupack-Block austauschen und schon hätte man ein kleines günstiges E-Auto.

Kleine Rechnung:

Benzinmotor, 5-Ganggetriebe und Kat ………… Euro
Minus E-Motor und Untersetzungsgetriebe ….. Euro
Geschätzt ein kleines Plus für den Hersteller, aber hier mal mit Null Euro gerechnet.

Verbrenner-Kleinwagen ……. 10.000 bis 11.000 Euro.
Akkupack 25 kWh x 250 Euro pro kWh = 6.250 Euro.
Zusammen geschätzte ……. 16.250 bis 17.250 Euro.

Akkupack mit 25 kWh sind etwa 22 kWh netto, mit Ladeverlusten dürften ca. 23 kWh geladen werden, was dann auch der Verbrauch wäre, aber ich rechne mal mit 22 kWh Verbrauch, also ca. 21 kWh netto.

Das Akkupacks mit 25 kWh wiegt rund 150 kg (Akasol 2023) bis 180 kg (Porsche 2021).

Am Beispiel des VW e-UP den Verbrauch eingeschätzt und die Reichweite ermittelt:

VW e-UP 16,7 kWh auf 100 km ADAC-Ecotest, bei 22 kWh rund 130 km Reichweite und innerorts mit 11,4 kWh auf 100 km sehr sparsam unterwegs, also im Stadtverkehr rund 190 km Reichweite.

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