E-Autos überholen bald Benziner in Norwegens Fahrzeugbestand

Cover Image for E-Autos überholen bald Benziner in Norwegens Fahrzeugbestand
Copyright ©

Shutterstock / 2235104547

Maria Glaser
Maria Glaser
  —  Lesedauer 4 min

Einem Bericht des Nachrichtendienstes Reuters zufolge waren im Januar 9 von 10 verkauften Neuwagen in Norwegen reine Elektroautos. Dieser eindeutige Trend erklärt, warum Berechnungen zufolge bis Ende dieses Jahres Elektroautos in Norwegen Fahrzeuge mit Benzinmotor zahlenmäßig überholen dürften.

Derzeit machen Elektroautos in dem skandinavischen Land knapp ein Viertel der gesamten Fahrzeuge im Bestand aus, womit batteriebetriebene Fahrzeuge nahezu gleichauf sind mit benzinbetriebenen Fahrzeugen.

Dies liegt auch an der langfristigen Strategie des Landes der letzten Jahre, nachhaltige Antriebe zu fördern. So hat Norwegen mit den Einnahmen aus Öl und Gas die Einführung von Elektroautos gefördert durch die steuerliche Befreiung und Investitionen in Ladeinfrastruktur. Ab 2025 will Norwegen als erstes Land den Verkauf von neuen Benzin- und Dieselautos beenden. Volkswagen hat den Verkauf von Verbrennern in Norwegen bereits Anfang dieses Jahres eingestellt. 

Obwohl die Umstellung in Norwegen mit knapp 5,5 Millionen Einwohner:innen einen relativ geringen Einflusskreis hat, geht das Land mit großem Beispiel voran. Sollten mehr Länder dem Beispiel Norwegens folgen, könne die weltweite Ölnachfrage ihren Höhepunkt früher erreichen als geplant, so Reuters. Die Internationale Energieagentur gehe davon aus, dass dieser Höhepunkt vor 2030 erreicht wird. Dabei entfallen mehr als 25 Prozent des Ölbedarfs auf Autos und Lieferwagen.

Bald mehr Elektroautos als Benziner in Norwegen?

Bis Ende dieses Jahres könnten Elektroautos also erstmals in einem Land Fahrzeuge mit Ottomotor zahlenmäßig überholen, jedoch bleiben sie auch in Norwegen weiterhin hinter Fahrzeugen mit Dieselantrieb zurück.

Am 15. März 2024 entfielen 24,3 Prozent des norwegischen Fahrzeugbestands auf Elektroautos gegenüber einem Anteil von 26,9 Prozent an Benzinfahrzeugen. Der Vorsprung von knapp 76.000 Fahrzeugen mit Benzinantrieb könnte bis Ende des Jahres aufgeholt sein, insbesondere wenn die Verkäufe von Benzinern weiter zurückgehen.

„Wenn sich dieser Trend in den nächsten 12 Monaten fortsetzt und die Verkäufe von reinen Benzinautos vernachlässigbar sind, wird es nächstes Jahr um diese Zeit mehr Elektroautos auf den Straßen geben als reine Benzinautos und das wahrscheinlich noch vor Ende dieses Jahres.“ – Robbie Andrew, Forscher der Denkfabrik Cicero

Außerdem, so Andrew, werde es voraussichtlich weitere drei bis vier Jahre dauern, bis Elektroautos auch die Dieselfahrzeuge zahlenmäßig überholen, von denen es derzeit noch knapp 370.000 mehr auf Norwegens Straßen gibt.

Auch Ingvild Kilen Roerholt, Leiterin der Verkehrsforschung bei der Osloer Denkfabrik Zero, sei sich sehr sicher, dass die Verkäufe von Elektroautos in diesem Jahr die Differenz von 76.000 Fahrzeugen übersteigen werden. Außerdem schätzt sie, dass bis 2029 auch die Dieselfahrzeuge überholt sein dürften. Dafür müssten ab dem Jahr 2025 tatsächlich 100 Prozent der neuen Autos E-Autos sein, so Roerholt.

Verkäufe von Elektroautos leicht rückgängig

Gleichzeitig nahmen die Verkäufe von Elektroautos in Norwegen im vergangenen Jahr um knapp ein Viertel ab. Das lag u. a. an steigenden Zinssätzen, die den Gesamtmarkt für Neuwagen beeinflussten, sowie an Kürzungen steuerlicher Anreize durch die Politik.

Im vergangenen Jahr schaffte die Mitte-Links-Regierung eine Mehrwertsteuerbefreiung für Elektroautos ab, die umgerechnet mehr als 43.200 Euro kosten. Dies betraf vor allem Modelle wie den Tesla X und den Audi e-tron. Dennoch erreichte der Anteil von Elektroautos an den Gesamtverkäufen im Januar 2024 einen Rekordwert mit 92,1 Prozent.

Die verbleibenden steuerlichen Befreiungen für günstigere Elektroautos kosteten den norwegischen Staat noch immer mehr als im Vorjahr. Mit umgerechnet knapp 3,7 Milliarden Euro 2023 im Vergleich zu 3,4 Milliarden Euro im Jahr 2022.

Hybridfahrzeuge in Norwegen

Auch für Hybridfahrzeuge setzte die norwegische Regierung eine Zeit lang Anreize, die jedoch inzwischen zurückgezogen wurden. Daher haben Hybridautos in Norwegen Marktanteile verloren. Im März waren dort fast 340.000 Hybridautos unterwegs, zumeist Plug-in-Hybride mit Benzinmotor.

Damit hatten Hybridfahrzeuge einen Anteil von 12 Prozent auf norwegischen Straßen, was durch die Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor auch die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen förderte. Aufgrund der immer weiter zunehmenden Beliebtheit von Elektroautos ist jedoch insgesamt ein Rückgang der Nachfrage nach Benzin und Diesel zu verzeichnen.

Seit 2021 sind nach Berechnungen von Reuters die Verkäufe der Autotreibstoffe Diesel und Benzin an norwegischen Tankstellen um rund 8 Prozent zurückgegangen, wobei Dieselverkäufe an Lkw-Tankstellen nicht berücksichtigt sind.

Quelle: Reuters – EVs could overtake petrol cars in Norway by end-2024

worthy pixel img
Maria Glaser

Maria Glaser

Aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich kommend, verbindet Maria Glaser bei Elektroauto-News.net seit 2023 ihre Liebe zum Text mit fachlichen Inhalten. Seit ihrem Studium in Berlin und Wien arbeitet sie im Bereich Lektorat, Korrektorat und Content Writing, vor allem zu Mobilität.
Sidebar ads

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Grubengräber:

Wenn ein BEV analog Norwegen nur noch den Gegenwert von 4000 Döner kostet (12 EUR) = 48 000 Euro oder 4800 Bier (10 EUR), dann schaffe ich mir auch noch einen zweiten BEV an. Bei uns kosten die 4000 Döner (6 EUR) aber nur 24 000 Euro. 4800 Bier (4 EUR) nur 19 200 Euro. Die BEV aber ebenfalls 48 000 Euro. Da kaufe ich lieber 12 000 Bier.

brainDotExe:

„Und was hat die „eigene Automobilindustrie“ mit der Antriebstechnologie zu tun?“

Die Leute bevorzugen heimische Marken.

Abgesehen davon muss die Regierung Rücksicht auf die heimische Industrie nehmen.

„Der Strompreis ist bei 15000km im Jahr eher irrelevant bei den TCO. Und er ist mit umgerechnet 15c/kWh auch nicht verschwindend gering.“

Der Strompreis ist das was man sieht. So gut wie niemand stellt eine TCO Rechnung auf.

15 ct/kWh sind gut die Hälfte von dem was man hierzulande bezahlt.

„Auch ist „wenige Einwohner“ kein Argument“

Doch, weniger Einwohner -> weniger Fahrzeuge -> mit weniger absoluten Auslieferungen relativ viel umgestellt.

„Klare Aussage zur Abschaffung von Verbrennern“

Kann man machen wenn man keine heimische Automobilindustrie hat und die Leute damit nicht verärgert.

„Deutliche steuerliche Vorteile beim Kauf … Der finanzielle Rückhalt für eine disruptive Änderung der Geschäftsprozesse. Das reiche Norwegen wird nicht verarmen, wenn z.B. Tankstellen und Raffinerien schließen.“

Sagte ich doch -> Wohlhabend

brainDotExe:

„Man kann ohne Nationalstolz zeigen zu müssen ein Auto kaufen und es gibt keine extrem gepflegte Lobby dieser Industrie.“

Ganz genau, also Sonderfall.

„Viele E-Autos in Deutschland sind inklusive Betriebskosten ähnlich teuer wie Verbrenner“

Ähnlich teuer reicht aber nicht, sie müssen signifikant günstiger sein, damit ein Vorteil erkennbar ist. -> geringere Strompreise.

Peter Bigge von Berlin:

Mit Sicherheit wird dort niemand ein softwaremäßig vollgepfropftes Auto mit Assistenzsystemen jeglicher Art benötigen.
Ohne allen technischen Schnickschnack wären Stromer unschlagbar kostengünstig herzustellen.

Silverbeard:

Ich glaube es würde schon reichen, wenn die BEV nicht schlechtgeredet würden.

Philipp:

– Und was hat die „eigene Automobilindustrie“ mit der Antriebstechnologie zu tun? Sind die Portugiesen oder Polen oder Österreicher denn weiter, so fast ganz ohne eigene Automobilindustrie?

– Strompreise/wohlhabend. Das reicht so allein nicht, denn wenn „wohlhabend“ relevant sei, dann sind es die Strompreise nicht.

Wohlhabend für sich kann aber stimmen, weil man sich die Neupreise erst einmal leisten können muss.
Der Strompreis ist bei 15000km im Jahr eher irrelevant bei den TCO. Und er ist mit umgerechnet 15c/kWh auch nicht verschwindend gering.

Wenn der Strompreis so relevant wäre, dann würde sich auch der Bestand sehr viel schneller in Richtung BEV bewegen.

– Auch ist „wenige Einwohner“ kein Argument, wenn individuell man BEV über Verbrenner priorisiert. Eher das Gegenteil, weil bei geringer Bevölkerungsdichte die Strecken zum Besuch anderer länger werden und da hat der Verbrenner Vorteile

Es sind schon einfach:
+ Klare Aussage zur Abschaffung von Verbrennern, die Infrastruktur wird sich schneller ändern als manchem lieb ist
+ Deutliche steuerliche Vorteile beim Kauf
+ Der finanzielle Rückhalt für eine disruptive Änderung der Geschäftsprozesse. Das reiche Norwegen wird nicht verarmen, wenn z.B. Tankstellen und Raffinerien schließen.

Silverbeard:

Mal abgesehen davon, dass am Motor eines Verbrenners viel mehr kaputt gehen kann.
Und vor allem ein BEV mit Dieselgenerator deutlich weniger Kraftstoff braucht als ein Dieselverbrenner.

Silverbeard:

>>Die wesentliche Frage ist aber, wie hat sich der Gesamtbestand entwickelt und wo fahren jetzt die Verbrenner weiterhin.<<

Ist es wirklich eine Frage wo jetzt die Gebrauchtfahrzeuge fahren? Die gebrauchten Verbrenner wird es nicht mehr geben, sobald der Bestand einmal komplett umgewälzt ist.

Silverbeard:

Der einzige wirkliche Sonderfall ist der erste Punkt. Man kann ohne Nationalstolz zeigen zu müssen ein Auto kaufen und es gibt keine extrem gepflegte Lobby dieser Industrie.
Viele E-Autos in Deutschland sind inklusive Betriebskosten ähnlich teuer wie Verbrenner. Trotz den Strompreisen (die so hoch wie vor Corona sind, wenn man wechselt…).

Peter Bigge von Berlin:

Afrika könnte schneller elektrisiert sein als Europa.
Selbst für Afrika gelten die strengen Klimaauflagen und einige Länder wie Äthiopien haben bereits ein zukünftiges Verbrenner-Verbot.
Selbst in Afrika will keiner mehr die alten ausgemusterten Stinkkarren mit demontierten Kats haben, den Gestank will erst recht keiner.
Bislang sind sicherlich alle Autos in Afrika zu teuer, der Sprit ist aber viel zu teuer für die Nutzer.
Erneuerbare Energien gibt es dagegen grenzenlos in Afrika, welches sicherlich immer mehr genutzt wird.
Zudem hat China, z.B. BYD, eine Überproduktion an Stromern, welche sicherlich dort in Zukunft billig angeboten werden, wobei die Chinesen bereits in Vergangenheit sehr hilfsbereit waren, wenn es der Wirtschaft hilft.
Stromer werden sich zukünftig wesentlich billiger herstellen und betreiben lassen, wodurch Länder in Afrika Mobilitätsvorteile erlangen.

Ähnliche Artikel

Cover Image for Wie BMW die Serienfertigung seiner neuen E-Auto-Batterien vorbereitet

Wie BMW die Serienfertigung seiner neuen E-Auto-Batterien vorbereitet

Michael Neißendorfer  —  

Mit der Neuen Klasse startet BMW ab Ende 2025 in eine neue Ära des rein elektrischen Fahrens. Eine entscheidende Komponente: die Batterien.

Cover Image for Zum Driften geboren: Hyundai zeigt Ioniq 6 N

Zum Driften geboren: Hyundai zeigt Ioniq 6 N

Michael Neißendorfer  —  

Der Ioniq 6 N soll den Erfolg des Ioniq 5 N fortsetzen und integriert Technologien aus dem Motorsport in ein alltagstaugliches E-Auto.

Cover Image for BMW: Wachstum bei E-Autos und Plug-in-Hybriden rettet die Halbjahresbilanz

BMW: Wachstum bei E-Autos und Plug-in-Hybriden rettet die Halbjahresbilanz

Michael Neißendorfer  —  

Ohne das starke Absatzplus der elektrifizierten Fahrzeuge wäre das Minus bei BMW deutlich schmerzhafter ausgefallen.

Cover Image for Deutschland fällt bei E-Mobilität zurück, China baut Vorsprung weiter aus

Deutschland fällt bei E-Mobilität zurück, China baut Vorsprung weiter aus

Michael Neißendorfer  —  

Weltweit steigt der Anteil von E-Autos an Neuwagenverkäufen von 20 auf 25 Prozent, trotz Wachstumsschwäche in wichtigen Märkten.

Cover Image for Kia EV5: Alle Daten und Fakten zum neuen Elektro-SUV

Kia EV5: Alle Daten und Fakten zum neuen Elektro-SUV

Michael Neißendorfer  —  

Mit dem EV5 bringt Kia ein weiteres E-Auto in das beliebte Kompakt-SUV-Segment, die größte und am schnellsten wachsende Fahrzeugklasse in Europa.

Cover Image for Mazda6e: Groß, elektrisch – und kein SUV

Mazda6e: Groß, elektrisch – und kein SUV

Wolfgang Plank  —  

Erfreulich gegen den Trend ist der Mazda 6e in Sachen Karosserie unterwegs. Leider muss man sagen aber auch bei der Ladeleistung.