Diesel, Elektro, H2: Toyota Hilux mal drei

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Toyota / Press-Inform

Jürgen Wolff
Jürgen Wolff
  —  Lesedauer 4 min

Den Wasserstoffantrieb sieht Toyota eher als Option für Nutzfahrzeuge. Auch für die kleineren. Wir waren mit dem Pick-up Hilux unterwegs – als Diesel, Elektroauto und mit Wasserstoff. Eigentlich sind die kommerziellen Erfahrungen mit wasserstoffgetriebenen Fahrzeugen bei Toyota nicht gerade überwältigend. Seit rund einem Jahrzehnt ist die Limousine Mirai auf dem Markt. Aber selbst in der mittlerweile zweiten Generation ist das Wasserstoffauto, so wie Wasserstoffautos im Allgemeinen, von den Verkäufen her keineswegs ein Renner. Weltweit kommen pro Jahr nur ein paar Tausend Wasserstoffautos neu auf die Straße. Tendenz fallend. 

Da half auch nicht, dass der Sauberling von Toyota 2019 beim Besuch des Papstes in Japan als Papamobil quasi allerhöchsten Segen erhielt. Vielleicht aber stammt von da auch die göttliche Einsicht, dass Wasserstoffantriebe eher etwas für Nutzfahrzeuge sind.

Dort passen die zylinderförmigen Tanks nicht nur gestapelt gut hinter das Fahrerhaus von Lkw, sondern auch unterhalb der Ladefläche von Pick-ups wie dem Toyota Hilux. Mit mehr als 16 Millionen Exemplaren ist der Hilux der weltweit meistverkaufte Pick-up in seinem Marktsegment. Das seit 1969 gebaute Arbeitstier wurde in 170 Ländern ein beliebtes Nutzfahrzeug für Bauern, Handwerker, Forstarbeiter oder auf Baustellen. Und – nicht zu vergessen – als Esel für alles bei Polizei, Militär und Bürgerkriegsparteien rund um den Globus. In manchen Ländern Afrikas führt der Hilux die Zulassungsstatistik an.

Getreu seiner Multi Path-Devise ist Toyota dabei, weltweit gefragte Fahrzeuge wie den Hilux mit unterschiedlichen Antrieben auszustatten. Wir hatten jetzt die Gelegenheit, den Verbrenner, das rein elektrische Modell und einen mit Wasserstoff angetriebenen Hilux auszuprobieren.

Von den Dimensionen her unterscheiden sich die drei Varianten kaum mit einer Länge von rund 5,3 Metern, einer Breite von 1,9 und einer Höhe von 1,8 Metern. Auch die Optik ist gleich. Wenn nicht groß und deutlich die jeweilige Antriebsart an den Seitenwänden plakatiert wäre – niemand sähe einen Unterschied.

Unter der Haube des ersten Hilux arbeitet ein klassischer 2,8-Liter Diesel, aufgerüstet mit einem 48-Volt Stromnetz und als Mild Hybrid. Er nagelt unüberhörbar um die Kurven, fühlt sich gelegentlich rau und ruppig an. Die 204 PS reichen dem 2,3-Tonner für eine Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 10,7 Sekunden und bis zu 175 km/h Spitzengeschwindigkeit. In engen Kurven neigt die sich die Karosserie etwas zur Seite und man hat ein wenig Arbeit, in der Spur zu bleiben. Ein gewohntes Fahrgefühl. Und die Reichweite? Einfach nachtanken.

Der Elektro-Hilux surrt schneller durch die Kurven

Deutlich anders sieht es beim vollelektrischen Hilux aus. Der Stromer beschleunigt flott und ohne Schalten, wie es sich gehört. Die Geräuschkulisse des Diesel fehlt nicht wirklich. Durch die tief im Wagenboden verbauten Batterien liegt der Schwerpunkt tief – enge Kurven lassen sich deutlich komfortabler und schneller fahren. Überhaupt ist man im elektrischen Hilux viel harmonischer unterwegs. Was in dem Prototypen noch fehlt ist die Rekuperation. Nicht zuletzt deswegen ist die Reichweite noch arg begrenzt. Von 200 Kilometern ist die Rede. Gegen Ende kommenden Jahres soll der Elektro-Hilux in Produktion gehen.

Toyota_Hilux_E-Auto
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Ähnlich fährt sich der im englischen Derby gebaute Hilux mit Wasserstoffantrieb: Flotte Beschleunigung, entspannende Ruhe. Nur gelegentlich hört man in unserem Prototypen das leise Sirren der Turbine. Die drei Hochdrucktanks für den Wasserstoff, deutlich leichter als die schweren Akku-Packs, sind im Leiterrahmen-Fahrgestell eingebaut. Jeder fasst 2,6 Kilogramm Wasserstoff. Auch hier: Dank des tiefen Schwerpunkts und des harmonischen Antriebs geht es fix und entspannt durch enge Kurven.

Die Brennstoffzelle liegt direkt über der Vorderachse. Ein Teil des erzeugten Stroms wird in einem Lithium-Ionen-Akku unter der Ladefläche zwischengespeichert. Angetrieben wird der Hilux per Elektromotor über die Hinterachse. Der leistet 182 PS und ein sofort verfügbares Drehmoment von 300 Nm. Insgesamt läuft alles geschmeidig ab – ohne die Vibrationen des Dieselmotors. Die Reichweite soll bei rund 600 Kilometern liegen – nachgetankt wird ähnlich schnell wie beim Benziner.

Toyota-Hilux-Wasserstoff-Brennstoffzelle-Leiterrahmen
Toyota

Mirai hin oder her: Bei Toyota geht man davon aus, dass sich Europa bis 2030 zu einem der größten Märkte für Wasserstofffahrzeuge entwickelt. Und mit dem Hilux wollen die Japaner ein entsprechendes Arbeitstier im Portfolio haben.

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Jürgen Wolff

Jürgen Wolff

Jürgen bewegt sich im Umfeld der E-Mobilität und gibt in seinen Fahrberichten Einblicke auf den tagtäglichen Einsatz von E-Autos als auch Plug-In-Hybriden. Er selbst ist für press:inform tätig.
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TitanManfred:

Etwas mehr Reichweite und Strom zum Laden auf der Baustelle, schon ist das auch in Kanada ausreichend. Die fahren ja auch keine 4h zur Arbeit um dann noch 8h zu malochen …

Jakob Sperling:

Dem könnte ich mich anschliessen.

Allerdings habe ich einen Freund im Westen Kanadas. Dort haben viele solche Gefährte. Dort ist dann aber auch eine kurze Anfahrt zur Baustelle (oder zum Warenhaus, …) schon eine lange Anfahrt in unserem Sinn. Die werden lange beim Verbrenner bleiben und dann wohl oder übel zum Wasserstoff wechseln.

Daniel W.:

Als FCEV mit Brennstoffzelle und Wasserstoff ==> 3 x 2,6 kg H2 wären 7,8 kg geteilt durch 600 km gleich 1,3 kg H2 auf 100 km (Als BEV ca. 28 kWh/100km).

Als BEV mit Akku ==> keine kWh-Angaben – Reichweite 200 km, vermutlich etwa 56 kWh nutzbare Akkukapazität und rund 360 kg Gewicht für 200 km.

FCEV etwa 120 kg für die H2-Tanks, rund 200 bis 250 kg für BZ-Aggregat und ca. 50 bis 100 kg für den Akku, macht rund 420 kg für 600 km.

Als BEV mit 600 km Reichweite wären etwa 1.080 kg an Akkus erforderlich, also rund 660 kg Mehrgewicht. Bis 200 km Reichweite wären BEV leichter.

Für kurze Strecken zur Baustelle reicht auch ein BEV-Hilux, der günstiger sein dürfte, besonders bei den Verbrauchs- und Wartungskosten.

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