Bund will Elektro-Lkw fördern und übernimmt 80 Prozent der Mehrkosten im Vergleich zum Diesel

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 5 min

Gemäß dem Bundes-Klimaschutzgesetz müssen die CO2-Emissionen im Verkehr bis 2030 um 42 Prozent gegenüber 1990 sinken. Für den schweren Straßengüterverkehr ist im Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung festgelegt, dass 2030 ein Drittel der Fahrleistung elektrisch oder auf Basis strombasierter Kraftstoffe erfolgen soll. Derzeit verursacht der Straßengüterverkehr etwa ein Drittel der CO2-Emissionen des Verkehrssektors.

Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) will die Vorgaben des Klimaschutzprogramms nun mit drei Kernmaßnahmen umsetzen, und führt ab 2021 eine Kaufprämie für alternativ angetriebene Nutzfahrzeuge ein: Die Mehrkosten gegenüber einem Diesel-Lkw sollen bis zu 80 Prozent gefördert werden, wie es bereits bei der Förderung von Elektrobussen im Rahmen des „Sofortprogramms Saubere Luft“ der Fall ist. Das BMVI will zudem den Aufbau der notwendigen Tank- und Ladeinfrastruktur für alternativ angetriebene Nutzfahrzeuge steuern und weitere geeignete regulatorische Voraussetzungen schaffen, insbesondere setzt es sich für eine Differenzierung der Lkw-Maut nach dem CO2-Ausstoß der Fahrzeuge ein. Mit diesen Maßnahmen sollen klimaschonende Nutzfahrzeuge konkurrenzfähig und die Planungs- und Investitionssicherheit für Unternehmen erhöht werden.

Für eine erfolgreiche Umsetzung des Gesamtkonzepts, welches hier als ausführliches PDF zu finden ist, will das BMVI alle relevanten Akteure mit einbinden. Zusammen sollen nun in einer ersten Phase konkrete Technologieprojekte (wie zum Thema Ultraschnellladen oder Wasserstoffspeichertechnologie) durchgeführt werden. Dabei soll Infrastruktur in größerem Maßstab aufgebaut und von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben genutzt werden. Auf dieser Basis können ab 2023 bereits gemeinsam mit allen Akteuren sukzessive politische Pfadentscheidungen zu Art und Umfang der Ausgestaltung des flächendeckenden Aufbaus entsprechender Infrastruktur der verschiedenen Technologien getroffen werden. Nur durch ein gemeinsames und zielgerichtetes Handeln könne die Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs vorangebracht werden, so das BMVI in einer aktuellen Mitteilung.

„Mit alternativen Antrieben und Kraftstoffen wollen wir hin zur Nullemissionslogistik auf der Straße. Rund 90 Prozent der CO2-Emissionen im Verkehrssektor kommen vom Straßenverkehr, ein Drittel davon machen Lkw aus. Wir packen zusammen mit Fahrzeugherstellern, Logistik- und Speditionsunternehmen und der Energiewirtschaft an. Wir fördern den Kauf von Lkw, steuern den Aufbau der Tank- und Ladeinfrastruktur und schaffen einen passenden regulatorischen Rahmen. Unser Fahrplan bis 2030 steht: Ein Drittel der Fahrleistung wird grün.“ – Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister

Das Bundesverkehrsministerium will den Markthochlauf von Nutzfahrzeugen mit klimaschonenden alternativen Antrieben technologieoffen fördern, um dem Ziel einer schnellstmöglichen Erreichung einer ökonomischen Konkurrenzfähigkeit zu konventionellen Fahrzeugen gerecht zu werden. Bereits seit Juli 2018 unterstützt das BMVI mit der Förderrichtlinie für energieeffiziente und/oder CO-2-arme schwere Nutzfahrzeuge die Anschaffung von mautpflichtigen Lkw und Sattelzugmaschinen ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht mit Erdgas- (Compressed Natural Gas – CNG, Liquefied Natural Gas – LNG), Batterie- und Wasserstoffantrieb.

1,16 Milliarden Euro für klimaschonende Lkw

Die zukünftige Förderung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben soll nun deutlich ausgeweitet werden. Für die Förderung der Anschaffung von Nutzfahrzeugen mit alternativen klimaschonenden Antrieben stehen dem BMVI 1,16 Milliarden Euro im Zeitraum 2021 bis 2023 zur Verfügung. Die geplante Förderung umfasst zukünftig Fahrzeuge der EG-Fahrzeugklassen N1, N2 und N3 sowie bei Bedarf zusätzlich die Tank- und Ladeinfrastruktur, die für ihre Nutzung jeweils benötigt wird, beispielsweise zum Laden im Depot.

Das geplante Förderprogramm für elektrisch betriebene Nutzfahrzeuge (Batterie-Fahrzeuge, Wasserstoff-Brennstoffzellen-Fahrzeuge sowie von außen aufladbare Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge) sieht eine deutlich angehobene Beihilfeintensität vor. Sofern im Einzelfall zukünftig weitere Forschungsbedarfe bestehen, wird eine Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Bereich der alternativen Antriebe auch zukünftig im Rahmen der bereits bestehenden Programme wie dem Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie oder der Förderrichtlinie Elektromobilität möglich sein.

Das BMVI steuert zudem den Aufbau einer mit dem Fahrzeughochlauf abgestimmten Tank- und Ladeinfrastruktur und will damit die notwendigen Voraussetzungen schaffen für eine hohe Marktdurchdringung von klimafreundlichen Nutzfahrzeugen. Für den Markthochlauf von Nutzfahrzeugen mit alternativen Antrieben bedarf es einer ausreichenden und verlässlichen Infrastruktur zur Energieversorgung. Sie ist Grundvoraussetzung für die erfolgreiche betriebliche Integration und Verbreitung klimafreundlicher Nutzfahrzeuge in Deutschland.

4,1 Milliarden Euro für Tank- und Ladeinfrastruktur

Dabei ist ausschlaggebend, dass die Anforderungen der Nutzer im Mittelpunkt der Überlegungen zur Ausgestaltung der Tank- und Ladeinfrastruktur stehen. Denn die Nutzer entscheiden, ob die vorhandene Infrastruktur ausreicht und ihren Anforderungen und Bedürfnissen hinsichtlich Qualität und Kosten genügt. Das BMVI will den Aufbau einer mit dem Fahrzeughochlauf abgestimmten Infrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge mit einer zweiphasigen Strategie steuern. Insgesamt stehen für den Ausbau der Tank- und Ladeinfrastruktur (Pkw und Nutzfahrzeuge) Mittel in Höhe von rund 4,1 Milliarden Euro bis 2023 zur Verfügung.

Das BMVI will zudem ein zielgerichtetes regulatorisches Umfeld schaffen, das Konkurrenzfähigkeit der Produkte und Investitionssicherheit der Akteure gewährleistet. Der regulatorische Kern besteht in einer Differenzierung der Lkw-Maut nach dem CO2- Ausstoß der Fahrzeuge. Mit der CO2-Komponente sollen zusätzlich Anreize gesetzt werden, Klimaschutzinnovationen für Nutzfahrzeugantriebe zu entwickeln und in klimaschonende Technologien zu investieren. Das Instrument ist technologieneutral ausgelegt, da es die Emissionsreduktion in den Blick nimmt und nicht die Antriebstechnologie, mit der diese Reduktion erreicht wird. Das BMVI will sich bei der Novellierung der Eurovignettenrichtlinie auf europäischer Ebene für diesen Mechanismus einsetzen. Ziel ist die Einführung der CO2-Differenzierung in der Maut ab dem Jahr 2023.

Der regulatorische Kern besteht in einer Differenzierung der Lkw-Maut nach den CO2-Emissionen eines Lkw. Erstmalig soll ein vom CO2-Ausstoß abhängiger Aufschlag auf die Lkw-Maut erhoben werden. Dagegen sollen Lkw, die nur wenig oder gar kein CO2 emittieren, eine Ermäßigung der Infrastrukturgebühr von bis zu 75 Prozent gegenüber der Infrastrukturgebühr für die emissionsstärksten Fahrzeuge erhalten. Diese Möglichkeit soll auch für Hybrid-Fahrzeuge gelten, die auf nachweislich emissionsfrei zurückgelegten Strecken wie Nullemissions-Fahrzeuge behandelt werden sollen. Damit sollen verlässliche Preissignale für den Betrieb mautpflichtiger, klimafreundlicher Nutzfahrzeuge geschaffen werden.

„Bis 2050 wollen wir 100 Prozent klimaneutrale Mobilität erreicht haben. Deshalb brauchen jetzt eine engmaschige Elektro-Ladeinfrastruktur in alle Regionen in Deutschland. Und in ganz Europa, denn der Verkehr macht an den Grenzen nicht halt. Wo es keine E-Ladeinfrastruktur gibt, gibt es keinen Umstieg auf neue Antriebe. Hinzukommen muss aber neben der engagierten Förderung alternativer Kraftstoffe wie e-Fuels und Wasserstoff, ein umfassendes Programm zur Flottenerneuerung. Wir wollen alte Lkw und Busse von der Straße bekommen und durch moderne Fahrzeuge ersetzen. Die Bundesregierung und die EU müssen diese Umstellung nun fördern. Wir erwarten daher neben den im NFZ Gipfel diskutierten Vorhaben auch eine schnelle Umsetzung der politisch bereits im Konjunkturpaket beschlossenen Maßnahmen.“ – Hildegard Müller, Präsidentin des VDA

Quelle: BMVI – Pressemitteilung vom 12.11.2020

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Daniel W.:

Es sind verschiedene Metall-Luft-Batterien in der Erprobung – z.B. mit Magnesium, Aluminium, Eisen und Natrium, also Stoffen, die reichlich und günstig verhanden sind.

„Attraktiv sind daher auch Lithium-Metall-Batterien, die zehnmal mehr Energie speichern können als Lithium-Ionen-Batterien. Abgesehen davon, dass auch hier die Lebensdauer nicht ausreicht: Sie benötigt das relativ seltene Element Lithium.“ (Quelle: ingenieur.de)

Selbst die Lithium-Batterie hat noch Entwicklungspotenial – sogar um das 10-Fache – nur braucht das Lebensdauerproblem noch Zeit bis eine Lösung gefunden wird.

Mark Müller:

Davon bestelle ich sofort ein paar GWh und bezahle sofort.
Jede weitere faktische Verbesserung bei den Batterien geschieht sehr langsam, alles andere ist nur Marketing-Nebel. Die 3-fache Energiedichte (pro Gewicht, nehme ich an) und 10 Euro pro kWh sind definitiv reine Fantasieträume.
Obwohl alle seit Jahren von 100 Euro pro kWh reden, bezahlt man faktisch immer noch etwa mehr als das Doppelte und wenn ich einen Batteriespeicher für meine PV-Anlage kaufen will, kostet sie sicher mehr als 4’000 Euro für 10 kWh (nur Speicher!), also mehr als 400 Euro pro kWh.

Daniel W.:

„Schweiz: … Wasserstoff-Lkw „Xcient Fuel Cell“ … bis 2025 … schon 1600.“ – und danach ins Automuseum?

Ich vermute, dass der Korea-Wasserstoff-Lkw schon vor 2025 wieder begraben werden könnte. Korea sollte nicht zuviel erwarten, zumindest nicht in Europa und Amerika. Schon vor 2025 dürften Batteriepacks die 3-fache Energiedichte haben und nur noch 10 Euro pro kWh kosten.

Peter Bigge:

Selbst die Chinesen sind da schlauer und bauen massiv die Schienenwege aus. Bauen einfach von China bis Rotterdam die neue Seidenstraße auf der Schiene auf und wissen, dass dieser Transportweg wesentlich umweltfreundlicher, effizienter und schneller ist. Selbst als der Schiffsweg.
Die Straßen in Europa sind bereits mehr als verstopft und müssen aufgrund des Verkehrsaufkommens, insbesondere auch von LKWs, ständig erweitert werden. Fläche, die der Natur abgerungen wird. Jegliche Schienenverbindung frisst nur ein Bruchteil von Grünfläche.
Dann wäre die Sache mit dem Wasserstoff. Korea liefert bereits in alle Welt Wasserstoff-LKW und baut Wasserstoffversorgung auf. Wasserstoff ist vielleicht derzeit noch nicht der ideale umweltfreundliche Energieträger, aber für schwere Fahrzeuge derzeit die bessere Lösung als schwere Batteriepacks.

Daniel W.:

Das Geld besser in die Elektrifizierung der Bahn und den Schienengüterverkehr stecken, damit es dort endlich voran geht – hier wurde jahrezehntelang durch Politik und Bahn-Manager das System kaputt gespart.

Bei Lkws dürfte die nächste Batterie- und E-Motoren-Generation (z.B. Zink-Luft-Akku und Rekulanzmotor) dafür sorgen, dass E-Lkws auch ohne Subvention konkurrenzfähig sind und sich schnell verbreiten.

Da schwere Lkws die Strassen und Brücken massiv belasten, ist es sinnvoller den Güterverkehr auf den Strassen massiv zu veringern und Strassenbaumehrkosten lieber in den Schienenverkehrausbau zu stecken.

Nordlicht:

Den LKW Verkehr langsam zu elektrifizieren ist gut.
Doch kommen die größten Drecksschleudern auf Deutschen Straßen aus Osteuropa und werden wohl hiervon nicht profitieren können.

Kasch:

PS: Und nicht öffentliche Megawattlader auf dem Betriebsgelände von Speditionen gehen euch einen Dreck an – gibt ja zum Glück noch EU-Recht.

Kasch:

Ah, nachdem man durch blödsinnige Ladesäulenverordung und unnötigem Eichrecht den CCS-Ausbau der Lebensmitteldiscounter unterbunden hat, will man nun E-LkWs im Keim ersticken. Wird euch aber nicht gelingen – Teslas Semi und chinesische Hersteller werden die Welt gefühlt über Nacht grundlegend ändern, selbst im Transitverkehr quer durch Europa, so wie der Zellvorschrift inzwischen aussieht. Geladen wird dann preiswert im Ausland neben der deutschen Grenze. Aber lasst euch nicht bremsen im verschwenden von Steuergeldern – man weiß ja im Moment ohnehin nicht wohin mit der vielen Kohle !

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