Nach Brandanschlag: Tesla geht von fast einer Milliarde Euro Schaden aus

Cover Image for Nach Brandanschlag: Tesla geht von fast einer Milliarde Euro Schaden aus
Copyright ©

Tobias Arhelger / Shutterstock / 2348281067

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 5 min

Nachdem ein mutmaßlicher Brandanschlag auf Energie-Infrastruktur den Süden Berlins von der Stromversorgung gekappt hat, geht der ebenfalls betroffene Autohersteller Tesla davon aus, dass sein Werk Grünheide den Betrieb frühestens Anfang kommender Woche wieder aufnehmen kann.

Der Ausfall werde so lange andauern, bis der Stromversorger die Versorgung wiederhergestellt hat, sagte Werksleiter Andre Thierig Medienberichten zufolge am Dienstag. „Wir erwarten nicht, dass wir diese Woche die Produktion wieder aufnehmen können“, sagte er. „Wir hoffen, herauszufinden, ob wir Anfang nächster Woche neu starten können“. Der Schaden für Tesla soll vor allem aufgrund der Produktionsausfälle „im hohen neunstelligen“, also im Bereich von mehreren Hundert Millionen Euro liegen, so Thierig.

Tesla-CEO Elon Musk äußerte sich auf X zu dem Vorfall, bezeichnete die dafür Verantwortlichen als „entweder dümmste Öko-Terroristen der Welt“ oder „Marionetten derer, die keine guten Umweltziele haben“. Die Produktion von E-Autos anstelle von Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen zu stoppen, sei „extrem dumm“, wobei der Tesla-Chef für den letzten Teil des Zitats anstelle des ansonsten im Englisch gehaltenen Statement das Deutsche nutzte: „These are either the dumbest eco-terrorists on Earth or they’re puppets of those who don’t have good environmental goals. Stopping production of electric vehicles, rather than fossil fuel vehicles, ist extrem dumm“, so Musk auf X.

Klar ist nun, dass ein 110-kV-Hochspannungsmast in der Nähe des Standorts in Brand geriet, was zu Stromausfällen in der gesamten Umgebung führte, von denen zehntausende Bewohner:innen und Dutzende Unternehmen betroffen waren. Zunächst hatten Medien von einer brennenden Trafostation berichtet.

Werksleiter Thierig zeigte sich „schockiert“ über das, was passiert ist. „Es ist der zweite direkte Angriff auf die Stromversorgung der Fabrik und es gab einen dritten Angriff auf die Eisenbahn in der Nähe. Wir sind sehr besorgt“, sagte er. Einen ersten Brandanschlag hatte es bereits im Mai 2021 gegeben. Er erklärte, dass es immerhin geschafft wurde, eine sichere Notabschaltung durchzuführen, bei der unter anderem flüssiges Aluminium aus ihren Schmelzen abgelassen werden musste, bevor es sich verfestigte.

Zehntausende von Menschen ohne Strom

Die Versorgung der umliegenden Gemeinden sei nach Angaben des Stromversorgers Edis am späten Dienstagvormittag wieder hergestellt worden, so der Spiegel. Teslas Werk sowie ein Logistikzentrum von Edeka seien aber weiterhin ohne Strom, vor Ort werde aktuell die Reparatur des beschädigten Hochspannungsmasts vorbereitet. Die Reparatur könne aber erst nach Freigabe durch die Ermittlungsbehörden beginnen. Die Supermarktkette Edeka machte keine Angaben zur Schadenshöhe. Von Freienbrink aus werden rund 500 Märkte in Berlin und Brandenburg mit Obst und Gemüse sowie kühlpflichtigen Lebensmitteln versorgt.

Joerg Steinbach (SPD), der Wirtschaftsminister von Brandenburg, verurteilte den mutmaßlichen Brandanschlag als „terroristische“ Tat und Angriff auf Zehntausende von Menschen: „Dazu gehören Krankenhäuser, Seniorenheime, in denen die Menschen auch von der Sauerstoffversorgung oder ähnlichem abhängig sein können, die auf Strom basiert“, sagte er gegenüber Journalisten vor der Tesla-Fabrik in Grünheide. Beim mutmaßlichen Anschlag sei durch die Täter „billigend in Kauf genommen worden, dass Menschen dadurch verletzt werden“.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verurteilte den mutmaßlichen Brandanschlag. „Ein solcher Anschlag auf unsere Strominfrastruktur ist eine schwere Straftat, die durch nichts zu rechtfertigen ist“, erklärte sie. Wirtschaftsminister Robert Habeck forderte rasche Aufklärung und Ahndung: „Gewalt und Sabotage dürfen kein Mittel der Auseinandersetzung sein“, so der Grünen-Politiker.

Die Polizei geht von Brandstiftung aus – „Vulkangruppe“ veröffentlicht Bekennerschreiben

Die Brandenburger Polizei setzte Hubschrauber, Drohnen und Diensthunde ein, um die näheren Hintergründe des Feuers zu untersuchen. „Nach dem, was derzeit bekannt ist, vermutet die Polizei Brandstiftung“, teilte die Polizei mit, habe allerdings noch keine Verdächtigen identifiziert.

Noch am Dienstag tauchte online ein Bekennerschreiben auf, in dem eine „Vulkangruppe“ genannte und ansonsten anonyme Vereinigung die Verantwortung für das Feuer übernommen hat: „Wir haben heute Tesla sabotiert“, teilte die Gruppe mit, die die „komplette Zerstörung“ der Fabrik zum Ziel habe, und bezeichnete den Angriff als Geschenk zum Internationalen Frauentag am 8. März und als „Leuchtfeuer gegen Kapital, Patriarchat, Kolonialismus und Tesla. […] Tesla frisst Erde, Ressourcen, Menschen, Arbeitskraft und spuckt dafür 6000 SUVs, Killerautos und Monstertrucks pro Woche aus“, heißt es in dem Schreiben, und weiter: „Tesla militarisiert die Straße. Seine fahrenden Panzer sind Kriegsgerät. Das Auto als Waffe. Die Straße das Schlachtfeld. Tesla hat statt 9mm jetzt 856 PS in die Welt gesetzt.“

Wir haben uns mit unserer Sabotage den größtmöglichen Blackout der Gigafactory zum Ziel gesetzt“, heißt es weiter in dem Schreiben, das auch eine detaillierte Beschreibung der Brandlegung enthält, die an einer Stelle erfolgte, an der von der Hochspannungsleitung aus eine Verbindung zu Erdkabeln hergestellt wird, weshalb genau dort das Feuer gelegt worden sei: „Schäden an Kabelmuffen sind oft in der Behebung des Schadens langwierig und teuer“. Außerdem sollte das Feuer am Strommast möglichst groß und hoch sein, „um die Stahlkonstruktion zu schwächen und eine Instabilität des Masts herbeizuführen.“ Das Ziel ist dem Schreiben nach gewesen, den Hochspannungsmasten zum Einsturz zu bringen: „Das war unsere Absicht„, schreibt die Gruppe.

Die Vulkangruppe soll sich 2011 gegründet haben und wird vom Berliner Verfassungsschutz dem anarchistischen Spektrum zugeordnet. Sie wird für eine ganze Reihe von Brandanschlägen in Berlin und Brandenburg verantwortlich gemacht.

Tesla steht noch viel Arbeit bevor

Selbst wenn die Stromversorgung wieder hergestellt ist, stehe Tesla vor „riesigen Problemen“ beim Hochfahren der Produktion, sagt Peter Mertens, ehemaliger Entwicklungschef von Audi, dem Handelsblatt. Jeder Roboter müsse zunächst wieder in seine Nullposition gefahren werden, unfertige Karosserien müssen von den Linien, aus dem Korrosionsschutzbad sowie aus der Lackiererei entfernt und verschrottet werden.

Das Beratungsunternehmen Berylls geht davon aus, dass Tesla insgesamt bis zu 40 Fahrzeuge verschrotten und viel Arbeit in die so genannte „Erststückfreigabe“ stecken müsse, also das Wiederanfahren des Produktionsprozesses mit entsprechender Qualitätskontrolle. „Tesla braucht mindestens einen Tag für den kompletten Wiederanlauf“, zitiert das Handelsblatt Heiko Weber von Berylls.

Quelle: Automotive News Europe – Tesla’s Berlin factory to remain closed until next week after suspected arson nearby / Spiegel – Was über die Vulkangruppe bekannt ist / Spiegel – Linksextremistische Gruppe reklamiert Anschlag gegen Tesla für sich / RBB24 – Bekennerschreiben der Vulkangruppe laut Polizei echt / Handelsblatt – Fast eine Milliarde Schaden durch Brandanschlag / Vulkangruppe – Bekennerschreiben

worthy pixel img
Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
Sidebar ads

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Waldi:

Die Diskussionsbeiträge zu diesem Thema finde ich schon recht seltsam.
Hier haben „Touristik- Terroristen“, die wahrscheinlich jede Woche auf einer anderen Demo sind, die Stromversorgung nicht nur von Tesla lahmgelegt. Auch umliegende Ortschaften und Krankenhäuser waren betroffen.
Tesla- Zulieferer sitzen gerade auf Ihren Produkten und alleine bei Tesla drehen 12.000 Mitarbeiter Däumchen.
Und hier wird darüber ausgiebig diskutiert, ob die genannte Schadenssumme korrekt ist oder nicht.
Ich fasse es nicht.
Kein Wort darüber, was man mit diesen Leuten machen sollte, wenn man sie denn fast.
Kein Wort darüber, was man von so einer schwachsinnigen Aktion eigentlich halten soll.
Hier schwingen sich einige Wenige auf, als Gralshüter die Welt zu retten und Tesla Mitarbeiter und Zulieferer aus den Händen des bösen Elon Musk zu retten.
Nachdem sich einige Welten-Retter auf die Straße geklebt haben, Kunstwerke und Bauwerke zerstört haben, nun die weitere Eskalation, Stromversorgungen lahmzulegen.
Müssen wir uns in einer (Noch-) Demokratie solche Exzesse gefallen lassen? Ich denke „NEIN“.
Und ich wünsche mir, dass die Strafen für diese Terroristen so hoch ausfallen werden, dass Nachahmungstäter abgeschreckt werden.
Und nun liebe Leute diskutiert weiter, ob die genannte Schadenssumme nicht vielleicht doch nur 999 Millionen Euro beträgt.

Übrigens: Ich fahre keinen Tesla. Aber derartige Aktionen bringen mich einfach auf die Palme.

Peter wulf:

Tesla muss ja auch die Gehälter aller Mitarbeiter weiterzahlen sowie aller anderen die außerhalb des Werkes nicht arbeiten können.
Dazu dann noch erhöhten wachschutz etc.

Läubli:

Hmmm… ja, da kann ich nichts dagegen sagen… vor allem der letzte Satz zauberte mir ein Grinsen ins Gesicht.
Amis sind ja nun mal wirklich im Übetreiben etwa so bekannt, wie es die Chinesen im Kopieren oder die Fussballer aus Südeuropa bei der Schwalbe sind.

Läubli:

Lieber Philipp, ganz so einfach ist das nicht, dass man da mit reinen Stückzahlen der Autos rechnen kann, die damit ausfallen werden. Da kommen immense Reparaturkosten der Maschinen, der Flüssigmaterialien die weggeschmissen werden müssen usw. dazu. Das kann man als Laie neimals genau abschätzen, daher ist deine Aussage genauso schlecht wie die von 1 Milliarde Schaden… wobei ich der 1Mrd. eher glaube als deiner simplen Rechnung auf die Stückzahlen.

MMM:

Aha, Fakten sind also aus :-D

MMM:

Die Produktion soll nicht auf Akku laufen, sondern geregelt runtergefahren werden können.
Roboter in Parkpositon, Server runterfahren, Autos aus dem Lack, Pressen leerfahren und schließen.
Das dauert ein paar Minuten, dafür reichen 3 MWh bestimmt.
Und wenn es 10 wären – dann eben 100 Model S. Das kann doch nicht das Problem sein. Vielleicht bei VW – aber doch nicht bei Tesla! Das ist ein Anfruf von EM, dann kommt der hauptamtliche Batterieplaner von der Großkundenabteilung und macht das Ding.
Ein solcher Ausfall, und das System hat sich 5x bezahlt gemacht.
Es kann ja auch mal „einfach so“ der Strom ausfallen. Nur weil wir in D das lange nicht mehr hatten – vorgekommen ist es schon öfters.
Woanders sowieso.
Texas… da schneit es ja nie…. oder? ;-)

Michael Neißendorfer:

Es gibt noch mehr Model S Fahrer mit mehr als einer Million Kilometer als nur Hansjörg von Gemmingen ; )

Spiritogre:

Allerdings mit dem dritten Akku.

egon_meier:

„VW verfügt ….“

Die Erwähnung von VW erzeugt reflexartig Massen von Downvotes – speziell in positivem Zusammenhang.
Wen demnächst Mal VW die Spitze der Zulassungsstatistik in D hat erwähne das mal .. und du wirst RotRotRotRot angepinselt.

egon_meier:

“ Wenn die Produktion mit allem voll laufen sollte, wären 3MWh mit Glück vielleicht 1-2 Minuten.“

Die Akku-Kapa soll nur dazu dienen, kritische Elemente der Produktion geordnet runterzufahren.
Ich denke da an die Megapressen: Öffnen und letztes Bauteil ausstoßen. Dann abstellen.
Schweißroboter: aktellen Schweißpunkt setzen/Naht beemdem und dann in Ruhestellung.

Fertig.

WEnn ein Unternehmen das nicht geplant hat ist eben der Fail kalkuliert und zu ertragen. Fertig.

Ähnliche Artikel

Cover Image for MG zündet nächste E-Auto-Stufe: IM5 und IM6 setzen auf 800-Volt-Technik

MG zündet nächste E-Auto-Stufe: IM5 und IM6 setzen auf 800-Volt-Technik

Michael Neißendorfer  —  

Auf einer 800-Volt-Plattform aufbauend, versprechen die Elektroautos nicht nur flotte Ladezeiten sondern auch hohe Reichweiten und viel Leistung.

Cover Image for Munro Series M startet mit 20 Millionen Euro Auftragsvolumen

Munro Series M startet mit 20 Millionen Euro Auftragsvolumen

Sebastian Henßler  —  

Für härteste Einsätze gemacht: Munros elektrischer 4×4 bietet Nutzlast, Zugkraft und drei Aufbauformen – wartungsarm, geländetauglich und alltagstauglich.

Cover Image for Mit V2G und Heimladen bares Geld sparen: Ford zeigt, wie sich Elektromobilität rechnet

Mit V2G und Heimladen bares Geld sparen: Ford zeigt, wie sich Elektromobilität rechnet

Michael Neißendorfer  —  

Ein entscheidender Gamechanger in der Elektromobilität spielt sich nicht auf der Straße ab – sondern in der Einfahrt, wie Zahlen von Ford zeigen.

Cover Image for Rivian: Quad-Motor mit 754 kW Leistung für R1S und R1T

Rivian: Quad-Motor mit 754 kW Leistung für R1S und R1T

Sebastian Henßler  —  

Vier Motoren, 1625 Nm Drehmoment und Launch Cam: Rivian stattet R1T und R1S mit verbesserter Technik für Alltag und Offroad aus.

Cover Image for Wie Accumotive die Batterien für den Mercedes-Benz CLA fertigt

Wie Accumotive die Batterien für den Mercedes-Benz CLA fertigt

Michael Neißendorfer  —  

Mit der Serienproduktion der Batterien für den vollelektrischen CLA setzt die Mercedes-Benz Tochter Accumotive in Kamenz einen großen Meilenstein.

Cover Image for Nur 1990 Stück: VW bringt ID.3 GTX Fire + Ice

Nur 1990 Stück: VW bringt ID.3 GTX Fire + Ice

Sebastian Henßler  —  

Ultra Violet trifft auf Flaming Red: Der ID.3 GTX Fire + Ice erinnert an den Golf-Klassiker von 1990 – jetzt mit Elektroantrieb, Design von Bogner und 240 kW Power.