Frank Weber: BMW bleibt flexibel bei Antriebsstrategien

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

BMW verfolgt eine Strategie, die auf größtmögliche Flexibilität bei der Elektrifizierung setzt. Im Gespräch mit Automotive News Europe betonte Frank Weber, Entwicklungsvorstand der BMW AG, dass die Multi-Energy-Architekturen des Unternehmens eine zentrale Rolle dabei spielen, effizient auf unterschiedliche Antriebsformen zu reagieren. „Das Rückgrat unserer Flexibilität ist, dass wir Architekturen haben, die alle Antriebsarten tragen können“, erklärte Weber. Modelle wie der X1 oder der 5er seien sowohl mit Verbrennungsmotor, Plug-in-Hybrid als auch rein elektrischem Antrieb erhältlich – und das auf der gleichen Plattform. Noch wichtiger als die Plattform selbst sei jedoch die Skalierung von Bauteilen über verschiedene Modellreihen hinweg. „Zum Beispiel nutzt der iX die gleichen elektrischen Antriebskomponenten wie der i4“, so Weber weiter.

Ein weiterer Schritt in der BMW-Strategie ist die Einführung der neuen Plattform Neue Klasse, die zunächst ausschließlich für Elektroautos entwickelt wurde. „Das ist aber nicht der entscheidende Punkt“, stellte Weber klar. Vielmehr gehe es darum, mit dieser Architektur eine neue Generation von Komponenten zu etablieren, die künftig auch in anderen Antriebsformen wie Wasserstoffantrieben zum Einsatz kommen. „Das generiert hohe Stückzahlen für diese Komponenten, was für uns entscheidend ist, um Skaleneffekte zu realisieren.“

Sechs Neue-Klasse-Modelle in weniger als zwei Jahren

BMW plant, innerhalb von weniger als zwei Jahren sechs Modelle auf Basis der Neuen Klasse einzuführen. Die Plattform ergänzt die bestehenden Architekturen UKL (für kompakte Fahrzeuge mit Front- und Allradantrieb) sowie CLAR (für größere Modelle mit Hinterrad- oder Allradantrieb). Weber betonte, dass alle BMW-Architekturen auf einer gemeinsamen Komponentenbasis aufbauen: „Das ist nicht nur für Skalierung entscheidend, sondern auch für die Kundenerwartungen. Wer sich für einen Plug-in-Hybrid oder einen Verbrenner entscheidet, soll die neueste Technologie erhalten – nicht die der vorherigen Generation.“

BMW-CEO Oliver Zipse hatte auf dem Pariser Autosalon 2024 angekündigt, dass BMW die verschärften EU-CO₂-Ziele in diesem Jahr ohne Kooperation mit anderen Herstellern erreichen werde. Während Weber keine genauen Verkaufszahlen für Elektroautos und Plug-in-Hybride nannte, verwies er auf den starken Absatzanstieg der elektrifizierten Modelle. „Vergangenes Jahr haben wir unsere globalen E-Auto-Verkäufe um 14 Prozent gesteigert, sie machen inzwischen mehr als 17 Prozent unseres Gesamtvolumens aus. In Europa liegt der Anteil von Plug-in-Hybriden und Elektroautos zusammen bei 36 Prozent.“

BMWs Erfolg bei E-Autos führt Weber darauf zurück, dass der Kunde dieselbe BMW-DNA erhalte, unabhängig vom Antrieb. „Unsere Kunden und Händler schätzen es, dass sich die E-Autos nicht grundlegend vom Design oder Fahrerlebnis her unterscheiden“, so Weber. Eine zentrale Erkenntnis aus bisherigen E-Auto-Erfahrungen sei, dass eine Reichweite von 400 bis 500 Kilometern im Alltag ausreiche. „Mit den Modellen der Neuen Klasse werden die realen Reichweiten um rund 30 Prozent steigen, sodass wir deutlich über den heutigen Erwartungen liegen“, kündigte Weber an. Die Ladeinfrastruktur bleibe jedoch eine der größten Herausforderungen für Kunden.

Während einige Hersteller Batterien mit über 1000 Kilometern Reichweite entwickeln, sieht Weber diesen Ansatz kritisch: „Batterien immer größer zu machen, ergibt keinen Sinn. Das würde den CO₂-Fußabdruck unnötig vergrößern.“ Entscheidend sei vielmehr eine verbesserte Effizienz. „Die Neue Klasse bringt Effizienzsprünge von bis zu 20 Prozent, je nach Modell.“ Zur Sorge um Batteriedegradation durch Schnellladen sagt er: „Ja, Hochleistungsladen kann die Batterie stärker belasten, aber das ist nicht die typische Nutzung eines Elektroautos. Schnellladen passiert hauptsächlich auf Langstreckenfahrten, die für die meisten Menschen nicht alltäglich sind.“

Zukunftsperspektiven: Wasserstoff, Festkörperbatterien und V8-Motoren

Während BMW langfristig auch auf Wasserstoff setzt, sieht Weber die größten Hürden derzeit in der Infrastruktur, nicht in den Kosten: „Brennstoffzellen-Fahrzeuge sind vollelektrisch, benötigen aber nur ein Zehntel der Batteriegröße eines E-Autos.“ Auch zu Festkörperbatterien äußerte er sich: „Sie kommen, aber sie sind noch mindestens eine Fahrzeuggeneration entfernt. Es wird wohl zehn Jahre dauern, bis sie in signifikanten Stückzahlen verfügbar sind.“

Obwohl BMW den V12-Motor bereits aus dem Programm genommen hat, bleibt der V8 bestehen. „In Märkten wie den USA oder dem Nahen Osten kann man V8-Motoren nicht einfach durch Sechszylinder-Hybride ersetzen. Die Leistung wäre vergleichbar, aber die Kunden lieben das Fahrgefühl, den Klang und die Laufruhe eines V8.“ Trotz massiver Investitionen in Batterietechnologie erwartet Weber keine bahnbrechende Kostensenkung in den nächsten zehn Jahren: „Ein grundlegender Wandel in den Batteriepreisen ist nicht in Sicht. Und vergessen wir nicht, dass viele der Rohstoffe für Elektroautos aus Regionen außerhalb Europas stammen.“

Trotz der Herausforderungen in der Ladeinfrastruktur sieht Weber BMW gut positioniert, um die Elektrifizierung weiter voranzutreiben – ohne dabei andere Antriebsoptionen wie Wasserstoff oder Verbrenner gänzlich auszuschließen.

Quelle: Automotive News Europe – BMW tech boss shares keys to big EV lead over Mercedes and Audi

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Pedro G.:

Micro Atomkraftwerke wären auch was für die Zukunft ⁉️

MMM:

Im Gegensatz zu den Batterien ist das gar nicht sein Thema.
Kraftstoff gibt es aus BMW-Sicht an der Tankstelle.
Oder betreiben sie selbst welche, vielleicht auch Raffinerien?
Solange die Leute Verbrenner nachfragen, akzeptieren sie offensichtlich die Kraftstoffpreise. Sonst würden sie doch die Verbrenner nicht mehr kaufen, oder?

Philipp:

„Schnellladen passiert hauptsächlich auf Langstreckenfahrten, die für die meisten Menschen nicht alltäglich sind.“

Glaube ich nicht. Diesel-Dieter (und das sind ja alle außer mir) lebt ausschließlich auf der Autobahn und führt deswegen ständig einen Wohnanhänger bei Tempo 200 und 3l/100km mit sich mit.

Paul:

Einige Kunden werden abgeschreckt weil du bei VW bei der Wahl eines ID Models (gefühlt) schlechtere Qualität bekommst als bei Verbrenner.
Vergleich Passat und ID7, da schneidet der ID7 schlechter ab:
– Innenraumqualität
– Touchmurks am Lenkrad
– Seifendesign (zum Glück viel erträglicher als bei Mercedes)
– Anhängelast
Bei Tiguan und ID4 kommt noch
– Sitze
– Offroadqualtäten dazu

Sind nur Kleinigkeiten, aber für manche Kunden gibt das den Ausschlag. Das gibt es bei BMW nicht.

Sven:

„Ein grundlegender Wandel in den Batteriepreisen ist nicht in Sicht.“ Geschickt ausgedrückt. Damit schließt er ja nicht aus, dass die Preise ständig sinken.
„Und vergessen wir nicht, dass viele der Rohstoffe für Elektroautos aus Regionen außerhalb Europas stammen.“ Dafür vergisst er, woher der Treibstoff für die Verbrenner kommen.

Peter:

Und warum sieht man das nur bei BMW und nicht bei VW ? Die Kunden bei VW kaufen zu über 70% Verbrenner, ich kann da nicht erkennen das irgendjemand von VW sich hinstellt und nur BEV anpreist.

Paul:

Bei BMW sieht man, dass wenn die Kunden die offene Wahl haben und sich nicht gedrängt (bevormudet) fühlen sich einfacher von der E-Mobilität überzeugen lassen.
Entweder weil’s auf Dauer viel günstiger ist.
– Wenn man daheim oder am Arbeitsplatz laden kann
– wenn man von der 0,25% Regel profitieren kann.
Oder einfach weil man bei ähnlichem Preis das bessere E-Fahrgefühl inklusive gutem Umweltgewissen bekommt.

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