Fraunhofer ISI zu E-Autos: Mit Fakten gegen Vorurteile

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Wie entwickeln sich die Elektromobilität und Batterien für Elektroautos weiter? Wie fällt die Umweltbilanz von E-Autos aus? Was hat sich bei Reichweiten getan, was passiert mit Altbatterien und wie hoch ist die Brandgefahr? Diese und viele weitere Fragen entlang der gesamten Batterie-Wertschöpfungskette behandelt das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI im aktuellen Policy Brief „Batterien für Elektroautos – Faktencheck und Handlungsbedarf – ein Update“ (verlinkt als PDF-Download).

Elektroautos spielen eine stetig wichtigere Rolle, um die jährlich steigenden CO2-Emissionen im Verkehrssektor stärker in Einklang mit den politischen Treibhausgas-Minderungszielen zu bringen. Das Bundes-Klimaschutzgesetz sieht etwa vor, dass die CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 65 Prozent und bis 2040 um mindestens 88 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken müssen, damit Deutschland bis 2045 das Ziel der Treibhausgasneutralität erreicht. Diese Zielvorgaben sind mit Blick auf den Verkehrssektor nur durch den Betrieb emissionsarmer und emissionsfreier Fahrzeuge realisierbar und setzen neben strengen Vorschriften auch wirtschaftliche Anreize voraus.

In diesem Kontext und auch weil in Teilen der Öffentlichkeit, Politik und Unternehmen die Nachhaltigkeit, Wirtschaft­lichkeit und Praxistauglichkeit der Batte­rietechnologie gelegentlich noch in Frage gestellt wird, haben Forschende des Fraunhofer ISI die wichtigsten Fragen rund um das Thema Batterien für Elektroautos in einem Policy Brief wissenschaftlich aufgearbeitet. Der Policy Brief bildet den aktuellen Forschungsstand ab, liefert einen Faktencheck und speist sich aus vielen Eigen- sowie Fremdstudien. Zentrales Ergebnis sind Antworten auf vierzehn wichtige Fragen rund um das Batterie-Thema.

Wie haben sich der Markt für E-Autos und die Zulassungszahlen entwickelt?

So befasst sich der Policy Brief etwa mit der Frage, wie sich die E-Mobilität entwickelt hat. Die Autor:innen kommen zu dem Ergebnis, dass die Nachfrage nach Elektroautos in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen ist und ihr Anteil weltweit betrachtet derzeit bei knapp 20 Prozent an den Neuzulassungen liegt. Der weltweite Neuwagen-Anteil von E-Autos dürfte bei Beibehaltung der Klimaschutzanstrengungen bis 2030 auf 40 Prozent und im Jahr 2035 auf mehr als 50 Prozent anwachsen.

Nach Jahren des Wachstums bei den Neuzulassungen erlebte Deutschland – als weltweit beinahe einziger großer Automarkt – im Jahr 2024 einen Rückgang, unter anderem verursacht durch einen abrupten Förderstopp. Die Rahmenbedingungen und aktuellen Zulassungszahlen deuten aber darauf hin, dass auch Deutschland wieder auf einen Wachstumspfad kommt.

Wie wirtschaftlich sind E-Autos?

Was die Wirtschaftlichkeit von Elektroautos anbelangt, so schneiden diese aufgrund geringerer laufender Betriebskosten teilweise schon heute bei den Gesamt­kosten besser ab als vergleichbare Verbrenner. Aufgrund des Trends hin zum gesteuerten und bidirektionalen Laden sowie sinkender Verkaufspreise dürfte sich diese positive Tendenz in Zukunft fortsetzen.

Wie fällt die Umweltbilanz von Elektroautos aus?

Die Autor:innen des Policy Brief äußern sich auch zur Umweltbilanz von E-Autos, die schon heute ganzheitlich betrachtet von Herstellung, Nutzung bis zur Entsorgung eine deutlich positive Treibhausgasbilanz gegenüber konventionellen Verbrenner-Pkw aufweisen – bei durchschnittlicher Fahrleistung lassen sich für einen Mittelklasse-Pkw 40 bis 50 Prozent an CO2-Emissionen einsparen.

Die höheren Emis­sionen bei der Herstellung der Autos werden in der Nut­zungsphase überkompensiert. Gesteuertes und bidirektionales Laden sowie der Einsatz von mehr Ökostrom in der Produktion verbessern auch die Umweltbilanz der Stromfahrzeuge in Zukunft noch weiter. Bei anderen Umweltthemen wie der Nutzung kritischer Rohstoffe bestehen bei Elektroautos noch so manche Herausforderungen.

Was hat sich bei der Reichweite getan?

Aktuelle Modelle bieten eine Reich­weite von mindestens 400 Kilometern. Diese Distanz empfinden viele Fahrer:innen als ausreichend, auch weil Ladezeiten immer kürzer ausfallen. Angesichts anvisierter Reichweiten von mehr als 1000 Kilometern ist zu beachten, dass mit zunehmender Reichweite sowohl Kosten als auch ökologische Folgen zunehmen.

Was passiert mit Altbatterien?

Prognosen gehen davon aus, dass langfristig ausreichend Recyclingkapazitäten für End-of-Life-Batterien sowie Produktionsausschuss zur Verfügung stehen. Bis zum Jahr 2035 könnten bis zu 30 Prozent des Bedarfs an Lithium, Nickel und Kobalt für die Batteriezellenproduktion durch recycelte Materialien gedeckt werden.

Wie hoch ist die Brandgefahr?

Der Löschaufwand ist bei Elektroautos zwar noch größer, aber sie brennen nach heutigem Kenntnisstand nicht häufiger als konventionelle Pkw – einige internatio­nale Studien gehen sogar von einer deutlich niedrigeren Brand­gefahr aus. Dies gilt noch stärker für neueste Batterietypen. Zur Einordnung: Jahr für Jahr gehen in Deutschland etwa 15.000 Verbrenner in Flammen auf, mehr als 40 am Tag.

Welche Herausforderungen ergeben sich für den Arbeitsmarkt?

Viele Studien deuten auf einen nennenswerten Beschäftigungsrückgang in der Automobil- und Zuliefererindustrie hin – nicht zuletzt, weil die Produktion von Batteriezellen hochautoma­tisiert ist. Umgekehrt können in anderen Branchen entstehende Jobs den Rückgang kompensieren, etwa in den Bereichen Stromerzeugung und Ladeinfrastruktur.

Prof. Dr. Martin Wietschel, der am Fraunhofer ISI die Abteilung Energietechnologien und Energiesysteme leitet, äußert sich wie folgt zum neuen Policy Brief: „E-Autos sind die wichtigste Antriebstechnologie, um Treibhausgasemissionen zu senken – und Bat­terien sind der Schlüssel dafür. Ihr Markthochlauf ist ein zentraler Baustein einer klimaneutralen Mobilitätstransfor­mation in Deutschland und Europa. Daher ist es umso wichtiger, einen wissen­schaftlich-analytischen Blick auf die Entwicklungen, Potenziale und Hindernisse bezüglich der Elektromobilität zu werfen und Handlungsempfehlungen zu geben – genau das tun wir mit unserem Policy Brief, der sich gleichermaßen an Politik, Fachwelt und Öffentlichkeit richtet.“

Quelle: Fraunhofer ISI – Pressemitteilung vom 22.05.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Nana:

Wie viele sind dem Brandanschlag geschuldet ?
Und wie viele davon waren E-Autos ?

Allein in Berlin im Jahr 2024 waren das 750 Fahrzeuge.

Wenn man die Zahl nennt, sollte man sie auch aufschlüsseln.

Zappelstrom:

Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der zeit.
Will sagen, dass sich Zeiten immer geändert haben… Wer baut heute noch Videorekorder, wieviel Kutschenbauer oder Hufschmiede gibt es noch, wer braucht noch das Wissen über Dampfmaschinen ?
Die Wenigsten werden in ihrem Lehrberuf bis zur Rente arbeiten. Ich selber habe in meinem Leben drei Berufe gelernt. Also nicht verzagen sondern einfach machen.

Olav:

Was tut sich bei Verbrennern?
Was tut sich auf unserer Erde?

Daniel W.:

Ein wichtiger Punkt wird am Schluss erwähnt.

—–
Welche Herausforderungen ergeben sich für den Arbeitsmarkt?

Viele Studien deuten auf einen nennenswerten Beschäftigungsrückgang in der Automobil- und Zuliefererindustrie hin – nicht zuletzt, weil die Produktion von Batteriezellen hochautoma­tisiert ist. Umgekehrt können in anderen Branchen entstehende Jobs den Rückgang kompensieren, etwa in den Bereichen Stromerzeugung und Ladeinfrastruktur.
—–

Die Autoindustrie und ihre Zulieferer verlieren in Deutschland zunehmend an Bedeutung – das ist für die Beschäftigten fatal, aber es eröffnet auch Chancen in anderen Bereichen, die ich für wichtiger halte. Günstige E-Autos für einen schnellen Austausch der Verbrenner dürften sowie aus Fernost kommen.

Heute wurde mir beim Start von Firefox ein Artikel angezeigt, dass europäische Kampfjets gegenüber chinesischen Kampfjets beim Luftkampf alt aussehen.

Die europäische Überheblichkeit im Automobilbau hat immer weniger reale Substanz, das dürfte bei hohen Kosten in der EU den Untergang beschleunigen.

Johannes:

Aber noch lange nicht jedem

Rolando:

Alles längst schon bekannt.

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