412 km/h: Wie der Rimac Nevera das schnellste E-Auto der Welt wurde

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Rimac

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Der Elektro-Sportwagen Rimac Nevera hat eine Höchstgeschwindigkeit von 412 km/h erreicht und ist damit zum schnellsten Elektro-Serienauto der Welt avanciert. Für den Rekordversuch suchte das Rimac-Team im Vorfeld speziell nach einem Oval mit Geraden, die lang genug waren, um die Höchstgeschwindigkeit des Nevera ausreizen zu können. Fündig wurden die Kroaten schließlich bei Automotive Testing in Papenburg in Deutschland. Auf den zwei jeweils vier km langen Geraden ist es möglich, Geschwindigkeiten von mehr als 400 km/h zu erreichen.

Der Nevera wurde für die Rekordfahrt in seinen Top-Speed-Modus versetzt, der dem Fahrzeug ein aerodynamischeres Profil verleiht, das Luftwiderstand und Abtrieb ausbalanciert, um Stabilität auch bei hoher Geschwindigkeit zu gewährleisten. Ausgestattet mit straßenzugelassenen Michelin Cup 2R-Reifen und unter der Aufsicht eines Michelin-Technikers, um deren Zustand zu überwachen, begann der Rekordlauf.

Hinter dem Steuer war Miro Zrnčević, Rimacs leitender Test- und Entwicklungsfahrer. Die Herausforderung war, die Steilkurve optimal Richtung der Gerade zu verlassen, um dem E-Auto die bestmögliche Chance zu geben, V-MAX zu erreichen. Erst nachdem Zrnčević die mit 250 km/h zu passierende Steilkurve verlies, konnte er die volle Leistung des von Rimac entwickelten Antriebsstrangs mit vier E-Motoren entfesseln.

Die Höchstgeschwindigkeit von 412 km/h war schon vor Jahren das Entwicklungsziel der Kroaten, als das Auto 2018 zum ersten Mal als C_Two auf dem Genfer Autosalon vorgestellt wurde. Schon damals sei der Plan gewesen, den Elektro-Sportwagen zum Weltrekordhalter für das schnellste, serienmäßige Elektroauto zu machen. Die erreichte Geschwindigkeit wurde mit der Racelogic V-Box ermittelt, einem hochpräzisen GPS-basierten Messgerät.

Mit 412 km/h zu fahren bedeutet, mit einem Drittel der Schallgeschwindigkeit zu fahren“, sagt Testfahrer Zrnčević. Das allein mit einem straßenzugelassenen Auto zu erreichen, sei bereits unglaublich komplex. „Mit dem Nevera aber haben wir ein Auto geschaffen, das auch weite Strecken mit einer einzigen Ladung zurücklegen kann, das enge und kurvige Rennstrecken bewältigt, und das sowohl driften als auch Geschwindigkeitsrekorde brechen kann“. Zrnčević sagt, er habe den Nevera gefahren, seit sich an ihm zum ersten Mal ein Rad gedreht hat. „Und jetzt das perfekt geschliffene Auto zu sehen, ist ein wirklich emotionaler Moment“, so der Testfahrer. Das Wichtigste, was er während des Top-Speed-Versuchs gelernt habe, sei, „wie ausbalanciert und stabil das Auto war – was bestätigt, dass unsere Aerodynamik- und Fahrzeugdynamik-Teams perfekte Arbeit geleistet haben.“

Kunden können selbst jedoch nicht auf Rekordjagd gehen: Der Nevera wird mit einer begrenzten Höchstgeschwindigkeit von 352 km/h ausgeliefert. Die Höchstgeschwindigkeit von 412 km/h könne nur bei speziellen Kundenveranstaltungen mit Unterstützung des Rimac-Teams und unter kontrollierten Bedingungen erreicht werden, teilt der Hersteller mit. Da vor allem die Reifen während solcher Läufe unter großer Belastung stehen, zielen die meisten Vorsichtsmaßnahmen darauf ab, sicherzustellen, dass sie für so hohe Geschwindigkeiten richtig eingestellt sind. Die Produktion des Nevera ist derzeit im Hauptsitz von Rimac am Stadtrand von Zagreb bereits in vollem Gange, die ersten Autos sind bereits bei Kunden auf der ganzen Welt angekommen.

Rimac-Nevera-Elektroauto-Rekord-Geschwindigkeit
Rimac

Der Nevera wurde von Rimac Automobili selbst entworfen, konstruiert und gebaut und ist auf nur 150 Einheiten limitiert. Ermöglicht durch seine 120-kWh-Batterie mit insgesamt 6960 Zellen, die 1408 kW (1914 PS) und 2360 Nm Drehmoment abliefern, erreicht der Nevera seine Höchstgeschwindigkeit von 412 km/h und schafft den Spurt von Null auf Hundert in weniger als zwei Sekunden.

Der Elektro-Sportwagen wird seinem Namen also voll gerecht: Der Namensgeber Nevera ist ein mächtiger kroatischer Sturm, der für seine Geschwindigkeit, Wildheit und Kraft bekannt ist – ein passender Name sowohl für den Charakter als auch für die Fähigkeit des Fahrzeugs. Auch der kann sich in Sekundenbruchteilen von einem geschmeidigen Grand Tourer in eine brachiale Naturgewalt verwandeln.

Quelle: Rimac – Pressemitteilung vom 15.11.2022

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Alexey:

Das ist tatsächlich mal eine Neuigkeit die begeistert. Ich finde es Klasse das Rimac das geschafft hat, Hut ab.

Vor allem für mich ist es interessant, da es ja eindeutig mal aufzeigt, dass eine hohe Höchstgeschwindigkeit kein Problem darstellt von der technischen Seite.

Denn ich wundere mich immer wieder aufs Neue wie früh aktuelle Modelle teilweise abgeregelt werden. Mit meinem 2 Liter Diesel mit 190PS fahre ich locker über 200km/h und BEV’s mit der x-fachen Motorleistung regeln teils bei 180 oder 200 ab? Da frag ich mich jedes mal warum das nicht anders gemacht wird.

Läubli:

Manchmal könnte man meinen, wir seien die besten Kumpels… besser kann man das da oben nicht schreiben – ich denke, wir wären auf der Rennstrecke ein gutes Team. ;)

David:

Das ist ein Auto! Es ist absolut richtig, in den Bereich der Supersportwagen zu gehen. Denn da wird die Begeisterung für das Auto auf die Spitze getrieben und wenn ein elektrisches Auto dort mitmischt, bringt das neue Fans fürs Elektroauto.

Wie man hört, versuchen die Rimac-Ingenieure die Beschleunigung bis 100 km/h zu verbessern. Denn in diesem Bereich setzt nicht die Leistung, sondern der Reibwert aktuell die Limits. Mit extrem sensibler, einzelner Ansteuerung der vier Motoren kann man einen traktionsoptimalen Zustand herstellen. Wie gesagt, es geht nicht um automobilen Alltag, sondern um Freude. Das ist ein besserer Weg als nur eine „Zwangsumsiedelung“ aus dem Verbrenner.

Witzigerweise kann man ausgerechnet in diesem Bereich Geld sparen. Denn eine Inspektion beim Bugatti oder beim Königsegg kostet gerne 50.000 € ohne Ersatzteile. Rimac hat angekündigt, dass das deutlich günstiger wird. Der Antriebsstrang ist nicht für eine kurze Lebensdauer konstruiert.

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