Volkswagen strebt nach Kostenparität in Chinas E-Auto-Massenmarkt

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 6 min

Volkswagen leitet die nächste Phase seiner Transformation in China ein. Auf seinem China Capital Markets Day in Peking präsentierte der Konzern sein Strategie-Update für den chinesischen Markt. Im Mittelpunkt stehe dabei das Ziel, Technologiekompetenz zu stärken und die Kosten in dem stark wachsenden Markt zu senken. Der Konzern plant laut einer aktuellen Mitteilung, bis 2026 die Kostenparität zum lokalen Wettbewerb im Kompaktsegment zu erreichen und durch eine neu ausgerichtete Strategie sowie durch ein bereits gestartetes Effizienzprogramm den Absatz in China wieder anzukurbeln.

Zuletzt waren die Verkäufe des Konzerns in China innerhalb kurzer Zeit stark eingebrochen: Von 4,3 Millionen im Jahr 2019 auf nur noch 3,2 Millionen Fahrzeuge im Jahr 2022. 2023 zog VWs China-Geschäft wieder leicht an und lag bei insgesamt rund 3,24 Millionen Fahrzeugen, ein Anstieg von etwa 1,6 Prozent. Darauf wollen die Wolfsburger nun aufbauen, um spätestens gegen Ende des Jahrzehnts zumindest annähernd wieder auf Zahlen der Vor-Corona-Zeit zu kommen. Was angesichts der seitdem massiv erstarkten Konkurrenz aus China kein Kinderspiel werden dürfte.

Um in China wieder erfolgreicher zu werden, schärfte VW nun das Bekenntnis zu seiner Strategie „in China, für China“, und stellte Maßnahmen vor, um den Ansprüchen der chinesischen Kunden besser zu entsprechen, Modellentwicklungen und Markteinführungen zu beschleunigen sowie die Kosten erheblich zu senken. Zudem sollen durch mehr eigene Entwicklungskapazitäten sowie starke, lokale Partnerschaften die Innovationskraft des Marktes besser genutzt und die lokale Wertschöpfung gesteigert werden. So will der Konzern auf dem chinesischen Markt seine Position als Nummer 1 der internationalen Autohersteller weiter stärken.

Bis 2030 hat sich Volkswagen ehrgeizige Ziele gesetzt: Rund 4 Millionen verkaufte Fahrzeuge, was einem Marktanteil von etwa 15 Prozent entsprechen würde. Jedes zweite verkaufte Fahrzeug soll bis 2030 einen elektrischen Antrieb haben. Das anteilige operative Ergebnis soll auf rund 3 Milliarden Euro steigen, inklusive des vollkonsolidierten Anhui Joint Ventures.

„Jedes dritte unserer Fahrzeuge weltweit verkaufen wir in China“

In den vergangenen 40 Jahren haben wir ein robustes und sehr erfolgreiches Geschäft in China aufgebaut. China ist ein sehr wichtiger Markt für uns und das wird er auch bleiben. Rund 50 Millionen unserer Fahrzeuge sind auf chinesischen Straßen unterwegs, jedes dritte unserer Fahrzeuge weltweit verkaufen wir in China. Wir sind deshalb stolz darauf, China als unseren zweiten Heimatmarkt zu bezeichnen“, sagte Oliver Blume, CEO der Volkswagen Group auf dem Capital Markets Day in Peking.

Mit seiner Strategie will Volkswagen bis 2026 gegenüber dem lokalen Wettbewerb Kostenparität bei Einstiegsmodellen der Kompaktklasse erreichen. Dieses Segment soll in Zukunft mehr als 50 Prozent des Gesamtmarktes ausmachen.

Um dies zu erreichen, werde der Konzern über seine Marke Volkswagen und auf Basis seiner China Main Platform (CMP) sein vollelektrisches Portfolio in die Kompaktklasse erweitern – einen Ausblick darauf gab es bereits in Form des ID.Code. Die CMP zielt darauf ab, die Kosten bis 2026 um 40 Prozent zu senken, insbesondere durch die in Zusammenarbeit mit dem chinesischen Hersteller Xpeng entwickelte Elektrik/Elektronik (E/E) Architektur sowie wettbewerbsfähige Batterietechnologie. Darüber hinaus soll durch den Einsatz der „China Electrical Architecture“ (CEA) eine weitere Standardisierung der digitalen Architektur und damit eine höhere Kosteneffizienz erreicht werden. Mit der Implementierung der neuen CEA könne die Marke Volkswagen ihr Entwicklungstempo erheblich beschleunigen.

Von Hefei aus für den chinesischen Markt

Dank der neuen lokalen Struktur mit der Volkswagen Group China Technology Company (VCTC), dem konzerneigenen Forschungs- und Entwicklungszentrum in der Millionenmetropole Hefei, könne der Konzern die Markteinführungszeit neuer, lokaler Produkte um 30 Prozent verkürzen. Mit der VCTC bündelt Volkswagen in Hefei alle Entwicklungseinheiten und Entscheidungsprozesse der für den chinesischen Markt bestimmten Fahrzeuge in China. Das soll die Schnittstellen zwischen verschiedenen Bereichen verringern und so die Effizienz erhöhen. Abstimmungen erfolgen zudem in derselben Zeitzone und mit dem alleinigen Fokus auf den lokalen Markt.

Außerdem führt die Tech Company schon zu Beginn des Entwicklungsprozesses Fahrzeug- und Komponentenentwicklung sowie Beschaffung zusammen. Simultane Arbeit spare zusätzlich Zeit und ermögliche eine optimierte Kostenstruktur. Darüber hinaus könne die VCTC die Kostenwettbewerbsfähigkeit durch die Fokussierung lokaler Lösungen auf Fahrzeug-, Plattform-, Modul- und Systemebene maximieren. Dazu gehören „Module von der Stange“, die von lokalen Zulieferern hergestellt werden, wo dies sinnvoll ist, und die Nutzung globaler Technologie des Volkswagen Konzerns, wo dies wünschenswert ist.

Stärkung der Wettbewerbsposition durch lokale Partnerschaften und Innovation

Der Konzern unternimmt also viele gezielte Schritte, um die Effizienz zu steigern und die Grundlage für künftiges Wachstum in China zu schaffen, insbesondere durch die Stärkung seines Technologie- und Softwareportfolios und die Fokussierung auf seine lokalen Entwicklungskapazitäten sowie seine Partnerschaften mit lokalen Technologieunternehmen und Herstellern wie Horizon Robotics, Thundersoft und Xpeng.

So treibt Volkswagen durch die gemeinsam von VCTC und Cariad China mit dem chinesischen Elektroautohersteller Xpeng entwickelte China Electrical Architecture (CEA) die Digitalisierung des Modellportfolios weiter voran. Ziel ist es, die Technologie und digitalen Dienste ganz auf die Markttrends hin auszurichten und so schneller und gezielt den Wünschen der chinesischen Kunden zu entsprechen. Damit werde der softwareorientierte Ansatz gestärkt und die Entwicklung moderner Funktionen gefördert, z. B. automatisiertes Fahren und Konnektivitätsfunktionen der nächsten Generation.

China gilt als Innovationstreiber für autonomes Fahren, und es wird erwartet, dass Level 3 und höheres autonomes Fahren bis 2030 eine Durchdringungsrate von 56 Prozent erreichen werden. „Der Volkswagen Konzern setzt in der Region auf einen „in China für China“-Ansatz. Das heißt: mehr lokale Entwicklung, neue Tech-Partnerschaften und mehr Umsetzungsgeschwindigkeit. Gleichzeitig beschleunigen wir unsere Elektroauto-Offensive mit zusätzlichen Produkten für neue Segmente. So nutzen wir die Chancen im schnell wachsenden E-Markt“, sagte Ralf Brandstätter, Konzernvorstandsmitglied für die Region China und CEO der Volkswagen Group China.

Verbrenner zur Finanzierung der technologischen Transformation

Die 40-jährige Marktpräsenz von Volkswagen in China biete eine starke Grundlage für künftiges Wachstum, wie der Konzern in seiner Mitteilung schreibt, da eine große Sichtbarkeit und Akzeptanz des Unternehmens auf dem Markt zu einem hohen Vertrauen der Kunden vor Ort führten.

Das Unternehmen plant, neben Elektroautos weiterhin auch Plug-in-Hybride und Verbrenner anzubieten. In den kommenden drei Jahren wollen der Konzern und seine Marken in China 40 neue Modelle auf den Markt bringen, von denen die Hälfte elektrifiziert sein werde. Dazu gehören mindestens acht der geplanten China-spezifischen Elektroauto-Modelle aus Partnerschaften mit Xpeng und SAIC sowie Fahrzeuge der Marke Volkswagen auf der neuen China Main Platform. Bis 2030 sollen konzernweit mehr als 30 Elektroauto-Modelle auf den Markt kommen.

Ziel ist es, unter den internationalen Herstellern führend zu bleiben und das Unternehmen unter den Top 3 der Fahrzeughersteller auf dem chinesischen Markt zu positionieren. Diese Ambition stehe im Einklang mit dem erwarteten Wachstum des chinesischen Marktes, der durch mehrere Schlüsseltrends gekennzeichnet ist, die in den kommenden Jahren neue Gewinnquellen in der Automobilindustrie erschließen könnten.

Bis 2030 soll der Pkw-Gesamtmarkt in China auf über 28 Millionen Fahrzeuge pro Jahr anwachsen – rund sechs bis sieben Millionen mehr als gegenwärtig. Darüber hinaus wird erwartet, dass der Absatz von New Energy Vehicles (NEV, Fahrzeuge mit alternativen Antrieben) bis zum Ende des Jahrzehnts einen Anteil von etwa 75 Prozent erreicht – fast das Dreifache des Anteils im Jahr 2023.

Von diesem Marktpotenzial will der Volkswagen Konzern durch einen Mix aus Verbrenner-Fahrzeugen und einem stetig wachsenden NEV-Portfolio profitieren. Zudem könne er über seine margenstarke Verbrenner-Flotte, die schrittweise hybridisiert wird, die Investitionen in den nächsten Technologiesprung hin zu intelligenten, vernetzten Fahrzeugen (ICV) finanzieren.

Quelle: Volkswagen – Pressemitteilung vom 24.04.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Steven B.:

[Edit: Kommentar gelöscht, bitte unsere Netiquette beachten, danke / Die Redaktion]

Daniel W.:

Das war dann hier auf elektroauto-news.net wohl die „Grabrede“ auf VW – vermutlich wird VW in einigen Jahren ganz in chinesischer Hand sein.

Und Europa bekommt die E-Autos „Made in China“ auf Wunsch mit VW-Logo – so wie bei den bekannten alten Marken der Unterhaltungselektronik.

Sledge:

Was für ein, sorry für den Ausdruck, „idiotischer“ Vorschlag. VW generiert ca. 40% seines Umsatzes und ca. 50% seines Gewinns in China.
Das China Geschäft zu veräußern käme einer Selbstverstümmelung gleich. Sich aus dem größten Automobilmarkt der Welt zurückzuziehen ist gleichbedeutend mit einer technologischen Kapitulation vor den aufstrebenden chinesischen Herstellern. Vielleicht kommt es ja eines Tages gezwungenermaßen so weit, aber eine freiwillige Handlungsoption ist das nicht.

Jakob Sperling:

Aus strategischer Sicht würde ich versuchen, das ganze China-Geschäft zu einem guten Preis zu verkaufen, solange man es noch verkaufen kann.

Wenn man sowieso in China für China, in den USA für die USA und in Europa für Europa produziert, dann kann man auch auf einen Teil verzichten.

Frank2:

Die paar Jugendlichen gab und gibt es auch in Deutschland.

Vor ca. 45 Jahren war ich auch einer davon – Mercedes was ein Graus – das klassische Metzgerauto.

Siehe da heute gibt es Mercedes immer noch – und man glaubt es kaum, auch in meiner Garage steht einer :-)

China versorgt seine eigene Bevölkerung mit Autos die dort designed und entworfen werden – für den Geschmack der jeweiligen Zielgruppe.
Aber wir sind nun mal alle Individualisten und wollen uns von anderen abheben – deswegen wird es immer eine Vielzahl von Herstellern geben.

Ob VW, Mercedes und Co dort die Kurve kratzt bleibt abzuwarten.
Die Chancen dafür stehen meiner Meinung nach bei weitem nicht so schlecht wie hier von dir oder Sledge immer angeführt wird.

Was spricht z.B. dagegen dass VW oder Mercedes in Zukunft Autos in China designed und herstellt?

Und mal angenommen VW beisst ins Gras – wie von Euch schon so oft prophezeit – ist das dann der Weltuntergang?
Ist das dann nicht ein ganz natürlicher Prozess der in der Industrie täglich stattfindet wenn man am Markt vorbei entwickelt und produziert?

Peter Bigge von Berlin:

Der lustigste Kommentar dazu kam von der Peking-Messe selber, als paar Jugendliche gefragt wurden, ob sie sich vorstellen könnten noch ein deutsches Auto zu kaufen.
Klare Antwort: Niemals, die wurden von der alten Generation gefahren.
Tja Jungs und Mädels, da solltet ihr euch mal echt Gedanken machen, warum junge Chinesen nichts mehr mit der gruseligen Santana-Generation zu tun haben wollen.
Allein wenn ich mir nur den Xiaomi ansehe kommt mir ein ID wie Kompressionssocken in Hansaplast-Rosa vor.
China baut viel Nationalstolz auf und wird zukünftig eigene Autos bevorzugen, die vielfach echt toll daherkommen, zudem viel weniger kosten und immer mehr Features bieten.

Sledge:

Hört sich also nach keinem so tollen Plan an, den VW da gerade präsentiert hat.

Martin:

Hybride sind in vielen Städten in China schon genauso verboten wie Verbrenner, im ländlichen Bereich sind jedoch Ladestation an jeder Ecke, bzw. im richtig großen Maßstab geplant und wer schon mal in China war weiß wie schnell dort agiert wird.

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