VDA zur Umweltbonus-Kürzung: „Weg in klimaneutrale Mobilität politisch ausgebremst“

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Die Bundesregierung hat sich darauf geeinigt, die Förderung für E-Autos stark zu kürzen, für Plug-in-Hybrid-Modelle ganz abzuschaffen und insgesamt ab dem 01.09.2023 auf private Autokäufer zu beschränken. Nun äußerte sich der Verband der Automobilindustrie (VDA) hierzu ausführlich. „Diese Einigung ist für die Verbraucherinnen und Verbraucher mehr als enttäuschend. In Zeiten steigender Kosten und Belastungen ist die Entscheidung, die Förderung einseitig und umfassend zu kürzen, nicht nachvollziehbar. Die Verbraucherinnen und Verbraucher werden im Stich gelassen und der Hochlauf der E-Mobilität ausgebremst“, erklärt VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Im vergangenen Jahr gaben 63 Prozent der Befragten in einer Allensbach Umfrage an, dass sie Kosten für die Anschaffung eines E-Autos als zu hoch empfinden. Die Prämie war hier ein wichtiges Instrument, um entsprechend gegen zu wirken und mehr Menschen den Weg in die E-Mobilität zu erleichtern. „Klimapolitische Investitionen zahlen sich langfristig immer aus, der Rotstift ist an dieser Stelle kontraproduktiv und nicht nachhaltig“, so Müller.

Die Förderung langfristig abzubauen sei zwar richtig, der Zeitpunkt jetzt allerdings sei der falsche: „Das Elektroauto wird schrittweise und durch den zunehmenden Umbau von Werken zum Massenprodukt. Dazu werden dann weitere Technologiesprünge und Skaleneffekte kommen, so dass die Kosten für ein Elektroauto sicher weiter sinken werden – sie werden dann sogar niedriger sein können als beim Verbrenner – damit können dann natürlich auch die Fördermaßnahmen entfallen“, betont Müller.

„Diese Entscheidung bremst die Transformation zur E-Mobilität aus“

Für den Moment gelte allerdings: „Gerade mit Blick auf die geplante Verschärfung der EU-Flottengrenzwerte hätte es ein kraftvolleres Signal im Markt gebraucht. Diese Entscheidung bremst die Transformation zur E-Mobilität aus. Die Chance, ein bisher erfolgreiches Modell fortzuführen, wurde bewusst verspielt“, erklärt Müller.

Ebenso wenig nachvollziehbar ist es, dass die Prämie ab dem 01.09.2023 nur noch an private Autokäufer ausgezahlt wird. Fakt ist: Ein Umstieg auf die E-Mobilität wird in allen Flotten gebraucht“, sagt Müller. Es seien gerade die Dienstwagen und andere gewerbliche genutzte Pkw, die anschließend zu günstigeren Preisen auf dem Gebrauchtwagenmarkt kommen und somit für eine insgesamt klimafreundlichere Flotte sorgen. Für die mittelständische Wirtschaft und Logistikunternehmen sei die neue Regelung eine schwere Belastung: „Handwerkfahrzeuge z.B. auszuschließen, ist mit Blick auf den wachsenden Bedarf gerade in diesem Bereich ebenso eine falsche Entscheidung“, so Müller.

Statistiken belegen Erfolg und Notwendigkeit der Prämie

Die Statistiken belegen den bisherigen Erfolg der Prämie: In den ersten sechs Monaten dieses Jahres gab es gut 271.000 Anträge auf den Umweltbonus. Der gewerbliche Anteil bei den Anträgen lag bei mehr als 50 Prozent. Insbesondere hier spielt die Förderung also eine bedeutende Rolle und trägt zur Elektrifizierung des Pkw-Bestands bei.

Die Zahlen belegen zudem, dass Plug-In-Hybride (PHEV) am Hochlauf der Elektromobilität einen großen Anteil haben: Im Juni dieses Jahres lag der Anteil von E-Pkw an den gesamten Neuzulassungen bei mehr als 26 Prozent. Dabei machten PHEV 45 Prozent an den E-Pkw-Neuzulassungen aus.

Müller betont, dass der Plug-In-Hybrid für viele Menschen der ideale Einstieg in die E-Mobilität sei, insbesondere in Regionen mit noch unzureichender Ladeinfrastruktur. „Mit der Abschaffung der Prämie für Plug-in-Hybride lässt die Politik gerade die Menschen im Stich, die längere Wegstrecken zurücklegen müssen. Die Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen den Preis, für den hinter den Erwartungen liegenden Ausbau der Ladeinfrastruktur. Zur Erinnerung: Es braucht eine Versechsfachung der derzeitigen Geschwindigkeit beim Ladesäulen-Ausbau, um das Ziel des Koalitionsvertrages von einer Millionen Ladepunkte bis 2030 zu erreichen.“

Deckelung und Auszahlungszeitpunkt machen Prämienerhalt zum Glücksspiel

Die neuen Förderregeln sehen neben einer Deckelung des Fördervolumens auch das Absenken der Förderschwelle im kommenden Jahr vor. Zudem soll die Auszahlung der Prämien weiterhin an das Datum der Zulassung des Fahrzeugs gebunden sein, nicht an das Datum der Bestellung.

Durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine sind Lieferketten sowie die Beschaffung notwendiger Rohstoffe weiterhin massiv gestört, so dass Verzögerungen bei der Auslieferung von E-Autos zunächst nicht auszuschließen sind. Dafür sollte nicht der Verbraucher bestraft werden“, sagt Müller.

Durch die zusätzliche Deckelung der Förderung und den unklaren Vergabezeitpunkt wisse nun kein Interessent mehr, ob er letztlich wirklich die Förderung bekommen wird. „Die Anschaffung eines E-Autos droht zum Glücksspiel für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu werden. Statt die Menschen zum Umstieg auf die E-Mobilität zu motivieren, verunsichern die neuen Förderregelungen und schrecken gar vom Kauf ab. Bei einer so hohen Investition brauchen die Menschen maximale Planungssicherheit und keine Willkür. So wird der Weg in die klimaneutrale Mobilität politisch ausgebremst“, betont Müller.

Die Autohersteller haben immer wieder klare Bereitschaft signalisiert, den Auszahlungszeitpunkt an das Kaufdatum zu koppeln: „Dieser wichtige Vertrauensschutz scheitert am Staat“, so Müller.

Quelle: VDA – Pressemitteilung vom 27.07.2022

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Norbert Seebach:

Was für eine zynische Argumentation: Wenn jemand in D den Hochlauf der E-Mobilität ausgebremst hat, dann ja wohl die Automobilindustrie selber – bspw durch das bornierte Festhalten am (mehr Marge versprechenden) Verbrennungsmotor und propagandistisch verklärt als „Technologieoffenheit“! Eine Branche, die jahrzehntelang die Öffentlichkeit wider besseren Wissens belogen und betrogen hat, versucht nach wie vor, uns von vermeintlichen Vorteilen von Wasserstoff und E-Fuels zu überzeugen, die sich aufgrund ihrer grottenschlechten Energiebilanz im Pkw-Bereich für jeden halbwegs informierten Menschen klar disqualifiziert haben. Bsp.: Die Gesamtenergiemenge, die für ca.6Liter E-Fuels (also für ca.100km Reichweite) aufgewendet werden muss, würde in einem rein batterie-elektrischen Kfz für ca. 800-1000km ausreichen. Ein weiterer interessanter Fakt ist, dass die gesamte für D geplante Produktionskapazität von E-FUELS Schätzungen zufolge für gerade mal 1% der Fahrzeugflotte ausreichen würde. Für Bereiche, die sich (noch) nicht elektrifizierten lassen wie (Langstrecken)-Flüge oder Schiffsverkehr bliebe NULL über! Die staatliche Förderung (an die sich die Hersteller gerade so schön gewöhnt hatten) für Plugin -Mogelpackungen auslaufen zu lassen, war mMn absolut überfällig! Auch das Abschmelzen der Förderung für BEV ist für mich nachvollziehbar. Der Anschub im Bereich der E-Fahrzeuge ist gemacht und es kann getrost davon ausgegangen werden, dass die Zuwachsraten bei E-Fahrzeugen – gepusht durch verlässlich steigende Spritpreise – sich weiter positiv entwickeln werden. Als weiteres Steuerungsinstrument käme für mich allenfalls in Betracht, Verbrenner weiter gezielt zu verteuern. Eine weitere „Dauersubvention“ der Fahrzeughersteller wäre aus meiner Sicht nicht nur wettbewerbsrechtlich problematisch, sondern sogar kontraproduktiv, weil die Hersteller kaum noch Anreize hätten, preiswerte E-Fahrzeuge für breite Bevölkerungsgruppen anzubieten.

Ltom:

Natürlich kann man den Markt durch Verbrennersteuer entsprechend regulieren. Ich wohne im schönen Mecklenburg Vorpommern, ein Flächenland mit langen Arbeitswegen und geringen Gehältern, wo Arbeitskräfte in Urlaubszentren keinen bezahlbaren Wohnraum finden und dadurch gezwungen sind etliche km zum Arbeitsplatz zu fahren. Ein Neuwagenpreis für BEV bzw. dann auch Verbrenner realistisch ab 35.000,-€ aufwärts und sehr hohen Kosten inkl. CO² Abgabe, Ökosteuer, EEG Umlage etc. für Strom, Benzin oder Diesel verhindern individuelle Mobilität. Gleiches gilt auch für kleine und Mittelständische Betriebe. Bei Kauf eines neuen Transporters als Verbrenner mussten 20.000 – 30.000 € investiert werden. Als BEV mehr als das Doppelte. Das ist unrealistisch. Stellen Sie sich vor, das ihr Heizungsmonteur ihre neue Wärmepumpe mit dem Lastenfahrrad transportiert….Alternativ müssen wieder die Verbraucherpreise erhöht werden. Aber das zahlen wir ja alle gerne!

Fabian Uecker:

Ich denke Daniel W. hat recht. Warum soll jeder für einen Umweltbonus zahlen wenn es auch die tun können welche unbedingt weiter einen neuen Verbrenner fahren wollen. Die Lieferzeiten sind ja aktuell so oder so lange ob bev oder Verbrenner. Deshalb gibt es ja gar kein Vorteil für den Verbrenner.

Daniel W.:

Wenn es weniger neue Verbrenner gäbe, dann wäre das gut fürs Klima und für die Resourcen. Notfalls laufen die alten Verbrenner ein paar Jährchen länger bevor es ins Ausland oder in die Schrottpresse geht – wo ist das Problem?

Markentreue wozu? – mein Vater hat mit NSU Prinz (2 Türen und 2-Zylinder-Motor) angefangen, dann Simca 1000 (4 Türen, 4-Zylinder und 40 PS), mit dem ich die ersten Jahre gefahren bin bevor ich mir den Toyota Tercel (5 Türen und 65 PS) gekauft habe, den ich nach gut 17 Jahren durch einen gebrauchten Ford Mondeo Turnier (Kombi, 5 Türen und 115 PS) ersetzt habe, den ich ebenfalls gut 17 Jahre lang gefahren bin.

brainDotExe:

Da unterschätzt du die Markentreue aber gewaltig.
Es muss schon mehr passieren, als ein Aufpreis damit die Marke gewechselt wird.

Den Käufern ist es relativ egal wie umweltfreundlich ein Auto ist.

Entgegen deinen Vorstellungen läuft die Planung und Entwicklung einer neuen Fahrzeuggeneration 5-7 Jahre. Da wird nicht mal „schnell eben“ was gemacht.

Daniel W.:

Bei einer Preisgleichheit zwischen E-Auto und Verbrenner (durch den Malus) wäre es für die Kunden preislich erstmal egal was sie kaufen.

Aber da die Käufer keine Umweltschweine sein wollen und bei Verbrauch und Wartung mit einem BEV sicherlich auch sparen wollen, dürften sie den Druck auf die Hersteller erhöhen, damit diese schneller und in größerer Zahl E-Autos auf den Markt bringen.

Man sollte nicht unterschätzen wie schnell Hersteller etwas ändern können, wenn das Eine (Verbrenner) zum Ladenhüter wird und das Andere (E-Autos) zum Gewinnbringer.

brainDotExe:

Hast du gelesen was ich geschrieben habe?
Es gibt weder genug Produktionskapazität noch haben alle Hersteller nahezu alle Modelle als BEV im Programm.

Man ist also teilweise gezwungen einen Verbrenner zu nehmen und diese Leute willst du dann mit einer Strafzahlung belasten?
Na dann, gute Nacht…

Man kann nochmal darüber reden wenn ein großes Modell- und Markenangebot existiert und auch in ausreichender Menge gebaut werden kann. Also gegen Mitte bis Ende des Jahrzehnts vielleicht.

Daniel W.:

… aber denke das doch mal zu Ende.

Zu Ende gedacht – jetzt sorgt Steuergeld für annähernd gleiche Preise von E-Autos und Verbrenner, im Malus-Fall sorgt eine Strafzahlung für annähernd gleiche Preise von E-Autos und Verbrenner, also in beiden Fällen gibt es annähernd gleiche Preise, nur beim Bonus zahlen alle Steuerzahler für wenige E-Autokäufer dagegen beim Malus nur die Umweltsünder – gut aufgepasst und verstanden?

brainDotExe:

Sowas ist immer leichter gesagt als getan, aber denke das doch mal zu Ende.

In Deutschland werden ca. 3 Mio. Neuwagen jährlich zugelassen.
Zum einen haben die Hersteller noch nicht solch eine hohe Produktionskapazität für BEVs, zum anderen haben bei weitem noch nicht alle Marken ihr komplettes Portfolio als BEV im Programm.

Man ist also zum Beispiel alleine aus Gründen der Produktionskapazität oder Markenwahl an einen Verbrenner gebunden.

Daniel W.:

Umweltsünder bestrafen“ sollte das Motto bei den politischen Entscheidungen sein, dann muss man nicht zig Milliarden Steuergeld für umweltfreundliches Verhalten ausgeben. Wer bei grün über die Ampel fährt bekommt ja auch keinen Bonus, sondern diejenigen, die bei rot über die Ampel fahren, werden bestraft.

Also Bonus weg und Malus her, sprich Verbrennersteuer von z.B. 25% beim Kauf eines Fahrzeuges mit Verbrennungsmotor, dann wären die E-Autos in etwa gleich teuer wie die Verbrenner. Klimaschutz könnte so einfach umgesetzt werden und sehr viel Geld in die Staatskasse bringen von den Auspuff-Gläubigen.

Der VDA könnte auch zufrieden sein, wenn der Bonus ganz gestrichen wird und stattdessen der Malus (Verbrennersteuer) kommt, denn Autos werden ja weiterhin gebaut und verkauft, dann aber überwiegend als BEV und diese erzeugen auch Umsatz und Gewinne für Hersteller und Zulieferer sowie Dividenden für Aktionäre

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