V2G-fähige Elektroautos speichern überschüssige Windenergie und sparen CO2

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Nissan

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Der Übertragungsnetzbetreiber TenneT, der Elektroautohersteller Nissan und das Technologieunternehmen The Mobility House haben ein bedeutendes Vehicle-to-Grid (V2G) Pilotprojekt zur Einsparung erneuerbarer Energien in Deutschland beendet. Im Rahmen eines vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten SINTEG-Schaufensterprojekts wurde das Potenzial von Elektroauto-Batterien untersucht: lokal produzierten Strom zu speichern und wieder einzuspeisen, um das Stromnetz zu stabilisieren und gleichzeitig die Nutzung erneuerbarer Energien zu steigern und CO2 einzusparen.

Das Projekt bietet einen bedeutenden Lösungsansatz für eine immer häufiger auftretende zentrale Herausforderung im Energiemarkt: Wegen der dezentralen Einspeisung erneuerbarer Energien, deren Anteil in 2019 bereits 46 Prozent betrug, kommt es häufig zu Transportengpässen im Stromnetz. Um diesen vorzubeugen, muss TenneT überschüssige erneuerbare Energie im Norden Deutschlands abregeln und zeitgleich im Süden die konventionelle Stromerzeugung hochfahren – eine teure Angelegenheit, vor allem zu Spitzenlasten.

Damit dies verhindert werden kann, wurde der im Norden Deutschlands zur Verfügung stehende Windstrom von Elektroautos in der Region genutzt. Gleichzeitig wurde im Süden Strom aus vollgeladenen Batterien von Leaf-Elektroautos in das Stromnetz zurück gespeist, anstatt die fossile Erzeugung zu erhöhen. Die Mobilitäts- und Ladeanforderungen der Fahrzeugnutzer wurden dabei berücksichtigt. Somit konnte die Nutzung erneuerbarer Energien gesteigert und eine Abregelung der Windkraft im Norden mit hohen Kosten- oder wertvollen Energieverlusten vermieden werden.

Diese intelligenten Umverteilungsmaßnahmen wurden durch eine Software von The Mobility House, das intelligente Lade- und Energiemanagement ChargePilot gesteuert, welches sich nach Vorgaben von TenneT richtet.

„Das Pilotprojekt hat gezeigt, dass wir Elektromobilität in Zukunft nutzen können, um die stark vom Wetter abhängige erneuerbare Stromproduktion flexibel zu steuern. Das entlastet das Stromnetz und hilft uns, die teure Abregelung von Windanlagen zu begrenzen. Die kurzfristige Flexibilität, die die Elektromobilität uns so zur Verfügung stellt, kann den Netzausbau ergänzen und zu einem wichtigen Baustein der Energiewende werden.“ — Tim Meyerjürgens, TenneT-Geschäftsführer

Diese technologische Ausstattung kann dazu beitragen, die CO2-Bilanz des Energiesektors deutlich zu verbessern. In den Jahren 2017 und 2018 mussten jeweils mehr als fünf Terawattstunden an überschüssigem Windstrom abgeregelt werden. Jede Kilowattstunde Strom aus nicht abgeregelter Windkraft verhindert den Ausstoß von 737 Gramm CO2 aus fossilen Energieträgern wie Kohle. Elektroautos als Zwischenspeicher hätten somit 2017 und 2018 dazu beitragen können, bis zu acht Millionen Tonnen CO2 einzusparen.

Nissan arbeitet seit einigen Jahren mit The Mobility House an der intelligenten Einbindung von Elektrofahrzeugen in das Stromnetz. Francisco Carranza, Geschäftsführer Nissan Energy, Nissan Europe, sagt: „Nissan-Elektrofahrzeuge können an das Stromnetz angeschlossen werden und unterstützen die Übertragung und Verteilung von Strom. Sie können so dazu beitragen, das Stromnetz nachhaltiger und stabiler zu machen. Bei Nissan haben wir nach Möglichkeiten gesucht, Elektrofahrzeuge jenseits der herkömmlichen Mobilität zu nutzen und sie zu sauberen mobilen Energiezentren zu machen. Heute verändern unsere Elektrofahrzeuge nicht nur unsere Art zu fahren, sondern auch unsere Art zu leben.“

„Für uns ist das erfolgreiche Projekt erneuter Beweis dafür, dass E-Mobilität zusammen mit der Energiewende gedacht werden muss und ein integraler Bestandteil dieser ist. Wir sind unserer Vision einer CO2-freien Zukunft wieder einen Schritt nähergekommen und haben gezeigt, was technisch schon heute möglich ist.“ — Thomas Raffeiner, Gründer und CEO von The Mobility House

Damit die kleinteiligen und dezentralen Kapazitäten von Stromfahrzeugen von den Netzbetreibern effizient in die Netzbewirtschaftung mit aufgenommen werden können, ist ein intelligentes Lade- und Energiemanagementsystem wie ChargePilot von The Mobility House notwendig. Die Ladesteuerung der Redispatch-Maßnahmen erfolgte lokal und in Echtzeit – durch die Anbindung an die Technologieplattform von The Mobility House und eine Plattform von TenneT, welche kleinteilige Flexibilität regelt.

The Mobility House nutzte hierfür die Technologie, die auch schon bei einem Projekt der Renault-Nissan Alliance auf Porto Santo zum Einsatz kommt. Die Madeira-Insel hat sich zum Ziel gesetzt, dadurch die erste CO2-freie Insel der Welt zu werden. Das nun abgeschlossene Projekt mit TenneT und Nissan zeigt, dass Elektroautos zur Stabilisierung des Stromnetzes und somit elementar zur Energiewende beitragen können.

Die Elektroautos von Nissan sind mit dem CHAdeMO-Standard ausgestattet, der bereits einen bidirektionalen Energieaustausch ermöglicht. Aktuell arbeitet TenneT an einer europäischen Plattform mit weiteren Übertragungsnetzbetreibern. Diese erlaubt es kleinteilige, dezentrale Flexibilitäten wie Elektroautos im großen Stil in das Energiesystem zu integrieren. Parallel dazu stattet The Mobility House in Kooperation mit vielen führenden Automobilherstellern mehr und mehr Unternehmensflotten mit seinem Lade- und Energiemanagement ChargePilot aus. Sobald es regulatorisch möglich ist, profitieren diese von den Erlösen und können so ihre Flotten noch günstiger und CO2-freier betreiben.

Die Grundvoraussetzung für eine emissionsfreie Zukunft ist es deshalb, jetzt die politischen Rahmenbedingungen für eine intelligente und bidirektionale Einbindung von Elektromobilität in das Energienetz zu schaffen.

Quelle: The Mobility House — Pressemitteilung vom 02.03.2020

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Andreas E.:

Vehicle 2 Home würde schon helfen und wäre sehr einfach realisierbar, da es Mitsubishi mit dem Outlander in Japan schon kann. Es ist kein Problem der Technik sondern des wollens.

Michael Konstanzer:

V2G ist sehr wünschenswert aber es fehlt dazu an noch so vielem: Smart Grid, alle E-Autos müssen dazu bereit sein können, die Stromverteiler Stadtwerke brauchen Vorgaben und Software, es müssen dazu noch viel mehr E-Autos auf den Straßen und in Garagen stehen und vor allem dort geladen werden können, die Ladesäulen müssen V2G unterstützen, usw..

Andro Wegner:

Prinzipiell ein gutes Projekt. Angedacht wird das schon länger. Ist auch nicht das erste Pilotprojekt in Deutschland, soweit ich mich erinnere.

Leider fehlt mir hier in der Beschreibung, wie genau die Sache organisiert wird. Bei einem anderen Projekt, an das ich mich erinnere, gab es einen Park&RideParkplatz mit Lademöglichkeiten. Die Studienteilnehmer konnten festlegen, wann sie ihr Auto wieder brauchen.

Ähnliche Möglichkeiten bieten sich bei Unternehmen & Parkhäusern.

Für den privaten Gebrauch sollte man sich vielleicht bei den reinen Öko-Strom-Anbietern umschauen. Die sind oft weniger Gewinn-orientiert, unterstützen ihre Kunden oft beim Aufbau eigener Kapazitäten. Manche fungieren auch als regionale Bürgerstrom-Portale, wo man „nur“ Kunde sein, aber auch Mitglied werden, investieren oder Hilfe bei eigenen Anlagen, Batterien etc bekommen kann.

Gut an dem Artikel finde ich, dass endlich mal jemand auf die Menge an abgeregeltem Öko-Strom aufmerksam macht & kare Zahlen nennt. Das geschieht noch viel zu wenig!

5 TWh sind noch mehr als ich von früheren Berichten in Erinnerung habe. Es gibt zwar schon einige Projekte, um diesen Strom zu nutzen. Darunter ein Fernwärme-Projekt in Rostock, Elektrolyseure im Betrieb & im Bau, flexibilisierte Nutzung, Öko-Tankstellen, die Überschussstrom von Erneuerbaren für E-Autos speichern, in H2 umsetzen oder Methan für Gas-Autos herstellen. Dennoch ist die Menge abgeregelten Stroms offenbar gestiegen.

Dass daran auch die weiter betriebenen Kohlekraftwerke beteiligt sind, wird von Fachleuten immer wieder erwähnt, kommt aber in der Öffentlichkeit kaum an. Die Kohlekraftwerke sitzen meines Wissens an den voll ausgebauten Leitungen. Wenn die aus wirtschaftlichen Gründen durchfeuern, sind die Leitungen besetzt & die Erneuerbaren müssen häufiger abgeregelt werden. Eine Verbesserung der Lage hat sich in den letzten Jahren vor allem aus Kostengründen ergeben, zunächst dadurch, dass es zu negativen Exportpreisen gekommen ist. Daraufhin haben die Kohlekraftwerke einen Gang zurück geschaltet. Als schließlich die Verschmutzungsrechte verringert & verteuert wurden, ging es plötzlich 2 Gänge zurück! Unsere Stromnetze sind seither offensichtlich nicht zusammengebrochen.

Rainer:

Ich fahre seit etwa 5 Jahren ein E-Auto. Inzwischen das Dritte. Schon bei meinem letzten Auto bekam ich bei Anfragen von
bidirektionalem laden die Antwort, daß dies ein steuerliche Problem ist (Geldwerter Vorteil) , da man ja bei seinem Arbeitgeber ja vieleicht umsonst laden kann und dann zuhause seine Waschmaschine damit betreibt. Ich zahle bei meinem Arbeitgeber zur Zeit 35 Cent, also mehr als zuhause. Bekomme ich das dann gutgeschrieben? Solange unser Staat so kleinkariert denkt, hat das System keine Chance. Auch gibt es Hersteller die das
bidirektionalem laden können, aber nicht freischalten, sagte mein Händler, da damit auch noch ein Gewinnpotenzial steckt.
Schade

Andreas E.:

1+

Torsten:

Was genau hat denn Sono im „Programm“?
Abgesehen von bunten Bildern aus dem Marketing…

Dr. Marcus WInter:

Dieses alte Argument ist schon so oft widerlegt worden, dass die Autoren der auch oben zitierten „Schwedenstudie“ 2019 selbständig ihre Studienaussage korrigiert haben und nun ein anderes Bild von der Elektromobiliät zeichnen. Mehr muss man darüber eigentlich nicht mehr sagen.
lg
Dr. med. Marcus Winter
Beeskow

Dr. Marcus Winter:

Selbst, wenn das so wäre, Herr Dr. Hauptreif, die Alternative (konventionelle Stromerzeugung) wäre immer noch, unseren Kindern die Erde wegzunehmen, zu mindestens den schönen Teil, auf den es ankommt. Dass können auch sie nicht ernsthaft wollen. Für die Zukunft meiner 5 Kinder wäre ich jedenfalls bereit, notfalls meine Waschmaschine so zu programmieren, dass sie die Wäsche zu einer Spitzenzeit aufbereitet. Meine Maschine kann das schon und ich sehe da, ehrlich gesagt auch gar keine große Einschränkung meiner Lebensqualität.
Ich glaube aber in der Tat, dass sie das etwas zu pessimistisch sehen.
Das im Artikel geschilderte Konzept ist einer der Bausteine, die uns zur Verfügung stehen, um gerade das von Ihnen befürchtete Szenario, nämlich intermittierend nicht ausreichende Stromversorgung zu beseitigen. Hierzu stehen uns noch viele andere Bausteine zur Verfügung. Große stationäre Batterien (auch gerne mit den leichter verfügbaren Stoffen Natrium-Schwefel) oder effizient eingesetztes Power to gas sind nur 2 der möglichen weiteren Varianten. Keiner dieser Wege wurde bisher mit ausreichender Konsequenz verfolgt. Das ist auch kein Wunder, da unsere Bundesregierung alles tut, um das alte zu erhalten. Dies ist ja auch das kann versprechen einer konservativen Partei. Dafür heißt sie ja konservativ (conservare…). Wenn wir als Gesellschaft nun endlich beginnen würden, die Ärmel hochzukrempeln, brauchten sich die Bürger auch viel weniger Sorgen machen.
Und das wäre sehr begrüßenswert
Lieber Grüße
Dr. med. Marcus Winter
Beeskow

Markus Wolter:

@Wolf Alves: Manchmal werden Argumente nicht vorgebracht, weil sie nicht relevant sind. Viele E-Auto-Kritiker bemängeln, dass sich ein E-Auto auch in der CO2-Bilanz fast nie rechnen würde, da die möglichen 500.000 km bei weitem nicht erreicht würden. Da hätte man bei z.B. 200.000 km noch eine Menge Ladezyklen übrig.

Wolf Albes:

Das sehe ich genauso, doch leider wird dieses Argument der Ladezyklen nie vorgebracht. Das ist doch nur ein vergeblicher Versuch Nissans, Chademo zu retten. Nissan hat sich auf seinen Lorbeeren ausgeruht. Der völlig überteuerte und technisch veraltete Leaf2 ist insgesamt gesehen eine herbe Enttäuschung (ich fahre selbst einen und weiß, wovon ich spreche). Seitdem ich einen Kona fahre, weiß ich, wie gute E-Mobilität aussieht und habe gleich einen zweiten bestellt.

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