THG-Quoten-Krise: ADAC steigt aus Quotenvermarktung aus

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Ein Gastbeitrag von Marc Cousins

Der THG-Quotenmarkt erlebt turbulente Zeiten. Nachdem der ADAC, ein weiterer Branchenprimus, heute seine Kunden informiert hat, den THG-Bonus 2025 nicht mehr anzubieten, wird deutlich: Die Herausforderungen des Marktes haben auch etablierte Akteure erreicht. Doch für die zahlreichen E-Auto-Fahrer bedeutet dies nicht das Ende ihrer Möglichkeiten – andere Anbieter springen in die Bresche und bieten gezielte Lösungen für die THG-Prämie 2025 betroffener Kund:innen.

Der THG-Markt steckt in der Schieflage

Die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote), die E-Mobilisten jährlich einen finanziellen Bonus für die CO₂-Einsparung ihres E-Autos ermöglicht, stand in den letzten Monaten massiv unter Druck. Wie von Branchenkennern und Medien berichtet, haben politische Unsicherheiten und ein Überangebot an, unter anderem, gefälschten Zertifikaten dazu geführt, dass die Preise für die THG-Quoten rapide gefallen sind. Die Kritik an der Bundesregierung, vor allem am Bundesumweltministerium, wächst: Fehlende Anpassungen und unklare Rahmenbedingungen verschärfen die Marktprobleme.

Inzwischen hat zwar die Aufarbeitung des Betrugsvorwurfs begonnen – das Umweltbundesamt hat 45 Projekte unter Vorbehalt gestellt und möchte so viele gefälschte Zertifikate wie möglich zurückrufen. Jedoch wird dies nicht in allen Fällen möglich sein, da einige Projekte bereits abgeschlossen sind. Neue Anträge für das Programm werden nicht mehr angenommen.

Infolgedessen mussten diverse Unternehmen (u.a. GreenAir, Landwärme) Insolvenz anmelden, und namhafte Anbieter ziehen sich aus dem Markt zurück. Jüngstes Beispiel ist der ADAC, der heute bekannt gab, ab 2025 keine Vermittlung von THG-Quoten mehr anzubieten. Ein Schritt, der viele Kunden wahrscheinlich verunsichert zurücklässt. Denn bislang galt der ADAC als verlässlicher Partner für E-Auto-Besitzer, um die jährlichen Einsparungen unkompliziert und fair zu monetarisieren.

ADAC THG-Prämie 2025 entfällt

Beim ADAC konnte zwischen 2022 und 2024 die THG-Prämie beantragt werden. Mitglieder und Nicht-Mitglieder profitierten beim Automobilclub vom Instrument der THG-Quote. Zum Ende 2024 lief das Angebot jedoch aus.

Gut zu wissen:

  • Die THG-Prämie bzw. der THG-Bonus (wie ihn der ADAC nannte) ist eine finanzielle Vergütung für E-Fahrzeughalter zur Zertifizierung der eingesparten Treibhausgasemissionen (THG-Quoten).
  • Man kann von der THG-Prämie profitieren, indem man die durch das Elektroauto eingesparten Treibhausgasemissionen über einen zertifizierten Dienstleister (wie in der Vergangenheit beim ADAC) registrieren lässt.
  • Die Höhe der THG-Prämie des ADAC belief sich für das Quotenjahr 2024 zuletzt auf ca. 40 bis 50 Euro pro Auto, sowohl für Mitglieder als auch Nicht-Mitglieder des Automobilclubs.
  • Heute hat der ADAC seinen Kunden mitgeteilt: Einen ADAC THG-Bonus 2025 wird es nicht geben.

Warum ziehen sich Anbieter wie der ADAC aus dem Markt zurück?

Der ADAC wird entsprechend seiner eigenen Ankündigung keinen THG-Bonus 2025 mehr anbieten. Hintergrund ist ein laut einschlägigen Berichten nicht funktionierender THG-Quotenhandel. Marktverwerfungen und die Pleite des Handelspartners Landwärme ließen bei Marktteilnehmern Schäden von vielen Millionen Euro entstehen, die durch einen mutmaßlich spekulativen THG-Quotenhandel verursacht wurden.

Auch der ADAC arbeitete im Quotenhandel mit dem insolventen Unternehmen Landwärme zusammen. Typischerweise erwarb Landwärme bei Anbietern wie dem ADAC die Quoten zu einem vereinbarten Preis und veräußerte sie an Mineralölunternehmen weiter. Die Insolvenz von Landwärme führt nun vermutlich zu einem Zahlungsausfall, sodass Kunden von Landwärme deutlich geringere Einnahmen erzielen, aber gleichbleibende Verpflichtungen gegenüber ihren Kund:innen haben.

Der ADAC versicherte, dass Mitglieder und Kund:innenvon diesen finanziellen Einbußen nicht betroffen sind, da die THG-Prämien aus eigenen Mitteln ausgezahlt werden. Trotzdem stehen vermutlich den vorher verbindlich zugesagten hohen Auszahlungsbeträgen viel zu geringe Einnahmen entgegen, was einen Millionenschaden verursacht.

„Die Entwicklung des THG-Marktes sind eine Herausforderung und es Bedarf eines etablierten Netzwerks auf der Abnehmerseite um sicherzustellen, dass die THG-Prämie 2025 auch wie vereinbart ausgezahlt wird. Wir bei Carbonify sind fest davon überzeugt, dass E-Auto-Fahrer Stabilität und Planungssicherheit verdienen. Deswegen arbeiten wir mit verschiedenen Abnehmern zusammen, versichern als zusätzlichen Schutz unser Portfolio und gehen keine spekulativen Geschäfte ein“, erklärt Carbonify-Geschäftsführer Niklas Gawehn.

THG-Quote: Ein Markt zwischen Krise und Potenzial

Wie das Manager Magazin berichtet, dürften weitere Anbieter in Zukunft aus dem Markt ausscheiden. Ein Überangebot an Quoten bei gleichzeitigem Preisverfall hat dazu geführt, dass viele Vermittler ihre Geschäftsmodelle infrage stellen müssen. Experten der Initiative Klimaschutz fordern zudem eine überfällige politische Anpassung, um das THG-System langfristig stabil zu halten. Eine weitere Konsolidierung des Marktes erscheint als wahrscheinlich. Trotz des Rückzugs des ADAC können E-Auto-Besitzer auch 2025 weiterhin von der THG-Quote profitieren – dann eben nur mit einem anderen THG-Quotenvermittler.


Über den Autor: Marc Cousins, Leiter Marketing/Kommunikation Carbonify

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Hans:

Ich bin und bleibe bei carbonify. Da wird wenigstens transparent über alles berichtet!

Catrin:

Kein Wunder, wenn z.B. „Brown Grease“ aus China und ähnliche Projekte auf dem Markt zugelassen wurden.
Das das Betrug ist, das war doch schon meilenweit vorher zu erkennen, oder? In diesem Zusammenhang tun sich
einige Fragen auf: Wer lässt so etwas zu? Und warum? Was für ein System steckt da dahinter? Oder viel mehr – wer verdient da kräftig mit in Deutschland, bzw. in der EU?

Otto Gilnhammer:

Dieser Artikel hat nicht viel Neues gebracht, vor allem keine Informationen über die Angebotsbreite.
Das wäre mal einen Artikel wert.
Ich habe von Anfang an mit „smartificate“ gearbeitet. Gibt es ein Ranking der Anbieter?

Niko8888:

Wer schon lange ein eAuto fährt – statt immer nur „Angst“ vor irgendwas zu haben – hat die letzten Jahre allerdings schon einiges kassiert ;+)

Niko8888:

Für mich ist der Aufwand gleich null
50€ für 5 min sind kein schlechter Stundenlohn:-)

Schmidtchen:

Typischer Bürokratenirrsinn. Bei 370,- Euro pro angefangenem Jahr ließ ich mir diesen Blödsinn ja noch gefallen…

EV6_Fahrer:

Ich habe für mich beschlossen, das ich mir diese ca. 50 Euro THG für 2025 nicht holen werde, für 2024 hab ich sie mir nicht geholt. Für diesen kleinen Betrag, ist der ganze Aufwand viel zu groß! Man bedenke: für die 50 Euro, müssen bezahlt werden: Der Dienstleister (z.B. ADAC) das Umweltbundesamt zwecks Überprüfung ob das Auto nicht woanders es schon beantragt hat. Was für ein Aufwand. (kopfschüttel) . Ich verstehe nicht, warum das so lange dauert, die ausgestellten fake Zertifikate zurückzuziehen, dann müssen die die diese Zertifikate gekauft haben neue kaufen. Die Firmen die diese Zertifikate ausgestellt haben, dürfen keine mehr ausstellen = fertig. Strafe noch obendrauf, dann kümmern sich die Firmen auch darum , das die gekauften Zertifikaten sauber sind.
Besser noch, THG Quoten Handel nur möglich in der EU.alle Weltweiten Zertifikate sind verboten für den THG Quote, dann bleibt das Geld auch in der EU.

Daniel W.:

Gut, dass dieser Ablasshandel „den Bach runtergeht“, er nutzt dem Klimaschutz genauso wenig wie der Ablasshandel der katholischen Kirchen der Seelenrettung, beides war Geldmacherei ohne wirklichen Nutzen – außer für die Umweltverschmutzer von heute und den Pabst von damals.

Die 40 bis 50 Euro THG-Quote pro E-Auto und Jahr wären in etwa der Gegenwert einer halbe Einweg-Pfandflasche pro Tag.

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