Volkswagen-CEO: Software macht Autofahren „noch attraktiver“

Cover Image for Volkswagen-CEO: Software macht Autofahren „noch attraktiver“
Copyright ©

Gabriel Nica / Shutterstock.com

Laura Horst
Laura Horst
  —  Lesedauer 4 min

Cariad, die Softwaretochter von Volkswagen, galt lange Zeit als das Sorgenkind des Konzerns. Softwareprobleme führten unter anderem zu hohen Verlusten und verspäteten Markteinführungen. Im Interview mit der Automobilwoche haben VW-Chef Oliver Blume und Cariad-CEO Peter Bosch über die aktuelle Lage im Softwarebereich und die neue Strategie gesprochen, die auf die Kooperation mit externen Partnern setzt.

„In unseren Fahrzeugen steckt tolle Software. Und wir gewinnen damit Vergleichstests. Die Arbeit geht natürlich immer weiter und wir lassen in unseren Ambitionen nicht nach. Gleichzeitig sind wir stolz auf die Leistung aller Beteiligten“, sagt Blume zum aktuellen Stand in der Softwareentwicklung bei VW.

„Wer in der Zukunft der Mobilität eine Rolle spielen will, muss schon in der Entwicklung der Fahrzeuge von der Software her denken und nicht wie früher üblich von der Hardware her“, äußert der Volkswagen-Chef. Gegenwärtig investiert der Konzern etwa zwei Drittel seiner Ausgaben in Elektrifizierung und Digitalisierung. „Mit diesen Investitionen stellen wir das Unternehmen zukunftsfest auf“, sagt Blume.

Zur Bedeutung von Software für die Automobilwelt sagt Blume, dass sie das „Erlebnis des Autofahrens noch attraktiver macht. Ob Navigation, Assistenzsysteme, Infotainment. Software ist einmal entwickelt und wird dann vielfach eingesetzt“. Dabei profitiere Volkswagen von der „Kraft des Skalierens“ und nutze eine einzige Plattform als Basis, die aber eine klare Differenzierung im „Erleben jeder Marke“ ermögliche.

„Starke Partner“ wie Rivian und Xpeng

Der Autobauer habe mit Xpeng für den chinesischen Markt und Rivian für andere Weltregionen starke Partner gewonnen. Das Tochterunternehmen Cariad habe man neu ausgerichtet. Der Fokus liege bei der Softwareeinheit nun auf den automobilen Schlüsseltechnologien: autonomes Fahren, Infotainment, Cloud-Services, Datenverarbeitung und Backend-Lösungen.

„Wir liefern jetzt im Zeitplan und in Qualität. Inzwischen haben wir Software für über 14 Modellfamilien auf den Markt gebracht, die erfolgreich bei unseren Kunden ist“, kommentiert Bosch die Entwicklung von Cariad. Dabei seien die Entwicklungskosten gesenkt worden, während das Tempo erhöht werden konnte. Gemeinsam mit den Mitarbeitenden seien Prozesse und Organisation verschlankt und Cariad nach der „Logik eines Technologieunternehmens“ umgestaltet worden.

Aufbau „echter Entwicklungspartnerschaften“

„Wir lösen uns vom traditionellen Lieferantenmodell mit Lastenheft und schreiben den Code mit unserer internationalen Entwickler-Community zunehmend selbst“, sagt Bosch. Das Ziel von Cariad seien führende Automotive-Software-Produkte zu wettbewerbsfähigen Kosten. Dabei spiele die Zusammenarbeit mit Partnern eine immer größere Rolle, ergänzt Bosch.

Als Beispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit nennt VW-CEO Blume die Kooperation von Cariad mit dem Unternehmen Bosch. Die sogenannte Automated Driving Alliance beider Unternehmen arbeite zusammen an einer Softwareplattform für das assistierte und automatisierte Fahren. „Wir gehen also weg vom klassischen Hersteller-Lieferantenverhältnis hin zu echten Entwicklungspartnerschaften“, erklärt Blume.

Baukasten-System für softwarebasierte Technologien

Im Rahmen der Zusammenarbeit mit Bosch hat Cariad einen „Software-Baukasten“ für den Volkswagen-Konzern aufgestellt. Dieser Group Software Stack umfasst alle zentralen softwarebasierten Technologien. „Diesen neuen Weg stellen wir bei der IAA Mobility in München vor“, ergänzt Blume.

Der Software-Baukasten umfasst drei Architekturfamilien für alle Modelle des Konzerns, wie Bosch ausführt. „Dazu gehören die Global Architectures, die wir aktuell mit vielen kontinuierlichen Innovationen konzernweit ausrollen. Außerdem je eine zonale Architektur nach dem Software-Defined Vehicle Prinzip für die westliche Welt und eine für China“, ergänzt der Cariad-Chef.

Der Baukasten ist zudem in vier Stacks für die Schlüsseltechnologien unterteilt: Driver Stacks für Assistenzsysteme und Funktionen für das automatisierte Fahren, Experience Stacks für ein intelligentes Nutzererlebnis und zum Beispiel digitale Assistenten, Motion Stacks für Fahrwerk und Antriebe und Cloud Stacks für die Vernetzung der Autos.

VW entwickelt Funktionen, die Kern der Marken betreffen

„Wir entwickeln Funktionen selbst, die den Kern unserer Marken betreffen. Unsere Partner wiederum werden in der Kooperation mit uns zu Innovationsbeschleunigern, die uns schneller und besser machen“, erklärt Blume.

Als Beispiel nennt er die Motion Stacks, die als Teile des Software-Baukastens unter anderem für die Fahrdynamik zuständig sind. „Technische Differenzierung durch Eigenentwicklung streben wir unter anderem dort an, wo wir das Fahrerlebnis und den Charakter der Marken bestimmen“, ergänzt der Volkswagen-Chef.

Durch lokale Partner dichter an regionalen Markentrends

Die Zusammenarbeit mit weltweiten Partnern wiederum treibe nicht nur Technologien voran, sondern ermögliche es dem Konzern außerdem, Produkte auf die regionalen Bedürfnisse der Kunden zuzuschneiden und die vor Ort geltenden Rahmenbedingungen einzuhalten.

„Der Volkswagen-Konzern und Rivian ergänzen sich technologisch und kulturell hervorragend“, führt Blume aus. In Kooperation mit Xpeng ist ein Innovationszentrum im chinesischen Hefei entstanden, wo mittlerweile etwa 3000 lokale Entwickler tätig sind. Dadurch sei man dichter an den lokalen Markentrends und könne deutlich schneller, aber auch zunehmend eigenständig entwickeln.

Quelle: Automobilwoche – Oliver Blume und Cariad-Chef Bosch: „Der Volkswagen-Konzern setzt da Maßstäbe“

Worthy not set for this post

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Ähnliche Artikel

Cover Image for Roland Berger: China dominiert alle Schlüsselbereiche der Automobilindustrie

Roland Berger: China dominiert alle Schlüsselbereiche der Automobilindustrie

Michael Neißendorfer  —  

China übernimmt zunehmend die technologische Führung in der Autobranche und belegt damit die Spitzenposition unter 22 Automobilnationen.

Cover Image for Steigende Privatkäufe von E-Autos stabilisieren Pkw-Markt

Steigende Privatkäufe von E-Autos stabilisieren Pkw-Markt

Michael Neißendorfer  —  

Elektroautos und Plug-in-Hybride sind die Wachstumstreiber auf dem deutschen Pkw-Markt, während die Verkäufe von Verbrennern langsam zurückgehen.

Cover Image for Elli testet bidirektionales Laden zu Hause

Elli testet bidirektionales Laden zu Hause

Sebastian Henßler  —  

Elli startet ein Pilotprojekt für bidirektionales Laden: Wallbox, PV und E-Auto speichern Strom im Akku und geben ihn ins Haus zurück, mit Kostenvorteilen.

Cover Image for Volkswagen-CEO: Software macht Autofahren „noch attraktiver“

Volkswagen-CEO: Software macht Autofahren „noch attraktiver“

Laura Horst  —  

VW-CEO Oliver Blume und Cariad-Chef Peter Bosch erklären die neue Software-Strategie des Konzerns.

Cover Image for Ford sichert in Saarlouis Absicherung gegen Insolvenz zu

Ford sichert in Saarlouis Absicherung gegen Insolvenz zu

Laura Horst  —  

Ford sichert den Beschäftigten eine Absicherung gegen Insolvenz zu, gleichzeitig will das Unternehmen weitere Mitarbeiter zum freiwilligen Ausscheiden bewegen.

Cover Image for Hongqi EHS5: Chinesisches Familien-SUV will Europa erobern

Hongqi EHS5: Chinesisches Familien-SUV will Europa erobern

Vanessa Lisa Oelmann  —  

Auf der IAA 2025 feiert der Hongqi EHS5 Premiere. 85-kWh-Akku, 800-Volt-Technik, schnelles Laden in 20 Minuten und Fokus auf Luxus und Sicherheit.