Stellantis testet E-Fuels an aktuellen Motorenfamilien

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Michael Neißendorfer
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  —  Lesedauer 4 min

Während der Multimarken-Konzern Stellantis an Bekenntnis festhält, bis 2030 in Europa nur noch batterieelektrische Pkw zu verkaufen, testet das Unternehmen parallel auch die Verwendbarkeit von E-Fuels bei Fahrzeugen, die seit 2014 (Euro 6) in Europa hergestellt wurden, um Reduzierung der CO2-Emissionen auch in dieser Hinsicht zu unterstützen. 28 Motorfamilien werden einer aktuellen Mitteilung zufolge auf ihre E-Fuel-Tauglichkeit geprüft.

Auf seine eigenen Fahrzeuge übertragen teilt der Konzern mit, das die Lösung mit synthetischen Kraftstoffen auf bis zu 28 Millionen Stellantis-Fahrzeuge angewendet werden könnte. Sie soll das Potenzial haben, europaweit zwischen 2025 und 2050 bis zu 400 Millionen Tonnen CO2 einzusparen. Woher der ganze klimaneutrale Treibstoff für diese Fahrzeuge kommen soll, teilte Stellantis allerdings leider nicht mit. Wir erinnern uns: Bis 2035 sind derzeit weltweit etwa 60 neue E-Fuel-Projekte angekündigt, von denen nur etwa 1 Prozent mit einer finalen Investitionsentscheidung tatsächlich auch gesichert seien, wie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung vor kurzem mitteilte. Alle diese weltweiten Projekte zusammen entsprechen allerdings nur etwa zehn Prozent der unverzichtbaren E-Fuel-Bedarfe Deutschlands für den Flugverkehr, den Schiffsverkehr und den Chemiesektor. Pkw und Lkw sind hierbei noch nicht einmal berücksichtigt.

E-Fuels sind synthetische Ersatzkraftstoffe, die aus abgeschiedenem atmosphärischem CO2 und im besten Fall – nur dann sind sie tatsächlich auch klimaneutral – erneuerbaren Energien hergestellt werden. So könnten sie ein Teil des Instrumentariums zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen und zur Bekämpfung des Klimawandels werden. Angebot und Nachfrage allerdings dürften noch lange Zeit Lichtjahre auseinander liegen.

2841 Euro für einen Liter E-Fuel

Stellantis verweist dennoch darauf, dass eine flächendeckende Einführung von E-Fuels Kundinnen und Kunden mit Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren eine „ebenso einfache wie erschwingliche Option“ zur Dekarbonisierung ihrer Fahrzeuge bieten würde. Und das, ohne dass diese ihre Fahrzeuge ersetzen, das Kraftstoffsystem ihrer Motoren aufrüsten oder den Aufbau eines neuen Infrastrukturnetzes abwarten müssten. „Erschwinglich“ dürfte so manchem jedoch kaum mehr als ein müdes Lächeln herauskitzeln. Zur Einordnung der Kosten zitieren wir eine Passage aus einem Artikel der Kolleg:innen von Motor1: „Das einzige synthetische Benzin, das derzeit von Privatpersonen erworben werden kann und ab Ende 2023 ausgeliefert wird, ist das Benzin Zero Syn95, das in einer speziellen Sammleredition für 2841 Euro pro Liter und ab 2025 dann aber schon ab 56,80 Euro pro Liter erworben werden kann.“

Ganz unrecht hat andererseits aber auch Stellantis-CEO Carlos Tavarez nicht, wenn er sagt, dass „wir auch intelligente Alternativen finden müssen, um die CO2-Emissionen der 1,3 Milliarden auf der Straße befindlichen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren zu reduzieren“. Er sieht E-Fuels als „ergänzende Lösung zu unserem ganzheitlichen Dekarbonisierungsansatz. Indem wir daran arbeiten, sicherzustellen, dass unsere Stellantis-Motoren ‚eFuels-freundlich‘ sind, wollen wir unseren Kundinnen und Kunden ein weiteres Instrument im Kampf gegen die Erderwärmung an die Hand geben, das eine quasi unmittelbare Wirkung haben kann. Es handelt sich hierbei um eine der Maßnahmen, die wir im Einklang mit unserem Bekenntnis ergreifen, bis 2038 kohlenstoffneutral zu sein.“

Stellantis also testet und validiert 28 Motorenfamilien, die von 2014 bis 2029 sowohl als Benzin- als auch für Dieselmotoren gebaut werden beziehungsweise wurden. Das umfassende Validierungsprotokoll umfasse Tests zu Auspuffemissionen, Startfähigkeit, Motorleistung, Zuverlässigkeit, Haltbarkeit, Ölverdünnung, Kraftstofftank, Kraftstoffleitungen und Filter, um nur einige zu nennen.

Die Produktion von E-Fuels, so der Konzern, wäre eine Gelegenheit, die Energiesouveränität neu zu definieren, da die Landkarte der Energieversorgung auf der Grundlage der Verfügbarkeit von Wind- und Sonnengürteln und nicht auf der Grundlage der derzeitigen Standorte für die Förderung fossiler Brennstoffe neu definiert werden könnte.

Stellantis investiert laut eigener Aussage bis 2025 mehr als 30 Milliarden Euro in die Elektrifizierung und Software, um batteriebetriebene Elektrofahrzeuge zu entwickeln, die den Anforderungen der Kundinnen und Kunden entsprechen. Das Unternehmen untersuche zudem ergänzende Lösungen, um die Bemühungen zur Reduzierung der CO2-Emissionen voranzutreiben und seiner Verpflichtung nachzukommen, saubere, sichere und erschwingliche Mobilitätslösungen für die gesamte Gesellschaft anzubieten.

Der langfristige Strategieplan des Unternehmens Dare Forward 2030 sieht umfassende Emissionssenkungen vor. So sollen die CO2-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2021 halbiert und bis 2038 Netto-Null-CO2-Emission erreicht werden. Die verbleibenden Emissionen sollen im einstelligen Prozentbereich liegen und über CO2-Zertifikate kompensiert werden.

Quelle: Stellantis – Pressemitteilung vom 20.04.2023 / Motor1 – e-Fuels: Zaubertrank oder Zeitverschwendung?

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Philipp:

Es geht nicht darum ob neue Fahrzeuge mittels eFuels betrieben werden sollen, das ist natürlich komplett abzulehnen.

Es geht hier um den Bestand und die Qualifikjation der Bestandsfahrzeuge.

MMM:

Ein Großteil der KFZ geht ins Ausland und fährt dort weiter, die 20 Mio bleiben damit.

Die Zahlen sind bereits rückläufig. Beim Kauf eines Gebrauchtwagens für meine Freundin meinte der Händler auf meine Frage hin, ob der Ibiza Diesel dann nach Afrika gehen würde, dass es dafür in Afrika keine Interessenten gäbe. Also: die Verschrottung stünde an. Das erklärte dann auch den niedrigen Inzahlungnahmebetrag – für ein Auto, das zwar verbeult und nicht ganz rostfrei war, aber eigentlich problemlos fuhr.
Das wird sich in Zukunft noch verschärfen.

MMM:

Nein, selbst die Industrie (VW, Mercedes,…) drängt darauf, diese Diskussion aufzugeben und sich auf BEV zu fokussieren.
Die Umstellung läuft und ist deutlich vor 2035 möglich – aber das muss die Politik natürlich begleiten.

MMM:

Das heißt, dass für den Zeitpunkt 2045 wenn die EU klimaneutral sein will, werden wir noch 20-25 Mio Verbrenner in Deutschland auf den Straßen haben. Das ist ein Fakt!

Die Zahlen will ich nicht kommentieren, die können so kommen oder auch nicht, aber das Grundproblem ist so sicher zutreffend.
Es wird aber kein Fortschritt sein, die eFuels von links nach rechts zu schieben, weil das die Menge an eFuels nun mal nicht erhöht. Es wird nicht genug geben, um alles damit abzudecken, schon gar nicht zu vertretbaren Preisen. Das ist auch ein Fakt.
Daher werden wir – und das ist ja schon lange abzusehen – unsere Ziele bis 2045 verfehlen.
Der Grund dafür ist aber nicht, dass Autos bis zu 20 Jahre im Verkehr bleiben, sondern dass wir zu spät angefangen haben, sie umzustellen.
Und daran hat die komplette „sauberer Verbrenner“ Diskussion inklusive dem eFuel-Gelaber einen wesentlichen Anteil.

Vielleicht werden die „letzten Verbrenner“ aber auch nicht mehr so lange bleiben – nicht weil sie kaputt und verrostet sind, sondern weil der Dritthalter einfach keine 5 Euro für einen Liter eFuel ausgeben kann – und sich ein BEV vom Gebrauchtwagenmarkt dann einfach rechnen wird.
Exportieren wird man sie aber nicht können – in kaum einem anderen Land der Welt wird es eFuels geben, das ist eine fast ausschließlich deutsche Diskussion, anführt von „Kolben-Koch“ und ähnlichen Helden, die ihr Lebenswerk gefährdet sehen.
Wissing und Lindner. Die sollte man dabei natürlich nicht vergessen.

Smartino:

Bitte genau lesen:
„Wenn wir ab 2025 nur noch e-Autos kaufen“ (würden)
dann wäre das Problem gelöst, (weil dann ja niemand mehr Verbrenner kaufen würde.)
Der Ball liegt also bei UNS!

Daniel W.:

Die E-Fuel-Lobby findet immer Leute, die das Thema in die Medien tragen, aber es gibt auf Jahrzehnte hinaus nicht genug E-Fuels weltweit, um auch nur den Bedarf in Deutschland zu decken, deshalb sollte man „E-Fuels“ als Alternative im Straßenverkehr ganz einfach vergessen und sich auf batterie-elektrische Fahrzeuge konzentrieren.

Die Welt braucht E-Fuels vor allem in der Schiff- und Luftfahrt sowie in großen Menge auch in der Industrie, da bleibt für den Straßenverkehr gar nichts übrig, ausser man lässte die Flugzeuge weiterhin mit Kerosin fliegen und die großen Schiffe mit Schweröl fahren.

E-Fuels in Alt-Fahrzeugen“ ist eine Schein-Debatte, mit der Verbrenner am Leben erhalten werden sollen für Gutbetuchte, die weiterhin mit Krach und Abgasen ihre Mitbürger belästigen dürfen – und der Normalbürger wird als dummer Esel vor den Karren gespannt.

Philipp:

Gute Datei, allerdings ist das das Durchschnittsalter der zugelassenen KFZ, nicht das Durchschnittsalter bei Abmeldung/Verschrottung.

Wikipedia zu Fahrzeugrecycling: „In Deutschland wird ein Pkw nach durchschnittlich 18 Jahren verschrottet.“ Und das ist eine Zahl von 2014 von entsorgung.de.

Ein Großteil der KFZ geht ins Ausland und fährt dort weiter, die 20 Mio bleiben damit.

Philipp:

Es werden aber erst ab 2035 nur noch eAutos verkauft, sollte schneller gehen, aber weder die Produktionskapazitäten werden so schnell umgestellt noch die Infrastruktur bereitgestellt.
2025 ist einfach Illusion und Illusion ist kein guter Ratgeber.

Selbst wenn die 20 Jahre alt sind, es sind immer noch 20 Millionen, eher mehr.

Ben:

Ja stimmt und darum sind laut KBA die PKW in DE im Durschnitt 7-10 Jahre alt und der kleinste Anteil ist 20 und älter.
„Kein“ Mensch in DE will alte Autos fahren die teuere im Unterhalt sind, wie man im Bestand sieht und das wird fließend in die E-Mobilität über gehen,E-Fuels/E-Fools sind für Wochendfahrzeuge/-oldtimer und für Leute die sich Sprit für 2€/l(in 2050 laut E-Fuel Allianz)) leisten können und wollen.

https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Bestand/Fahrzeugalter/2021/2021_b_kurzbericht_fz_alter_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Philipp:

Anzahl Autos in Deutschland oder durchschnittliches Lebensalter bei Verschrottung sind nun wirklich schnell gefunden mittels Google. Oder muss ich das Jahr 2045 noch erklären?
Welche Quellenangabe ist denn gewünscht?

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