Scheuer stellt Förderung und Steuer-Vorteile für Plug-in-Hybride auf den Prüfstand

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Michael Neißendorfer
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Verkehrsminister Andreas Scheuer will einem Medienbericht zufolge die Förderung sowie Steuer-Vorteile für die umstrittenen Plug-in-Hybride überarbeiten. Bis zu 6750 Euro erhält, wer sich einen Plug-in-Hybriden kauft, zudem profitieren dienstlich genutzte Teilzeitstromer von einer deutlich niedrigeren Dienstwagenbesteuerung. Zwar sind Autos im Pendlereinsatz im Schnitt nur 40 Kilometer am Tag unterwegs und gängige Plug-In-Hybride, die laut WLTP-Norm auf Benzinverbräuche von um die zwei Liter kommen, könnten dies auch überwiegend rein elektrisch zurücklegen. Mehreren Studien zufolge allerdings ist der Anteil an rein elektrisch gefahrenen Kilometern sehr gering, bei gut 40 Prozent bei Privat-Pkw und bei weniger als einem Fünftel der insgesamt gefahrenen Strecken bei Dienstwagen. Vor allem deshalb, da die Batterien der Teilzeitstromer nicht regelmäßig geladen werden.

Förderung und steuerliche Begünstigung müssen so ausgestaltet werden, dass das Ladekabel nicht nur eine symbolische Beigabe für das eigene Gewissen ist, sondern das Maximum aus der Technologie herausholt“, begründet Scheuer das Vorhaben, Förderung und Besteuerung von Plug-in-Hybriden zu überdenken. Welche Änderungen vorgesehen sind und ab wann sie greifen sollen, ließ der Verkehrsminister allerdings offen. Einige Handlungsempfehlungen liegen Scheuer jedoch bereits vor.

Denn schon vor gut drei Monaten wurde ein Gremium der „Nationalen Plattform zur Zukunft der Mobilität“ (NPM) damit beauftragt, die Förderung von Plug-in-Hybriden genauer zu untersuchen. Nun gab das Gremium seine Empfehlungen bekannt. Entlang der Themen Fahrzeugtechnik, Lade- und Netzinfrastruktur sowie Nutzungsverhalten haben die Experten grundlegende Fakten zusammengetragen, um daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten: „Unsere Untersuchungen, die von externen Gutachtern begleitet wurden, zeigen, dass Plug-in-Hybride im Sinn des Klimaschutzes zur CO2-Minderung beitragen können, vorausgesetzt, sie werden mindestens 50 Prozent elektrisch gefahren. Dies gilt insbesondere für die Nutzung als Dienstfahrzeuge“, erläutert Henning Kagermann, Vorsitzender des Lenkungskreises der NPM.

Um den elektrischen Fahranteil zu erhöhen, empfiehlt die NPM für Plug-in-Hybride rein elektrische Reichweiten von etwa 80 bis 100 km anzustreben, was einige der Teilzeitstromer bereits schaffen. Zudem sollen verstärkt digitale Dienste im Fahrzeug integriert werden, wie beispielsweise der automatisierte Wechsel in den e-Modus in definierten Zonen oder die Bereitstellung von Informationen direkt im Fahrzeug oder per App zu Verbrauch, CO2-Emissionen und Ladeinfrastruktur.

Zwischen 85 und 90 Prozent der Ladevorgänge von Plug-in-Hybriden erfolgen zu Hause oder am Arbeitsplatz. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur an diesen beiden Orten sollte entsprechend vorangetrieben werden, empfiehlt die NPM. Im Bereich des privaten Ladens zu Hause kann ein flankierendes Förderprogramm für private Ladeinfrastruktur – wie es soeben beschlossen wurde – unterstützen sowie eine zügige Umsetzung des Wohneigentums-Modernisierungesetzes (WEMoG) sowie das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetzes (GEIG) – auch dies wurde bereits auf den Weg gebracht. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur beim Arbeitgeber könne insbesondere durch die Schaffung steuerlicher Anreize für Arbeitgeber, Ladeinfrastruktur zu errichten, beschleunigt werden, so die NPM.

Dienstfahrzeuge im Fokus der Überlegungen

Studien weisen auf einen größeren Handlungsbedarf bei Dienstfahrzeugen hin. Privat gekaufte Plug-in-Hybride haben zwar eine geringere Fahrleistung, fahren dafür aber häufiger elektrisch. Hier könne eine Dienstwagen-Policy für eine Plug-in-Hybrid-gerechte Nutzung sorgen, so die NPM. Arbeitgeber können zur Steigerung des elektrischen Fahranteils die Ladekosten bei Privat- und Dienstfahrten übernehmen und sollten eine Ladekarte für Dienstwagennutzer/-innen einführen, lautet die Empfehlung. Durch eine Verkaufs- und Nutzungsberatung für Flottenbetreiber und Nutzer/-innen könnten Nutzungsmuster entwickelt werden, um die Auswahl eines Dienstfahrzeugs an die Bedürfnisse der Mitarbeiter zu knüpfen.

Durch mehr Transparenz des Nutzungsverhaltens könnten Fuhrpark- und Flottenmanager auch das Fahr- und Ladeverhalten optimieren. Mit entsprechenden Anreizen könnte der elektrischen Fahranteil insbesondere bei Dienstwagen erhöht werden. Mögliche Instrumente wären die Anpassung des Umweltbonus und der Innovationsprämie sowie eine Dynamisierung der Dienstwagensteuer. Dafür sei eine sofortige Initiierung eines Monitoring-Prozess zur Nutzung von Plug-in-Hybriden notwendig, um eine valide Datenbasis zu erhalten.

Quelle: Reuters – Scheuer will Förderung und Steuer-Vorteile für Hybrid-Pkw ändern // NPM – Pressemitteilung vom 09.10.2020

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Hermann:

Ich fahre seit gut 2 Jahren einen PHEV, zu über 90% rein elektrisch (Ökostrom, unterstützt von der eigenen PV-Anlage). Das Ladekabel baumelt in der Garage von der Decke zur Ladesteckdose des Autos. Ein-/Aus-Stecken dauert keine zwei Sekunden. Dafür fahre ich nur alle 4-5000km zum Tanken. Das ist Bequemlichkeit.

Hermann:

„Auf Arbeit oder zu Hause sind derartige Lademöglichkeiten äußerst selten anzutreffen.“? Es gibt Millionen von Eigenheimbesitzern und alles was man für das Laden eines PHEV braucht ist eine simple Steckdose. Ihre Aussage ist falsch.

Hermann:

Das Problem der Abrechnung ist keines. Einfach die große Wallbox von VW nehmen (mit geeichtem Zähler) und den Strom über die Reisekostenabrechnung abrechnen. Werden Sie als Dienstwagenfahrer doch kennen, oder?

KaiGo:

Wie hier ja schon mehrmals gesagt: Wer sich Privat einen Hybrid kauft und damit ja in der Regel mehr bezahlt als für den reinen Verbrenner, wird den wohl auch täglich ausladen. Sonst macht das ja keinen Sinn zum Hybrid zu greifen. Also eine Vielzahl von privaten Käufern traue ich schon zu, dass sie die grundlegende Idee des Plug-In Hybrid nutzen. Also tägliche Kurzstrecken elektrisch, Urlaubsfahrten und sonstige Langstrecken sorgenfrei mit Verbrenner.

Das Problem sind die Dienstwagen. Wie ja schon in mehreren Kommentaren gesagt: alles Blödsinn. Solange ich dem Mitarbeiter eine Tankkarte in die Hand geben und er damit kostenlos tanken kann, wird er sicherlich nicht zu Hause auf eigene Kosten seine Batterie aufladen. Warum auch? Macht ja keinen Sinn. Ladekarte ist doch auch Käse. Plug-In Hybride laden meist nur sehr langsam an AC, es gibt kaum welche mit CCS. Heißt das Ding muss sowieso über Nacht laden, und kaum einer hat ne Ladesäule vor der Tür. Also zu Hause laden. Womit wir dann beim Thema wären: ich müsste den Strom einfach und unkompliziert mit dem Arbeitgeber abrechnen können. Das geht schlicht weg stand heute nicht. ICh brauche erstmal zumindest sicherlich einen geeichten Stromzähler, dann werde ich vermutlich plötzlich noch Stromlieferant für meinen Arbeitgeber und und und… Also kompletter Blödsinn.

Aber naja, der gute Herr Scheuer hat ja immer nur so tolle Ideen. Und dass er kein Freund der E-Mobilität ist, wissen wir auch nicht erst seit gestern. Wenn man der E-Mobilität wirklich nochmal einen Kick versetzen möchte, sollte man schlicht und einfach das Tempolimit auf deutschen Autobahnen einführen. Damit wären ein weitere Vielzahl von Reichweitenargumenten der Gegner hinfällig. Ich fahre zwar auch gerne mal zügiger auf der Autobahn, aber im Interesse der E-Mobilität wäre das Tempolimit sinnvoll.

Thomas Luetjens:

Ich wurde von meinen Kollegen belächelt als ich vor zwei Jahren über E-Autos sprach. Jetzt bestellen Sie alle Hybrid SUV’s mit dem Hinweis auf die Förderung. Für das zusätzliche Geld werden jetzt weitere Extras bestellt, zum Beispiel fettere Reifen, schönere Felgen. Das ganze hat Null Nutzen für die Umwelt wenn Dienstwagen weiterhin kostenlos Diesel tanken dürfen.

Gerd:

Was mich stutzig macht ist, dass das von Scheuer kommt.
Das kann nicht im Sinne des Klimas gemeint sein.
Ich vermute es ist das Einfädeln einer reinen Verbrenner-Förderung. Sozusagen ein „deal“.

Johannes:

Förderung nur wenn NICHT(Kostenübernahme Benzinkosten) UND (Kostenübername Stromkosten) durch den Arbeitgeber

Aber wenn Scheuer eine wirkungsvolle Lösung präsentiert wäre ich, gelinde gesagt, erstaunt.

Peter Bigge:

Plugs sind nur sinnvoll, wenn diese auf Arbeit oder zu Hause geladen werden (können) . Oder über eine entsprechend große Reichweite verfügen, um sie nicht allzuoft nachladen zu müssen. Auf Arbeit oder zu Hause sind derartige Lademöglichkeiten äußerst selten anzutreffen. Rein aus menschlichen Bequemlichkeitsgründen werden die wenigsten Lust verspüren nach jeder Fahrt ihr Fahrzeug immer wieder anzustöpseln. Außer es sind überzeugte Umweltschützer, welche sich sicherlich nicht unbedingt einen Plug anschaffen würden, sondern sich in diesem Fall für einen Hybrid entscheiden würden. Welche Klientel bleibt übrig für Plugs? Diejenigen Firmenfahrzeuge mit E-Kennzeichen, große SUVs und Limousinen, welche man derzeit mit hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn wiederfindet. Gefördert und steuervergünstigt, mit Nullnutzen für die Umwelt. Eine Ernsthaftigkeit für Klimaschutz kann niemand dahinter entdecken. Greta, Friday for Futures & Co. haben Recht, die Jugend wird nur Verarscht. Oder … Niemand hat die Absicht die Umwelt zu zerstören…

Bernd:

Die Wagen werden wegen der Steuervorteile gekauft. Diese Vorteile darf es nur geben, wenn auch x% elektrisch gefahren wird. Dies ließe sich recht einfach ermitteln und ein entsprechender Nachweis müsste beim Finanzamt nachgereicht werden. Ansonsten müsste eine rückwirkende Besteuerung erfolgen.

Tobi:

Bekanntlich wird ja alles was Scheuer in die Hand nimmt ein Erfolg. Diese wischiwaschi Argumentation ist nicht zielführend. Solange Dienstwagen kostenlos tanken (Sprit) und für Strom bezahlen müssen kann ich nur lachen über dieses Gesülze. Wenn Hybride maximal 40km Reichweite hätten, dann würde es eher klappen und gleichzeitig die Sinnlosigkeit des Hybridismus noch mehr beweisen. Jedes Fahrzeug das die Fähigkeit besitzt CO2 aus dem Auspuff zu spucken muss bestraft und nicht belohnt werden. Der Scheuer soll das hinkriegen? Hahaha. Eher produziert Tesla Dieselmotoren.

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