Zwei Runden, knapp 25 Kilometer – mehr Zeit gab es nicht, um das Mercedes Concept AMG GT XX auf der Teststrecke in Nardò selbst zu erleben. Doch schon dieser kurze Moment reichte, um zu verstehen, warum AMG das Auto als Technologieträger und Meilenstein für die eigene elektrische Zukunft sieht.
Schon am Ende der Boxengasse zeigte der GT XX, wozu seine drei insgesamt 1000 kW starken Axialflussmotoren fähig sind: In Sekunden beschleunigte der Wagen auf 160 km/h, kurz darauf stand die von der Streckenleitung vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h an. Der Unterschied zur Rekordfahrt, bei denen konstant 300 km/h gefahren wurde, war weniger entscheidend als der erste Gesamteindruck: Die Beschleunigung aus dem Stand, die Stabilität auf dem äußersten Ring der Teststrecke und die Präzision, mit der das System Geschwindigkeit und Rekuperation steuerte.

Besonders eindrücklich war eben diese Rekuperationsphase. Ein visuelles Signal im Cockpit kündigte an, wann der Fuß vom Strompedal zu nehmen war. Zunächst nahm das Tempo beim Segeln von 250 auf 230 km/h ab, bevor auch die Rekuperation durch den Fahrer eingeleitet wurde. Rekuperiert wurde mit einer Leistung von über 600 kW – was dazu führte, dass der Akku ein wenig Energie zurück erhielt. An der Ladestation kamen wir dann zum Stillstand, ohne die mechanische Bremse überhaupt nur berührt zu haben. Nikolai, mein Fahrer bestätigte, dass auch bei den Rekordfahrten die mechanischen Bremsen kaum eine Rolle spielten. Für eine Runde bei 250 km/h sank der Ladezustand der Batterie von 29 auf 23 Prozent.

Noch beeindruckender war das Laden. Innerhalb von nur einer Minute und zehn Sekunden stieg der Akkustand von 23 auf 35 Prozent. Der Peak lag kurzfristig bei 960 kW Ladeleistung – eine Zahl, die deutlich machte, wie eng Fahrzeug und Ladeinfrastruktur zusammengedacht wurden. Eva Greiner, CTO der Mercedes-Benz Charging Unit, hatte in einem Workshop erklärt, dass Fahrzeug und Säule parallel entwickelt wurden. Gemeinsam mit Alpitronic entstand ein Prototyp, der erstmals 1000 Ampere über ein Standard-CCS-Kabel lieferte. Dass solche Spitzenwerte nicht nur Theorie sind, sondern in der Praxis erreicht werden können, zeigte sich direkt am Stromer.

Im Innenraum blieb es überraschend ruhig, vor allem angesichts der Geschwindigkeit. Ein Grund dafür war sicher der obligatorische Helm, doch auch ohne diesen hätte das Geräuschniveau nicht an einen V8 erinnert – hat das Concept AMG GT XX doch seinen eigenen Sound, welchen man aber wohl erst in Serie so richtig kennenlernen darf. Ganz nach dem Ansatz von AMG-CEO Michael Schiebe: „Wir wollten einen E-Motor entwickeln, der besser ist als jeder aktuelle V8 – und genau diesen bringen wir 2026 in Serie“.

Das Erlebnis auf der Strecke vermittelte vor allem eines: Kontrolle. Die Rekuperation setzte punktgenau ein, das Auto blieb stabil auf der Linie, und die Systeme griffen ineinander, ohne dass es für den Fahrer oder auch mich als Beifahrer spürbar war. Für den Moment war es nur ein kurzer Fahreindruck. Aber er machte klar: Ladeleistungen nahe der Megawatt-Marke, 600 kW Rekuperation und Dauerleistungen jenseits von 1000 kW sind keine Vision mehr. Sie sind Realität – und das GT XX ist der Vorbote einer neuen Epoche für AMG. Ganz nach dem C111 der 1970er-Jahre, mit dem Mercedes damals bereits neue Antriebskonzepte testete, wie Markus Schäfer, CTO von Mercedes-Benz, zu verstehen gab.
Disclaimer: Mercedes-AMG und Alpitronic hat zum Kennenlernen des Mercedes Concept AMG GT XX eingeladen. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere hier geschriebene ehrliche Meinung.