Auf der Hochgeschwindigkeits-Teststrecke im süditalienischen Nardò setzte Mercedes-AMG Ende August 2025 ein klares Zeichen. Ein wenig mehr als siebeneinhalb Tage lang lief das Concept AMG GT XX im Dauereinsatz – bei konstanten Geschwindigkeiten von bis zu 300 km/h, Umgebungstemperaturen von rund 40 Grad Celsius und einer Gesamtstrecke von über 40 000 Kilometern. Das Ergebnis: 25 neue Weltrekorde.
Möglich war dieser Erfolg nur durch eine hochpräzise geplante Teamleistung. 17 Fahrer wechselten sich im Schichtbetrieb ab, im zwei Stunden-Rhythmus wurde durch getauscht, unterstützt von 135 Ingenieur:innen sowie 33 AMG-Spezialisten im Pit-Bereich sowie weiteren Mitarbeiter:innen hinter den Kulissen. Die dortige Mission Control koordinierte über 8000 Funkdurchsagen, mehr als 6000 Tassen Kaffee hielten das Team wach, 300 Scheibenreinigungen pro Auto und 23 Reifenwechsel verdeutlichen den extremen Rhythmus, dem das gesamte Team und die beiden Rekordfahrzeuge ausgesetzt waren.
Elektroauto-News-Herausgeber Sebastian Henßler war vor Ort, um die Abläufe mitzuerleben, direkt mit Expert:innen ins Gespräch zu kommen und die Technologie des Rekordfahrzeugs im Detail kennenzulernen.
Markus Schäfer, CTO Mercedes-Benz: „Erfolg der Vergangenheit ist kein Garant für die Zukunft“
Doch die Veranstaltung in Nardò war mehr als ein reiner Rekordversuch. Sie diente Mercedes-AMG auch dazu, das Concept AMG GT XX erstmals in einem umfassenden Realweltszenario zu erproben und dessen Rolle als Technologieträger sichtbar zu machen. Für Markus Schäfer, Chief Technology Officer von Mercedes-Benz, stand dabei die historische Dimension im Vordergrund. „Erfolg der Vergangenheit ist kein Garant für die Zukunft“, erklärte er und verwies bewusst auf den C111 – jenes legendäre Versuchsträger-Modell der 1970er-Jahre, mit dem Mercedes neue Antriebskonzepte wie Wankel- und Dieselmotoren testete. Schäfer machte deutlich, dass sich Mercedes-AMG mit dem GT XX bewusst in diese Tradition stellt, um mit neuen Technologien einen Maßstab für die Elektromobilität zu setzen.

Michael Schiebe, CEO von Mercedes-AMG, knüpfte an diese Einordnung an. „Wir wollten einen E-Motor entwickeln, der besser ist als jeder aktuelle V8 – und genau diesen bringen wir 2026 in Serie“, sagte er. Zugleich machte er deutlich, dass es beim Concept AMG GT XX nicht nur um den Antrieb geht. Das Fahrzeug versteht er als ganzheitlichen Technologieträger: von der Batterie und ihrer Software über die Ladeinfrastruktur bis hin zu Aerodynamik, Materialien und Nutzererlebnis. Für Schiebe ist der Rekordversuch damit vor allem der Vorläufer einer neuen Generation elektrischer High-Performance-Technologien, die Schritt für Schritt in Serienfahrzeugen Realität werden sollen.

Deep-Dive in die Technik des Concept AMG GT XX
Herzstück des Concept AMG GT XX ist der neu entwickelte elektrische Antriebsstrang. Oliver Wiech, Chefingenieur der AMG-Plattform und verantwortlich für das Projekt, beschrieb den GT XX als Technologieträger, der die Grenzen bewusst weiter hinausschiebt. Statt sich nur auf Labor- oder Simulationstests zu verlassen, wird jedes Konzept unter realen Bedingungen validiert – von den kältesten Regionen Schwedens über Wüstenszenarien bis hin zur deutschen Autobahn. Nardò war der nächste Schritt: ein Extremtest, bei dem innerhalb einer Woche über 40.000 Kilometer abgespult wurden, wie EAN vor Ort in verschiedenen Workshops näher gebracht wurde.
Antrieb und Batteriesystem: Technologie an der Belastungsgrenze
Technologisch markiert das Fahrzeug eine Premiere. Mercedes-AMG setzt erstmals drei Axialflussmotoren in einem Elektroauto ein. Zwei Einheiten arbeiten an der Hinterachse, ein weiterer Motor ist an der Vorderachse integriert und wird bei Bedarf über eine Disconnect Unit zugeschaltet. Diese Kupplung erlaubt es, den vorderen Antrieb im Effizienzmodus vollständig abzukoppeln, wodurch Schleppverluste reduziert werden. Für maximale Performance wird er wieder zugeschaltet. So kann das System zwischen hoher Effizienz und voller Leistung wechseln – ein zentraler Unterschied zu konventionellen E-Antrieben.

Die Axialflussmaschinen von Yasa bieten deutliche Vorteile gegenüber klassischen Radialflussmotoren. Sie sind kompakter, rund zwei Drittel leichter und erreichen eine drei Mal höhere Leistungsdichte. Im GT XX liefern die drei Aggregate gemeinsam mehr als 1000 kW Spitzenleistung, was Höchstgeschwindigkeiten jenseits der 360 km/h ermöglicht. Entscheidend ist jedoch nicht nur die Leistungsspitze, sondern die Dauerbelastbarkeit. Die Motoren können ihre Kraft über lange Zeiträume hinweg reproduzierbar abrufen – genau das demonstrierte der Rekordversuch in Nardò eindrucksvoll.
Die Batterie ist ebenso konsequent auf Höchstleistung ausgelegt. Andreas Geiger, Entwicklungsingenieur bei Mercedes-AMG, und Alessandro Mezzogori, Entwicklungs- und Versuchsingenieur Thermomanagement bei Mercedes-AMG, führten in Nardò durch die Details. Mehr als 3000 speziell entwickelte Zellen sind in 22 Modulen organisiert. Statt auf klassische Rundzellen setzt AMG auf ein ungewöhnlich hohes und schmales Format. Diese Bauweise verkürzt den Weg, den die Wärme vom Kern bis zur Außenwand zurücklegen muss, und sorgt damit für eine gleichmäßige Temperaturverteilung – ein entscheidender Vorteil bei Extrembelastungen.

Auch die Materialwahl unterstreicht den Anspruch. Zum Einsatz kommt eine eigens entwickelte Zellchemie: NCMA-Kathode (Nickel, Kobalt, Mangan, Aluminium) kombiniert mit einer siliziumhaltigen Anode. Damit erreicht jede Zelle eine Energiedichte von über 300 Wh/kg beziehungsweise 740 Wh/l – Werte, die in der Praxis bisher kaum erreichbar waren. Der hohe Siliziumanteil in der Anode ermöglicht es, mehr Lithium-Ionen zu speichern, während Aluminium in der Kathode die Stabilität erhöht und die Lebensdauer verlängert. Ergänzt wird dies durch ein neu entwickeltes Aluminiumgehäuse, das leichter ist als herkömmliche Stahlbecher und sowohl bei der elektrischen als auch bei der thermischen Leitfähigkeit Vorteile bringt.
Ein weiterer Unterschied ist die Full-Tab-Technologie. Hier wird der gesamte Wickel vollflächig an die Pole angebunden. So sinkt der Innenwiderstand, und die Zellen können sehr hohe Lade- und Entladeströme verkraften, ohne thermisch überlastet zu werden. In Kombination mit dem Zellformat und dem Aluminiumgehäuse entsteht ein Fundament, das auf maximale Dauerleistung ausgelegt ist.

Das Kühlkonzept setzt noch einen drauf: Ein elektrisch nicht leitendes Öl strömt unmittelbar an jeder einzelnen Zelle vorbei. Dieses Direct-Cooling-Prinzip verhindert Hotspots, die Leistung und Lebensdauer beeinträchtigen könnten. Gesteuert wird es vom neu entwickelten Central Cooling Hub, der Pumpen, Ventile und Sensoren in einer kompakten Einheit bündelt. Er spart Gewicht und Bauraum, erlaubt eine präzise Steuerung unterschiedlicher Temperaturkreisläufe und kann im Serieneinsatz sogar als Wärmepumpe fungieren.
Die Kombination aus innovativer Zellchemie, schlankem Hochformat, Aluminiumgehäuse, Full-Tab-Struktur und direkter Öl-Kühlung erklärt, warum das Concept AMG GT XX nicht nur kurzfristige Peaks von über 960 kW Ladeleistung erreicht, sondern diese über einen breiten Bereich der Ladekurve halten kann. In Nardò zeigte sich, dass die Batterie auch bei konstantem Volllastbetrieb ihr Leistungsvermögen behielt – eine Grundlage für Ladezeiten, die künftig kaum mehr von einem klassischen Tankvorgang zu unterscheiden sind.
Menschen machen den Unterschied bei der Rekordfahrt des Concept AMG GT XX
Ein zweiter Bestandteil des Systems ist die strategische Steuerung. Während der Rekordfahrten in Nardò arbeiteten Ingenieur:innen in der Mission Control permanent mit den Datenströmen, die in Echtzeit aus dem Fahrzeug kamen. Diese Zentrale war das Herzstück der Operation: Jede Runde, jeder Ladezyklus und jede Rekuperationsphase wurde hier überwacht und analysiert. Auf Grundlage der Daten berechnete das Team die optimalen Parameter für den nächsten Stint – also für die nächste Kombination aus Fahr- und Ladephase.

So konnte der Fahrer bereits eine Runde vor dem Boxenstopp angewiesen werden, den Fuß vom Fahrpedal zu nehmen und die maximale Rekuperation einzuleiten. Mit Spitzenwerten von über 600 kW Bremsenergierückgewinnung wurde das Auto fast vollständig durch die Elektromotoren abgebremst, bevor es in den Ladebereich einrollte. Die hydraulischen Bremsen kamen nur noch für das vollständige Anhalten zum Einsatz – Verschleiß war damit praktisch ausgeschlossen.
Im Cockpit erhielt der Fahrer die Hinweise über den „Predictive Performance Manager“, eine Art digitaler Assistent, der über akustische Signale und visuelle Anzeigen am Lenkrad präzise Vorgaben lieferte. Die Software konnte dabei selbst die exakte Position, an der das Rekuperieren einzuleiten war, dynamisch anpassen – in Schritten von nur wenigen Metern. Auf diese Weise war sichergestellt, dass das Fahrzeug nicht irgendwo, sondern punktgenau vor der Ladesäule zum Stehen kam.

Besonders eindrücklich war, dass dieses System in Echtzeit lernte. Jede Runde lieferte neue Daten, die in den Algorithmus einflossen. Kleine Anpassungen von 20 oder 30 Metern beim Lift-Off-Punkt machten bei den gefahrenen Geschwindigkeiten enorme Unterschiede. Auch Kühlleistung, Zielgeschwindigkeit und die Dauer des Stints konnten im laufenden Betrieb verändert werden. Während der kurzen Ladezeiten analysierten die Strategieteams die zurückliegenden Datenströme und optimierten die Parameter für den nächsten Durchgang.
Für die Fahrer bedeutete das eine perfekte Balance zwischen maximaler Performance und Sicherheit. Sie mussten sich nicht mehr auf Bauchgefühl oder Erfahrung verlassen, sondern konnten sich auf konkrete, datengestützte Hinweise verlassen. Das Ergebnis war ein hochpräzises Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine: Mission Control berechnete die Strategie, der Predictive Performance Manager setzte sie im Cockpit um, und die Fahrer konzentrierten sich darauf, das Auto konstant am Limit zu bewegen.
Nur im Zusammenspiel von Ladeinfrastruktur und Concept AMG GT XX sind 960 kW+ zu erreichen
Die Rekordfahrten in Nardò wären allerdings ohne eine ebenso radikale Ladeinfrastruktur nicht möglich gewesen. Denn um ein Elektroauto über Tage hinweg mit konstantem Tempo von 300 km/h zu betreiben, reicht es nicht, nur die Batterie leistungsfähig zu gestalten. Genauso entscheidend ist das Zusammenspiel mit der Ladesäule.
Im Rahmen der Workshops gaben unter anderem Eva Greiner, Chief Technology Officer der Mercedes-Benz Charging Unit, sowie Philipp Senoner, CEO von Alpitronic, einen Einblick in die Ladeinfrastruktur hinter dem Rekordversuch. Gemeinsam machten sie deutlich, dass Fahrzeug und Säule parallel entwickelt wurden – ein Prozess, der bis ins kleinste Detail aufeinander abgestimmt war.

Herzstück war ein gemeinsam mit Alpitronic entwickelter Prototyp, der erstmals 1000 Ampere über ein Standard-CCS-Kabel übertragen konnte. Damit einher ging ein aufwendig gekühltes Kabel, das die extreme Belastung verkraften musste. Die Säule war in der Lage, dem GT XX über weite Teile der Ladekurve eine durchschnittliche Ladeleistung von mehr als 850 kW bereitzustellen.
In der Praxis lagen die Werte sogar höher: Ich konnte selbst beobachten, wie das Fahrzeug mit einer Peakleistung von 960 kW lud. Innerhalb von nur einer Minute und zehn Sekunden stieg der Ladezustand von 23 auf 35 Prozent – eine Ladegeschwindigkeit, die in dieser Form bisher nicht erreicht wurde. Die Ladekurve war zumindest für diesen Abschnitt eine steigende Gerade. Vermuten lässt der gezeigte Ausschnitt, dass es danach abflachte. Wobei, kann man bei einer solchen Ladeleistung von abflachen reden?

Verständlicherweise wurde die Infrastruktur vor Ort wurde auf dieses Szenario zugeschnitten. Von Seiten Mercedes-AMG wurde erklärte, wie innerhalb von nur drei Monaten ein HPC-Hub mit einer Anschlussleistung von 2,5 MW aufgebaut wurde. Drei Ladepunkte standen bereit, zwei davon permanent im Einsatz. Vorab war die gesamte Anlage virtuell simuliert und anschließend in Untertürkheim getestet worden, bevor sie nach Süditalien transportiert wurde.

Auf Fahrzeugseite lag die Herausforderung darin, die Batterie so zu entwickeln, dass sie die enormen Ströme aufnehmen konnte, ohne thermisch zu kollabieren. Hierfür waren die Full-Tab-Technologie und die direkte Öl-Kühlung der Zellen entscheidend, wie wir bereits ausführen konnten. Gleichzeitig musste die Software dafür sorgen, dass das Auto beim Einrollen in die Box exakt im richtigen Temperatur- und Ladefenster war. Nur so konnte die volle Ladeleistung abgerufen werden.
Der Ladeprozess selbst verlief wie ein präzise orchestrierter Boxenstopp. Während die Fahrer durch den Predictive Performance Manager punktgenau an die richtige Stelle geführt wurden, standen Ladecrew und Technikteam bereit. In dem Moment, in dem das Fahrzeug zum Stillstand kam, wurde der Stecker gesetzt, und die Batterie begann sofort mit maximaler Leistung zu laden.

Überzeugt hat die Erkenntnis, dass das in Nardò gezeigte Lade-Setup kein reiner Showeffekt war. Die mit Alpitronic entwickelte Prototypladesäule ist als Grundlage für die nächste Generation von HPC-Systemen vorgesehen, die in das Mercedes-Benz Charging Network integriert werden. Wahrscheinlich auch darüber hinuas. Ziel ist es, Ladezeiten zu erreichen, die sich künftig kaum mehr von einem klassischen Tankstopp unterscheiden. Gleichzeitig liefern die gewonnenen Daten wertvolle Erkenntnisse für die Interoperabilität: Wie verhalten sich Fahrzeug und Infrastruktur bei dauerhaft 1000 Ampere? Welche Temperaturprofile entstehen in Kabeln und Steckverbindungen? Und wie lassen sich diese Erfahrungen in ein Seriennetzwerk übertragen? Wertvolle Learnings, für Mercedes-AMG, als auch Alpitronic selbst.
Der Rekordversuch machte klar, dass sich die enorme Ladeleistung des Concept AMG GT XX nur durch die enge Verzahnung von Fahrzeug und Ladeinfrastruktur realisieren ließ. AMG und Alpitronic zeigten gemeinsam, dass Ladegeschwindigkeiten jenseits der 960-kW-Marke keine Vision bleiben, sondern technisch beherrschbar sind. Aerodynamik und Design: Form folgt Performance.

Durchdachte Aerodynamik bis ins kleinste Detail ermöglicht dauerhafte Geschwindigkeiten jenseits der 300 km/h
Neben Antrieb und Ladeinfrastruktur war die Aerodynamik ein zentraler Schwerpunkt des Technologieträgers. Dr. Gustavo Estrada, technischer Leiter Aerodynamik, machte in Nardò deutlich, dass bei einem Elektroauto mit Spitzengeschwindigkeiten jenseits der 300 km/h völlig andere Anforderungen gelten als im Alltag. Etwa 83 Prozent der eingesetzten Energie gehen bei diesen Geschwindigkeiten allein in die Überwindung des Luftwiderstands. Jeder einzelne Zehntelpunkt beim cw-Wert kann daher über Reichweite, Stabilität und Effizienz entscheiden.

Das Concept AMG GT XX erreicht hier einen Wert von 0,198 – trotz breiter Performance-Bereifung. Möglich wurde das durch eine Vielzahl an Maßnahmen: von der tiefgezogenen Fronthaube über die stark geneigte Windschutzscheibe bis hin zu einer strömungsoptimierten Heckpartie ohne klassische Heckscheibe. Auch der Unterboden wurde gezielt modelliert, um den Venturi-Effekt auszunutzen und den Auftrieb an der Hinterachse zu reduzieren. Estrada verwies darauf, dass jedes noch so kleine Detail – von den Außenspiegeln bis zu den Reifen – aerodynamisch optimiert wurde. Allein die Interaktion zwischen Radhaus und Fahrzeugkörper kann ein Viertel des gesamten Luftwiderstands ausmachen.

Ein technisches Highlight sind die Plasma-Aktuatoren, die von Philipp Dörr, Aerodynamik-Ingenieur bei Mercedes-AMG, im Workshop vorgestellt wurden. Diese Technologie ermöglicht es, den Luftstrom direkt an der Karosserieoberfläche elektrisch zu beeinflussen. So lassen sich virtuelle Abrisskanten erzeugen, ohne das Design optisch zu verändern. Das gibt den Designer:innen mehr Freiheit, während die Aerodynamiker trotzdem maximale Effizienz erreichen. Das System benötigt keine beweglichen Teile, keine Schläuche und keine komplexen Mechanismen – die Luft wird allein über ein elektrisches Feld gesteuert.

Auch die Kühlung ist integraler Bestandteil des Aero-Konzepts. Bei den Rekordfahrten in Nardò musste das Fahrzeug nicht nur während des Fahrens, sondern auch während der Ladevorgänge gekühlt werden. Spezielle Luftklappen (AIRPANEL) öffneten sich bedarfsgerecht und leiteten die Kühlluft gezielt an Batterie und Inverter. Bei geringerem Bedarf blieben die Klappen geschlossen, um den Luftwiderstand zu reduzieren.
UX-Designer:innen haben den gesamten Innenraum auf die Fahrer:innen des Concept AMG GT XX ausgerichtet
Im Innenraum griff Marc Nonnenmacher, UX-Designer bei Mercedes-AMG, den Gedanken der Fahrerzentrierung auf. Statt großflächiger Touch-Bedienung setzt das Cockpit auf haptische Schalter und Drehknöpfe, die sich intuitiv bedienen lassen – auch bei 300 km/h. Unterstützt wird das Ganze durch ein Ambientelicht, das nicht nur zur Atmosphäre beiträgt, sondern aktiv mit dem Fahrer kommuniziert, etwa durch Farbwechsel bei Modi oder Rekuperationsphasen.
Ergänzt wird das System durch den Augmented-Reality-Helm, der Fahrdaten und Ideallinie direkt ins Sichtfeld einblendet. So bleibt der Blick des Fahrers stets auf die Strecke gerichtet, während er dennoch Zugriff auf alle relevanten Informationen hat.

Die Rekordfahrten in Nardò waren nicht nur eine Demonstration von Antriebs- und Ladeleistung. Sie dienten auch als Plattform, um Innovationen zu erproben, die weit über die klassischen Performance-Disziplinen hinausgehen. In Workshops mit Ingenieur:innen und Designer:innen wurde deutlich, dass Mercedes-AMG das Fahrerlebnis ebenso neu definiert wie Motor und Batterie.
Ein Beispiel dafür sind die Sitze. Statt starre Schalen vorzugeben, entwickelt AMG Polster, die per 3D-Druck individuell auf den jeweiligen Fahrer angepasst werden. Grundlage ist ein Body-Scan oder wahlweise die Anpassung direkt im Auto. Die Pads lassen sich in verschiedenen Härtegraden herstellen und per Klettverschluss tauschen. So entsteht eine Sitzposition, die sowohl ergonomisch als auch komfortabel ist – selbst bei extrem langen Stints wie in Nardò. Die Idee stammt aus dem Motorsport, wo Sitzschalen für Langstreckenrennen schnell an neue Fahrer angepasst werden müssen.

Parallel arbeitet AMG an alternativen Materialien für den Innenraum. In Nardò wurde ein Verfahren vorgestellt, bei dem alte AMG GT3-Reifen chemisch recycelt und mit biobasierten Proteinen kombiniert werden. Das Ergebnis ist eine biotechnologische Lederalternative, die wie Echtleder aussieht und sich auch so anfühlt, aber robuster und nachhaltiger ist. Aus einem einzigen Reifen entstehen bis zu fünf Quadratmeter Material. Erste Anwendungen reichen über den Automobilsektor hinaus. Ergänzt wird dies durch eine biotechnologische Seidenalternative, die aus speziell gezüchteten Bakterien gewonnen wird. Sie kommt etwa in den Türschlaufen des Concept GT XX zum Einsatz und verbindet Leichtigkeit mit hoher Reißfestigkeit.
Auch die User Experience auf der Rennstrecke wird erweitert. Der bereits zuvor erwähnte Augmented-Reality-Helm blendet die Ideallinie, Rekuperationspunkte und Fahrzeugdaten direkt ins Sichtfeld ein. Statt den Blick von der Strecke zu lösen, bleiben die Augen durchgehend auf dem Asphalt, während alle relevanten Informationen ins Visier projiziert werden. So lassen sich Rundenzeiten optimieren, ohne die Sicherheit zu beeinträchtigen.

Ein weiteres Highlight ist die Fluid Light Paint, eine Elektrolumineszenz-Lackierung, die bei Dunkelheit bestimmte Bereiche der Karosserie zum Leuchten bringt. Sie dient nicht nur der Inszenierung, sondern kommuniziert auch aktiv – etwa indem sie beim Laden den Fortschritt sichtbar macht. Am Heck ergänzt ein „Fluid Light Panel“ mit mehr als 700 individuell ansteuerbaren LEDs dieses Konzept. Es kann Informationen in 3D-Pixeloptik darstellen, vom AMG-Logo bis zum Ladezustand.

Selbst beim Sound geht AMG neue Wege. Erstmals wurden Lautsprecher in die Scheinwerfergehäuse integriert. Sie erzeugen Fahrgeräusche für den Fußgängerschutz und geben gleichzeitig die Möglichkeit, Klänge und Frequenzen neu zu inszenieren. Das spart Bauraum, reduziert Gewicht und eröffnet Designer:innen wie Akustiker:innen neue Freiheiten.
Michael Schiebe, Mercedes-AMG CEO: „Wir wollten etwas Außergewöhnliches schaffen“
Mit dem Concept AMG GT XX demonstrierte Mercedes-AMG in Nardò nicht nur technologische Spitzenleistungen, sondern auch, wie die Zukunft der Marke aussehen soll. Für Markus Schäfer war die Botschaft eindeutig: „Alles, was wir hier als Concept zeigen, wird in die Serie übertragen – und das schon ab 2026.“ Er verwies darauf, dass in den kommenden Jahren mehr als 20 Modelle geplant sind (Anm. d. Red. hier auf Mercedes und Mercedes-AMG bezogen), neue Fahrzeuge sollen im Rhythmus von drei bis sechs Monaten erscheinen. Ein entscheidender Faktor sei dabei die enge Verbindung zur Formel 1. Technologien aus Brixworth fließen direkt in die Serienentwicklung ein – und genau darin liege der Unterschied zu Wettbewerbern aus China, die zwar mit Tempo auftreten, aber nicht auf denselben Technologietransfer setzen können.

Michael Schiebe knüpfte daran abschließend an. Für ihn ist der GT XX nicht nur Rekordfahrzeug, sondern der Auftakt einer neuen Epoche für AMG. „Wir wollten etwas Außergewöhnliches schaffen“, sagte er in Nardò. Der Rekordversuch habe gezeigt, dass elektrische High-Performance-Antriebe nicht nur mit klassischen AMG-V8 mithalten, sondern sie übertreffen können. Nun gehe es darum, das Gezeigte konsequent auf die Straße zu bringen und Schritt für Schritt in die Serienfahrzeuge zu überführen.
So wurde in Nardò mehr als ein Rekordversuch gefahren. Es war ein Ausblick auf die Zukunft von AMG – eine Zukunft, in der Elektromobilität, Ladegeschwindigkeit und digitale Innovationen zusammenfinden, um die Performance-Tradition der Marke neu zu definieren.
Disclaimer: Mercedes-AMG und Alpitronic hat zum Kennenlernen des Mercedes Concept AMG GT XX eingeladen. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere hier geschriebene ehrliche Meinung.