Opel Corsa-e im „Schnelltest“ – Potz Blitz

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Wolfgang Plank

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Im Zeichen des Blitzes zu arbeiten, war lange Zeit tatsächlich ein Symbol für schweres Wetter. Im Verbund mit GM sah Opel kaum Sonne – und nach dem Verkauf an den PSA-Konzern zunächst nur wenig. Doch nach ersten Gewinnen machte sich vorsichtiger Optimismus breit. Glaubt man den Stimmen aus Rüsselsheim, klart es auf. Langsam, aber beständig.

Weisen wird sich die Zukunft auch und vor allem am Corsa. Er ist mit mehr als 14 Millionen verkauften Exemplaren in 38 Jahren Bestseller und Markenbotschafter gleichermaßen. Wäre ihm in sechster Generation kein Erfolg beschieden, zöge mehr herauf als ein Tiefausläufer. Doch die Vorhersage sieht gut aus, weil er den Blitz nicht bloß im Logo trägt. Erstmals gibt es den Corsa auch in einer reinen Batterie-Variante mit 136 PS und einer Reichweite von 337 Kilometern (WLTP). Ab 28. März steht er für 29 900 Euro im Schaufenster.

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Optisch zeigen sich bis auf Logo und Felgen keine Unterschiede zum Verbrenner. Mit 4,06 Metern Länge bleibt der Corsa-e übersichtlich, das Dach verläuft schick wie bei einem Coupé und liegt fast fünf Zentimeter niedriger als beim Vorgänger. Besonders erfreulich: Opels Jüngster ist nicht bloß ein Zwilling des eben erst zum „Car of the Year“ gekürten Peugeot 208, sondern überzeugt mit eigens gefälteltem Blech. Womöglich nicht ganz so frech wie der Löwen-Look – aber eben das, was Opel-Chef Michael Lohscheller „mehrheitsfähig“ nennt. Einzig die Frontscheibe ist identisch.

Auch innen ist der Corsa-e ganz Opel – mit Touchscreen und ohne das aufgesetzte und gewöhnungsbedürftige i-Cockpit à la France. Vorne geht’s sehr geräumig zu, auf Wunsch sogar auf Leder und mit Massage-Funktion. Hintersassen bleibt genug Raum für Kopf und Knie, allerdings erfordert der Einstieg in zweiter Reihe etwas Demut vor dem Dach. Das Gepäckfach fällt mit 267 Litern nur um 40 Liter kleiner aus als bei der Kolben-Konkurrenz, bei geklappten Rücklehnen findet immerhin ein guter Kubikmeter Platz.

Der akzeptable Schwund liegt daran, dass sich der Akku in den Tiefen des Bodens verbirgt. Und wenn man dem Reiz der Beschleunigung nicht allzu oft erliegt, innerstädtisch kurvt und an Heizung wie Klimatisierung spart, reichen seine 50 kWh im Alltag nahe an den Laborwert von 337 Kilometern heran. Radius ist zuvörderst eine Frage des Gleichmuts. Klar macht der Corsa-e auch Tempo 150, aber Dynamik kostet eben Distanz – alte Batterie-Fahrer-Weisheit.

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Wer’s nicht so sehr im Fuß hat, kann die Sache auch in die Hand nehmen: Per Kippschalter bietet der Corsa-e drei Stufen. Bei „Eco“ gibt die Bordelektronik auskömmliche 82 PS und 180 Nm Drehmoment frei, bei „Normal“ sehr ordentliche 109 PS und 220 Nm und in Stellung „Sport“ die volle Ladung von 136 PS und 260 Nm. Beim Ampelstart ist man da weit vorne – 2,8 Sekunden bis zum innerstädtischen Limit schaffen auch Verbrenner nicht rudelweise.

Nachhaltiger indes ist das Gegenteil: Fuß vom Pedal und per Rekuperation Strom für später sichern. Der Grad lässt sich nicht per Paddles am Lenkrad einstellen, sondern in zwei Stufen am Wählhebel, wobei „B“ zwar ordentlich Vortrieb saugt, aber noch ohne Bremslicht auskommt. Gut gelungen ist den Opel-Ingenieuren das „Blending“. Jene aus der Destillierkunst entlehnte Fertigkeit des Mischens – in diesem Fall von mechanischer und elektrischer Verzögerung. Und zwar so, dass das Gefühl stets gleichbleibt.

Opel AG

Mit 136 PS ist der Corsa-e nicht nur nominell der Familien-Kraftprotz, er macht auch am meisten Spaß. Das liegt am ruckfreien Vortrieb, vor allem aber am fast sechs Zentimeter tieferen Schwerpunkt. Mag der Blitz im Vergleich zum Löwen der optisch Bodenständigere sein, in Sachen Abstimmung ist er spürbar sportlicher. Da haben sie in Rüsselsheim einen wirklich guten Job gemacht. Womöglich meint Lohscheller auch das, wenn er davon spricht, Opel sei noch nie so deutsch gewesen. Dass das Fahrwerk des Corsa-e nicht ganz so straff ausfällt wie bei den Spritis der Baureihe – geschenkt. Knapp 350 zusätzliche Akku-Kilos müssen halt auch in der Bahn gehalten werden.

Doch wie sparsam die Fahrt auch immer sein mag – irgendwann ist der Akku leer. Ab Werk lädt der Corsa-e einphasig, dreiphasig kostet 1190 Aufpreis. Immerhin bringen 30 Minuten an einem 100-kW-Schnelllader 80 Prozent Kapazität in die Batterie. An einer Wallbox muss man gute fünf Stunden zapfen, an der heimischen Steckdose mehr als dreimal so lange.

Opel AG

Für alle Fälle gerüstet ist man mit dem Universal-Ladekabel. Kostet 720 Euro extra, bietet aber in Sporttaschen-Größe jeden nur denkbaren Anschluss und Adapter. Irgendwie ein Sinnbild für die immer noch lästige Vielfalt des Stöpselns – aber eben auch das gute Gefühl, es scheitere wenigstens nicht am falschen Stecker.

Und letztlich ist E-Mobilität bloß eine Frage der persönlichen Einstellung: Für den Corsa GS Line mit 130 PS ruft Opel ab 23 340 Euro auf. Das ist fast genau der Preis, für den man – dank der erhöhten Prämie von 6000 Euro – in einen Corsa-e steigen kann. Dort muss man zwar auf Sportsitze, Alu-Pedalerie und schwarzen Dachhimmel verzichten – spartanisch aber geht’s keineswegs zu. Serienmäßig gibt es Klimaautomatik, digitales Cockpit, Radio und Smartphone-Integration. In Sachen Assistenz wahrt der Corsa-e Spur und Abstand, erkennt Verkehrszeichen, wirft zur Not den Anker – und sorgen muss man sich erst mal auch nicht: Für acht Jahre (bis 160 000 Kilometer) garantiert Opel mindestens 70 Prozent der Batterie-Kapazität.

Da wird’s im Brennraum langsam eng.

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Wolfgang Plank ist freier Journalist und hat ein Faible für Autos, Politik und Motorsport. Tauscht deshalb den Platz am Schreibtisch gerne mal mit dem Schalensitz im Rallyeauto.

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