MG Marvel R: Ein Wunder soll es richten – Erste Eindrücke des E-SUV aus China

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Wolfgang Plank

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

So ganz jung darf eher nicht sein, wer mit dem Namen MG ohne Nachdenken große Geschichte verbinden soll. Die ehemals britische Marke (1923 als „Morris Garages“ gegründet) gehört seit 2007 zum chinesischen Autoriesen SAIC – und soll nun auf dem europäischen Markt und auch in Deutschland Emotionen wecken. Und das quasi von Null. „Wir sind aktuell im Steigflug“, heißt es zum Neubeginn. Noch aber weiß keiner so genau, wohin die Reise geht.

Schub geben soll – selbstverständlich – ein SUV. Allerdings ein rein elektrisches. Der Marvel R (zu deutsch: Wunder) fährt seit Jahresbeginn unter dem Label Roewe schon in China. Im Herbst sollen hierzulande die ersten Exemplare im Schaufenster stehen – gebaut im Reich der Mitte. In Wien haben sie jetzt das Tuch von dem Wagen gezogen, der Flaggschiff und Hoffnungsträger in einem ist.

Schick sieht das 4,67 Meter lange Teil aus. Die Front modern gezeichnet, die Seiten gefällig modelliert und mit dicken Backen, allenfalls das Heck erscheint wenig filigran. Alles in allem aber ein Design, das auch deutschen Kundenaugen durchaus gefallen dürfte.

Die Überraschung wartet im Innenraum. Schön angreifbar hat sich der Marvel R gemacht – fast überall Umschäumtes, die Materialien von guter Qualität, die Zierstiche sauber gesetzt. Man thront in gut konturierten Sitzen (wahlweise Kunstleder, Leder und Alcantara, aber kein Stoff) hinter einem erfreulich kleinen, sportlichen Lenkrad und blickt auf ein digitales 12,3-Zoll Display. Beherrschend indes ist der 19,4-Zoll-Touchscreen, der über der Mittelkonsole zu schweben scheint. Da fehlt zu Premium nicht mehr viel…

Auch in zweiter Reihe hat’s jede Menge Platz für Kopf und Knie. Und wer lieber Last als Leute transportiert – hinter voller Bestuhlung warten 357 Liter Stauraum, 1400 sind’s mit flachgelegter Rückenlehne. Kleines Manko: Während vergleichbare Konkurrenten mit bis zu 1,6 Tonnen Anhängelast aufwarten, darf der MG-Stromer lediglich 750 Kilo an den Haken nehmen.

Die Normalversion des Marvel R rollt mit Heckantrieb auf 18-Zöllern. 180 PS holen sich die beiden Motoren (88 und 50 kW) aus dem 70-kWh-Akku tief im Boden. Das reicht für einen Standard-Spurt in 7,9 Sekunden. Wer’s zügiger mag, greift zur Allrad-Version, bei der ein dritter Motor (80 kW) an der Vorderachse sitzt. Dann liegen 288 PS an den 19-Zöllern, es geht in 4,9 Sekunden auf Tempo 100 und rauf bis 200. Als Preis büßt man 150 Liter zusätzlichen Stauraum unter der Haube ein. Irgendwo muss die Technik ja sitzen.

Apropos Technik: Der Antrieb an der Hinterachse verfügt beim Marvel R über ein Zwei-Gang-Getriebe, wie man es auch vom Porsche Taycan kennt. Kurzer erster Gang für maximale Beschleunigung, langer zweiter für Höchsttempo und bestmögliche Effizienz. Das schlägt sich in der Reichweite nieder. Noch ist der Wagen nicht endgültig homologiert, für die Basisversion verspricht MG aber einen Radius von knapp über 400 Kilometern (WLTP), die 4WD-Variante soll immerhin noch 370 schaffen.

Mit ein Grund dafür ist die gelungene Aerodynamik samt geschlossener Front und versenkten Türgriffen – vor allem aber das verhältnismäßig geringe Gewicht. Gerade mal 1,8 Tonnen soll der Hecktriebler laut MG wiegen, der Allradler 1,9. Üblicherweise haben E-Auto dieser Größe locker eine Zwei vorne stehen.

Wer da mangelnde Ausstattung argwöhnt, liegt komplett falsch. Der Marvel R verfügt bereits ab Werk über ein hohes Maß an Annehmlichkeiten, sogar eine Wärmepumpe ist serienmäßig an Bord. Zudem wahrt er Tempo, Spur und Abstand – und zur Not bremst er auch. Auch in Sachen Konnektivität verspricht MG den aktuellen Stand der Technik. Das gilt auch für den drei-phasigen On-Board-Charger mit 11 kW. Und an einer Schnellladesäule lassen sich in 40 Minuten 80 Prozent der Kapazität in die Zellen pressen.

Bei all dem wirbt MG mit einem „fairen“ Preis. Rund 40.000 Euro soll der MG Marvel R ohne Förderung kosten, die Allrad-Version mit Schnick und Schnack darf man bei 50.000 veranschlagen. Das klingt erst mal nach viel Geld, allerdings bekommt man dafür jede Menge Auto. Und: Üblicherweise wird in diesem Bereich ohnehin meist geleast statt gekauft. Absolut vorbildlich: Die Garantie liegt bei sieben Jahren (oder 150.000 Kilometern). Das ist schon eine Ansage.

Noch im Aufbau befindet sich das Händlernetz. Was so kurz nach dem Start nicht verwundert. Aktuell gibt es 47 Standorte, geplant sind bis Jahresende 100 – vorrangig in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern. Vielleicht hilft ja ein wenig, dass mit dem MG 5 demnächst der erste E-Kombi kommen soll. Bis dahin muss es das Wunder richten…

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Markus:

Nur gibt es in der Schweiz keinen Händler/Importeur, zumindest habe ich nichts dazu gefunden

Stefan:

Da gute BEV selten in die Werkstatt müssen, reichen die freien Werkstätten, wenn sie Werksunterstützung und alle Ressourcen bekommen. Siehe Aiways. Das meiste sind Software Upgrades.Die kommen bei den meisten Herstellern über das Internet. Seit kurzem gibt es auch die ersten deutschen Modelle, die das können. BEV sind nicht so wartungsintensiv, wie Ottos und Diesel. Das, was gewartet werden muss (Reifen, Bremsen, Scheibenwischer) kann jede Werkstatt machen. Für aufwendige Reparaturen geht es zu einer kompetenten spezial Werkstatt (so wie bei Tesla die Body-Shops). Und auch die Chinesen verbauen die Komponenten, die alle Hersteller global zukaufen.

David:

Für eine Fahrzeugmarke ohne solides Händlernetz, wo man nicht weiß, ob es die morgen noch geben wird, finde ich ab 40k ziemlich mutig. Denn für 45k gibt es 82 kWh auf MEB-Basis mit Händler am Ort. Auch der VW Konzern hat sehr gute Leasingraten.

Peter Bigge von Berlin:

Der Markteintritt der chinesischen Autohersteller beginnt seinen Lauf zu nehmen. Die neuen MGs sind durch und durch an den europäischen OEMs orientiert und bieten ein schlüssiges Gesamtkonzept, welches begehrenswert wirkt, inklusive dem riesen Background von SAIC, einem recht erfahrenen OEM.
Wenn sich MG nicht viele Fehler leistet, wird MG sicherlich schnell Verbreitung finden, denn das Paket passt gut.
Dann fehlt nur die wiederbelebt Marke SAAB.

Roger Zamofing:

Solche Fahrzeuge wünschen wir uns schon lange für unseren Schweizer Markt. Einen bezahlbaren SUV 4×4 mit gutem Kofferraumvolumen (Schmidt-Alu-Hundebox) und nicht allzu grossen Dimensionen. Wobei 1910 mm Breite ist schon recht heftig (über die Aussenspiegel oder ohne). Viel soliden Luxus und gut konturierte Sitze sowie schöne Ablagen im Inneren, alles ohne zu extreme Touch Screen-Steuerungen, die nur während der Fahrt massiv ablenken. Das BOSE-Soundsystem lässt auch Musikgenuss hoffen und ebenso die gute Verarbeitung und Schalldämmung. Vernünftige Ladedaten (11 kW 400 Volt on board) für Geschäft- und Privatparkplätze, sowie etwas schwache Leistung für den Schnell-Lader trüben die Stimmung nicht, geht sowieso an vielen Ladesäulen nicht schneller, auch wenn dies versprochen wird. Wer günstigen Nachtstrom an privaten Wall Boxen laden kann, ist also sehr gut bedient und die 400 km-Reichweite [auch mit 120 km/h Autobahntempo?] sind positiv zu vermerken. Bin gespannt auch erste Verbrauchstests. Fahrspass mit den Leistungsdaten und deutscher Fahrwerksabstimmung sind wohl als sicher gesetzt und lassen einen Audi oder BMW locker verschmerzen, zumal wenn der Preis auch hier noch stimmt.

Wenn sich SAIC/MG Motor nun noch getrauen, einen elektrischen „MX5“ oder „Peugeot RCZ R“-Ersatz (Concept Cyberster) als moderne Variante eines MGB-Roadsters ohne viele Anpassungen an eine Serien-Fabrikation zu einem ähnlichen Preis zu lancieren, dann glaube auch ich an das Revival der „Kult“-Automarke meines Vaters [Die kleinen MG inkl. der Sportlimousinen boten nämlich viel Fahrspass und waren günstiger als etwa ein Austin Healey 3-Liter, Aston Martin oder der Konkurrenz aus Stuttgart oder Maranello]. Die horrenden Service- und Unterhaltskosten des Originals jedoch lassen sich mit den neuen Antrieben locker aus der Welt schaffen und hoffentlich begreift das auch ein Schweizer Importeur der Marke. VW geht leider erneut den Abzocker-Weg und will für Software-Updates und Zusatzfunktionen scheinbar künftig kräftig Kasse machen, weil angeblich die – immer noch nicht fertigen – Entwicklungen viel Geld kosten. Wenn Kunden also nicht noch monatliche Zusatzkosten [Mobile-Verbindung?] aufgebrummt bekommen, wenn sie einen vollständigen Wagen fahren möchten, dass kann SAIC/MG Motor das Rennen hier noch locker gewinnen.

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