MG Cyberster: Elektrisch oben ohne mit mächtig Wumms

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Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
  —  Lesedauer 5 min

Das Angebot an Cabriolets wird immer dünner und noch schlimmer wird es bei den Roadstern. Der Elektroantrieb scheint dem sterbenden Segment den Todesstoß zu versetzen. Einer der sich dem Trend oben ohne und elektrisch angetrieben widersetzt: Der MG Cyberster. Wir haben mit dem offenen Spaßmacher ein paar schnelle Runden gedreht.

MG feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag. Auch wenn der einst so britische Autohersteller mittlerweile längst unter der Flagge des chinesischen SAIC-Konzerns segelt, scheinen sich die Verantwortlichen der Markentradition mehr denn je bewusst zu sein. Anders lässt sich der MG Cyberster kaum erklären, das aktuell erste Modell, das puristische Roadstergefühle mit einem Elektroantrieb verbindet.

Klein ist der offene MG mit einer Länge von 4,54 Metern nicht und trotzdem im Innenraum eng geschnitten. Man muss sich von dem etablierten Gedankengut verabschieden, dass es sich bei den elektrischen Roadstern der Neuzeit um kleine, leichte Spaßmacher handelt, die engste Passstraßen durchwedeln. Da macht der Cyberster als Begründer des neuen Segments keine Ausnahme, denn das mächtige Batteriepaket im Unterboden verhindert nicht nur eine tiefe Sitzposition unmittelbar über der Fahrbahn, sondern auch einen kleinen, wendigen Doppelsitzer, der offen wie geschlossen in den Fahrspuren eines Mazda MX-5, BMW Z4 oder Porsche 718 Boxster unterwegs ist.

Doch das Design des Cyberster ist offen wie geschlossen ein Hingucker, und wer die Scherentüren lässig nach oben aufschwingen lässt, hat ohnehin die Schau im Kasten, lange bevor der Roadster in die Ferne entsurrt. Der Interessent hat die Wahl zwischen einem Hecktriebler mit stattlichen 250 kW (340 PS) und 475 Nm Drehmoment und einem imposant motorisierten Allradler, der mit 375 kW (510 PS) und 720 Nm in Leistungsregionen unterwegs ist, die in dieser Liga einst unvorstellbar schienen.

MG Cyberster Scherentüren
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Und wenn schon offen und wenn schon MG Cyberster, dann zur ersten Testrunde auch das Topmodell, denn angesichts von zwei Tonnen Leergewicht ist mehr Leistung nicht die schlechteste Wahl. So geht es erst einmal hineingerutscht ins eng geschnittene, aber nicht zu enge Cockpit, direkt munter los.

Reifen wie Fahrer sind noch nicht warm und so geht es bei strahlendem Sonnenschein und geöffneter Mütze zwar ambitioniert, aber nicht rasend schnell auf die ersten Runden. Der Biss der beiden Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse ist dank mehr als 700 Nm Drehmoment grandios. Bereits jetzt wird deutlich, dass es eine gute Wahl war, dass die stärkere Version im Unterschied zum Hecktriebler 20- statt der sonst üblichen 19-Zöller aufgezogen hat – vorne 245er und hinten 275er. Die Kurven auf der Rennstrecke im südbritischen Goodwood sind nicht eng und genau das mag der offene MG.

Die Abstützung nach außen könnte in den Kurven mit flott durchfahrbaren Radien etwas strammer, etwas härter sein, doch der Cyberster will kein Rennwagen, sondern ein offener Spaßroadster sein, mit dem auch längere Strecken Laune machen. Das unterstreicht auch das 77 kWh große Akkupaket im Unterboden, das gut für den niedrigen Schwerpunkt ist, jedoch mehrere hundert Kilogramm Übergewicht für den Roadster bedeuten, die auch durch die gewaltige Leitung von 375 kW / 510 PS nicht kaschiert werden können.

MG Cyberster heck
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Der Cyberster ist schwer, doch die Bremse greift stramm zu – auch bei Wiederholungen. Der Übergang von der Rekuperation auf die Bremsscheibe: gut. Weniger gefällt die Feinabstimmung der elektrischen Lenkunterstützung, denn die Präzision fällt angesichts einer allzu indirekten Rückmeldung schwerer als bei messerscharfen Lenkern wie Mazda MX-5 oder Porsche Boxster. Deshalb sollte man dem Cyberster seine sportlichen Ambitionen selbst auf dem Rennkurs nicht absprechen. Im Gegenteil, denn besonders der Punch aus den Kurven heraus ist immer wieder eine wahre Wonne.

Der Preis sollte für meisten Kunden dieser Fahrzeuggattung machbar sein

Man kann den imposanten, aber in der Realität sinnfreien 0-auf-Tempo-100-Spurt in 3,2 Sekunden absolvieren. Auch für 200 km/h Höchstgeschwindigkeit braucht niemand mehr als 500 PS. Immerhin soll das Akkupaket durch seine nutzbare Kapazität von 74 kWh dafür sorgen, dass der offene Chinese erst nach 440 Kilometern wieder an die Ladesäule muss. Hier läuft es jedoch etwas langsam, denn 144 kW maximale Ladeleistung sind für ein neu entwickeltes Elektromodell selbst mit 400-Volt-Technik zu wenig. Hier sollten 180 oder 200 kW gerade nach chinesischen Ansprüchen drin sein. Die modulare Elektroplattform des MG Cyberster ist identisch mit der des MG4.

MG Cyberster cockpit
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Innen ist der MG Cyberster ein echter Sportroadster mit wohl konturierten Sportsitzen, allerdings recht kleinen Displays (zwei 7 und einem 10,25 Zoll Bildschirm) für Instrumente, Bedienung und Navigation. Das Stoffdach öffnet und schließt vollelektrisch, während das schmucke Geschenk zum eigenen 100. Geburtstag bereits wieder munter anfährt und sich nach der kurzen Pause in der Boxengasse auf die nächsten flotten Rennrunden freut. Das können sich auch die Interessenten, denn nach dem Sommer soll der Cyberster auch nach Deutschland kommen – zu Preisen ab rund 56.000 Euro für den Hecktriebler. Und der sollte für meisten Kunden dieser Fahrzeuggattung allemal machbar sein.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.
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Wolfbrecht Gösebert:

„Wie hoch reichen die geöffneten Türen denn tatsächlich? Ich hab diese Info noch nirgends gefunden!“
Das Bild zeigt m.E. das Problem mehr als deutlich :) Soo hoch z.B. ist meine TG jedenfalls nicht …

https://p3.8891.com.tw/nc/newcar/article/2023/05/16/1684208119974800_900_600.jpg

Herwig:

„…wg. der Scherentüren besser mal seine Garage vermessen“
Wie hoch reichen die geöffneten Türen denn tatsächlich? Ich hab diese Info noch nirgends gefunden!

„…wenn er denn auf eine reine E-Plattform gebaut würde…“
Ich zitiere aus dem Artikel: „Die modulare Elektroplattform des MG Cyberster ist identisch mit der des MG4.“
Das IST eine reine BEV-Plattform!

Andreas E.:

Als inzwischen Ü50 und früher auch gerne mal mit etwas auffälligeren Fahrzeugen unterwegs, sehe ich die Scherentüren inzwischen eher als peinliches Accessoire und notwendiges übel wenn ich elektrisch offen fahren möchte.
Fiat, Smart und Mini sind für mich da keine Alternativen.
Bleibt abzuwarten, wann und zu welchem Preis der elektrische Boxster kommt und welches Cabrio es dann für mich werden könnte.

Mike74:

Wäre schön wenn auch ein Modell mit normalen Türen gebaut werden würde, damit ein Garagen- oder Tiefgaragenparker auch die Option hat den MG zu kaufen. Denn Cabrio oder Roadster draußen parken ist nicht so toll.
Wäre dann einer meiner Favoriten beim nächsten Autokauf.

Wolfbrecht Gösebert:

Stefan schrieb:
„Die Schwenktüren sind cool. So einen hätte James Bond gerne […]“

James Bond vielleicht … Otto Normalfahrer aber sollte vorher wg. der Scherentüren besser mal seine Garage vermessen :)

Ansonsten könnte der Cyberster wohl um die 10% kürzer und damit auch leichter als die knapp 2 t sein, *wenn* er denn auf eine reine E-Plattform gebaut würde – aber was nicht ist, kann ja noch …

Sollte es bei einem Einstiegs-Preis ab rund 56.000 € bleiben, sehe ich zumindest einen Achtungserfolg von MG voraus.

Stefan:

Die Schwenktüren sind cool. So einen hätte James Bond gerne…..

brainDotExe:

Für die restlichen 5% ist es aber so manchen einen signifikanten Aufpreis wert.

Franz Bauer:

Physikalischer Unsinn. Gewicht spielt für eine dynamisches Fahrverhalten die größte Rolle. Wichtig ein Fahrwerk das optimalen Grip sicherstellt und die Reifen, gerne etwas breiter. Aber erhöhter Abtrieb beim Beschleunigen durch mehr Gewicht und die notwendige Kraft das Gewicht zu beschleunigen heben sich gegenseitig auf (Beides lineare Funktionen).

Bernhard:

Dieses Getue mit Kurvenräuberei ist einfach nur albern. Habe auch über 10 Jahre mal einen SLK 280 gehabt. Das Kurvenräubern macht man mal, um zu sehen was geht. Aber zu 95 % cruised man über die Pässe ganz entspannt und geniesst mehr die Natur, Gerüche und Aussicht mit offenem Verdeck. Der Unterschied waren dann 14 l/100 km oder eben 8 l/100 km ohne Adrenalinstress. Dass sind doch die Realitäten, weil sich in der Regel nur ältere Herrschaften mit entsprechendem Guthaben sowas leisten können. Und denen ist doch der Bremspunkt und die Beschleunigung aus der Kurve heraus völlig egal. Die Leistung war nur ganz nett, weil man sich über Steigungen keine Gedanken machen musste. Das gilt für diesen Cybester genauso.

brainDotExe:

Wie der Kollege hier schon angemerkt hat, was bringt dir schnelles beschleunigen aus der Kurve, wenn du in der Kurve schleichen musst?

Ein unter anderem geringes Gewicht erlaubt die die Kurve mit höherer Geschwindigkeit zu fahren, dann musst du gar nicht mehr großartig beschleunigen, weil du schon viel näher an deiner Wunschgeschwindigkeit bist.

Ich empfehle mal den Besuch eines Bergrennens, die Boliden mit ordentlich Wumms können zwar auf das Geraden glänzen, aber in den Kurven sind die älteren deutlich leichteren Fabrikate ala VW Golf und Opel Kadett schneller.

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