Alle müssen raus: Mercedes will eigene Autohäuser in Deutschland verkaufen

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Mercedes-Benz

Felix Katz
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  —  Lesedauer 3 min

Mercedes kündigt einen bedeutenden strategischen Schritt an: Das Unternehmen plant, sämtliche eigenen Vertriebsstandorte in Deutschland zu verkaufen. Insgesamt soll es um 60 bis 80 konzerneigene Niederlassungen gehen, wie das Manager Magazin und andere Medien berichten. Diese Entscheidung markiere einen Schlüsselteil der unternehmensweiten Transformationsbemühungen. Ein detailliertes Briefing, das dem Manager Magazin vorliegen soll, zeige wie es nun weiter gehen soll. Mercedes sei überzeugt, dass die notwendige Veränderung im Vertrieb am effektivsten durch langfristige, gezielte Investitionen in Mercedes-Benz-Autohäuser durch unabhängige Autohausgruppen realisiert werden könne.

Erst Ende Mai letzten Jahres hatte Mercedes seinen Vertrieb in Deutschland bundesweit auf das echte Agenturmodell, einer Form des Direktvertriebs, umgestellt. Nun setzt Mercedes-Chef Ola Källenius einen Weg fort, den das Unternehmen bereits vor fast einem Jahrzehnt eingeschlagen hat. Bereits im Jahr 2014 wurde laut Manager Magazin die Vertriebswende eingeläutet, als die Niederlassung in Erfurt an den chinesischen Mischkonzern Lei Shing Hong verkauft wurde. In den darauffolgenden Jahren übernahm die Tochtergesellschaft Sternauto weitere Mercedes-Autohäuser in Ostdeutschland. Dieser Veränderungsprozess wurde maßgeblich von Ola Källenius vorangetrieben, der seit 2015 als Mercedes-Vertriebsvorstand agiert.

Mercedes-Benz hat schon in den vergangenen Jahren verschiedene Autohäuser in Großbritannien, Italien, Spanien, Belgien und der Tschechischen Republik verkauft. „Nach sehr positiven Erfahrungen in verschiedenen europäischen Märkten prüfen wir nun auch in Deutschland, wie wir unsere konzerneigenen Handelsniederlassungen unabhängiger aufstellen können“, so der Autobauer laut Nachrichtenagentur Reuters in einer schriftlichen Erklärung. „Ein möglicher Verkauf an erfahrene und renommierte Händlergruppen wird geprüft und kann nicht ausgeschlossen werden“, hieß es weiter. Inzwischen habe der Aufsichtsrat der Überprüfung am vergangenen Freitag zugestimmt, wie dem Manager Magazin aus Insiderkreisen bekannt wurde.

Mit dem aktuellen Vorhaben beabsichtige Mercedes, sich von einem kostenintensiven Faktor in der Bilanz zu befreien. Eigene Vertriebsniederlassungen gelten in der Branche oft als wirtschaftliche Belastung. Der Fokus liege nun darauf, flexibler und agiler zu werden, indem man auf unabhängige Händler setzt. Insgesamt gehe es um 20 Niederlassungen mit 80 Autohäusern und 8000 Mitarbeitern, berichtete das Handelsblatt und schätzte den Wert jeder Niederlassung auf bis zu 40 Millionen Euro. Die geplante Trennung soll „in Wellen“ erfolgen, wobei der Prozess sich über mehrere Jahre erstrecken dürfte.

Alle müssen raus: Mercedes will eigene Autohäuser in Deutschland verkaufen
Alle konzerneignen Niederlassungen in Deutschland verkaufen zu wollen, begründet Mercedes mit Kostenreduktion und Sicherung der regionalen Arbeitsplätze. Externe Händler sollen nun Beratung, Service und Verkauf übernehmen – und schließlich auch tausende Mitarbeiter | Bild: Mercedes-Benz

Keine Kündigungen oder Schließungen geplant

Die Entscheidung von Mercedes erfolgt zu einem strategisch überlegten Zeitpunkt. Der deutsche Autohandel zeige aktuell, dass größere Händlergruppen an Bedeutung gewinnen. Auch ausländische Investoren haben das Potenzial des deutschen Marktes erkannt. Vor diesem Hintergrund möchte das Unternehmen von dem aktuellen Trend profitieren.

In der Vergangenheit gab es bereits Protestaktionen gegen ähnliche Vertriebsveränderungen, Betriebsratschef Ergun Lümali hat in einem LinkedIn-Beitrag „schockiert“ auf die aktuellen Pläne reagiert. Hier heißt es unter anderem: „Nach Jahren des Verzichts und damit einhergehend zahlreicher Zugeständnisse seitens der Beschäftigten sind die Niederlassungen profitabel und leisten ihren Beitrag zum Konzernergebnis. Die Vorstands-Pläne sind für uns nicht nachvollziehbar.“ Trotz dieser Bedenken versichere das Mercedes-Management, dass die Entscheidung verantwortungsbewusst getroffen wurde und keine Kündigungen oder Schließungen geplant seien. Der Verkaufsprozess soll im Sommer starten, der vollständige Abschluss werden laut Experten jedoch noch einige Jahre in Anspruch nehmen.

Potenzielle Käufer müssten unter anderem „Know-how im Automobilhandel“ mitbringen und Arbeitsplatzgarantien in Deutschland vorweisen, so der Autobauer. Ziel sei es, die regionalen Arbeitsplätze sowie die Existenz und Wettbewerbsfähigkeit der Filialen langfristig zu sichern.

Quellen: Manager Magazin – Mercedes will alle Niederlassungen in Deutschland verkaufen / Reuters – Mercedes open to sale of group-owned dealerships in Germany / Handelsblatt – Mercedes will alle eigenen Autohäuser in Deutschland verkaufen

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Felix Katz

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Felix Katz liebt alles, was vier Räder und einen oder gleich mehrere Motoren hat. Nicht nur Verbrenner, sondern vor allem Elektroautos haben es ihm angetan. Als freiberuflicher Autojournalist stromert er nicht nur fast jeden Tag umher, sondern arbeitet seit über zehn Jahren für viele renommierte (Fach-)Medien und begleitet den Mobilitätswandel seit Tag eins mit.

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Rene:

Türkischer Bazar war mal. Richtig so, es herrscht langsam Klarheit.

Walter Port:

Mir zumindest lag das Verhandeln und Schachern noch nie.
Deshalb kaufe ich meine Neuwagen nun seit einem Jahrzehnt stets über die Portale wie meinauto, carwow etc. Bin sehr zufrieden.

Walter Port:

Bei den Mercedes-Verkaufsniederlassungen im Ausland ging man ja ohnehin schon diesen Weg. Es erscheint mir somit sinnvoll und verständlich, dann auch in Deu entsprechend zu verfahren.

Nik8888:

Verständlich
Ein paar Showrooms for Probefahrten, mehr brauchen doch Privatkunden nicht

Ne gute Werkstatt braucht dagegen jeder Kunde

Dodo:

BMW macht es eigentlich umgekehrt, was ist jeder Richtige Weg? Aber letztendlich kommt es irgendwie aufs gleiche raus. Ich kenne 2 Autohäuser der Marke (Agenturen) die plötzlich mehrere Marken anbieten oder auch eins das komplett von BMW abgesprungen ist.

Thomas:

Das Agenturmodell widerstrebt mir.
Auch andere Automarken führen das ein
Wenn mir der Autoverkäufer erklärt das es ihm egal ist ob ich das Auto online oder bei ihm bestelle ist das meiner Meinung nach kein Kundenwerschätzung.
Verhandeln gibt es nicht mehr entweder zu dem Preis oder sonst halt nicht (friss oder stirb)

Na dann halt nicht. Kein Preisnachlass dann anderes Modell oder gleich andere Marke.

Wonder den Verkäufer darauf aufmerksam machen das „Autohändler“ vom Handeln kommt aber ohne Erfolg und das bei einem Neuwagen.

Sehr schade.

Steven B.:

Ob das mal so schlau ist, lassen wir an der Stelle unbeantwortet. Für mich kommt ein Mercedes nicht in Frage, wenn nicht dahinter der Vertrieb via Mercedes Agentur über die Bühne geht. Gutes Beispiel mit Stern Auto, bzw. Russ & Janot in Erfurt. Ein Kollege wollte sich einen neuen Mercedes leasen, da sein Alter im Leasing ausgelaufen ist – ihm haben sie zum höheren Preis ein minderwertigeres Fahrzeug andrehen wollen, oder er hätte sich auch für ein chinesisches Modell entscheiden können – welche natürlich günstiger als ein Mercedes angeboten würden. Sorry, aber unter Konkurenten würde ich keinen chinesisches Auto fallen, jedoch kurbelt ein Autohaus so sein Geschäft an und der Kunde ist ja dann eh schon da, auch wenn er eigentlich eine andere Marke bevorzugt. Schade eigentlich, wenn man bei sparen immer gleich diese Keulen auspacken muss…

Flo:

Dekadenz im Niedergang. Das Beste oder nichts.

heinr:

die allermeisten Autoverkaufshäuser sind völlig übertrieben, ja geradezu widerlich. Ich kaufe lieber bei einer kleinen Werkstatt mit kompetenten Eindruck.

Robert:

das ende vom Premium bei Mercedes, na ja wird Mercedes jetzt halt auch ein normaler Autohersteller

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