E-Fuels im Pkw-Bereich sind volkswirtschaftlich betrachtet unvernünftig, da sie massiv Kosten in die Höhe treiben, die Importabhängigkeit Deutschlands verschärfen und darüber hinaus eine geringe Energieeffizienz aufweisen. Dies zeigt eine Analyse des CAR (Center Automotive Research) im Auftrag der Initiative Klimaneutrales Deutschland (IKND).
Geht man davon aus, dass der Hochlauf der Elektromobilität weiterhin so voranschreitet wie bislang, sollen im Jahr 2045 rund 15 Millionen Verbrenner-Pkw auf den Straßen verbleiben, so die IKND in zugehöriger Mitteilung. Unter der Annahme, dass diese dann mit E-Fuels betankt werden müssten, um Klimaneutralität zu erreichen, würden selbst bei einem konservativ angesetzten Produktionspreis von 1,75 Euro pro Liter erhebliche volkswirtschaftliche Kosten entstehen.
Diese Kosten lägen bereits auf dem Niveau der heutigen Rohölimporte für die gesamte Pkw-Flotte Deutschlands von 49 Millionen Fahrzeugen – rund 22 Milliarden Euro. Ein Drittel der Pkw würde dann Deutschlands Volkswirtschaft so viel kosten, wie heute die gesamte Pkw-Flotte. Da die Verbraucherpreise aufgrund von Steuern und sonstigen Abgaben noch einmal deutlich über den Produktionskosten liegen, müsste der Endverbraucher mit beträchtlich höheren Literpreisen an der Zapfsäule rechnen. Geld, das am Ende für andere Ausgaben fehlt.
Dieses ist eines von mehreren Szenarien, die das CAR und Prof. Dr. Helena Wisbert (Professorin für Automobilwirtschaft an der Ostfalia Hochschule Wolfsburg) im Auftrag der Initiative Klimaneutrales Deutschland zu den volkswirtschaftlichen Kosten des Einsatzes von E-Fuels bei Pkws hierzulande untersucht hat. Die Studie zeigt, dass es ökonomisch unvernünftig ist, E-Fuels im Pkw-Massenmarkt einzusetzen, und dass es zudem die Abhängigkeit von Energie- und Grundstoffimporten massiv erhöhen würde.
„Die Elektrifizierung bleibt im Pkw-Bereich ökonomisch die erste Wahl“
„Wenn wir weiterhin davon ausgehen, dass E-Fuels zu einem breiten Einsatz im Pkw-Bereich kommen, dann ist das ein sehr teuer erkaufter Weg der politisch oftmals geforderten Technologieoffenheit im Vergleich zur Elektromobilität. Die Elektrifizierung bleibt daher auch im Pkw-Bereich ökonomisch die erste Wahl“, ordnet Prof. Dr. Helena Wisbert, Co-Autorin der Studie, die Ergebnisse ein.
Gesetzt dem Fall im Jahr 2045 wäre die Hauptantriebsart der Pkw auf deutschen Straßen weiterhin der Verbrennungsmotor, nur dass E-Fuels anstatt Diesel und Benzin getankt würden: Die Gesamtkosten für die benötigten Mengen an E-Fuels würden, bei Produktionskosten von 2 Euro pro Liter, die heutigen jährlichen Ausgaben für den Import aller fossiler Energieträger von 81 Milliarden Euro überschreiten. Heute machen Ölimporte für private Pkw nur ein Viertel dieser Summe aus. Für die Perspektive: Der Bundeshaushalt 2025 umfasst rund 500 Milliarden Euro.
Die Szenarien im Detail
In Szenario A („E-Fuels für die gesamte Pkw-Flotte“) wird ein Bestand von rund 47 Millionen Pkw, 12 000 km/Jahr und 7 l/100 km unterstellt; daraus folgt ein Jahresbedarf von etwa 40 Milliarden Liter Treibstoff. Bereits bei Preisen über 2,00 Euro pro Liter lägen die reinen Pkw-E-Fuel-Importe über den heutigen gesamten fossilen Energieimporten von 81 Milliarden Euro pro Jahr; selbst bei 1,20 Euro pro Liter nähert sich die Summe dem Rohölimportwert von 51 Milliarden Euro an. Für die Herstellung wären 640 bis 1080 TWh Strom nötig und damit mehr als die gesamte Bruttostromerzeugung 2024 (etwa 501 TWh). Ergebnis: sehr hoher Energieeinsatz verursacht hohe volkswirtschaftliche Kosten.
In Szenario B („E-Fuels für die verbleibende Verbrennerflotte“) verbleiben 2045 rund 15 Millionen Verbrenner. Der Bedarf sinkt damit auf ca. 12,6 Milliarden Liter pro Jahr. Trotz dieses um mehr als zwei Drittel geringeren Volumens gegenüber heute werden bereits bei 1,75 Euro pro Liter Importkosten von etwa 22 Milliarden Euro erreicht, also das heutige Kostenniveau für Pkw-Öl. E-Fuels bleiben damit teuer, obwohl die Menge deutlich kleiner ist.
In Szenario C („E-Fuels als Nische/Oldtimer“) werden rund 1,3 Millionen Pkw mit 0,62 bis 1,17 Milliarden Liter pro Jahr unterstellt. Bei 2,00 Euro pro Liter entstehen 1,24 bis 2,34 Milliarden Euro Kosten pro Jahr. Makroökonomisch ist das beherrschbar; eine gezielte Nischenverwendung ist denkbar.

Der Grundmechanismus hinter diesen Kostenschwellen ist technisch: In der Power-to-Liquid-Kette gehen große Teile der Energie verloren. Beim E-Fuel-Pkw kommen nur etwa 13 bis 15 Prozent der elektrischen Energie am Rad an, bei Elektroautos sind es etwa 70 bis 75 Prozent. Für die gleiche Mobilität 2045 bräuchte der E-Fuel-Pfad 640 bis 1080 TWh, direkte Elektromobilität nur rund 101 TWh (bei 18 kWh/100 km). Das treibt die Literkosten und die Importrechnung strukturell nach oben.
Hinzu kommt, dass die Infrastrukturlast vorgelagert ist: erneuerbare Erzeugung, Elektrolyse, Synthese und CO2-Logistik sind großskalig aufzubauen; inländische Produktion bleibt begrenzt, Importabhängigkeit steigt. Steuerlich würden E-Fuels nach aktueller Rechtslage wie Benzin/Diesel mit Energiesteuer (0,65 Euro pro Liter bzw. 0,47 Euro pro Liter) plus 19 Prozent MwSt. belastet, sodass die Verbraucherpreise klar über den reinen Importkosten liegen.
„Die Studie ist ein Realitätscheck für E-Fuels“
Carolin Friedemann, Gründerin und Geschäftsführerin der Initiative Klimaneutrales Deutschland, zu den Ergebnissen: „Die Studie ist ein Realitätscheck für E-Fuels und zeigt sehr eindrücklich, welche Kosten und Abhängigkeiten der Einsatz von E-Fuels mit sich bringt. Die zu tragenden Kosten sind enorm hoch und das Geld, das Verbraucher an der Tankstelle in die Hand nehmen müssten, wäre im Konsum anderer Güter besser aufgehoben. Bei allem Wunsch nach Technologieoffenheit, ist es geboten, die damit einhergehenden Kosten zu kommunizieren, damit es nicht zu einem bösen Erwachen kommt. Daher müssen Anreize geschaffen werden, dass der Hochlauf der Elektromobilität deutlich gesteigert wird.“
Die Autoren der Studie weisen darüber hinaus auf geopolitische Dimension des Imports von synthetischen Kraftstoffen hin. E-Fuels würden die Abhängigkeit Deutschlands von Kraftstoffimporten verschärfen und Fragen nach Versorgungssicherheit aufwerfen, da eine heimische Produktion in nur sehr eingeschränkten Mengen möglich ist. Viele mögliche Partner für E-Fuels-Importe befinden sich weit von Deutschland entfernt, wie z.B. Australien und Chile, teilweise fehlt es auch an der notwendigen Infrastruktur für den Export.
Elektromobilität hingegen senkt den Bedarf an Importen von Brennstoffen. Angesichts der Erfahrungen während der Energiekrise sowie der aktuellen geopolitischen Unsicherheiten sollte dieser Aspekt neben der ökonomischen Perspektive zunehmend an Bedeutung gewinnen, so die IKND abschließend.
Quelle: IKND – Pressemitteilung vom 09.09.2025