Lastregelung stabilisiert das Stromnetz und kann E-Autos günstiger machen

Cover Image for Lastregelung stabilisiert das Stromnetz und kann E-Autos günstiger machen
Copyright ©

shutterstock / 2109724295

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Bald werden Millionen von E-Autos die Energie für ihre Batterien aus dem Stromnetz beziehen müssen. Bis zu 15 Millionen sollen es allein bis 2030 sein, so der Plan der aktuellen Bundesregierung. Dass es dadurch zu Blackouts kommt, befürchtet die Energiewirtschaft nicht. Wichtig sei aber, dass die Ladepunkte mit einer Lastregelung ausgestattet sind.

Hilfreich, den künftigen Bedarf abzuschätzen, waren mehrere „Netzlabor“ genannte Pilotprojekte des Energieversorgers EnBW. Sie brachten einige wichtige Erkenntnisse zum Ladeverhalten von E-Auto-Fahrern und zum Lastmanagement. Z.B. dass es beim weitaus größten Teil der Ladevorgänge völlig ausreichend ist, dass diese spät Nachts und mit im Schnitt nur 4 kW Leistung stattfinden. Auch die Befürchtung, dass alle E-Auto-Nutzer am Abend zur selben Zeit laden wollen und so das Stromnetz in die Knie zwingen, hat sich nicht bestätigt: In den Netzlaboren pendelte der sogenannte Gleichzeitigkeitsfaktor zwischen 22 und 88 Prozent, Im Schnitt lag er bei 50 Prozent.

Ein neues Gesetz, dass ab 2023 in Kraft treten soll, soll es den Netzbetreibern künftig auch erlauben, im Notfall bei einer drohenden Überlastung des Stromnetzes die Ladeleistung von E-Autos aus der Ferne gezielt und bedarfsabhängig zu drosseln. Dieses netzdienliches Lademanagement kann auf zwei Arten erfolgen: Zum einen dynamisch, sofern die Ladestation intelligent, also digital mit dem Stromnetz verknüpft ist. So kann kurzfristig auf Netzengpässe reagiert werden. Die zweite Option wäre, statische Ladefenster einzurichten zu den Zeiten, in denen das Stromnetz seine Lastspitzen erreicht, in den Abendstunden zum Beispiel. In den statischen Ladefenstern würden E-Autos vorausschauend nur mit gedrosselter Leistung laden können, selbst wenn es im Netz noch Kapazitäten gäbe. Erprobt in den Netzlaboren wurden beide Optionen. Gemerkt haben die E-Auto-Fahrer:innen davon nichts. Die Autos waren EnBW zufolge am Morgen stets voll geladen, nur die Ladezeit habe sich etwas verlängert.

Patrick Graichen, der für Stromnetze zuständige Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, sieht in den Akkus von Elektroautos auch ein gewaltiges Potenzial. Denn der Strom aus den E-Autos könnte, wenn Vehicle-to-Grid Wirklichkeit geworden ist, auch dafür genutzt werden, das Stromnetz in Spitzenlastzeiten zu stabilisieren – indem die E-Autos einen Teil der Energie aus den Akkus ins Netz einspeisen. Mit 15 Millionen Elektroautos stünde bis 2030 eine Speicherkapazität von 600 Gigawattstunden zur Verfügung, so Graichen. „Das ist eine Menge für das Stromsystem“, sagte er Heise Autos zufolge bei einer Veranstaltung.

Um dieses Potenzial nutzen zu können, müssen die E-Autos allerdings über eine systemdienliche, nutzerfreundliche und sichere Ladesteuerung ans Netz angebunden werden. In mehreren Pilotprojekten, wie etwa von The Mobility House, einem auf V2G spezialisierten Unternehmen, hat sich diese Technologie bereits bewährt. Und hohe Erlöse erzielt: Ein Nissan Leaf etwa, der nur einen kleinen Teil seiner Akkukapazität zur Verfügung gestellt hat, hat so aufs Jahr gerechnet 1000 Euro „verdient“.

Die Bundesnetzagentur, die derzeit mögliche Regelungen zum Lademanagement erarbeitet, stellt zudem in Aussicht, dass Elektroauto-Fahrer:innen als Ausgleich für eine verringerte Ladeleistung von geringeren Strompreisen profitieren könnten. Gedrosselte Ladeleistung und Rückspeisung ins Stromnetz könnte sich für E-Auto-Besitzer:innen also auch finanziell stark lohnen.

Quelle: Heise Autos – Stromnetz fit für Millionen privater Ladepunkte dank Lastregelung / Electrive – V2G-Projekt in Hagen: E-Autos können Geld verdienen

worthy pixel img
Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Läubli:

Genau… Nissan habe ich oben ja auch erwähnt.

Matthias Geiger:

Die Schnellladesäulen mit integrierten Akkus ausstatten, das ist die Lösung.

adson:

Die erfolgreiche Gegenwehr der Versorger ist wohl das Hauptproblem. Die Verbraucherfreundliche Lösung sehe ich ehr nicht. Hier wird dann sicher auch wieder der Versorger der Nutznießer sein.

adson:

Nissan kann auch, hat in Japan gerade einen Feldversuch durchgeführt. Chademo war schon immer bidirektional-fähig.

Läubli:

Ich bin mir da auch nicht sicher, ob das häufigere leichte entladen und aufladen wirklich schädlich sein kann für den Akku – Technisch nicht, weil der Akku dadurch (bei kleinen Hüben) nicht/kaum belastet wird und die Erden im Akku nicht durch Wärmeeinwirkung altern/oxidieren. Das ist nämlich hauptsächlich bei Schellladung DC der Fall. Auch kann das wohl noch niemand nachweisen.

Früher hatte man sogenannte „Akku-Jogger“ die eine Batterie z.Bs. über den Winter „wach“ gehalten haben – als Fitnesstherapie, sozusagen.
Das waren jedoch meistens Blei Akkus, also keine Li Ion Akkus. Bei Lithium Ionen Akkus ist ein „Akkujogging“ nicht nötig, da kaum eine wahrnehmbare Selbstentladung stattfindet.

Auch ist es so, dass für die genannten möglichen Ladezyklen für Li Ion Akkus etwa so verbindlich sind, wie die Angaben der Brennstunden bei Glühbirnen oder LED’s.

Ich denke, man kann das also ziemlich sicher vergessen und muss diesbezüglich keine frühzeitigere Akkualterung befürchten, es sein denn, der Akku wird sehr oft von 20-80% auf- und entladen. Das wird jedoch in diesem Verwendungszweck kaum die Praxis sein.

Läubli:

Ok… siehst du, da kann Mr. Läubli auch mal wieder was lernen, das wusste ich jetzt echt nicht. Das ist doch gut so.

Carsten:

Doch, die ersten Autos die gerade ausgeliefert werden können es schon. Es fehlt aber an passenden Wallboxen und der Unterstützung durch die NetzBetreiber.

Läubli:

Ja, aber können in der Praxis kann er meines Wissens noch nicht. Genau das war aber die Frage von bergfex

Carsten:

Da gab es aber auch schon ein Video zu (Bloch), bei geringem Ladehub und nicht zu starkem ent- und beladen war die Ladechemie hinterher sogar besser als vorher. Quasi eine Verjüngungskur.

Carsten:

Der Enyaq /ID kann es ab SW-Version 3.1 ebenfalls. Zu mindestens ist die Option im Fahrzeug Menü nun da.

Ähnliche Artikel

Cover Image for Genesis Electrified G80 im Test: Unterwegs im Chauffeur-Modus

Genesis Electrified G80 im Test: Unterwegs im Chauffeur-Modus

Daniel Krenzer  —  

Hinten rechts reist es sich in einer E-Limousine wie dem G80 am besten, doch auch auf dem Fahrersitz lässt es sich bis auf wenige Einschränkungen gut aushalten.

Cover Image for Diese 7 deutschen E-Autos haben ein gutes Preis-Reichweiten-Verhältnis

Diese 7 deutschen E-Autos haben ein gutes Preis-Reichweiten-Verhältnis

Daniel Krenzer  —  

Deutsche Elektroautos sind nicht unbedingt die günstigsten. Dennoch gibt es einige Modelle, die ein gutes Preis-Reichweiten-Verhältnis bieten.

Cover Image for Warum Niedersachsens Polizei lieber Audi fährt – und was das über VW verrät

Warum Niedersachsens Polizei lieber Audi fährt – und was das über VW verrät

Sebastian Henßler  —  

Niedersachsen bestellt bei Audi statt bei VW – und sendet damit ein zwiespältiges Signal. Warum der Auftrag mehr über den Konzern als das Land verrät.

Cover Image for Gezielt statt mit der Gießkanne: Verbände fordern sozial gerechte Förderung der E-Mobilität

Gezielt statt mit der Gießkanne: Verbände fordern sozial gerechte Förderung der E-Mobilität

Michael Neißendorfer  —  

Die Klima Allianz Deutschland appelliert an die Politik, die neue E-Auto-Förderung gezielt auf Menschen mit niedrigen Einkommen auszurichten.

Cover Image for Das „Deutsche Auto des Jahres“ wird nicht aus Deutschland kommen

Das „Deutsche Auto des Jahres“ wird nicht aus Deutschland kommen

Michael Neißendorfer  —  

Das deutsche Auto des Jahres wird nicht aus Deutschland kommen, aber wahrscheinlich ein E-Auto sein: Vier der fünf Finalisten fahren rein elektrisch.

Cover Image for Kia verdreifacht Elektroauto-Produktion in Europa

Kia verdreifacht Elektroauto-Produktion in Europa

Sebastian Henßler  —  

Kia plant in der Slowakei eine massive Ausweitung der Elektroauto-Produktion. Bis 2027 sollen EV2 und EV4 jeweils rund 100.000 Mal pro Jahr gebaut werden.