Induktionsladen: Technik mit 500 kW in Aussicht

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Chalmers University of Technology

Daniel Krenzer
Daniel Krenzer
  —  Lesedauer 5 min

Wissenschaftler der Göteborger Chalmers-Universität haben eine Technik entwickelt, mit der induktiv mit hoher Leistung elektrische Akkus aufgeladen werden können, ohne dass Mensch oder Maschine einen Ladestecker bedienen müssen. Das berichtet die technologische Universität in einer Pressemitteilung. Die Entwicklung sei soweit gediehen, dass die Technik bald der Industrie vorgestellt werden soll.

Möglich sei dies vor allem durch neue Halbleiter auf der Basis von Siliziumkarbid sowie einen neu entwickelten Kupferdraht, der so dünn wie ein menschliches Haar sein soll. Damit werde es nun deutlich realistischer, hohe Leistungen durch die Luft zu übertragen. „Elektrische Zahnbürsten tun dies schon seit Jahrzehnten. In den vergangenen Jahren haben Mobiltelefone und andere tragbare elektronische Geräte diese Technologie ebenfalls aufgegriffen. Für die hohe Leistung, die zum Aufladen der Batterien in einem Elektrofahrzeug erforderlich ist, erschien die kabellose Option bisher jedoch zu kompliziert und ineffektiv“, führt die Universität aus.

Allerdings stehe nun der Durchbruch bevor – vor allem für Anwendungsfälle, in denen häufig am Tag unter erschwerten Bedingungen geladen werden müsste. Als Beispiel nennen die Wissenschaftler Stadtfähren, die immer wieder über Flüsse oder Buchten hin- und herfahren. Auch Stadtbusse oder fahrerlose Elektrofahrzeuge, die in der Industrie, im Bergbau und in der Landwirtschaft eingesetzt werden, könnten demnach passende Anwendungsfälle darstellen. Schließlich seien extrem hohe Ladeleistungen nur mit sehr schweren und dicken Kabeln möglich – und diese lassen sich wiederum nicht so einfach handhaben.

„Man kann ein System in die Anlegestelle einbauen, das die Fähre an einigen Haltestellen auflädt, während die Passagiere ein- und aussteigen. Der Ladevorgang erfolgt automatisch und völlig unabhängig von Wetter und Wind und kann 30 bis 40 Mal pro Tag stattfinden. Das ist wahrscheinlich die naheliegendste Anwendung.“ – Yujing Liu, Professor der Fakultät für Elektrotechnik in Chalmers

Ermöglicht worden sei dieser Technologiesprung durch die rasante Entwicklung einiger Komponenten und Materialien, die neue Möglichkeiten eröffnet hätten. „Ein Schlüsselfaktor ist, dass wir jetzt Zugang zu Hochleistungshalbleitern auf der Basis von Siliziumkarbid, so genannten SiC-Bauteilen, haben. Diese sind als leistungselektronische Produkte erst seit wenigen Jahren auf dem Markt. Sie ermöglichen uns höhere Spannungen, höhere Temperaturen und eine viel höhere Schaltfrequenz im Vergleich zu klassischen, auf Silizium basierenden Bauteilen“, führt Yujing Liu aus. Das sei wichtig, da die Frequenz des Magnetfelds die Grenze dafür sei, wie viel Leistung zwischen zwei Spulen einer bestimmten Größe übertragen werden kann.

System weniger sperrig als bisherige

Frühere Systeme für das kabellose Aufladen von Fahrzeugen haben Frequenzen von etwa 20 kHz verwendet, ähnlich wie eine normale Herdplatte. Sie wurden sperrig und die Energieübertragung war nicht sehr effizient. Jetzt arbeiten wir mit viermal höheren Frequenzen. Dann wird die Induktion plötzlich attraktiv“, erklärt Yujing Liu weiterführend. Man stehe dafür im engen Kontakt zu Herstellern von SiC-Modulen – einer in den USA und einer in Deutschland. „Mit ihnen findet eine schnelle Produktentwicklung in Richtung noch höherer Ströme, Spannungen und Effekte statt. Alle zwei bis drei Jahre werden neue Versionen auf den Markt gebracht, die noch mehr aushalten können“, stellt der Professor fest.

Ein weiterer Technologiesprung betreffe die Kupferdrähte in den Spulen, die das oszillierende Magnetfeld aussenden und empfangen, was die eigentliche Brücke für den Energiefluss über den Luftspalt bildet. Hier sei es das Ziel, eine möglichst hohe Frequenz zu verwenden. „Mit Spulen, die mit gewöhnlichem Kupferdraht umwickelt sind, funktioniert das nicht, das würde zu sehr großen Verlusten bei hoher Frequenz führen“, sagt Yujing Liu. Stattdessen bestünden die Spulen nun aus geflochtenen Kupferseilen aus bis zu 10.000 Kupferfasern mit jeweils 70 bis 100 Mikrometer Dicke. Solche Geflechte aus so genanntem Litzendraht, die für hohe Ströme und Frequenzen ausgelegt sind, seien ebenfalls erst seit wenigen Jahren kommerziell verfügbar.

Außerdem gebe es eine neue Art von Kondensatoren, welche die Blindleistung hinzufügen, die eine Voraussetzung dafür sei, dass die Spule ein ausreichend starkes Magnetfeld aufbauen kann. Yujing Liu betont, dass das Laden von Elektrofahrzeugen mehrere Umwandlungsschritte umfasse – zwischen Gleichstrom und Wechselstrom und zwischen verschiedenen Spannungsniveaus. „Wenn wir sagen, dass wir einen Wirkungsgrad von 98 Prozent vom Gleichstrom in der Ladestation bis zur Batterie erreicht haben, bedeutet diese Zahl vielleicht nicht viel, wenn man nicht genau definiert, was überhaupt gemessen wird“, begründet er. Anders ausgedrückt: „Verluste treten auf, egal ob man normales, konduktives Laden verwendet oder mit Hilfe von Induktion lädt. Durch den jetzt erreichten Wirkungsgrad können die Verluste beim induktiven Laden fast so gering sein wie bei einem konduktiven Ladesystem. Der Unterschied ist so gering, dass er in der Praxis vernachlässigbar ist, er liegt bei etwa ein oder zwei Prozent.“

„Wir gehören wahrscheinlich zu den Besten der Welt, was den Wirkungsgrad in dieser Leistungsklasse zwischen 150 und 500 kW angeht.“ – Yujing Liu, Professor der Fakultät für Elektrotechnik in Chalmers

Yujing glaubt jedoch selbst nicht daran, dass die Induktionsladung das Laden mit einem Kabel irgendwann in allen Bereichen ersetzen wird. „Ich fahre selbst ein Elektroauto und kann mir nicht vorstellen, dass ich in Zukunft auf Induktionsladung angewiesen sein werde. Ich fahre nach Hause, stecke den Stecker ein – das ist kein Problem“, sagt er. Doch ist das kabellose Laden eine nachhaltigere Technologie als das Laden auf herkömmliche Weise? „Man sollte wahrscheinlich nicht behaupten, dass die Technologie selbst nachhaltiger ist. Aber sie kann die Elektrifizierung großer Fahrzeuge erleichtern und damit die Abschaffung beispielsweise von dieselbetriebenen Fähren beschleunigen„, sagt der Professor.

Quelle: Chalmers University of Technology – Pressemitteilung vom 02.02.2023

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.

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Herwig:

Für Nutzfahrzeuge mit hohem Strombedarf und sehr kurzen Stehzeiten vielleicht eine Lösung.
Aber diese Hochleistungsladung ist für die private Installation sicherlich viel zu teuer, braucht dazu auch die entsprechenden High-End-Komponenten im Fahrzeug!
Ich würde „Matrix Charging“ (easelink) bevorzugen, da kann man daheim langsam laden (AC bis 22 kW), und mit denselben Bauteilen im Auto auch unterwegs (DC derzeit bis 50 kW)!
Für mich persönlich wäre der Nachteil (aber auch bei Induktion), dass ich in meiner Garage zwei „Bodenstationen“ benötigen würde (um nicht ständig umparken zu müssen). Derzeit habe ich eine Wallbox, das Ladekabel hängt an einem Schwenkarm von der Decke und erreicht so beide Autos problemlos an ihrem Standplatz.

Wolfgang M.:

》Aber sie (die Induktion) kann die Elektrifizierung großer Fahrzeuge erleichtern und damit die Abschaffung beispielsweise von dieselbetriebenen Fähren beschleunigen„, sagt der Professor.《

Wenn schon der Professor darauf hinweist, dass dies für große Fahrzeuge gedacht ist, sollte hier nicht schon jeder Kommentator glauben, er könne übermorgen seine Ladekabel und Wallboxen entsorgen!!
Dies ist m.E. eine Lösung, die sauber abgestimmte Komponenten benötigt, die sicher keinen Mix von Transmittern jedweder China-Klitsche mit Receiverspulen jedes Herstellers erlauben. Daher ist der Einsatz wohl wirkich eher für einheitliche Fuhrparks oder Einzelbetriebe angedacht.

Josef:

Ist auch am entwickeln…Norwegen setzt es schon für Taxis und Busse im Testbetrieb ein.
Siemens entwickelt daran…
Wenn es nicht Herzschrittmacher sicher ist dann würde mich das extrem wundern.
Das es noch nicht in der Fläche vorhanden ist…geschenkt…aber das Kabelgedöns ist schlicht nur nervig.
Wireless Android Auto läßt grüßen…

Mr.Hu:

Ich war bisher eher ein Kritiker des induktiven Ladens, aber mittlerweile erscheint mir die Technik doch recht überlegen:

  1. besser geschützt gegen Vandalismus
  2. kein sperriges Ladekabel, das im schlimmsten Fall beim öffentlichen AC-Laden in Städten dreckig wird
  3. ermöglicht kleinere Batterien

Usw… natürlich viele schon tausendmal durchgekaute Aspekte, an der technischen Überlegenheit ändert das aber nichts:).

Ben:

Ich finde es immer wieder interessant das irgendwelche Startups oder Unis oder sonstwer Induktives laden mit nem Wirkungsgrad von fast 100% anbieten will aber kein einziger großer bekannter Hersteller, z.B. Mennekes, EnBW usw., hat auch nur Ansatzweise so was im Sinn und wenn man beim induktiven Laden nachfragt wird immer argumentiert das der Wirkungsgrad zu schlecht ist.
Bestes Beispiel die Sendung einfach genial im MDR, dort wurde induktives Laden von E-Autos schon Anfang der 2000er vorgestellt, mitlerweile müsste das System doch soweit entwickelt sein das es nen besseren Wirkungsgrad hat als das Kabel ???
Zum anderen muss man natürlich auch sagen das E-Auto Hasser beim induktiven laden leichtes Spiel haben, einfach ne Coladose auf die Platte legen und schon bricht der Ladevorgang ab, siehe Video von Björn Nyland.
Aber egal ich würde mich natürlich auch über ein solches System für zu Hause freuen, wenn auch in der Praxis der Wirkungsgrad so hoch ist und die Kosten sich im Rahmen halten,z. B.: Umrüstung von meiner WB zur Ladeplatte max. 500€ und dazu kommt noch das dieses System Herzschrittmacher sicher sein muss, sonst kann mein Vater unsere Gerrage nicht mehr nutzen.

Josef:

Bin auch ein Fan von induktiven Laden…

Alles mechanische mit Stecker und Kabel verschleißt mit der Zeit und muss gewartet werden. Wie z.B. die Buchse an der Ladesäule bei AC Lader…die eh schnarchlangsam sind mit max 22kw.

Zudem „spart“ man wertvollen Verkehrsraum.
In einer Straße mit Parkfläche, Fußweg und Radweg, kann man nicht noch 40cm Platz verschwenden um Ladesäulen zu installieren.

Eine Induktionsplatte auf der Parkfläche verändert in der Hinsicht nichts, ist vor Vandalismus geschützt und die Ladetechnik selbst, kann „irgendwo“ in Entfernung stehen. Wartung ist auch keine mehr nötig, außer an der Basisstation die die Technik enthält.
Abgesehen davon funktioniert es auch bei Schnee und Dreck und niemand muss mit versifften Kabel hantieren.

Ich stelle mir Autobahnraststätten vor bei denen alle Parkplätze eine solche Induktionsplatte haben…und keine Säulen und Ladegedöns.

Martin:

Wenn es tatsächlich gelingen sollte, die Effizienz der induktiven Ladung an jene der Steckerladung anzugleichen, würde dies einiges verändern.

Anders als Marc, sehe ich hierbei nicht den Privatanwender im Fokus. Die Verlegung der Induktionsspule dürfte einiges teurer als das Ladekabel sein. Und die über die Wallbox übertragenen Ladeleistungen erfordern auch kein extrem dickes Kabel, schließlich soll das Heimladen ja auch Batterie- und Netzschonend erfolgen.

Bei Ladestationen sieht es schon anders aus. Stecker und Kabel werden irgendwann zum Flaschenhals für die Ladeleistung werden, gerade auch im LKW-Bereich. Das Bewegen zunehmend starrer (weil dicker) werdender Kabel und die Steckvorgänge erzeugen ja auch irgendwo Verschleiß.
Die Ladespannung einfach weiter zu erhöhen, ist nun auch nicht so trivial.

Bei hochfrequent genutzten Ladestationen relativieren sich dann auch die Investitionskosten, zumal die Reparaturanfälligkeit sinken sollte. Jetzt stellt sich nur die Frage, ob die 500 kW für induktives Laden das nächste Zwischenziel oder das Ende der Fahnenstange bedeuten…

Marc:

Auch das kommt und es wird im nächsten Jahrzehnt eine sehr große Rolle spielen. Beim öffentlichen Laden wird es darauf hinauslaufen, dass viele Plätze mit Induktion ausgerüstet sind, aber über ein Loadbalancing eine relativ geringe Versorgungsleistung nötig wird. Privat wird es sich sowieso durchsetzen, denn der Komfort, den Wagen einfach nur noch abstellen zu müssen und trotzdem wird er über Nacht geladen, liegt klar auf der Hand. Das ist auch schon Teil der neuen ISO. Interessant fand ich in dem Zusammenhang, dass Tesla, die auf dem Investoren Tag wirklich gar nicht zu zeigen hatten, in einer Nebenfolie einen Tesla abbildeten, der in einer privaten Garage induktiv geladen wurde.

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