Importeinschränkungen der Türkei für chinesische Elektroautos

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Maria Glaser
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Nachdem die Europäische Union Untersuchungen gegen die chinesische Subventionspolitik auch im Bereich der Elektromobilität eingeleitet hat, hat die Türkei nun Maßnahmen erlassen, um die Importe chinesischer Elektroautos einzuschränken und damit den steigenden Importzahlen im sechstgrößten Automarkt Europas entgegenzuwirken.

Erst Anfang des Jahres wurde von der Türkei ein zusätzlicher Zoll von 40 Prozent auf importierte Elektroautos aus China erhoben. Als größter Importeur der Türkei haben chinesische Waren zu einem hohen Handelsdefizit des Landes beigetragen, wobei auch die Einfuhr von PKW eine bedeutende Rolle spielte.

Den neuen Maßnahmen zufolge, die vergangenen Monat in der Türkei vom Handelsministerium erlassen wurden, müssen künftig Unternehmen, die E-Autos in die Türkei importieren, mindestens 140 autorisierte Servicestationen haben. Diese müssen gleichmäßig über das Land verteilt sein und zudem muss für jede Marke ein Callcenter eröffnet werden. Mit diesen Maßnahmen soll Schutz für Kund:innen und Ordnung in die sich schnell entwickelnde Branche gebracht werden.

Während Importe aus der EU sowie aus Ländern mit Freihandelsabkommen ausgenommen sind, werden die Vorschriften vor allem als Schritt gegen den chinesischen Fahrzeugimport interpretiert.

Die neuen Vorschriften, so Erol Sahin, seien so streng, dass sie bis heute von keiner einzigen Marke eingehalten würden. Außerdem sagt der Geschäftsführer der Automobilberatungsfirma EBS, dass das größte Problem für Importeure darin bestehe, die Servicestationen selbst einrichten zu müssen, was Geschäfte mit autorisierten Drittanbietern erschwere.

Um der Verordnung nachzukommen, wurde den Importeuren eine Frist bis zum Ende des Monats gesetzt: für viele Unternehmen eine fast unmögliche Aufgabe. Daher seien die Hersteller einem Bericht von BNN Bloomberg zufolge bemüht, eine Änderung oder einen Aufschub der Maßnahmen zu erwirken.

Mehr Elektroautos auf türkischen Straßen

In den vergangenen Jahren sind Fahrzeuge mit Elektroantrieb in der Türkei immer beliebter geworden, im November machten sie einen Anteil von 7,1 Prozent an den gesamten PKW-Verkäufen aus. Dies entspricht nach Zahlen des Branchenverbands ODMD dem fast 10-fachen im Vergleich zum Vorjahr.

Einerseits hat zu diesem Erfolg die beliebte türkische Automarke Togg mit ihren elektrischen Modellen beigetragen, andererseits war aber auch der Import der relativ günstigen, chinesischen Marken sowie der US-amerikanischen Marke Tesla ausschlaggebend.

Bis Oktober dieses Jahres hat China als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt in nur 10 Monaten Elektroautos im Wert von 169 Millionen Euro in die Türkei verkauft, fast doppelt so viel wie im gesamten Jahr 2022.

Reaktionen auf die Maßnahmen

Dass es sich bei den Vorgaben um eine Schutzmaßnahme für nationale Automarken handeln könnte, findet Anklang bei Sahin von EBS: „Es wäre schade, wenn das Ziel darin bestünde, dass Togg ein paar tausend Autos mehr verkauft. Togg sollte sich auch auf dem heimischen Markt dem Wettbewerb stellen, um sich weiter zu entwickeln.“

Auch der General Manager von BYD in der Türkei, Ismail Ergun, kritisiert die Maßnahmen der Türkei, denn wenn die Regelungen wie geplant umgesetzt würden, könne es sein, dass die Importeure monatelang an der Grenze warten müssten.

Der chinesische Autokonzern BYD, der als größter Player auf dem chinesischen Markt die meisten Fahrzeuge verkauft, plant derzeit die Umsetzung der Vorgaben. Durch ein landesweites autorisiertes Servicenetz, für das bereits Verträge mit Händlern abgeschlossen wurden, sollen den Kund:innen entsprechende Dienstleistungen angeboten werden.

Als grundsätzlich richtig hinsichtlich des Schutzes der Kundschaft bezeichnet die Verordnung auch Kagan Dagtekin. Der CEO von Doğan Trend Otomotiv, dessen Unternehmen auch die Marke MG der chinesischen SAIC Motor Corp. vertreibt, sagt jedoch auch, dass das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden solle: „Wettbewerbsgesetze und ein fairer Umgang mit der bestehenden Händlerschaft sollten berücksichtigt werden.“

Quelle: BNN Bloomberg – Turkey Moves to Counter Rising Tide of Chinese EV Imports

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Maria Glaser

Maria Glaser

Aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich kommend, verbindet Maria Glaser bei Elektroauto-News.net seit 2023 ihre Liebe zum Text mit fachlichen Inhalten. Seit ihrem Studium in Berlin und Wien arbeitet sie im Bereich Lektorat, Korrektorat und Content Writing, vor allem zu Mobilität.

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MMM:

Natürlich.
In Anbetracht der Kursschwäche der türkischen Lira aber nachvollziehbar.
Dass der chinesische Staat „seine“ Autobauer aber massiv unterstützt – weitaus massiver, als das in Europa der Fall wäre – ist aber auch keine Neuigkeit.
So macht China das mit allen strategisch interessanten Technologien, siehe PV.

Robert:

das ist reiner Protektionismus kann man nicht anders sehen

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