Electra: „Death Valley“ im Lademarkt, doch wir investieren

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Electra

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Mit dem offiziellen Markteintritt im vergangenen November wagte der französische Ladeinfrastrukturbetreiber Electra den Schritt nach Deutschland – trotz eines „gesättigten“ Marktes und gebremsten Hochlaufs der Elektromobilität. „Deutschland haben wir uns lange vorbehalten, weil der Markt schon sehr etabliert ist. Es gibt viele Player, der Markt ist gesättigt. Er ist wegen seiner Größe und Finanzkraft aber interessant“, erklärt Kerstin Schmidt, Geschäftsführerin von Electra Deutschland. Mittlerweile seien bereits zehn Standorte im Bau, weitere Flächen gesichert, wie Schmidt gegenüber Edison zu verstehen gibt.

Electra positioniert sich bewusst als reiner CPO (Charge Point Operator) mit dem Ziel, Kundenerlebnisse an Ladepunkten spürbar zu verbessern. Dabei setzt das Unternehmen auf Details, die sonst oft zu kurz kommen: Überdachungen der Stationen, eine durchdachte Standortwahl und eine App-Funktion zur Reservierung von Ladevorgängen inklusive Navigation und automatischer Zeitverschiebung bei Verzögerungen. „Kann ich dort einkaufen? Kann ich vor Ort etwas essen oder auf Toilette gehen? Das sind Fragen, die sich unsere Kunden stellen. Da wollen wir liefern“, so Schmidt.

Electra startet allerdings zu einem schwierigen Zeitpunkt. „Unsere interne Bezeichnung für die aktuelle Marktsituation ist ‚Death Valley‘“, sagt Schmidt. Die Investitionsbereitschaft im Markt sei gesunken, viele kleinere Anbieter hätten kaum noch Spielraum für den Ausbau ihrer Infrastruktur. Grund sei ein ausbleibender Hochlauf der Elektromobilität, der bislang hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Zwar deckten viele Standorte gerade noch die laufenden Kosten, für Wachstum reiche das aber nicht. Dennoch blickt Electra zuversichtlich nach vorn: „Wir glauben, dass sich der Markt in den nächsten zwei Jahren konsolidieren wird; dass einige Player verschwinden oder fusionieren werden.“

Als positives Beispiel nennt Schmidt die neue Spark Alliance, eine Kooperation mit Atlante, Fastned und Ionity. Ziel sei es, für Endkunden eine attraktivere und konsistente Ladeerfahrung zu schaffen. Deutschland sei dabei besonders betroffen – nicht zuletzt, weil es hierzulande viele Vorreiter gab und hohe Summen investiert wurden: „Spanien und Italien leben da gefühlt noch in der Steinzeit.“

Ein zentrales Hemmnis beim Infrastrukturausbau bleibt der Netzanschluss – insbesondere wegen der komplexen Netzlandschaft mit mehr als 900 Verteilnetzbetreibern. „Viele Netzbetreiber tun sich bei Anschlussanfragen schwer. Der Prozess dauert lange“, so Schmidt. Electra versucht daher, pragmatisch vorzugehen – etwa mit Mittelspannungsanschlüssen oder Batteriespeichern, um Netzbelastungen zu verringern. Damit könne auch über die Niederspannung ausreichend Ladeleistung bereitgestellt werden.

„Wir müssen im urbanen Raum mehr Lademöglichkeiten schaffen“

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen sieht Schmidt die Branche an einem Wendepunkt: „Der Markt lernt gerade, was funktioniert und was nicht. Der Standort, lokale Partnerschaften und zuverlässige Rahmenbedingungen sind wichtig – sowohl für uns als CPO, aber auch für unsere Partner.“ Sie spricht von einer „zweiten Ladeinfrastrukturwelle“, bei der nicht nur gebaut, sondern strategisch geplant wird. Die aktuell schwache Nachfrage nach E-Autos hängt aus ihrer Sicht auch mit äußeren Faktoren zusammen: begrenzte Modellvielfalt, zu wenig urbane Ladepunkte und eine hohe Zahl an Mietverhältnissen, die Heimladen erschweren. „Wir müssen im urbanen Raum mehr Lademöglichkeiten schaffen. Der Endkunde muss das Gefühl haben, dass das Laden des E-Autos genauso einfach und bequem ist wie das Tanken an der Tankstelle.“

Electra will genau hier ansetzen – mit Fokus auf durchdachte Ladeorte, Komfort und digitale Funktionen. In einem schwierigen Umfeld will das Unternehmen nicht kurzfristig Rendite, sondern nachhaltig Infrastruktur schaffen, die den Alltag von E-Mobilisten erleichtert.

Quelle: Edison – „Der Markt lernt gerade, was funktioniert und was nicht“

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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No Fake:

Wie Du es in Deinem Kommentar bereits angeführt hast „sollten dort laden wo das BEV länger steht“ und genau das macht die Diskrepanz von Ladesäulenmenge und Auslastung aus. Den CPO ging oder geht es im Prinzip um Verdrängung und Marktdominanz. Ob man nun ein Fan dieser Marke oder eben auch nicht, aber Tesla hat sich nach Bedarf orientiert und stellt in regelmäßigen Umfragen die Frage nach gewünschten Standorten der Tesla-Fahrer.
Frage wäre, ob trotz der derzeitigen Marktlage ein zusätzlicher mit anderen Ansatz erfolgreich in den Markt eintreten kann.
Oder anders herum, wären die normale Preise wie früher an den Ladesäulen vorzufinden, würde man auch weitaus weniger daheim und auslastungssteigernd auswärtig laden als es derzeit eklatant der Fall ist.
Das hört sich rudimentär an, aber eindeutig Fakt ist, wer das Tarifchaos und die Preise an öffentlichen Ladesäulen sieht, der fährt doch schreiend an diesen vorbei und versucht alles Mögliche daheim zu laden, sofern das möglich ist. Da hört sich die Floskel, man kann es anders nicht nennen, die Attraktivität des Standortes schon blasphemisch und erfolglos an. Und wenn man beim Penny / REWE die Hälfte der EnBW-Ladesäulen bei überzogenen kWh-Preisen wochenlang out of order sind, hört sich das nach unausgegorenen oder einer der Verdrängungstheorie geschuldeten Geschäftsmodel an.
Effektiv viel mehr standortnahes Laden mit AC wäre die Bereinigung dieser CCS-Only Hochpreispolitik, aber bei einer Steinzeit-Zersplitterung in 900 Netzbetrieber in D, was will man da verlangen. Die nächsten vier Jahre oder auch länger wird auch die Politik darin nichts ändern, die verstehen die Technik, die Physik und den MArkt überhaupt nicht und träumen in Wasserstoff.

Daniel W.:

Vor kurzem gab es einen EAN-Artikel, dass viele Ladesäulen nur selten genutzt werden, da ist es fraglich, ob ein zusätzlicher Anbieter wirklich gebraucht wird.

Das E-Auto sollte dort laden wo es längere Zeit steht und da sehe ich neben dem eigenen Zuhause, vor allem Bau- und Supermärkte, Freizeiteinrichtungen und Firmenplätze als idealen Standort für Wallboxen und Ladestationen.

In meinem Wohnort mit 4.500 Einwohnern soll es laut chargefinder.com 8 Standorte mit Ladesäulen geben, u.a. beim Supermarkt mit 1 x 22 kW und 1 x 50 kW.

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