Ladepreise für E-Autos: Wer blickt da noch durch?

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EnBW

Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
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Wer einen Blick in die internationalen Zulassungszahlen wirft, kann in Europa einen deutlichen Trend hin zum Elektroauto erkennen. Gerade Konzerne wie Volkswagen, Stellantis oder Hyundai drücken neben Tesla immer mehr E-Mobile in die Märkte. Dass einige Anbieter öffentlicher Ladestationen die Preise anheben und die Struktur undurchsichtiger machen, erscheint indes wenig hilfreich für den E-Auto-Hochlauf.

Letztlich macht es die schiere Masse. Verglichen zum Zeitraum vor zwei oder drei Jahren wird das Angebot an Elektroautos in Europa immer größer. Auch wenn Hersteller und Politik längst verstanden haben, dass der Umstieg in die Elektromobilität deutlich länger dauern wird, als ehemals avisiert, gehen die Verkaufszahlen der elektrifizierten Modelle in vielen Ländern spürbar nach oben. Volkswagen hat seine Elektromodelle mit dem ID-Label mittlerweile ebenso ausgerollt wie Škoda oder Audi, und auch Porsche steigt zunehmend auf die Elektromodelle um. Konzerne wie Hyundai, Stellantis oder Renault-Nissan – in deutlich preissensibleren Segmenten unterwegs – legen bei den Elektroautos klassenübergreifend ebenfalls nach. Vom Kleinwagen bis zum Mittelklasse-SUV gibt es mittlerweile nahezu allenthalben Fahrzeuge, die nicht an einer Tankstelle halten müssen und stattdessen die Ladesäule bevorzugen.

Der Umschwung scheint langsam geschafft, doch da sorgen die Preisanhebungen einiger Ladenetzbetreiber ebenso für Irritationen wie die komplizierten Abrechnungsmodelle, die kaum mehr ein Nutzer versteht. Dabei sind die Kosten für eine Kilowattstunde Ladeenergie gerade im öffentlichen Bereich schon teuer genug. Da scheint es wenig hilfreich, die Preise noch weiter zu erhöhen. EnBW, einer der großen Netzbetreiber, bietet die Kilowattstunde Energie in seinem Ladetarif S aktuell ohne Grundgebühr für 0,59 Euro an. Zieht an der EnBW-Ladesäule ein Fremdnutzer Strom, erhöhen sich die Preise auf bis zu 0,89 Euro. Selbst im Ladetarif M mit einer monatlichen Mindestgebühr von 9,90 Euro verringert sich der Preis für EnBW-Kunden auf gerade einmal 49 Cent. Ähnlich sieht es in einer Metropole wie München aus. Der lokale Anbieter SWM will für eine kWh AC-Ladung 0,49 Euro und für DC-Schnellladung 0,69 Euro haben.

Nicht viel anders sieht es bei Ionity aus, dem Zusammenschluss einiger Autohersteller. Dabei sollten gerade die ein gestiegenes Interesse daran haben, dass der Umstieg in die Elektromobilität so schnell als möglich gelingt. Ohne eine monatliche Grundgebühr liegt der Mindestpreis für eine Kilowattstunde bei stattlichen 0,70 Euro. Nur mit einem entsprechen Laufzeitvertrag nebst Mindestgebühr reduziert sich der Preis auf bis zu 0,39. Wer vor Ort einfach an die Ladesäule fährt und per Kreditkarte bezahlt, zahlt sogar 0,75 Euro / kWh.

In Skandinavien oder den USA sind ein Großteil der Schnelllader nicht nur mit 400 kW Ladeleistung ausgestattet, sondern erlauben das Ad-hoc-Nachladen für umgerechnet weniger als 40 Cent. Der ADAC hatte jüngst erst beklagt, dass sich die Ladetarife zwischen einem Nachtanken mit oder ohne Vertragsbindung allzu groß unterschieden. Bei EnBW oder EWE Go liegt der Abstand zwischen den Tarifen mit oder ohne Vertrag zwischen 52 und 85 beziehungsweise zwischen 59 und 87 Cent. So wollen die Betreiber die Kunden dazu bringen, in einen Laufzeitvertrag einzusteigen.

Maingau, lange Zeit mehr als ein Geheimtipp unter Fahrern eines Elektroautos, hebt seine Preise Mitte August ebenfalls an. Die Kilowattstunde kostet an einem Schnellader, der oftmals noch nicht einmal 300 kW oder mehr bietet, dann 0,62 Euro. An bestimmten Ladepunkten, unter anderem bei den beliebten Hyperchargern von Aral, Eon, EnBW oder EWE Go sind es sogar bis zu 0,82 Euro. Nur an den müden AC-Ladern wird es für Maingau-Kunden 0,10 Euro pro kWh günstiger.

Tesla hat seine Ladepreise gerade außerhalb der Hauptgeschäftszeiten gegen den Trend gesenkt. Anders als andere Anbieter variieren die Preise an den beliebten Tesla-Superchargern und liegen in der Nebenzeit zumeist zwischen 0,32 und 0,48 Euro pro Kilowattstunde. In den Nachmittags- und frühen Abendstunden sind es je nach Nachfrage zwischen 0,48 und 0,60 Euro – ebenso wie für Nachtanker von Fremdmarken. Das liegt etwas unter dem Niveau von Shell, die von den Kunden ohne Monatsgebühr 0,56 bis 0,67 Euro haben wollen. Bei Fremdnutzern sind es sogar 79 Cent – zuzüglich einer Transaktionsgebühr von 0,35 Euro.

Gerade in den überfüllten Innenstädten hat da mancher Nachtlader schon seine böse Überraschung erlebt. Ein stetes Ärgernis bleiben die Blockiergebühren, die viele Netzbetreiber oder städtischen Betreiber berechnen. EnBW oder EWE Go verlangen ebenso wie viele Ladesäulen von städtischen Betreibern, bereits ab vier Stunden Ladezeit 10 Cent Strafgebühr. Bei einigen ist die auf 12 oder 24 Euro begrenzt. Happig bleibt es allemal – und wenig hilfreich für die Elektromobilität.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.

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