Fraunhofer FFB: Natrium-Ionen-Batterien kurz vor Massenproduktion

Cover Image for Fraunhofer FFB: Natrium-Ionen-Batterien kurz vor Massenproduktion
Copyright ©

Shutterstock / 2131442191

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Einer aktuellen Studie der Fraunhofer FFB und der Universität Münster zufolge stehen Natrium-Ionen-Batterien an der Schwelle zur industriellen Massenproduktion. Besonders für Anwendungen mit geringeren Anforderungen an die Energiedichte bieten sie bereits heute eine tragfähige und nachhaltige Alternative. Erwartete Materialoptimierungen könnten dazu führen, dass Natrium-Ionen-Batterien in den kommenden Jahren auch in Elektroautos vermehrt zum Einsatz kommen. In China sind bereits einige E-Autos mit der neuen Batterietechnologie auf der Straße, auch in stationären Energiespeichern sind die Akkus auf Basis von Salz bereits im Einsatz.

Natrium-Ionen-Batterien gelten als umweltfreundlich, jedoch häufig auch als leistungsschwach. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese pauschale Bewertung zu kurz greift“, fasst Studienautor Philipp Voß zusammen, er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fraunhofer FFB. Die Technologie sei vielfältiger als bislang angenommen. „Je nach Zellchemie unterscheiden sich die Energiedichte und die Klimabilanz zum Teil erheblich“, erklärt Voß. Die Studie belegt erstmals diese Differenzierung durch eine umfassende Modellierung auf Basis industrieller Produktionsdaten im Maßstab von Gigafabriken mit Fokus auf die Energiedichte und den CO₂-Fußabdruck.

Batterietechnologien der nächsten Generation spielen eine Schlüsselrolle für die Energie- und Mobilitätswende. Natrium-Ionen-Batterien gelten als vielversprechende Alternative zu Lithium-Ionen-Technologien, vor allem aufgrund besserer Verfügbarkeit der Rohstoffe und potenziell geringeren Umweltwirkungen. In der Studie wurden ausschließlich Zellchemien und Materialien untersucht, die gegenwärtig von kommerziellen Herstellern verfolgt und weiterentwickelt werden.

Die Studienergebnisse zeigen: Aktuell speichern Natrium-Ionen-Batterien noch weniger Energie als Lithium-Ionen-Batterien auf Basis von Lithium-Eisenphosphat (LFP), insbesondere bezogen auf das Volumen. Den Studienautoren zufolge lässt sich dieser Rückstand durch gezielte Materialoptimierung verringern und bei einzelnen Zellchemien sogar vollständig ausgleichen. „Zellen mit Schichtoxid-Kathoden zählen zu den vielversprechendsten Kandidaten unter den Natrium-Ionen-Batterien. Sie erzielen die höchsten Energiedichten unter den untersuchten Zelltypen“, erklärt Voß.

Auch beim CO₂-Fußabdruck schneiden viele Natrium-Ionen Zellchemien laut der Studie bereits gut ab. Besonders die Verwendung von Hartkohlenstoff (Hard Carbon) als Anodenmaterial zeige Vorteile. Im Vergleich zum in Lithium-Ionen-Batterien verwendeten synthetischen Graphit, dessen Herstellung besonders energieintensiv ist, lässt sich Hard Carbon deutlich klimafreundlicher produzieren. „Der geringe Energieverbrauch bei der Herstellung von Hard Carbon senkt nicht nur die Emissionen, sondern auch die Kosten für das Anodenmaterial – ein entscheidender Vorteil gegenüber der Lithium-Ionen Technologie“, erläutert Simon Lux.

Allerdings zeigt sich bei der Energiedichte eine Schwäche: Während Batteriezellhersteller auf der Kathodenseite unterschiedliche Materialien einsetzen, ist Hard Carbon das dominierende Anodenmaterial. Dieses hat aktuell eine deutlich geringere spezifische Energie als das Graphit in der klassischen Lithium-Ionen-Batterie. Allerdings bietet Hard Carbon noch Spielraum für Leistungssteigerungen. Laut der Studie könnten gezielte Materialverbesserungen die Energiedichte erhöhen und Emissionen um bis zu elf Prozent senken. „Hard Carbon ist heute noch der Engpass bei der Energiedichte“, sagt Lux. „Aber das Entwicklungspotenzial ist groß. Mit gezielten Optimierungen lässt sich die Lücke zu Lithium-Eisen-Phosphat in absehbarer Zeit schließen“.

Natrium-Ionen-Batterien auf dem Weg in den Massenmarkt

Schon jetzt drängen Natrium-Ionen-Batterien auf den Batteriemarkt und mehrere Unternehmen verfolgen Pläne für eine Produktion im Gigafactory-Maßstab. Die Drop-In-Technologie in bestehende Fertigungslinien für Lithium-Ionen-Batterien senkt die Markteintrittsbarrieren erheblich und beschleunigt die Produktionssteigerung. „Mit Natrium-Ionen-Batterien haben wir die Chance, uns geostrategisch unabhängig von Ländern wie China zu machen“, betont Simon Lux. „Um dieses Potenzial zu heben, ist eine gezielte Förderung von Forschung und Entwicklung von Natrium-Ionen-Batterien unerlässlich.“

In der Studie „Benchmarking state-of-the-art sodium-ion battery cells – modeling energy density and carbon footprint at the gigafactory-scale“ wurden ausschließlich Zellchemien und Materialien analysiert, die aktuell von kommerziellen Herstellern verfolgt werden. Grundlage der Bewertung sind Prozesse im industriellen Maßstab: Von der Aktivmaterialsynthese bis zur Zellproduktion im Gigawattstundenbereich. Die zugrunde liegenden Produktionsdaten stammen von den Maschinen der Fraunhofer FFB. Betrachtet wurden großformatige Zellen im Industriemaßstab. Die Studie ist in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Energy & Environmental Science frei zugänglich.

Quelle: Fraunhofer FFB – Pressemitteilung vom 31.07.2025

worthy pixel img
Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Ähnliche Artikel

Cover Image for Tesla verliert in Europa weiter an Boden

Tesla verliert in Europa weiter an Boden

Sebastian Henßler  —  

Teslas Zulassungen brechen in Europa weiter ein – in Schweden minus 86 Prozent, auch Frankreich und Dänemark melden deutlich sinkende Verkaufszahlen.

Cover Image for Shell senkt Schnelllade-Preise kurzzeitig auf 39 Cent je kWh

Shell senkt Schnelllade-Preise kurzzeitig auf 39 Cent je kWh

Sebastian Henßler  —  

Shell senkt vom 1. bis 3. August die Strompreise an Ultraschnellladern in Deutschland auf 39 Cent je kWh – mit e-Deal sogar auf nur 29 Cent.

Cover Image for HUK-E-Barometer: Private und Vielfahrer entdecken Elektroautos neu

HUK-E-Barometer: Private und Vielfahrer entdecken Elektroautos neu

Michael Neißendorfer  —  

Privatleute steigen so häufig von Verbrenner- auf Elektroautos um wie zuletzt Ende 2023. Und Vielfahrer sogar noch häufiger als Wenigfahrer.

Cover Image for Stellantis meldet Milliardenverlust

Stellantis meldet Milliardenverlust

Maria Glaser  —  

Der europäische Konzern gab am Dienstag die Ergebnisse für das erste Halbjahr 2025 bekannt und veröffentlichte die aktualisierte Finanzprognose.

Cover Image for Elektroauto-Batterien: Erst Second-Life, dann Recycling

Elektroauto-Batterien: Erst Second-Life, dann Recycling

Michael Neißendorfer  —  

Ein Forschungsteam vergleicht am Beispiel Kalifornien verschiedene Strategien zur Nutzung von Altbatterien aus Elektroautos.

Cover Image for Milliarden-Deal: Tata Motors übernimmt Lkw-Geschäft von Iveco

Milliarden-Deal: Tata Motors übernimmt Lkw-Geschäft von Iveco

Tobias Stahl  —  

Der italienische Nutzfahrzeughersteller Iveco wird zerschlagen: Das Lkw-Geschäft soll für einen Milliardenbetrag an den indischen Hersteller Tata Motors gehen.