Donald Trump und die internationale Autoindustrie: Angespannte Zeiten

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VW

Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
  —  Lesedauer 5 min

Donald Trump wird heute zum zweiten Mal Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und viele können es nach wie vor kaum fassen. Die Auswirkungen für die europäische Autoindustrie sind deutlich intensiver als 2016.

Nein, einfach wäre es für die europäischen und speziell deutschen Autohersteller auch nicht geworden, wenn Kamala Harris die Präsidentschaftswahlen gewonnen hätte. Auch sie hatte sich ebenso wie Joe Biden als 46. Präsident für eine Stärkung der eigenen Firmen eingesetzt. Auch wenn sich Elektropionier Elon Musk im erweiterten Trump-Beraterteam immer wieder in Szene setzte, proklamiert Donald Trump in seiner zweiten Amtsperiode eine Abkehr von grünen Technologien. Der reale Wettbewerb soll es richten, mit welchem Antrieb Fahrzeuge unterwegs sind, und damit folgt er jener Meinung, die übrigens auch Elon Musk verfolgt, obschon Tesla ausschließlich Elektroautos im Angebot hat. Eine Abkehr von Verbrennern wie in Europa Mitte des kommenden Jahrzehnts wäre undenkbar in den USA, denn es gilt, die eigene Industrie zu stärken – mehr denn je mit einem Donald Trump an der Spitze des Landes.

Das größere Problem sind die Strafzölle, mit den denen Trump im Wahlkampf lautstark polterte. Die US-Wirtschaft solle getreu dem Motto „America First“ gestärkt werden, und das hat nicht allein Auswirkungen auf die Wirtschaftsbeziehungen zu China, sondern auch zu einem nicht allein automobil gesehen immer weniger einflussreichen Europa mit dem Autoantreiber Deutschland. Anders als in Süd- und Mittelamerika spielen chinesische Fahrzeuge in Nordamerika bisher keinerlei Rolle; erst im Herbst erhöhte die Biden-Regierung die 25 Prozent Strafzölle für Elektroautos aus China auf 100 Prozent. Daran dürfte sich erst einmal nichts ändern.

Hersteller wie BMW, Volkswagen oder Mercedes betreiben längst große Produktionsstätten in den Vereinigten Staaten. Allen voran BMW hat seit rund drei Jahrzehnten eine gigantische Fertigung in Spartanburg, South Carolina. Im Laufe der Jahre wurde das Südstaatenwerk, in dem insbesondere die größeren X-SUV-Modelle vom Band laufen, mit rund 450.000 Autos zur größten Fertigung von BMW überhaupt – deutlich größer als München, Dingolfing oder Regensburg; und das zu deutlich geringeren Kosten.

Doch BMW verkauft in den USA auch seine Limousinen der 3er, 5er oder 7er Reihe sehr erfolgreich. Diese Modelle müssen zumeist aus Europa importiert werden, und BMW entschied sich vor Jahren, eine weitere Fertigung für kleinere Autos in Mexiko (San Luis Potosi) zu installieren. Ab 2027 sollen hier auch die Modelle der Neuen Klasse für ganz Amerika gefertigt werden, vor einem Jahr gab es die Grundsteinlegung für eine Batteriefertigung. Das könnte ebenso zum Problem werden wie die noch junge Audi-Fertigung im mexikanischen San José Chiapa, denn Donald Trump will auch die Zollgrenzen gegenüber Mexiko deutlich erhöhen.

Während sich nahezu alle Premiumhersteller längst mindestens eine Produktion in den USA gesichert haben, sieht es bei Audi und auch Porsche schlecht aus. Setzt Donald Trump die wortreich inszenierten Strafzölle zwischen 10 und 25 Prozent um, wird das auch für deutsche Marken zum teuren Ärgernis. Nicht anders ergeht es Mercedes. Die Schwaben fertigen am Standort Tuscaloosa / Alabama ebenso wie BMW in erster Linie die großen SUV vom Typ GLE, GLE Coupé sowie dem GLS und dem GLS Maybach. Seit 2022 werden dort ebenfalls die vollelektrischen Modelle EQS SUV und EQE SUV gefertigt und seit 2023 auch der neue Mercedes-Maybach EQS SUV. Die Akkus für die EQ-Modelle kommen aus einer Batteriefabrik im benachbarten Bibb County. Doch Coupés oder Limousinen wie C-Klasse, E-Klasse, S-Klasse oder auch der neue CLA (wahlweise als Elektromodell oder Hybrid) werden ebenfalls aus Deutschland in die USA importiert. Das könnte nicht nur durch die Strafzölle teuer werden, sondern auch durch die damit häufigen Anforderungen an regionale Komponenten (Local Content).

Auch VW gerät unter Zugzwang

Volkswagen gerät ebenfalls unter Zugzwang, denn die Fertigung in Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee ist mit VW Atlas und ID.4 deutlich kleiner als ehemals geplant. Viele der US-Modelle – egal ob elektrisch oder Verbrenner – kommen aktuell aus Mexiko, Brasilien oder gar Argentinien nach Nordamerika. Setzt Trump hier seine geplanten Strafzölle durch, kann kaum einer der Hersteller kurzfristig handeln und seine Modelle auf andere Linien in den USA umschwenken lassen. Die Produktionsplanungen nehmen zumeist mehrere Jahre Vorlauf in Anspruch.

Doch auf ein Muskelspiel mit dem neuen US-Präsidenten dürfte sich kaum einer der CEOs der europäischen Konzerne einlassen. In wirtschaftlich schweren Zeiten steht zu viel auf dem Spiel und so waren gerade in den Wochen seit der Trump-Wahl eher seichte Stimmen zu hören, dass man die US-amerikanischen Werke ebenso stärken wollte wie Kooperationen. Volkswagen beispielsweise ist erst vor kurzem eine milliardenschwere Zusammenarbeit mit dem Elektro-Start-Up Rivian eingegangen.

Reagiert hat vor Jahren bereits Volvo, die zum chinesischen Geely Konzern gehören. Der neue Oberklasse-SUV EX90 läuft in Charleston / South Carolina vom Band. Ganz ähnliche Fertigungen gibt es seit Jahren bei Marken wie Mazda, Toyota / Lexus, Hyundai / Kia, Nissan oder dem Stellantis-Konzern mit seinen US-Labeln Jeep, Dodge oder Ram. Wer in den USA auf lange Sicht erfolgreich sein will, wird seine hier angebotenen Fahrzeuge auch in den Vereinigten Staaten produzieren müssen; auch um Vertrauen und Rückendeckung der nationalen Händlerschaft zu haben, die in den USA weitaus mächtiger als in Europa sind.

Auch für Zulieferer wird es problematisch

Problematisch wird die Situation nicht allein für die Autohersteller selbst, sondern auch für europäische Zulieferer wie ZF, Bosch, Magna, Schaeffler oder Gestamp, die derzeit ohnehin in einer angespannten Lage gegen schwindende Erträge und Marktnachfrage kämpfen müssen.

Doch auch Trump wird sich der Wichtigkeit der europäischen Autohersteller für seine Nation bewusst sein, denn hier geht es nicht um bis zu 150.000 Arbeitsplätze und Wählerstimmen, sondern auch den Standort USA. BMW beispielsweise ist seit Jahren der größte Autoexporteur aus den Vereinigten Staaten heraus – genau das dürfte nach dem Geschmack von Donald Trump und der neuen republikanischen Regierung sein.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.
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MMM:

Da wird man auch diskutieren müssen.
BMW z.B. kann in Spartanburg 450.000 SUVs bauen – verkauft in den USA aber „nur“ ca. 370.000 Autos. Die sind, wenn man bedenkt, dass Limousinen etwas billiger sind als SUVs – aber weniger Umsatz „wert“ als 370.000 SUVs, wie sie produziert wurden.
In Summe hat BMW in den USA also einen ganz netten „Exportüberschuss“. Entweder nimmt das die Regierung „wohlwollend zur Kenntnis“ und verrechnet das, oder…

Wenn Trump die Einfuhrzölle erhöht, wird die EU ähnliches tun müssen.
Falls keine Verrechnungslösung möglich ist, heißt das für BMW, dass
– sich der Export von SUVs in die EU nicht mehr rechnet
– sich der Import von Limousinen in die USA nicht mehr rechnet.
BMW wird also mittelfristig beides nicht mehr tun können: Import in, und Export aus den USA. In Summe wird das bedeuten, weniger Autos in den USA zu bauen, sondern mehr in z.B. Mexiko, einfach weil das beim Export in die EU günstiger ist. Arbeitsplätze in den USA schafft das nicht.

Natürlich geht das nicht von heute auf morgen, aber bei BMW ist man dank der „Mischplattformen wie beim i4/ i5/ i7 und anderen Modellen gewohnt, unterschiedliche Modelle in einer Fabrik oder sogar auf einer Linie zu fertigen.

Für VW und andere sieht das schon deutlich düsterer aus. Von heute auf morgen baut man kein Autowerk,und ob sich das überhaupt rechnet, eins zu bauen, steht nochmal auf einem anderen Blatt.
Für die frischen Expansionspläne von Cadillac & Co. in die EU dürfte das aber auch das Ende bedeuten – auf die Stückzahlen, die sie für eine Fabrik hierzulande brauchen, kommen sie so schnell nicht.

Pedro G.:

Trump ist ein Deal Maker !
Die europäischen Hersteller machen ein Geschäft mit Trump
> für 3 in Amerika produzierten Autos <
kann 1 in Europa produziertes Auto zum normalen Tax importieren werden !

Daniel W.:

Eines von Trumps Zielen dürfte ein ähnliches sein, das in den 1990ern den EV1 und weitere E-Autos wieder in der Versenkung verschwinden ließen.

– – – – –

Trump macht weitere Biden-Dekrete rückgängig

… Biden untersagte 2023 Ölbohrungen auf einem Gebiet von fast 65.000 Quadratkilometern in Alaska – eine Fläche etwas kleiner als Bayern. Auch das wird aufgehoben. Eher symbolisch ist das Ende des Ziels von 2021, dass die Hälfte aller in den USA verkauften Neufahrzeuge 2030 elektrisch sein sollen. Dieses Dekret von Biden war nicht juristisch bindend.
(Quelle: n-tv.de – 21.1.2025)

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General Motors EV1

Das General Motors EV1 war in den 1990ern in Kalifornien das erste moderne speziell entwickelte und in Serie gebaute Batterie-Elektroauto mit Reichweite über 100 Kilometern mit Bleiakkus, später mit einer NiMH-Batterie um die 200 km.

Die California-Air-Resources-Board-Gesetzgebung des Jahres 1990 (Clean Air Act und Zero Emission Mandate) legte fest, dass bis 1998 mindestens zwei Prozent und bis 2003 zehn Prozent der neu zugelassenen Autos emissionsfrei sein sollten.

… Nach der Lockerung der CARB-Gesetze auf Druck der Autoindustrie wurde das EV1-Programm von GM beendet, …
(Quelle: Wikipedia)

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Ich gehe davon aus, dass Trump seinen versprochenen Kahlschlag auch ausführen wird, wenn ihn niemand aufhält und danach sieht es momentan nicht aus.

Christian:

So kann man gar keine Firma planen. Ständig politische Unsicherheit egal ob in den USA oder hier.

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