Deutschland subventioniert fossile Dienstwagen mit knapp 14 Milliarden Euro pro Jahr

Cover Image for Deutschland subventioniert fossile Dienstwagen mit knapp 14 Milliarden Euro pro Jahr
Copyright ©

Shutterstock / 1204130884

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Die Bundesregierung subventioniert jedes Jahr fossil betriebene Dienstwagen mit 13,7 Milliarden Euro und erschwert damit den Umstieg auf E-Mobilität, so eine neue Studie von Transport & Environment (T&E). Damit zählt Deutschland zu den Spitzenreitern unter den Ländern, die vom Beratungsunternehmen Environmental Resources Management (ERM) im Auftrag von T&E untersucht wurden. Lediglich Italien bezahlt mit 16 Milliarden Euro mehr Subventionen für umweltschädliche Dienstwagen. T&E fordert von der Bundesregierung eine umfassende Reform der Dienstwagenbesteuerung, um trotz knapper Haushaltskassen den heimischen Absatzmarkt für E-Autos stärker anzukurbeln.

Die Studie untersucht die Effekte der wichtigsten Steuervergünstigungen, die traditionell für Dienstwagen gewährt werden und privaten Autobesitzenden nicht zur Verfügung stehen. Dazu zählen der Vorsteuerabzug, Abschreibungen, die Pauschalbesteuerung des geldwerten Vorteils von Dienstwagen und Tankkarten. Statt sich auf Durchschnittswerte oder einzelne Beispielmodelle zu beziehen, wurden die Steuervorteile für alle zugelassenen Automodelle berechnet. Analysiert wurden die sechs größten Automobilmärkte Europas. In der Summe subventionieren sie fossil betriebene Dienstwagen mit 42 Milliarden Euro pro Jahr: Italien (16 Mrd. Euro), Deutschland (13,7 Mrd. Euro), Frankreich (6,4 Mrd. Euro) Polen (6,1 Mrd. Euro) und Spanien (0,1 Mrd. Euro).

Im Vereinigten Königreich werden Verbrenner deutlich höher besteuert als E-Dienstwagen. Diese Anreize haben der E-Mobilität den notwendigen Anschub gegeben. 21,5 Prozent der neuen Dienstwagen in Großbritannien fahren bereits elektrisch. In Deutschland sind die steuerlichen Anreize zu gering, um den Umstieg auf E-Mobilität zu fördern. Für ein geleastes E-Auto wie den VW ID.4 entsteht für den Arbeitgeber ein Steuervorteil von nur 12 Euro pro Jahr gegenüber einem vergleichbaren Verbrenner wie dem VW Tiguan. Im ersten Halbjahr 2024 waren daher nur 11,7 Prozent der gewerblichen Neuzulassungen elektrisch, im Gegensatz zu 16,6 Prozent bei privaten Neuzulassungen.

Je größer das Auto, desto höher die Steuervorteile

Die Studie zeigt zudem, dass es höhere klimaschädliche Steuervorteile gibt, je größer das Auto ist. Auf einen geleasten Opel Corsa kommen in Deutschland Subventionen in Höhe von 4015 Euro pro Jahr, auf einen geleasten Audi A6 fast doppelt so viel. Vor allem mit fossilen Brennstoffen betriebene SUV-Dienstwagen erhalten hohe Steuervorteile, die jährlich zwischen 6477 und 8544 Euro liegen. Dies erklärt auch, warum Unternehmen mehr klimaschädliche SUV zulassen als private Haushalte. Von den insgesamt 13,7 Milliarden jährlichen Subventionen für fossile Dienstwagen gehen 4 Milliarden an SUV.

Unser Steuersystem bietet keinen echten Anreiz, auf E-Dienstwagen umzusteigen. Jedes Jahr subventionieren wir fossile Dienstwagen mit Milliarden, während deutsche Hersteller wie zuletzt VW über einen schwachen heimischen Absatzmarkt für E-Autos klagen“, sagt Susanne Goetz, Referentin für E-Mobilität bei T&E Deutschland. Es werde „höchste Zeit, dass der Staat unser Geld in die Technologie der Zukunft steckt. Das wäre gut für das Klima und die Industrie.“

In Deutschland entfallen zwei Drittel aller Neuzulassungen auf gewerblich genutzte Autos. Knapp die Hälfte dieser Firmenwagen sind Dienstwagen, die neben der geschäftlichen Nutzung auch privat gefahren werden dürfen. T&E fordert daher von der Bundesregierung, dass bei der anstehenden Reform der Dienstwagenbesteuerung und Abschreibungsregeln für Firmenwagen Folgendes umgesetzt wird:

  • Die angekündigten Sonderabschreibungen für gewerblich zugelassene E-Autos sollten mit reduzierten Abschreibungsmöglichkeiten für Verbrenner eingeführt werden.
  • Der pauschale Steuersatz bei der Dienstwagenbesteuerung für Verbrenner soll auf 2 Prozent erhöht werden, um eine höhere Spreizung zwischen dem Preis für Elektroautos und der auslaufenden Verbrenner-Technologie zu schaffen. Zudem soll der Steuersatz mit dem CO₂-Ausstoß des Autos steigen.
  • Die im Koalitionsvertrag angekündigte Anpassung des Steuersatzes für Plug-in-Hybride muss umgesetzt werden.

Neben steuerlichen Maßnahmen sollten nach dem französischen Beispiel auch in Deutschland Programme wie Social Leasing auf den Weg gebracht werden. Social Leasing ermöglicht es Bevölkerungsgruppen, die bislang keinen Zugang zu E-Autos hatten, diese vergünstigt zu leasen. Gleichzeitig schaffe die Maßnahme mehr Planungssicherheit bei den Herstellern. Erst vor wenigen Tagen hat der deutsche Bundesrat die Bundesregierung dazu aufgefordert, eine ähnliche Förderung in Deutschland einzuführen. 

Susanne Goetz sagt: „Die Bundesregierung hat mit der Wachstumsinitiative den ersten Schritt getan, um das enorme industriepolitische Potential der Firmen- und Dienstwagenbesteuerung zu nutzen, indem sie gewerbliche E-Autos attraktiver gemacht hat. Das reicht aber längst nicht“.

Was fehle, sei „der Mut zum effizienteren Schritt: Verbrenner unattraktiver zu machen. Damit tun wir uns in Deutschland im Vergleich zum Belgien oder dem Vereinigten Königreich leider schwer. Dabei könnten wir die zusätzlichen Steuereinnahmen gut brauchen, um E-Autos für Haushalte mit niedrigen Einkommen bezahlbar zu machen. Die Lösungen liegen schon lange auf dem Tisch. Wir müssen sie nur umsetzen.“

Quelle: Transport & Environment – Pressemitteilung vom 21.10.2024

 

worthy pixel img
Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
Sidebar ads

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Hiker:

Sie können das schönrechnen soviel Sie wollen. Letztlich sind es die nackten Zahlen die verdeutlichen wieviel der Staat an Steuergeldern einsetzt um Umweltschädliche Energieformen zu stützen. Das und nur das ist letztlich relevant.

Dr.-Ing. Ulrich BAHL:

Verbrenner enorm bevorteilt!

thomas:

Wenn ich etwas nicht kaufen würde, dann wäre es ein ehemaliger Dienstwagen.
Egal ob Diesel oder Strom.

Gemeinhin werden diese Fzg.e nicht genutzt, sondern malträtiert.
Klar gibt es sorgfältige Dienstwagenfahrer, aber das ist die Minderheit.
Die Nutzung kostet den Fahrer ja nichts, und so werden die Kisten meist auch behandelt.

Und das betrifft auch die Ladung.
Es dürfte unstrittig sein, daß regelmäßiges Schnelladen der Lebensdauer des Akkus schadet.
Wie bitte schön soll der der gemeine Dienstwagenfahrer die wohlmeinenden Ratschläge des Tüv beherzigen: https://www.tuev-nord.de/de/privatkunden/verkehr/auto-motorrad-caravan/elektromobilitaet/elektroauto-batterie/, wenn er keine Garage hat, im Gebirge wohnt und an einem Tag 2x laden muss, damit er seine Termine schafft?

Den Unternehmen ist es meist herzlichst egal, was die dienstwagneberechtigten Fahrer haben wollen, ggf. mal abngesehen von der Marke.
Klar gibt es Unternehmen, die Elektro vorschreiben, aber ehrlich: in Zeiten von Personalmangel allerorten…

Ach ja: 30 Jahre Autohaustätigkeit, falls jemand meint, mich zum Umgang der Dienstwagenfahrer mit ihren Autos oder zum Bestellverhalten von Unternehmen belehren zu müssen…

Andreas:

Nochmal: Die Abschreibung von Wirtschaftsgütern über die voraussichtliche Nutzungsdauer ist gängige Praxis global.

Der Verkaufserlös/-verlust muss ja trotz buchhalterischer Abschreibung entsprechend in den Bilanzen berücksichtigt werden, damit ändert sich durch die Abschreibedauer im großen und Ganzen nicht mal viel über die gesamte Nutzungsdauer, ob das Auto nun über 6 Jahre abgeschrieben wurde oder über 4. Am Ende wird sowieso abgerechnet und der Verkaufserlös gegengerechnet. Vollkommen egal, ob BEV oder Diesel.

Das ist weder eine Subvention noch eine Förderung, sondern normales Business-1×1.

Subvention ist dagegen die Viertelung des geldwerten Vorteils. Da bin ich auch grundsätzlich dafür, da es grundsätzlich eine freiwillige Entscheidung (mit im Falle BEV deutlich besseren Konditionen, während beim Verbrenner die ziemlich hohen Steuern fällig werden, wie bereits in der Vergangenheit) bleibt. Damit kann der Nutzer in der Regel die für ihn passende Antriebsart wählen und zahlt bei einem BEV deutlich weniger Steuern auf dem Privatnutzen. Hier gibt es dann auch ein wenig „Dienstwagenprivileg“ beim BEV, davon kann man bei einem Verbrenner mit 1% plus 0,03% pro km Arbeitsweg zu versteuerndes Einkommen kaum sprechen. Höchstens von einem kleinen Entgeltbestandteil.

Stefan:

Ob subventioniert oder gefördert ist im Endeffekt kein Unterschied. Bei der Dienstwagen Besteuerung werden die Nutzer subventioniert und nicht die Firmen.
Durch eine schneller Abschreibung der e-Autos würden die Firmen direkt gefördert und hätten ein wirtschaftliches Eigeninteresse ihre Dienstwagen umzustellen.
Immer diese Behauptungen von einer grüner Ideologie finde ich übriges extrem unproduktiv ein Totschlagargumenet ohne Argument. Da kann kann man eher von einer konservativen Ideologie sprechen wenn die Leute einfach gegen alles sind was neu ist und sie nur gedanklich aus der Komfort Zone raus müssen.
Oder eine Neoliberale Ideologie wenn nur der Profit von wenigen über allem stehen soll.

Apfel:

Und das ist genau das Problem. Die Unternehmen müssten viel stärker auf E-Autos setzen, damit diese nach X Jahren auf dem freien Markt für Privatkäufer zur Verfügung stehen.
Mit knapp 12% ist das aber eine echt schlechte Quote.
Diese darf in den nächsten Jahren gerne immer weiter steigen.

Andreas:

Frage: Wie definiert sich eine Subvention?

Folgender Sachverhalt: Wenn ein Unternehmen für den Betrieb eine Maschine läuft, kann diese natürlich über eine übliche Nutzungszeit abgeschrieben werden. So ist das typischerweise auch in allen anderen Ländern. Daran ändert die Betriebsweise auch nichts. Das gilt natürlich auch für die Betriebsstoffe dieser Maschine. Ein Auto ist letztendlich auch nur eine Maschine von vielen.

Wird diese Maschine von einem Mitarbeiter zusätzlich privat verwendet entsteht ein Geldwerter Vorteil, der irgendwie ermittelt werden muss.

Bei einem Verbrenner sind das regelmäßig pro Monat 1% des Bruttolistenpreises zuzüglich 0,03% pro km Arbeitsweg. Macht bei 60.000€ BLP und 10 km Arbeitsweg mal schnell 780€ zu versteuerndes Einkommen. Bei 42% Steuersatz kostet der Privatgebrauch dieses Fahrzeugs also mal eben Schlappe 330€ pro Monat an Steuern. Beim BEV wären das nur 195€ zu versteuerndes Einkommen bzw. 82€ Steuern.

Ich halte somit (zumindest bei zusätzlichem Privatgebrauch) das BEV für sehr stark subventioniert. Ich verstehe auch nicht, wie man sich als Dienstwagenfahrer freiwillig bei der deutschen Steuergesetzgebung einen Verbrenner aussuchen kann. Mir persönlich wäre das viel zu teuer. Bei 330€ pro Monat komme ich mit meinem Privatfahrzeug mit 20.000 km/a für alle Kosten nur wenig teurer (ca. 400€), wenn alle Kosten incl. Wertverlust berücksichtigt werden. Um günstiger zu kommen müsste ich das Privatfahrzeug somit definitiv ersatzlos streichen. Bei einem BEV wäre es hingegen tatsächlich ein Entgelt-Bestandteil, wie es in vielen Firmen neben den beruflichen Belangen auch gehandhabt wird.

Umwelttechnisch wäre es im Übrigen vermutlich deutlich schlechter, wenn alle privaten Dienstwagenfahrer nun ein zusätzliches privates Fahrzeug benötigen und damit tendenziell mehr Fahrzeuge auf der Straße landen würden.

Wer Abschreibungsregeln als Subventionen betitelt ist in meinen Augen nur ein ideologischer Populist. Und ich befürworte stark das BEV und bin selbst in der Batterieentwicklung eines deutschen OEM tätig. Aber diese grüne Ideologie nervt mich massiv. Ich halte das BEV für technisch besser, das auch in gewissem Rahmen gefördert werden kann, jedoch denke ich, dass es sich auch ohne das durchsetzt. Im Worst-Case weniger Jahre zeitverzögert.

S. Eckardt:

Nein, es ist keine Blödheit! Es ist Absicht; die wissen genau, was sie tun!
Somit sind unsere Regierenden leider verantwortungslos und egoistisch.

Hans Christoph Thumm:

Gebe Dir zu 100% recht! ich erwarte, dass endlich die Regierung Sicht für die E-Fahrzeuge entscheidet-und zwar konsequent

Rolando:

Warum nicht die Steuervorteile nur noch für e-Autos gewähren. Ääääh, nicht möglich weil die FDP dagegen ist (Technologieoffenheit)

Ähnliche Artikel

Cover Image for Wie BMW die Serienfertigung seiner neuen E-Auto-Batterien vorbereitet

Wie BMW die Serienfertigung seiner neuen E-Auto-Batterien vorbereitet

Michael Neißendorfer  —  

Mit der Neuen Klasse startet BMW ab Ende 2025 in eine neue Ära des rein elektrischen Fahrens. Eine entscheidende Komponente: die Batterien.

Cover Image for Zum Driften geboren: Hyundai zeigt Ioniq 6 N

Zum Driften geboren: Hyundai zeigt Ioniq 6 N

Michael Neißendorfer  —  

Der Ioniq 6 N soll den Erfolg des Ioniq 5 N fortsetzen und integriert Technologien aus dem Motorsport in ein alltagstaugliches E-Auto.

Cover Image for BMW: Wachstum bei E-Autos und Plug-in-Hybriden rettet die Halbjahresbilanz

BMW: Wachstum bei E-Autos und Plug-in-Hybriden rettet die Halbjahresbilanz

Michael Neißendorfer  —  

Ohne das starke Absatzplus der elektrifizierten Fahrzeuge wäre das Minus bei BMW deutlich schmerzhafter ausgefallen.

Cover Image for Deutschland fällt bei E-Mobilität zurück, China baut Vorsprung weiter aus

Deutschland fällt bei E-Mobilität zurück, China baut Vorsprung weiter aus

Michael Neißendorfer  —  

Weltweit steigt der Anteil von E-Autos an Neuwagenverkäufen von 20 auf 25 Prozent, trotz Wachstumsschwäche in wichtigen Märkten.

Cover Image for Kia EV5: Alle Daten und Fakten zum neuen Elektro-SUV

Kia EV5: Alle Daten und Fakten zum neuen Elektro-SUV

Michael Neißendorfer  —  

Mit dem EV5 bringt Kia ein weiteres E-Auto in das beliebte Kompakt-SUV-Segment, die größte und am schnellsten wachsende Fahrzeugklasse in Europa.

Cover Image for Mazda6e: Groß, elektrisch – und kein SUV

Mazda6e: Groß, elektrisch – und kein SUV

Wolfgang Plank  —  

Erfreulich gegen den Trend ist der Mazda 6e in Sachen Karosserie unterwegs. Leider muss man sagen aber auch bei der Ladeleistung.