Bedroht China die deutsche Autoindustrie?

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Hannes Dollinger
Hannes Dollinger
  —  Lesedauer 3 min

Die Expansion chinesischer Automarken nach Europa scheint unaufhaltsam. Immer mehr Hersteller wie zuletzt BYD, Nio oder MG drängen auf den Kontinent und mischen den Elektroautomarkt auf. Doch stellen sie wirklich eine Bedrohung für die europäischen Hersteller dar? Oder befeuert neue Konkurrenz den Wettbewerb wie ein Innovationsmotor? MHP ist eine renommierte Management- und IT-Beratungsfirma mit Hauptsitz in Deutschland, die zu 81,8 Prozent zu Porsche gehört. Der Autoexperte Marcus Willand ist Partner und nimmt im Interview mit Edison eine differenzierte Perspektive zur neuen Konkurrenz aus China ein.

Laut Willand haben die chinesischen Hersteller in den letzten Jahren enorm aufgeholt – sowohl bei der Hardware durch qualitativ hochwertigere Fahrzeuge als auch bei Software und Vernetzung. Gerade im boomenden Markt für Elektromobilität dominieren mittlerweile in China die einheimischen Marken. Europäische Hersteller, vor nicht allzu langer Zeit noch Statussymbol für den Wohlstand der Chinesen, werden zunehmend marginalisiert.

Dies sei eine „echte Herausforderung„, so Willand. Immerhin könnten sich schon 50 Prozent der Europäer und 98 Prozent der Chinesen vorstellen, ein Auto aus dem Reich der Mitte zu kaufen. Für Kunden bedeute das einerseits eine größere Modellauswahl. Andererseits müssen die neuen Player aus Fernost ihr Versprechen von Qualität und Verlässlichkeit erst unter Beweis stellen, so Willand.

Größter Vorteil der Chinesen: Sie haben sich früh auf den Elektroantrieb und insbesondere auf die Batterie fokussiert. Aber auch für die wichtigen Computerchips haben sie eine eigene Wertschöpfung aufgebaut. Davon profitieren sie jetzt, und die Europäer sind im Hintertreffen, schlussfolgert der Experte.

Auf der anderen Seite ändert sich auch die Wahrnehmung der Kunden. In modernen Elektroautos nehmen digitale Features und Vernetzung eine deutlich höheren Stellenwert ein. Und hier haben chinesische Marken die Nase vorn. Sie punkten mit smarter Software, die näher an Kundenbedürfnissen ist. Für technikaffine Käufer sei das besonders attraktiv.

Elektroautos mit europäischen Qualitätsstandards

Gleichzeitig betont er, dass chinesische Hersteller vor allem bei der Hardware aufgeholt haben. Insbesondere Elektroautos würden in vielen Aspekten bereits europäischen Qualitätsstandards entsprechen. Auch im Premiumsegment stellen Marken wie Nio attraktive und hochwertige Autos auf dem europäischen Markt bereit.

Dazu kommt der vermeintlich attraktive Preis der Autos aus Fernost. Marken wie MG drängen über günstige Einstiegsmodelle in den Massenmarkt vor. Das erhöht den Preisdruck und könnte die Elektromobilität nun auch breiteren Schichten öffnen. Doch Willand sieht das gelassen. Zum einen seien chinesische Autos wegen Import und aufwändiger Homologisierung preislich gar nicht so weit weg von europäischen Herstellern. Außerdem müssen die Chinesen noch ein effektives Händler- und Werkstattnetz aufbauen. Während der Direktvertrieb über das Internet auch bei Autos immer attraktiver wird, bedarf es dennoch einer Logistik bis zum Endkunden sowie Strukturen, um die Autos auch warten und reparieren zu lassen.

Hauptkaufargumente seien für die Kunden nach wie vor Emotionen und Fahrspaß, führt Willand weiter aus. Argumente, auf die deutsche Hersteller aufbauen könnten. Hier müssen sich chinesische Newcomer erst positionieren und Vertrauen aufbauen.

Es gibt Risiken, aber auch Chancen

Insgesamt sieht der Experte nicht nur nur Risiken, sondern auch Chancen in der neuen Konkurrenzsituation mit chinesischen Herstellern. Letztlich könnten Kunden von besseren Produkten durch den Innovationswettbewerb profitieren. Wichtig sei, dass europäische Hersteller ihre Stärken bei Fahrspaß, Design und Qualität ausspielen. Mit Mut zum Technologiewandel können sie der Elektro-Offensive aus China etwas entgegensetzen.

Ob am Ende eher die Risiken von verstärktem Preisdruck und Qualitätseinbußen überwiegen oder doch der technologische Fortschritt, bleibt abzuwarten. Klar ist laut Experte Willand aber, dass sowohl chinesische als auch europäische Hersteller nur mit überzeugenden Elektroautos bestehen werden. Wer die Kundenwünsche am besten versteht, werde dieses Wettrennen gewinnen.

Quelle: Edison: Wir müssen unsere Hausaufgaben machen

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Hannes Dollinger

Hannes Dollinger

Hannes Dollinger schreibt seit Februar 2023 für Elektroauto-News.net. Profitiert hierbei von seinen eigenen Erfahrungen aus der Welt der Elektromobilität.
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Rüdiger:

Helmut, gutes Deutsch kann nicht schaden und es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden! Der auffallende Trend zu schlechtem Deutsch darf auch Sie, den Sarkasten, nachdenklich stimmen.

Einem Inschenör sollte nichts zu schwör sein.

Joerg:

„Hauptkaufargumente seien für die Kunden nach wie vor Emotionen und Fahrspaß, führt Willand weiter aus.“
Warum wurde dann jemals ein Passat verkauft?

Helmut Schönherr:

Endlich mal ein eine klare, realistische Meinung und Aussage. Das find ich wirklich gut!!! – Mir gehen hier langsam die „Vehikel-Nationalisten“ echt auf den Sack“; genauso wie Leute die sich über irgendeine angeblich fehlende Schulbildung eines Diskutierenden oder Rechtschreibfehler lustig machen. So etwas könnte man auch Mobbing nennen! Genauso merkwürdig finden ich es, wenn hier Leute ewig lange „Doktorarbeiten“ abgeben (Selbstdarstellungsucht?) Doch ich bin kein Spießer sondern Sarkast! – Diese Seite sehe ich für Leute die (noch) spaß am Fahren haben und Interesse an Neuem haben (ob E oder nicht) und so soll es meiner Meinung auch bleiben.

KaiGo:

Es wird sich zeigen, wie die Akzeptanz in Europa ist. Das Servicenetz haben die etablierten Hersteller nach wie vor als Pfand. Legen viele (mich eingeschlossen) Wert drauf einen Ansprechpartner vor-Ort und nicht in 100km Entfernung zu haben. Klar braucht ein E-Auto keinen großen Service, aber ein Defekt oder Unfall ist mal schnell passiert.

Man hört besorgte wie auch sehr arrogante Töne aus der Automobilindustrie. Mal gucken was kommt. Teils scheint man sich sehr auf die eigene „Markenidentität“ zu fokussieren. Softwaretechnisch habe ich in kürzlichen Test auch noch nicht erlebt, dass die neuen da auf einem super Niveau sind. Aber Test beim Kunden ist ja mittlerweile gang und gebe.

Robert:

ehr guter Artikel gefällt mir. „Hersteller nur mit überzeugenden Elektroautos bestehen werden.“ genaus so ist es vernünftige E-Autos zu vernünftigen Preisen werden das rennen machen egal wer der Hersteller ist.

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