Analyse: Das macht die Autos in Zukunft immer teurer

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Wolfgang Gomoll
Wolfgang Gomoll
  —  Lesedauer 4 min

Mit Motoren und Leistung lässt sich im Jahr 2030 kein Geld mehr verdienen. Also suchen die Autobauer nach neuen Geschäftsfeldern und finden Sie in Abonnementmodellen beziehungsweise per Update zuschaltbaren Funktionen. Eine Studie sagt vorher, wie sich das Autofahren verteuern wird.

Autonomes Fahren nur durch zusätzliche Soft- & Hardware realisierbar

Zu den Assistenzsystemen haben die Autofahrer ein gespaltenes Verhältnis. Die einen feiern die Helfer, da sie das Fortbewegen des Vehikels sicherer machen, die anderem nervt die Bevormundung samt optischer und akustischer Berieselung kolossal. Fakt ist: In Zukunft werden die Assistenten unabdingbarer Teil eines jeden Neuwagen sein. Sie sind notwendig, um das übergeordnete Ziel des autonomen Fahrens zu realisieren.

Der Weg hin zum Robo-Auto dauert länger, als man glaubt. Level 5 ist noch mehr als ein Jahrzehnt entfernt, aber bis 2030 soll Level 3 bei Geschwindigkeiten bis 120 km/h auf baulich getrennten Fahrbahnen (Highway -/Kolonnen-Pilot) und Level 4, also autonomes Fahren in speziell definierten Gebieten sowie autonomes Parken, möglich sein. Das ist das Ergebnis der Studie „Zukunft der Mobilität“ des Center of Automotive Management (CAM).

Software rückt in den Fokus

Was früher einmal der Motor und die Leistung waren, sind in Zukunft die Konnektivität und das Infotainment. Kauften früher die Autofahrer Ausstattung, gilt in Zukunft die Hardware nur noch als „Commodity“, also als gegeben und ist letztendlich ein Steigbügelhalter für die ganzen Softwarefunktionen. Die Infotainment-Apps nähern sich noch mehr dem Smartphone an und je mehr die autonome Fähigkeit des Vehikels ausgeprägt ist, desto mehr entwickeln sich diese Anwendungsprogramme in Richtung Entertainment. Dass dann das E-Commerce ebenfalls einen immer breiteren Raum einnimmt, verwundert nicht. Also Amazon und Ebay wann immer man und wo immer man will. Auch unterwegs ist das Kaufglück nur einen Fingertipp entfernt. Mit der gestiegenen Software-Lastigkeit und Konnektivität kommen aber auch immer mehr drahtlose Updates ins Auto. So können auch zusätzliche Funktionen freigeschaltet werden – kostenpflichtig, versteht sich.

Da sich die Fahrzeuge bei den Motoren nur noch im Detail unterscheiden werden und die Margen angesichts der angespannten Rohstoffsituation für Batterien und andere Bauteile weiter verringern werden, suchen die Autobauer händeringend nach neuen Geschäftsmodellen. BMWs Abonnement für beheizbare Sitze ist ein Beispiel, das viel Aufmerksamkeit bekommen hat. Die Münchner sind mit dem Ansinnen, auf diesem Weg Geld zu verdienen, nicht allein. Komfortdetails wie Türen und andere Funktionen per App bedienen, macht dann so-und-so-viel Euro bitte. Komfort-Extras, die nicht maßgeblich für die Sicherheit des Fahrzeugs sind, kann man dazubuchen und werden dann per drahtlosem Update freigeschalten. Dazu gehört ein beheizbares Lenkrad genauso wie ein besonderes Licht. Tesla hat sich bereits 2021 die „verbesserte Autopilot-Funktionalität“ für 3.800 Euro vergüten lassen. Aber auch zusätzliche Navigationsdetails werden in Zukunft Geld kosten.

Automobilhersteller erwirtschaften künftig Umsatz auf Lebenszeit

Die CAM-Studie listet das potenzielle Umsatzvolumen pro Pkw/Jahr auf. Demnach kostet ein Highway-Pilot 220 bis 270 Euro, beim aufwendigen City-Pilot sind 440 bis 530 Euro. Aber auch das sogenannte Non Mobility E-Commerce lassen sich die Autobauer mit 60 bis 100 Euro pro Jahr bezahlen. Natürlich ist auch ein Modell denkbar, bei dem sich die Mercedes, Audi & Co. das aus ihrem Auto heraus getätigte Geschäft vom Verkäufer wie Amazon vergüten lassen. Das bidirektionale Laden gibt es ebenfalls nicht für lau. Die CAM-Analysten rechnen mit 150 bis 180 Euro pro Jahr und Pkw an Umsatz. Insgesamt summiert das potenzielle Umsatzvolumen pro Auto auf 890 bis 1.120 Euro/Jahr.

Wenn man diese Zahlen weltweit hochrechnet, erkennt man, wie wichtig diese Einnahmequelle für die Automobilhersteller sein wird. Die Verfasser der Studie schätzen 2030 das mögliche globale Marktvolumen Connected Services auf über 200 Milliarden Euro im Jahr ein (159 bis 234 Milliarden Euro). Beim Highway-Pilot Level 3 sind es 33 bis 41 Milliarden Euro, der City-Pilot 13 bis 16 Milliarden Euro, In-Car Entertainment 18 bis 36 Milliarden Euro. Beim bidirektionalen Laden sind es 36 bis 43 Milliarden Euro und den Löwenanteil macht das In-Car E-Commerce mit 59 bis 98 Milliarden Euro aus.

Dementsprechend verändern sich auch die Bedienkonzepte. Augmented Reality, also das Einblenden von (maßgeschneiderten) Inhalten in die Windschutzscheibe wird ein unverzichtbares Element des neuen Geschäftsmodells. Neben Navigationsanweisungen oder die Warnung vor Gefahren bekommt der Fahrer auch E-Commerce-Hinweise geliefert. Da reicht die Palette von Kraftstoffpreisen über Parkplatzangeboten bis hin zu Sonderangeboten von Kleidung oder Karten für das nächste Konzert der Lieblingsband.

Die Bedienung des Infotainments passt sich diesem veränderten Nutzungsverhalten an. Die Sprachsteuerung gleicht zunehmend einem Dialog, die Mimik und Gesten des Fahrers helfen dem Fahrzeug die Wünsche des Menschen hinter dem Lenkrad vorherzusehen und Aktionen einzuleiten. Minimalismus ist bei den Bedienkonzepten Trumpf: Frei belegbare Bedienflächen, also virtuelle Tasten, die per Fingererkennung funktionieren sind ebenso Teil der Steuerung des Infotainments wie eine Gestensteuerung, in die eine holografische Bedienung integriert ist.

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Wolfgang Gomoll

Wolfgang Gomoll

Wolfgang Gomoll beschäftigt sich mit dem Thema Elektromobilität und Elektroautos und verfasst für press:inform spannende Einblicke aus der E-Szene. Auf Elektroauto-News.net teilt er diese mit uns. Teils exklusiv!
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Wolfgang M.:

Die Absicht nach mehr Umsatz und Gewinn bei den Herstellern ist klar erkennbar. Es ist kostensenkend, die Vielfalt der Varianten eines Modells bei der (Hardware-)Montage klein zu halten, gleichzeitig können die Hardwarekomponenten, wie Radarsensoren oder Kameras, in größeren Stückzahlen zu bestellen, was ebenfalls die Kosten senkt.
Dieser Kostenvorteil wird natürlich dem Kunden der Grundausstattung nicht weitergegeben, da er ja die Möglichkeit hat, jederzeit upzugraden!!
Der Dumme bleibt der Kunde, der bezahlen muss, was er nicht nutzen möchte!! Und auch der Kunde der ein Feature wählt, zahlt einen höheren Preis, weil er die Hardwarekomponenten ja schon mit der Grundausstattung bezahlt hat !!

panib:

Wenn’s mal die Autonomiestufe 5 erreicht sein wird, ist das schon eine gute Sache. Aber die Stufe 2, die unser Audi kann, führt dazu, dass ich in der Stadt mit gewissen Bauchschmerzen fahre, wenn ich alle Assistenzsysteme einschalte. Sie lenken letztendlich nur ab. Da mein Spieltrieb nach 3 Monaten Audi langsam befriedigt ist, werde ich in Zukunft wieder selbst bremsen, beschleunigen und meine beabsichtigte Geschwindigkeit nicht am Lenkstockhebel einstellen. Die Sensoren erkennen wunderbar die Verkehrsschilder, das Auto fährt dann aber nach Tacho! 30, 50 oder 60. Das bedeutet aber am Ende echte 27, 47 oder 57. ICH möchte aber echte 33, 53 oder 63 fahren, sorry für meine Raserei.
Super gut: Das HeadUp Display, allemal bei eingestelltem Navi. Aber bitte keine Einblendung, dass Aldi gerade Harzerkäse für meinen Handkäs mit Musik für 48 Cent im Angebot hat und Zwiebeln heute 10 Cent billiger sind. Abartige Idee, so einen Schwachsinn überhaupt anzudenken.

panib:

Sehr gut, Martin.
Die Entwicklung des Autonomen Fahrens macht letztlich schon Sinn und wird in absehbarer Zeit dazu führen, dass kaum noch Menschen im Straßenverkehr ’sinnlos‘ sterben müssen. Aber bis es so weit ist, könnten wir uns aus meiner Sicht noch schwer die Augen reiben, was die Entwicklung der Unfallzahlen und damit auch Unfallopfer angeht. Der Gesetzgeber bestraft mich, wenn ich am Steuer mein Handy benutze. Aber allemal ein Teslafahrer muss (sic!) ewig mit dem Finger auf seinem Display rumdaddeln, weil er nur noch zwei oder drei Knöpfe im Auto hat… Die Knöpfe in meinen Autos habe ich weitgehend intuitiv bedient. 54 km/h bedeuten 15 m pro Sekunde Bewegung. Damit hat keine Mutter mit ihrem Kind auf dem Zebrastreifen auch nur die geringste Überlebenschance, wenn Herr Tesla auf seinem DISPLAY rumdaddelt. Ja, ich weiß, vieles geht auch per Spracheingabe, aber eben nicht alles.
Hirnlose Autobauer und noch hirnlosere Politiker, die das zulassen.

Ben:

Tja stimmt, die Motorradlobby ist stark in DE oder warum werden völlig Übermotorisierte, Sportgeräte die nur was auf Rennstrecken zu suchen haben eigendlich auf der Straße zugelassen ?

Martin:

Es wird immer deutlicher, dass Unfallvermeidung als Begründung für die Entwicklung des autonomen Fahrens nur vorgeschoben ist. Dass es dabei mal nicht um reinen Kommerz gehen könnte, war angesichts der hohen Investitionen aber auch nicht zu erwarten.
 
Als Motorradfahrer graut es mir vor der Situation, wenn jemand während der Fahrt als Folge einer Einblendung seines Augmented Reality Systems noch schnell einen ebay-Schnapper schießen will und dabei in den Gegenverkehr gerät.
 
Man darf gespannt sein, wie sich unsere Zulassungsbehörden zu diesem gefährlichen Irrsinn verhält. Bisher haben sie leider zu oft dem Lobby-Druck nachgegeben.

S. Eckardt:

Hoffentlich wird es auch noch Fahrzeuge ohne diesen ganzen „Connectivitäts-Firlefanz“ geben.
Ich will doch nur fahren!
Dazu kommt: Als Wenigfahrer lohnen sich diese buchbaren (teuren) Updates und Funktionen ohnehin nicht!

Wahrscheinlich lande ich dann beim Car-Sharing … ist dann am sinnvollsten.

Peter Bigge von Berlin:

Für bereits verbaute Hardware, wie Sitz- oder Lenkradheizung, – nachträglich – extra zur Kasse gebeten zu werden hat einen ziemlich üblen Beigeschmack der puren Abzocke, weil diese Komponenten bereits bezahlt wurden. Wobei dabei die Betonung auf „nachträglich“ liegt, weil wir diese Art der Vermarktung bereits von Elektrowaren kennen, wo es preiswertere Geräte gibt, die die gleiche Technik besitzen wie ein anderes teureres Gerät mit mehr freigeschalteter Funktionalität.
Wenn es sich dabei nur um die Lieferung reiner Software mit höherem Funktionsumfang geht, dessen Mehr-Nutzen bezahlt wird, dann ist es noch etwas anderes, weil die geistige Entwicklung dafür in Rechnung gestellt wird.
Da erinnere ich mich an deutsche Hersteller von Fernsehern, die dies mit unterschiedlichen Tastaturblenden gelöst hatten. Wenn die Blende mechanisch entfernt wurde hatte der Nutzer plötzlich den vollen Zugriff.
Da kamen dann die smarten Asiaten und lieferten die volle Funktionalität ohne endlos lange Aufpreislisten für die Plastik-Holzfolierung in Nussbaum oder Eiche rustikal.
Bei Autos sieht es mittlerweile ähnlich aus. Da hat man bei einem Hersteller die Qual sich durch endlos lange schlechtgemachte langsame Konfigurationsmenüs zu quälen, um zwischen Fussmattennähten in 10 verschiedenen Farben und Preisen zu wählen, oder andere Hersteller, die drei Komplettpakete für weitaus weniger Geld bieten.
Da sind nun insbesondere die Chinesen vom Vorteil, die die Produkte noch selber herstellen können. Die können die gewünschten Ausstattungen vollumfänglich liefern und schöpfen dabei die gesamte Wertschöpfungskette ab.
Dort verschwendet niemand seinen Manpower zur Gestaltung von Abomodellen für die aufpreispflichtige Nutzung von Sitz- und Lenkradheizungen, die liefern das selbstverständliche Zeug als Grundausstattung zu selbstbewußten Preisen ohne Kommentar mit.

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