Unternehmen und Wirtschaftsverbände warnen vor AfD-Politik

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Kurz vor der Bundestagswahl sprechen mehrere Wirtschaftsverbände und einflussreiche Unternehmer von einer großen Bedrohung für den Wirtschaftsstandort Deutschland: Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin warnen sie vor den schädlichen Folgen der finanz- und wirtschaftspolitischen Pläne der AfD und kritisieren unter anderem die Forderung der Partei nach einem Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union.

Hildegard Müller, die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), wird in ihrer Kritik an der in Teilen gesichert rechtsextremen Partei besonders deutlich: „Die wirtschaftspolitischen Ideen der AfD sind für die Wirtschaft schädlich und würden in der Umsetzung einen massiven Wohlstandsverlust bedeuten. Neben den besonders gefährlichen und wachstumsvernichtenden Plänen mit Blick auf die EU oder auch das Vorhaben, die D-Mark wieder einzuführen, fällt besonders auf, dass die AfD sich innovationsfeindlich präsentiert – sei es bei der Elektromobilität oder bei den erneuerbaren Energien“, so die VDA-Präsidentin. „Wer den Klimawandel leugnet und Zukunft nicht als Chance versteht, besiegelt den langfristigen wirtschaftlichen Abstieg.“

Mehrere Konzern- und Verbandsvertreter traten in der Bundespressekonferenz anlässlich der Veröffentlichung einer von der Unternehmensinitiative „Vielfalt ist Zukunft“ in Auftrag gegebenen Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) vor die Medien. Vor dem Hintergrund der Studienergebnisse diskutierten sie die erheblichen Risiken einer AfD-Regierungsbeteiligung für Arbeitsplätze, Innovationskraft, Zukunftsfähigkeit und Investitionen am Standort Deutschland. Unter den Teilnehmern waren neben VDA-Präsidentin Müller unter anderem auch Christian Kullmann, Vorsitzender des Vorstands des Chemieunternehmens Evonik; Ingrid Rieken, Personalvorständin MAN Energy Solutions; und Dr. Reinhard Lüken, Hauptgeschäftsführer für den Verband für Schiffbau und Meerestechnik.

Die wirtschaftspolitischen Vorschläge sind der Studie zufolge „hochproblematisch“ für die deutsche Volkswirtschaft. Keine Partei plane so umfangreiche Steuersenkungen wie die AfD, in ihrem Wahlprogramm wirbt sie mit Steuergeschenken von 181 Milliarden Euro, umgerechnet 20 Prozent der Gesamtsteuereinnahmen. Dadurch wäre die staatliche Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt. Dies gelte umso mehr, da die Partei eine deutliche Rentenerhöhung auf 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens fordert – inklusive eines Steuerzuschusses zur Rentenversicherung.

Besonders gefährlich für den Standort sei nach wie vor die Forderung, dass die Bundesrepublik aus dem Euro und womöglich sogar aus der EU austreten soll. Die Kosten eines Dexit würden nach nur fünf Jahren 5,6 Prozent des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen – umgerechnet 690 Milliarden Euro –, zeigen die IW-Berechnungen. Damit würden 2,5 Millionen Arbeitsplätze vernichtet. Die ökonomischen Folgen eines Austritts aus der Gemeinschaftswährung kämen noch hinzu.

Problematisch sei auch die Wirkung der AfD auf potenzielle Arbeitskräfte aus dem Ausland: Die Demografiekrise könne nur mit ausländischen Erwerbstätigen ausgeglichen werden. Deutschlandweit erwirtschaften die 6,7 Millionen ausländischen Beschäftigen schon heute 13,2 Prozent der Bruttowertschöpfung. Nimmt man die vor- und nachgelagerten Impulse dieser Tätigkeiten hinzu, steige deren wirtschaftliche Bedeutung sogar auf 16,9 Prozent, was einer Wertschöpfung von 648 Milliarden Euro entspreche.

Ausgerechnet in Ostdeutschland, wo die AfD ihre stärksten Ergebnisse erzielt, haben ausländische Beschäftigte die Wirtschaft vorangebracht: Ohne Drittstaaten-Zuwanderung hätte es hier keine Zuwächse bei sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in den vergangenen Jahren gegeben, so die Studie.

Unternehmer geben der AfD-Energiepolitik Note 5

In der Energiepolitik kombiniert die AfD Windrad-Abbau, Kernenergie-Wiedereinstieg und eine Reparatur von Nordstream II mit Abgaben- und Steuerentlastungen. Die deutschen Unternehmen überzeugt dieses Angebot nicht: 67,2 Prozent erkennen im langfristigen Erstarken der Partei ein Risiko für die Transformationspolitik; nur sieben Prozent eine Chance. Von der Wirtschaft gibt es für die AfD-Energiepolitik ein glattes „mangelhaft“ – Schulnote 5.

„Die AfD ist nicht nur eine Gefahr für den Standort, sondern sie vergiftet auch den Diskurs“, sagt Studienmitautor Knut Bergmann. „Mit Begriffen wie ‚Remigration‘ oder ‚The Great Reset‘ dockt die Partei bewusst an extrem rechte und verschwörungstheoretische Narrative an.“ Unternehmen und Verbände trauen der Partei keinen positiven politischen Beitrag zu: „Das spiegelt sich auch im großen Engagement der deutschen Wirtschaft für Vielfalt, Weltoffenheit und Toleranz wider“, sagt IW-Hauptstadtbüroleiter Bergmann.

Fabian Zacharias, Teil der Geschäftsleitung bei Bitkom sagt: „Die Ausrichtung der AfD steht den Zielen und Grundwerten von Deutschlands digitaler Wirtschaft in fast allen Feldern diametral entgegen“. Die Partei sei „digitalpolitisch rückwärtsgewandt, gesellschaftlich auf Spaltung und Abgrenzung ausgerichtet und stellt den demokratischen Rechtsstaat in Frage“. Deutschlands digitale Wirtschaft stehe im Gegensatz dazu „für Innovation und Internationalität, für eine offene Gesellschaft, weltweiten Austausch und permanenten Wandel. Sie wird massiv beschädigt, wenn das
Programm der AfD und die Ankündigungen ihrer Vertreterinnen und Vertreter umgesetzt würden. Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft steigern, unsere digitale Souveränität stärken und gleichzeitig die Teilhabe an der digitalen Gesellschaft für alle Menschen in Deutschland verbessern. Dafür steht der Bitkom mit seinen 2200 Unternehmen.“

Quelle: Vielfalt ist Zukunft – Pressemitteilung vom 18.02.2025 / – Institut der deutschen Wirtschaft – Pressemitteilung vom 18.02.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Jeff:

Deswegen habe ich auch Vorläufer geschrieben. Glaub doch bitte einem studierten Historiker. Oder lies einfach die Geschichtsbücher, die Du in Deinem Kommentar erwähnst. ; ) Die CDU wurde hauptsächlich von ehemaligen Zentrums-Politikern gegründet. Die wollten sich bewusst anders nennen, um die Schmach der Geschichte zu übertünchen. Kannst Du sogar bei der Partei-eigenen Adenauer-Stiftung zur Gründungshistorie der CDU nachlesen:

„Im Frühjahr 1945 entstanden in ganz Deutschland Initiativen zur Gründung einer neuen Partei. Träger dieser Initiativen waren meist Anhänger der Deutschen Zentrumspartei und verschiedener bürgerlich-protestantischer Parteien der Weimarer Republik, wie der Deutschen Volkspartei (DVP), der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) und der Deutschen Demokratischen Partei (DDP).“

https://www.kas.de/de/web/geschichte-der-cdu/kalender/kalender-detail/-/content/beratungen-ehem.-zentrumsmitglieder-und-christlicher-gewerkschafter-in-koeln-ueber-die-gruendung-einer-christlich-demokratischen-partei

Peter Bigge von Berlin:

Nix für ungut Jeff, die Zentrums-Partei gab es noch nach dem Krieg.
Die CDU wurde laut Geschichtsbüchern erst 1949 gegründet.

Jeff:

Nix für ungut Peter Bigge, aber Du hast Brüning und die Zentrums-Partei vergessen, quasi der Vorläufer der CDU, deren Farbe ist zufälligerweise auch blau, welch Ironie der Geschichte. Und da hat der Peter ohne Bigge vollkommen recht mit der Steigbügelsache.

Peter Bigge von Berlin:

CDU und 1933 ?
Nix für ungut, die gab es damals nicht, allen Likern zum Trotz, die Masse bringts nicht.
Die Akteure waren SPD, Nsdap und KPD, in der Reihenfolge.

Pedro G.:

Wie es schon heißt AfD = Atom für Deutschland ⁉️

Volker:

Wo ist mein Kommentar zu diesem Beitrag von Herrn Neißendorfer geblieben?

[Anm. d. Red.: Kommentar wurde nicht freigeschaltet, bitte unsere Netiquette beachten, danke / Die Redaktion]

Volker:

Welche Partei vertitt in Deutschland die Mehrheit der Bevölkerung?

ediwi:

Die afd vertritt eine Minderheit der Bevölkerung, und sie versucht mit Hilfe der Demokratie genau diese von innen zu sprengen. Sie will keine Probleme lösen.
Sie kann nur aufwiegeln und Hass und Hetze säen.

Die afd lebt von jeder gegen gegen jeden und besonders von wir und die anderen. Wobei zu den anderen letzendlich jeder von uns gehören kann.

Die Demokratie mit den Mitteln der Demokratie von innen zu sprengen, ist eine bei uns bereits erfolgreich von einem schnäuzertragenden Österreicher durchgeführte Methode.
Sie ist hochgefährlich für uns alle.

Von der afd geht nichts aber auch rein garnichts Gutes aus.
Wenn Sie dies behaupten, sind Sie ihr bereits ein gutes Stück auf den Leim gegangen.

Ihre weiteren Vorschläge teile ich jedoch ausdrücklich.

Peter:

Keine Brandmauern ???

Also sollte die CDU genau wie 1933 den Faschisten wieder als Steigbügel ins Parlanent dienen, hat gut funktioniert damals.

Peter Bigge von Berlin:

Das einzige Gute was von der AfD ausgeht ist ein Impuls zum Nachdenken über Hier und Heute, dem Guten und dem Schlechten.
Vermutlich werden echte Nazis ihre Identität verleugnen, wenn sie mit der AfD gleichgesetzt werden. Die AfD passt am besten zur Linken und SED-PDS-Wagenknecht, die Extreme der Ziele sind ähnlich desaströs.
Die Errichtung von Brandmauern gleicht dagegen Progromen, wie sie wohl jeder kennt. Eine AfD vertritt leider eine ganze Masse Bevölkerung, die nicht wissen was sie tun, genauso wie die Fackel- und Kerzen-Träger vor einem Brandenburger Tor. Alle sind nur gefährlichen Mitläufer, die populistische Fremdmeinungen vertreten.
Leitplanken werden gebraucht, keine Brandmauern, um den Konsens offen zu halten, woran sich jeder beteiligen sollte.
Es sollten Wege aus den Abhängigkeiten von Energie, Wirtschaft, Chips, Batterien und Rohstoffen gefunden werden, welche nachhaltig erneuerbar und umweltfreundlich sind.
Es sollte eine Volbeschäftigung angestrebt werden, und endlich das Streben nach immer Mehr aufgelöst werden, wir brauchen nicht mehr Gebäude, Straßen, Bevölkerung, und mehr, mehr mehr.
Es sollte die Bildung und Ausbildung wieder auf Niveaus einer entwickelten Zivilisation gebracht werden, denn mit gutem Wissen und Fähigkeiten kann sich jeder in eine Gesellschaft einbringen.

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