Wie es um den europäischen Batteriemarkt steht

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Der Umfeldbericht zum europäischen Innovationssystem Batterie 2022 ist nun erschienen. An ihm wirkten Wissenschaftler:innen der Fraunhofer-Institute IPT und ISI, der Lehrstuhl Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der RWTH Aachen und der Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB mit. Im Fokus des Berichts (hier verlinkt als PDF) stehen die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen des europäischen Batteriemarktes, die in vier Kapiteln gegliedert in die verschiedenen Industriefelder der Batteriezellproduktion beleuchtet werden – von der Rohstoffgewinnung, Materialherstellung und Recycling, über den Maschinen- und Anlagenbau und Messtechnik hin zur Zellherstellung. Außerdem werden die Möglichkeiten der Fraunhofer FFB als Transfereinheit zur schnelleren industriellen Einsatzfähigkeit von Prozesstechnologien nachvollzogen.

In den letzten Jahren hat sich die Batterieindustrie zu einem der Schlüsselzulieferer für viele Branchen entwickelt. Mit der steigenden Nachfrage nach mobilen Energieträgern wächst weltweit auch die Zahl an Akteuren entlang der Batteriewertschöpfungskette. Es lässt sich eindeutig ein Wandel der Mobilitätsbranche beobachten. Ob bei der Gewinnung von Rohstoffen, Produktion von Komponenten, der Zellformierung oder der Batterieintegration: der Einfluss dieser Transformation macht sich global auf allen Wertschöpfungsstufen bemerkbar.

Aufgrund des stetig zunehmenden Ausbaus der Elektromobilität enden viele der Wertschöpfungsketten in Europa, da viele Hauptakteure der Automobilindustrie hier ansässig sind. Das stärkt den hiesigen Markt für Batterieintegration und Recycling. Trotzdem lässt sich hier auch in den der Batterienutzung vorgelagerten Schritten Umsatzwachstum beobachten.

Auf der Suche nach Rohstoffquellen in Europa

Steigende Rohstoffpreise und das Ziel nachhaltig zu produzieren, haben den Trend ausgelöst, dass zunehmend auch europäische Rohstoffquellen gesucht werden, um Batteriezellen herzustellen. Diese bieten eine Reihe von Vorteilen, wie zum Beispiel eine kostengünstige und umweltfreundlichere Produktion, eine schnellere Lieferung sowie Versorgungssicherheit und die Möglichkeit, regionale Wertschöpfungsketten zu schaffen. Zudem hat die Knappheit an Primärrohstoffen sowie Bestrebungen zur Errichtung einer Kreislaufwirtschaft für die Batteriezellfertigung in Europa die Notwendigkeit erhöht, Sekundärrohstoffe aus dem Recycling zu gewinnen, welche in vielen Fällen als Zusätze der Zellfertigung beigefügt werden können. Dementsprechend lässt sich im Re-X Bereich eine Vielzahl an Aktivitäten aus Kooperationen von OEMs, etablierten Technologieunternehmen und etablierten Recyclingunternehmen auf dem europäischen Markt verzeichnen.

Die Batterieherstellung erfordert eine industrielle Anlagentechnik, die den hohen Anforderungen hinsichtlich des Durchsatzes, der Prozessqualität und des Automatisierungsgrades gerecht werden kann. Durch die steigende Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien aus dem Mobilitätssektor, aber auch für stationäre Anwendungen, hat sich das Marktsegment in den letzten Jahren rasant entwickelt. Derzeit dominieren asiatische Unternehmen im Angebotsfeld der Anlagentechnik die Versorgung des globalen Marktes für Batteriezellfertigung. Im Bericht wird darauf eingegangen, wie die europäische Branche dieser Situation durch Innovation und durch die Berücksichtigung von Trends und europäischen Vorgaben begegnet.

20 Gigafactories in Europa

In den letzten Jahren hat die Zellfertigung in Europa an Fahrt aufgenommen. Bis 2030 sollen, laut Ankündigungen, 20 neue Gigafactories europäischer und außereuropäischer Betreiber in Europa errichtet werden. Die dort produzierten Batteriezellen finden ihre Anwendung insbesondere im Bereich der Elektromobilität. Daneben agieren Zellfertiger ohne direkte Verbindung zur Automobilbranche, die ihren Fokus auf besonders innovative oder nachhaltige Technologien legen. Das Entwicklungsstadium dieser Unternehmen reicht von der Vorhabensankündigung bis zur bereits gestarteten Produktion.

Die Innovationspfade der Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB zielen darauf ab, industrielle Partner in der Lösungsfindung von F&E-Herausforderungen zu unterstützen. Zu diesem Zweck werden Produktionslinien und Labore aufgebaut, die es möglich machen Technologien je nach Reifegrad und Passfähigkeit zum passenden Skalierungsgrad der Fertigung zu untersuchen. Neben der physischen Infrastruktur werden digitale Zwillinge der Zellfertigungen die Daten bündeln, weiteres Prozessverständnis zu generieren und somit einen Beitrag leisten technologische Entwicklungszeiten zu beschleunigen.

Das Projekt „FoFeBat“ und der Beitrag Fraunhofers zur Batterieforschung

Die Studie wurde im Rahmen des durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF geförderten Projekts FoFeBat erstellt. Ziel des Projekts ist der Aufbau der Forschungsfertigung Batteriezelle FFB in Münster, einer Fraunhofer-Einrichtung, die Forschung und Entwicklung an der Batteriezellproduktion bis in den GWh-Maßstab ermöglichen wird. Die Fraunhofer FFB wird insbesondere Technologien hoher Reife (ab Prototypenstadium) aufgreifen und bis zur industriellen Anwendbarkeit skalieren.

Der gemeinsam von den Fraunhofer-Einrichtungen und -Instituten FFB, IPT und ISI sowie dem Lehrstuhl PEM der RWTH Aachen angefertigte Umfeldbericht gibt einerseits einen Einblick in Trends und Herausforderungen des europäischen Batteriemarktes. Andererseits werden darin gleichzeitig wichtige F&E-Themen benannt, die von der Fraunhofer-Gesellschaft oder anderen Akteuren im Bereich der F&E-Landschaft des Batteriebereichs bearbeitet werden. Die Ergebnisse des Berichts, insbesondere der Blick auf Entwicklungen in der Industrie, sollen für die weitere Ausrichtung der Fraunhofer FFB genutzt werden und unterstützen das entstehende und auf die Batterieindustrie in Deutschland und Europa ausgerichtete Angebot.

Quelle: Fraunhofer FFB – Pressemitteilung vom 02.01.2023

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Matthias Geiger:

Die EU muss sehr schnell „erwachsen“ werden, ansonsten werden wir ein Spielball von China und Russland und den Wahlausgängen der USA. Wir müssen wirtschaftlich autark werden und unsere Demokratie auch gegen innere und äußere Feinde auch gegen die Lobby Industrie schützen.

Roman L.:

Ist diese Debatte nicht sowieso hinfällig, da Europa das Wasserstoff-Mekka Nr1 ist?
Wir fahren bald alle damit und im Winter machen wir daraus Strom+Abwärme. (Ironie off )

brainDotExe:

der Preis wird schlussendlich entscheiden, ob Feststoff das Rennen gewinnt und in der Königsklasse der Fahrzeuge in Serie gehen wird.

Ich gehe eigentlich fest davon aus, dass Feststoffakkus (vorerst) nur in der Königsklasse bzw. bei den Premiumherstellern zum Einsatz kommt.

Sprich Porsche, Audi RS, BMW M und Mercedes AMG.
Zusätzlich sind dort die Punkte Schnelladelfähigkeit, Langlebigkeit und Preis nicht so wichtig.

Läubli:

Ich weiss nicht so recht, was ich von Feststoffakkus halten soll… das ist alles noch sehr stark in den Kinderschuhen und weit weg von einer Serienreife, das betrifft auch die US Firma Solid Power. Ich spreche von reinen Feststoffakkus mit allen Vor- und Nachteilen. Li Ion Akkus mit Feststoff (Polymer based Feststoff Batterien) sind eigentlich keine reinen Feststoffakkus, nur Hybride.
Ob die „echten“ Sulfide & Oxide based Feststoff Batterien in die Serie kommen werden, wird sich noch zeigen müssen, denn die haben auch ganz unerwünschte Nachteile:

Damit der Akku in einem Auto zur Anwendung kommen darf, müssen sehr hohe Anforderungen erfüllt werden: Er muss eine Schnellladefähigkeit haben, eine hohe Lebensdauer nachweisen, temperaturtolerant sein und einen bezahlbaren Preis haben. Bei allen diesen Kriterien müsste der Feststoffakku besser abschneiden, als die bestehenden Technologien.
Was bisher noch problematisch ist, sind vor allem die Punkte Lebensdauer und niedrige Temperaturen. Das Problem ist, dass die Ionen in festen Elektrolythen bei Kälte eher zäh wandern, was das Aufladen ebenfalls zu einer zähen Angelegenheit macht. Hohe Temperaturen hingegen sind bis zu 200 Grad kein Problem, machen den Akku irgendwann aber nur noch wenig effizient.
Ob ein superschnelles Laden gewährleistet werden kann, ist auch noch unsicher. Dafür bräuchte es erst reale Fahrtests. Selbst wenn diese Hürden genommen werden könnten, müsste man sich den Preis noch genauer ansehen und auch beim Thema knappe und teure Rohstoffe ist der Festkörperakku kein Vorzeigeschüler. Durch die Verwendung von reinem Lithium erhöht sich die Menge, die man benötigt. Bei gleicher Kapazität sind sogar ca. 20 Prozent mehr reines Lithium als bei einem aktuellen Lithium-Ionen-Akku mit flüssigem Elektrolyt nötig.

Aber wer weiss, das braucht alles noch Zeit und kann jetzt nur darauf gehofft werden, nicht aber geglaubt… der Preis wird schlussendlich entscheiden, ob Feststoff das Rennen gewinnt und in der Königsklasse der Fahrzeuge in Serie gehen wird.

Oder ob dann doch noch die Rundzellen der Grösse 4680 von Tesla gewinnen – ich bin gespannt. ;)

Läubli:

Auch hier hast du wohl nicht unrecht, jedoch weiss man das ja schon lange, dass es ein Problem geben kann wenn… warum wohl bauen die Amerikaner wie wild Chipfabriken auf?

Die Amis haben auch geschlafen, aber sind nun aufgewacht… in Europa dauert eben alles ein wenig länger. Leider auch beim aufwachen. So wird Europa nie eigenständig und unabhängig werden können, solange die Politik schläft und bequem abzocken kann. Das ist ärgerlich, aber wer hat diese Leute gewählt? ;)

Zurück zum Thema: So eine Investitionswelle wie gegenwärtig gab es noch nie in der amerikanischen Halbleiterbranche. In den US-Bundesstaaten Arizona, Texas, Ohio und New York hat der Bau von gigantischen Chipfabriken begonnen, beauftragt von Intel, Samsung, TSMC, Micron, Global Foundries und Texas Instruments. Was bauen wir in Europa dazu? …bleiben wir ewige Freunde der USA? Wer weiss das?

Ich nicht.

brainDotExe:

Wie auch letztens schon angemerkt:
Die Produktion von Akkuzellen in der gewünschten Qualität ist keineswegs einfach.
Die asiatischen Hersteller haben da einige Jahre wenn nicht sogar Jahrzehnte Vorsprung.

Das merkt zum Beispiel Tesla gerade.

Wo ich Hoffnung sehe sind die Feststoffzellen. Hier sind Unternehmen aus den USA aber auch Europa vorne mit dabei.

Nur sind das kurz- bis mittelfristig keine Zellen für günstige Fahrzeuge. Die werden zuerst, wie immer im Automobilbau, bei Premiumherstellern in den Topmodellen verbaut.

Daniel W.:

Daher wird solches, lieber Daniel W. leider wohl ein langer Traum bleiben …

Ich befürchte mit dem Einmarsch Chinas in Taiwan wird es ein hartes Erwachen geben und wir sind dann vermutlich wieder so unvorbereitet wie bei Einmarsch Russlands in die Ukraine – wie oft wollen Politik und Wirtschaft noch auf die Nase fallen und sich auf totalitäre Machthaber verlassen?

Die „Schlafmütze“ Scholz als Kanzler wäre schon recht gewesen, wenn es keinen Krieg gegen die Ukraine gegeben hätte, dann hätte er sich 4 Jahre oder länger im Scheinwerferlicht sonnen und sich am Ende seiner Kanzlerzeit ruhmreich in den Geschichtsbüchern verewigen können – aber es kam anders.

Jetzt kann man nur hoffen, dass die Ukrainer mit Hilfe der anderen EU-Ländern und den USA diesen Krieg gewinnen oder Russland zumindest zum Rückzug bewegen können, damit China den Ukraine-Krieg nicht als Vorlage für seinen Einmarsch in Taiwan nutzen kann und der EU der Zangengriff von Russland und China militärisch wie wirtschaftlich erspart bleibt – etwas anders wie ich mir nicht vorstellen.

Läubli:

Deine Ansicht ist aus meiner Sicht absolut richtig, nur so könnten wir uns unabhängig machen. Dass dies nötig wäre, erkennen wir aus den vergangenen und anhaltenden Krisen, keine Wiederrede.

Jedoch ist das ein großes Problem für jede Firma, die da den ersten Schritt oder die ersten Schritte machen soll… wer soll das sein? Welche Branche sollte zuerst in den doch sehr sehr sauren Apfel beißen und hier in Europa eine neue Produktion für – sagen wir mal Computerchips – aufbauen. Wer unterstützt solche Firmen finanziell? …leider niemand.

Daher sind das zwar absolut schöne und auch mögliche Absichten, Ansichten und Meinungen… wenn nicht sogar Gefühle… nur leider ist sowas nicht in den kommenden Jahren umsetzbar. Wer geht hier voran… das könne nur solche Menschen sein, die jede Menge Geld haben – diese Menschen haben aber dann leider oft ganz andere Wünsche und Träume.
Leider ist auch die Politik z.Z. dazu nicht in der Lage, sowas schnellstmöglich voranzutreiben, es will niemand gratis arbeiten oder sein Gesicht verlieren.

Daher wird solches, lieber Daniel W. leider wohl ein langer Traum bleiben – für uns alle, denn wer möchte das Ganze als Europäer nicht so nah bei uns haben?

Daniel W.:

Für mich muss die komplette Wertschöpfungskette bei E-Auto ohne China auskommen, sonst sind wir in der EU erpressbar und der Krieg Chinas gegen Taiwan nahezu unausweichlich. Was wiederum eine Gefahr für die USA ist, die im Grunde unser Schutz gegenüber Russland und seinen Eroberungsabsichten ist.

So „billig“ die E-Autos, Akkus und andere Teile aus China auch sein mögen, am Ende dürfte dieses „Geiz ist geil“ uns sehr teuer zu stehen kommen und den Frieden, die Freiheit sowie die Demokratie in Europa massiv gefährden – wollen wir wirklich einen so hohen Preis für „billige“ Autos und Akkus bezahlen?

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