Wechselakkus für E-Auto: Mehrheit sieht Vorteile der Technologie

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Nio

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

In Europa sind fest verbaute Antriebsbatterien in Elektroautos Standard. Allerdings gibt es mit Wechselbatterien ein alternatives Konzept, das besonders in China schon weit verbreitet ist und einige Vorteile bietet. Auch die Mehrheit der Bundesbürger:innen (63 Prozent) hält Wechselbatterien für besser oder viel besser geeignet als fest eingebaute Batterien. Nur jeder Fünfte (19 Prozent) findet die Technik schlechter oder viel schlechter. 18 Prozent antworten mit „weiß nicht“. Das hat eine repräsentative Ipsos-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 2500 Personen ab 16 Jahren ergeben.

Wechselbatterien in Elektroautos können innerhalb weniger Minuten ausgetauscht werden. Das heißt, lange Ladezeiten wären kein Thema mehr“, sagt Robin Zalwert, Referent für nachhaltige Mobilität beim TÜV-Verband. „Dies ist eine weitere Technologie im Innovationsrennen der Elektroautohersteller. Ob sich das Konzept der Wechselbatterie durchsetzen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ausgemacht.“

Batteriewechselsysteme sind vor allem in China weit verbreitet. Allein der chinesische E-Auto-Hersteller Nio hat dort bereits rund 2200 Wechselstationen aufgebaut und betreibt derzeit auch 14 Stationen in Deutschland. Daneben sind in China Anbieter wie Aulton Dianba, der Autobauer BYD oder der Batteriehersteller CATL mit eigenen Wechselstationen aktiv. In Europa kooperiert der Stellantis-Konzern mit dem US-Anbieter Ample, um der Technologie auch hier zum Durchbruch zu verhelfen.

Batteriewechselsysteme sind bereits ausführlich erprobt“, sagt Zalwert. Allerdings setzen die großen europäischen und US-Autobauer bisher überwiegend auf fest verbaute Stromspeicher. Insbesondere für die Betreiber größerer Fahrzeugflotten könnten Wechselsysteme aber interessant sein, um die Standzeiten von Elektrofahrzeugen zu reduzieren. So förderte das Bundeswirtschaftsministerium das Forschungsprojekt eHaul, das inzwischen als Spin-off weitergeführt wird und sich mit der Entwicklung und Umsetzung eines Batteriewechselkonzepts für den Fernverkehr mit 40-Tonnen-Elektro-Lkw und Energiedienstleistungen im Stromnetz beschäftigt.

Batterien können schonend geladen werden

Neben der Schnelligkeit eines Batteriewechsels im Vergleich zum konventionellen Laden bietet das Modell weitere Vorteile. „Ein großer Vorteil des Wechselmodells ist, dass die Batterien in den Stationen mit niedriger Spannung sehr schonend geladen werden können“, sagt Zalwert. „Das hat starken Einfluss auf die Batteriegesundheit und erhöht die Langlebigkeit der Batterien.“ Zudem werde bei jedem Batteriewechsel eine Tiefenanalyse zum Zustand der Batterie durchgeführt. Damit erhöht sich die Sicherheit des Fahrzeug-Batterie-Systems für die Kund:innen.

Wechselsysteme bieten aber auch wirtschaftliche Vorteile. Da die Batterie nicht fester Bestandteil des Autos ist, kaufen Halter:innen die Kraftfahrzeuge ohne Batterie, was den Kaufpreis in der Regel um 20 Prozent sinken lässt. Die Batterien werden dann meist in einem Leasing-Modell angeboten.

Als teuerstes Einzelteil im E-Fahrzeug spielt der Zustand der Batterie auf dem Gebrauchtwagenmarkt eine entscheidende Rolle. „Der Wiederverkaufswert von E-Autos misst sich häufig an der verbleibenden Batteriegesundheit – auch bekannt als State of Health oder SoH. Verbraucher:innen profitieren von der Entkopplung von Batterie und Auto auf dem Zweitmarkt, da ein Gebrauchtwagen ohne Batterie deutlich einfacher zu bewerten ist“, erklärt Zalwert.

Der TÜV-Verband fordert, den Markt für gebrauchte E-Autos zu stärken. Dafür seien einheitliche Standards für die Ermittlung des Batteriezustands notwendig. „Bisher gibt es keine einheitlichen Maßstäbe für die Bewertung des State-of-Health“, sagt Zalwert. Das Thema Batteriegesundheit ist ein Schwerpunkt des aktuellen TÜV-Report 2025, bei dem erstmals zehn Elektroautos vertreten sind. „Der Markt für gebrauchte Elektroautos kommt in Fahrt“, sagt Zalwert. „Die Bewertung der Batteriegesundheit und alternative Konzepte wie Wechselbatteriesysteme können dem Markt für neue und gebrauchte E-Autos weiteren Auftrieb geben.

Es braucht einheitliche Normen und Standards

Größtes Hindernis auf dem Weg zu Wechselsystemen sind einheitliche Normen und Standards. „Standardisierte Wechselbatteriesysteme über Herstellergrenzen hinweg gibt es noch nicht. Das würde die Kosten für den Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur massiv verringern“, sagt Zalwert. Außerdem werben die Anbieter damit, dass bei Wechselsystemen immer die neueste Batterietechnologie zum Austausch zur Verfügung steht. Das führt wahrscheinlich zu mehr Sicherheit, Performance und Reichweite.

Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit sei allerdings auch bei Wechselbatterien darauf zu achten, dass die mit der Abgasnorm Euro 7 zu erwartenden Mindestanforderungen an die Lebensdauer eingehalten werden. Auch bei Wechselbatterien müsse von vornherein an die Weiterverwendung der Batterie in einem anderen Anwendungsbereich gedacht werden. Auch Betreiber von Geschäftsmodellen, die über die Nutzung der Batterie in einem Fahrzeug hinausgehen, betonen die Vorteile von Wechselbatterien. So sind diese einfacher in eine Zweitanwendung zu überführen und zum Lebensende einfacher zu recyceln.

Ob sich Batteriewechselsysteme auch außerhalb Chinas durchsetzen werden, ist derzeit ungewiss. „Die Reichweiten von Elektroautos steigen und die Ladeinfrastruktur wird stetig ausgebaut“, sagt Zalwert. „Je nach Akku und Hersteller ist das Aufladen der Batterien von 10 auf 80 Prozent schon heute oftmals in weniger als 30 Minuten möglich.“ Dazu kommt die Vision der Feststoffbatterie, die eine höhere Energiedichte, mehr Reichweite und kürzere Ladezeiten verspricht.

Quelle: TÜV Verband – Pressemitteilung vom 03.12.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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herbert.grau:

Akku in 15 Minuten von 10 auf 80 % SoC laden können. Ja, aber dann hält er nur 100 Ladezyklen !

Die „eierlegenden Akku-Wollmilchsau“ gibt es nicht !

herbert.grau:

Richtig !

herbert.grau:

Oh Mann, „Mehrheit“ hat keine Ahnung ! Was glaubt ihr schwierig es ist HOCHSTROMFESTE Wechselverbindungen zu bauen und technisch in den Griff zu kriegen. Dauerhaft müssen die funktionieren. Die dürfen nicht abnutzen, müssen Hitze und Kälte standhalten.
Da fließen mal locker 500A oder auch mal kurzzeitig 1000A durch.

Das ist technisch-wirtschafltich nicht in Griff zu kriegen.

Wolfbrecht Gösebert:

„… gäbe es VW-Schrauben, Opel-Schrauben usw.“

Aber ja: Neben Standard- (EN-,ISO-, …) Schrauben gibt es eine Vielzahl von Sonderschrauben, auch bei VW und Opel … :P

Merke –> Akku-Bauformen generell gibt es Hunderte … und das wird auch beim Auto so bleiben, jedenfalls solange es dort einerseits u.a. unterschiedliche Karosserien, Radstände, Längen, Breiten und unterschiedliche Anforderungen an die Fahrzeuge als solches gibt und andererseits v.a. die technische Entwicklung immer noch so schnell voranschreitet!

Matze:

Ich erkenne auch keinen Vorteil darin, mehr Ressourcen für weniger Autos zu blockieren. Der Aufwand von 4x sovielen Akku im Verhältnis zu den Autos ist Umwelttechnologie und wirtschaftlich unsinnig! Dazu die Mieten, die mich von diesem Konzept nochmals abschrecken. Naja, ist alles schon gesagt. Eine denkbar schlechte Idee, die schnell wieder verschwinden sollte!

Peter:

Wenn die Schrauben erst jetzt erfunden würden, gäbe es VW-Schrauben, Opel-Schrauben usw.

Philipp:

Was haben ausufernde Kosten mit „Schlechtmachen“ zu tun?
Wenn die Batteriemiete etwa 100€ im Monat ausmachen würde, könnte man darüber reden.
Aber Gen Z kann ja laut Pisa nicht mehr rechnen, daher helfen wir gerne aus, wenn ChatGPT beim Rechnen wieder fantasiert.

Niko8888:

An den Kommentaren hier sieht man das Problem in Deutschland:

50+ jährige Boomer machen alles von vornherein schlecht, was nicht in ihren begrenzten Horizont passt.

Leute, macht Euch mal locker und geht neugierig an Innovationen ran

pani:

Ich bleibe bei meiner Meinung, dass Nio mit seinem Konzept VOLL daneben liegt. Die Leihgebühren für die Akkus, die ich gesehen habe, sind lächerlich hoch.
Ein aus meiner Sicht noch besseres Argument ist der zu erwartende rasante Fortschritt der Akkutechnologie und der Batteriemanagementsysteme BMS. Sehr bald werden wir jeden Akku in 15 Minuten von 10 auf 80 % SoC laden können. Wozu brauche ich dann noch einen Wechselakku? Wenn das immer noch zu langsam ist, kann man ja seinen Verbrenner noch einige Jahre weiter fahren.

Helmut L.:

“ Ob man die Batterie kaufen muss, oder ob man sozusagen Kapazität mietet oder least, kann man immer noch entscheiden.“
Batterie kaufen ist beim Akku-Wechselsystem garantierechtlich nicht möglich. Und würden Sie ihren teuer gekauften neuen Akku in einer Wechselstation gegen einen zum Teil schon abgenutzten tauschen wollen?

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