Beim deutschen Automobilhersteller Volkswagen wächst der Druck auf Konzernchef Oliver Blume. Betriebsratschefin Daniela Cavallo hat in Wolfsburg auf einer Betriebsversammlung klar gemacht: Die Doppelrolle als Vorstandsvorsitzender von VW und Porsche sei nicht länger tragbar. „Ein Vorstandsvorsitzender kann in Wolfsburg kein Halbtags-Chef sein“, betonte sie einem Bericht der Automobilwoche zufolge vor den Beschäftigten – eine Ansage, die im Konzern nachhallen dürfte.
Cavallo warnte zudem vor dem Auseinanderdriften der Marken und einer zunehmenden Binnenkonkurrenz. Gerade in Zeiten der Transformation hin zur Elektromobilität brauche der Konzern Geschlossenheit, Effizienz und klare Verantwortlichkeiten. Ein reines Finanz-Holding-Modell, wie es vereinzelt ins Gespräch gebracht wurde, lehnte sie strikt ab. Im kommenden Jahr wird bei VW ein neuer Betriebsrat gewählt, von daher könne Cavallos Vorstoß auch als Start in den Wahlkampf gesehen werden, heißt es im Artikel weiter.
Auch außerhalb des Unternehmens mehren sich die Zweifel, dass Blume gleichzeitig sowohl ein guter Gesamt-VW- als auch ein geeigneter Porsche-Chef sein kann. Nach Informationen aus Konzernkreisen sucht Porsche bereits nach einem Nachfolger für Blume. Investoren fordern seit Längerem eine klare Trennung der Rollen. Blume selbst hatte wiederholt erklärt, dass seine Doppelfunktion „nicht für die Ewigkeit“ gedacht sei – ohne allerdings einen konkreten Zeitplan zu nennen. Somit scheint nun allmählich die Zeit gekommen zu sein, diesen Zustand kurz- bis mittelfristig zu beenden.
Richtungsweisende Phase für die E-Mobilität
Für VW ist das indes mehr als eine Personalfrage. Der Konzern steht vor massiven Herausforderungen bei der Transformation Richtung E-Mobilität. Verzögerungen bei Software, Plattformstrategie und Batteriefertigung lassen wenig Raum für Ablenkungen. Cavallos Botschaft ist deshalb auch ein Weckruf: Volkswagen braucht in dieser entscheidenden Phase volle Führungsstärke – und keinen Chef, der zwischen Wolfsburg und Zuffenhausen pendelt.
Besonders relevant wird das beim Blick auf die Elektromobilitätsstrategie. Mit dem geplanten ID.Polo will Volkswagen endlich (wieder) ein erschwingliches Elektroauto unterhalb des VW ID.3 auf die Straße bringen – ein Projekt mit Signalwirkung für den Massenmarkt. Gerade hier entscheidet sich, ob VW den globalen Anschluss an Wettbewerber wie BYD oder Tesla hält. Für eine solche Weichenstellung braucht es einen Geschäftsführer, der seine volle Aufmerksamkeit der E-Offensive widmet. Und das erscheint in der aktuellen Doppelrolle Blumes auch von außen betrachtet eher schwierig.
Quelle: Automobilwoche – VW-Betriebsrats-Chefin Cavallo: Oliver Blume „kann kein Halbtagschef sein“